Entscheidungsdatum
29.05.2020Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W229 2153934-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse, nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, vom 20.01.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: BGKK) vom 20.02.2017 wurde ausgesprochen, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin XXXX , XXXX , in Anwendung von § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG in Verbindung mit § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG sowie § 410 Abs. 1 Z 5 ASVG einen Beitragszuschlag in Höhe von ? 1.300,-- (Spruchpunkt I.) sowie in Anwendung von § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG in Verbindung mit § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG sowie § 410 Abs. 1 Z 5 ASVG für den Dienstnehmer XXXX , VSNR XXXX , einen Beitragszuschlag in Höhe von ? 45,48 jeweils binnen 15 Tagen nach Zustellung des Bescheides an die BGKK zu entrichten habe (Spruchpunkt II.).
Begründend wurde ausgeführt, dass im Zuge einer am 23.10.2015, um 10:50 Uhr auf der privaten Baustelle in XXXX , von Prüfungsorganen der Abgabenbehörde des Bundes durchgeführten Kontrolle, der Dienstnehmer XXXX , VSNR XXXX , bei der Verrichtung von Arbeiten für die Beschwerdeführerin betreten worden sei.
Im Rahmen dieser Kontrolle und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens der BGKK sei festgestellt worden, dass XXXX im Auftrag der Beschwerdeführerin tätig gewesen sei und aufgrund dieser Beschäftigung als Dienstnehmer der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliege.
Die Erhebungen der BGKK sowie die der Abgabenbehörde des Bundes seien einer freien Beweiswürdigung unterzogen worden und haben ergeben, dass XXXX als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin tätig gewesen sei, ohne gemäß § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG zur Pflichtversicherung angemeldet gewesen zu sein.
Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG der Beitragszuschlag sich aus zwei Teilbeträgen zusammensetze, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung belaufe sich auf ? 500,-- für jede nicht vor Arbeitsantritt angemeldete Person. Der Teilbetrag für den Prüfeinsatz belaufe sich auf ? 800,--. Da im vorliegenden Fall eine Person betreten worden sei, ergebe sich ein Betragszuschlag nach § 113 Abs. 2 ASVG in Höhe von ? 1.300,--.
In den Fällen des § 113 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 ASVG, in denen die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht gesetzeskonform nach den Bestimmungen des § 33 Abs. 1a Z 1 und 2 ASVG erfolge, sei ein Beitragszuschlag bis zum Doppelten jener Beiträge vorzuschreiben, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger anfallen. Der Beitragszuschlag dürfe jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne eine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 ASVG für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.
Die im gegenständlichen Fall entfallenden Sozialversicherungsbeiträge belaufen sich auf insgesamt ? 1.187,--. Rein nach dem Gesetzeswortlaut hätte die BGKK im konkreten Fall einen Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 ASVG in der Höhe von ? 2.374,-- vorschreiben können.
Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Frage, ob der vorgeschriebene Beitragszuschlag die im Gesetz normierte Obergrenze überschreite, auch der durch den Meldeverstoß verursachte Mehraufwand zuzüglich der Verzugszinsen infolge der verspäteten Beitragsentrichtung zu berücksichtigen sei, solle der durch den Meldeverstoß verursachte Mehraufwand aufgeschlüsselt werden.
Der Verwaltungsmehraufwand der BGKK setze sich wie folgt zusammen:
Die Gebietskrankenkasse setze zur Bearbeitung der verspäteten Anmeldungen eine Mitarbeiterin ein, deren Stundenlohn ? 12,87 betrage. Der reine Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung der verspäteten Anmeldungen und der damit im Zusammenhang stehenden Beitragszuschlagsermittlung liege nach den Ermittlungen bei 3 Stunden pro Fall, woraus sich ein Verwaltungsmehraufwand von ? 38,58 ergebe.
Darüber hinaus seien die Kosten für den Versand des Bescheides in der Höhe von ? 7,27 als Verwaltungsmehraufwand anzusetzen. Für diesen Betrag seien keine Verzugszinsen zu addieren. Die gesetzlich normierte Grenze sei mit dem Doppelten der nach zu verrechnenden Beiträge höher als der Verwaltungsaufwand. Daher könne bei dem Dienstnehmer XXXX als Beitragszuschlag nur der Mehraufwand in Höhe von ? 45,48 vorgeschrieben werden.
Festgehalten werde in diesem Zusammenhang, dass die Vorschreibung eines Beitragszuschlages mit der Frage, ob unabhängig davon Beiträge entrichtet worden seien, nichts zu tun habe. Da die Vorschriften über die Anmeldung nicht nur für die Beitragsentrichtung, sondern auch für die Leistungsgewährung von großer Bedeutung seien, sei ein Beitragszuschlag auch als Sanktion für die Verletzung dieser Vorschriften anzusehen.
Der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge, sei die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit der Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes sachlich gerechtfertigte Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten. Die Frage des subjektiven Verschuldens sei aus diesem Grunde unmaßgeblich und auch nicht näher zu untersuchen. Entscheidend sei, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht worden sei, gleichgültig aus welchen Gründen.
Da Herr XXXX als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin im Sinne des ASVG anzusehen sei und eine Anmeldung entgegen der Bestimmungen des § 33 Abs. 1 sowie §§ 33 Abs. 1a Z 2 ASVG nicht vor Arbeitsantritt erfolgt sei, habe die Beschwerdeführerin Beitragszuschläge gemäß § 113 ASVG zu entrichten.
Der Verwaltungsgerichtshof führe in seiner grundlegenden Entscheidung vom 27.04.2011, Zl. 2011/08/0073 aus, dass, wenn eine beschäftigte Person nicht vor Arbeitsantritt angemeldet worden sei und auch keine vollständige Anmeldung binnen 7 Tagen erfolgt sei, sowohl der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 als auch jener des § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG vorliege, in diesen Fällen können daher Beitragszuschläge nach beiden Bestimmungen vorgeschrieben werden. Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG stehe der Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG nicht entgegen.
2. Gegen diesen - sowie gegen den Bescheid der BGKK vom 19.01.2017 - erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin führte sie aus, dass sie die Beschwerde auf die in ihrem Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis der BH XXXX zur Zahl XXXX angeführten Gründe stütze. Über dieses Rechtsmittel sei noch nicht entschieden worden.
Zusammengefasst sei XXXX ein Verwandter, der ihnen bei den Bauarbeiten im Haus 2015 im Rahmen ihres verwandtschaftlichen Naheverhältnisses geholfen habe. So sei das in ihrer Familie üblich. Während seiner Hilfe habe er bei ihnen gewohnt und mitgegessen wie in Familien normal, aber kein Entgelt für seine Arbeit bekommen.
Die Anzeige sei vom Ex-Freund ihrer Tochter gekommen. Sie habe ihn sitzen lassen und er habe aus Wut gegen ihre Tochter und gegen ihre Familie ihrem Neffen XXXX eine Bierflasche nachgeschmissen, die Beschwerdeführerin habe damals die Polizei verständigt. Er sei wegen dieser versuchten Körperverletzung auch strafgerichtlich verurteilt worden ( XXXX des BG XXXX ). Seine Anzeige stimme nur insofern, dass XXXX ihnen bei den Maurerarbeiten geholfen habe, aber nicht, dass er Geld bekommen habe und das ein Arbeitsverhältnis gewesen sei. Das stimme nicht.
Deshalb beantragte die Beschwerdeführerin die ersatzlose Aufhebung der Bescheide vom 19. und 20.01.2017.
Der Beschwerde angehängt war unter anderem das angeführte Rechtsmittel an die BH XXXX vom 26.01.2017, in welchem weiters ausgeführt wurde, dass XXXX in XXXX , Rumänien lebe und die Beschwerdeführerin und seine Cousins gelegentlich besuchen komme. So sei er auch im Oktober 2015 hier gewesen. Er habe der Beschwerdeführerin bei ihren Arbeiten am Haus ein wenig geholfen, und zwar im Rahmen ihrer verwandtschaftlichen Verbundenheit und wechselseitigen Hilfe als Gefälligkeit. Ein Entgelt sei weder vereinbart gewesen noch sei ein solches geleistet worden. Dass ihr Neffe, wenn er bei ihr zu Besuch sei, nichts für Kost und Quartier zahle, sei im Rahmen ihrer Verwandtschaft bzw. Schwägerschaft selbstverständlich. Er würde der Beschwerdeführerin nie einfallen, von Besuchern aus der Familie ein Geld zu verlangen, wenn sie zu Besuch kommen. Außerdem habe es sich um Hilfeleistungen von wenigen Stunden gehandelt.
3. Mit Schreiben vom 12.04.2017 legte die BGKK die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
4. Im Rahmen des Parteiengehörs wurde der Vorlagebericht der belangten Behörde der Beschwerdeführerin übermittelt und ihr eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin langte nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin wohnt zusammen mit ihrem Ehemann in dessen Einfamilienhaus an der Adresse XXXX
XXXX , geb. am XXXX , ist der Sohn des Bruders des Ex-Ehemannes der Beschwerdeführerin.
Von 16.10.2015 bis 08.12.2015 war XXXX als Dienstnehmer für die Beschwerdeführerin auf deren Baustelle an der Adresse XXXX beschäftigt.
Am 23.10.2015 um 10:05 Uhr führten Organe der Finanzpolizei XXXX eine Kontrolle auf der Baustelle in XXXX durch. Dabei wurde XXXX beim Verspachteln einer Vollwärmeschutzfassade angetroffen.
Eine Meldung zur Sozialversicherung bezüglich XXXX durch die Beschwerdeführerin wurde nicht erstattet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der BGKK und des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellungen zum Wohnsitz der Beschwerdeführerin beruhen insbesondere auf der Aussage der Beschwerdeführerin im Rahmen der Niederschrift der Finanzpolizei XXXX vom 23.10.2015. Aus dieser ergibt sich auch das Verwandtschaftsverhältnis der Beschwerdeführerin mit XXXX . Die Feststellungen zur Identität von XXXX ergeben sich insbesondere aus dem von ihm ausgefüllten Formular der Finanzpolizei vom 23.10.2015.
Dass XXXX von 16.10.2015 bis 08.12.2015 als Dienstnehmer für die Beschwerdeführerin beschäftigt war, ergibt sich aus dem Bescheid der BGKK vom 19.07.2017, welcher im Akt einliegt, sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.05.2020 zu W229 2153486-1.
Die Feststellungen zur erfolgten Kontrolle durch die Finanzpolizei XXXX vom 23.10.2015 ergeben sich aus der diesbezüglichen Niederschrift der Finanzpolizei.
Dass XXXX von der Beschwerdeführerin nicht zur Sozialversicherung angemeldet wurde, ergibt sich ebenso aus der Niederschrift der Finanzpolizei XXXX vom 23.10.2015. Dass eine Anmeldung erfolgt wäre, wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. In Ermangelung eines entsprechenden Antrages liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I. Nr. 26/2017 lauten:
"Pflichtversicherung
Vollversicherung
§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;
[...]"
"An- und Abmeldung der Pflichtversicherten
§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).
[...]"
"Dienstgeber
§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
[...]"
"Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften
§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
[...]"
"Beitragszuschläge
§ 113. (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.
(2) Im Fall des Abs. 1 Z 1 setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 ? je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 ?. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 ? herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.
(3) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 darf der Beitragszuschlag das Doppelte jener Beiträge nicht überschreiten, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger bzw. bis zur Feststellung des Entgeltes oder bis zum Einlangen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen; im Fall des Abs. 1 Z 4 darf der Beitragszuschlag nicht höher sein als das Doppelte des Unterschiedsbetrages zwischen den sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergebenden und den zu entrichtenden Beiträgen. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse der die Beiträge schuldenden Person und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen; der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.
(4) Werden gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten, so kann ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) vorgeschrieben werden.
(5) Der Beitragszuschlag wird vom Versicherungsträger, an den die Meldung zu erstatten ist oder dem die Unterlagen vorzulegen sind, vorgeschrieben; er berührt die Verpflichtung zur Bezahlung der fälligen Beiträge nicht.
(6) Die nach den Abs. 2 und 3 vorgeschriebenen Beitragszuschläge sind auf die beteiligten Versicherungsträger und sonstigen Stellen schlüsselmäßig nach Maßgabe des auf den einzelnen Versicherungsträger entfallenden Gesamtbeitragsrückstandes am Ende des Vormonates aufzuteilen. Die nach Abs. 4 vorgeschriebenen Beitragszuschläge fließen dem einhebenden Versicherungsträger zu.
(7) § 83 und § 112 Abs. 3 gelten entsprechend."
3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3.1. Der Dienstgeber ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen termingerecht einlangen. Der Dienstgeber erfüllt seine (Melde)Verpflichtung nur dann, wenn die von ihm erstattete Meldung von der Gebietskrankenkasse auch gelesen und verarbeitet werden kann (vgl. VwGH 20.11.2002, 2000/08/0047).
Für die Frage, ob ein Beitragszuschlag verhängt wird, kommt es nicht auf ein Verschulden des Dienstgebers an, sondern ist vielmehr ausschlaggebend, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 15.09.2010, 2010/08/0146). Die Frage des subjektiven Verschuldens ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen. Die Verantwortung für das Meldewesen hat die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin zu tragen.
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt liegt im gegenständlichen Fall ein Dienstverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin und XXXX als Dienstnehmer vor, bei welchem er im Zeitraum von 16.10.2015 bis 08.12.2015 im Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wurde (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.05.2020 zu W229 2153486-1).
Die belangte Behörde ging somit zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin XXXX entgegen § 33 Abs. 1 ASVG nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet hat.
Der Beitragszuschlag stellt eine pauschalierte Abgeltung des durch die Säumigkeit des Beitragspflichtigen verursachten Verwaltungsaufwands und des Zinsentgangs infolge der verspäteten Beitragsentrichtung dar. Fehlt ein Verwaltungsmehraufwand, - das ist nach VwGH der mit der Feststellung der Beitragsschuld (als Voraussetzung der Eintreibung) verbundene Mehraufwand, der nicht aufgelaufen wäre, wenn kein Meldeverstoß vorliegen würde - so besteht nur die Möglichkeit einer Bestrafung des Meldepflichtigen nach den §§ 111 und 112 (vgl. Feik in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 113 ASVG (Stand 31.12.2012, rdb.at)).
Wird eine beschäftigte Person nicht vor Arbeitsantritt angemeldet (§ 33 Abs. 1 iVm Abs. 1a Z 1 ASVG) und erfolgt auch keine vollständige Anmeldung binnen sieben Tagen (§ 33 Abs. 1a Z 2 ASVG), liegt sowohl der Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG als auch jener des § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG vor; in diesem Fall können daher Beitragszuschläge nach beiden Bestimmungen vorgeschrieben werden. Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse steht damit der Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG nicht entgegen (vgl. VwGH 27.04.2011, 2011/08/0073).
3.3.2. Die rechnerische Richtigkeit der Höhe der Beitragszuschläge in Höhe von ? 1.300,-- und ? 45,48 wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Auch sind die Berechnungen der belangten Behörde im Bescheid vom 20.01.2017 schlüssig und nachvollziehbar dargestellt und somit nicht zu beanstanden.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, und dass die Folgen des Meldeverstoßes in einer solchen Konstellation nicht (iSd § 113 Abs. 2 ASVG) als unbedeutend anzusehen sind (vgl. VwGH 19.02.2016, 2013/08/0287, VwGH 29.04.2015, 2013/08/0141, je mwN). Im vorliegenden Fall war zum Kontrollzeitpunkt die Meldung nicht nachgeholt gewesen, sodass von unbedeutenden Folgen im Sinn des § 113 Abs. 2 ASVG nicht gesprochen werden kann.
Zudem wurde weder von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn des § 113 Abs. 2 ASVG vorliegt, noch ist ein solcher ersichtlich. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beitragsschuldnerin kommt es nach § 113 Abs. 2 ASVG bei der Bemessung des Beitragszuschlags nicht an (vgl. VwGH 18.11.2009, 2008/08/0246; VwGH 14.03.2013, 2012/08/0125).
3.3.3. Die Vorschreibung der verfahrensgegenständlichen Beitragszuschläge erfolgte somit gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG und § 113 Abs. 1 Z 2 ASVG sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäß - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensausübung anzusehen sind (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0019).
Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde. Dieser Sachverhaltsfeststellung wurde in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten. Weder war der Sachverhalt somit in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen (zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475). Es liegt auch keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragszuschlag Dienstverhältnis MeldeverstoßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W229.2153934.1.00Im RIS seit
09.09.2020Zuletzt aktualisiert am
09.09.2020