TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/2 W117 2228387-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.06.2020
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Entscheidungsdatum

02.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W117 2228387-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsbürger stellte am 19.10.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er illegal ins österreichische Bundesgebiet eingereist war.

Mit medizinischem Sachverständigengutachten wurde ein spätestmögliches "fiktives" Geburtsdatum mit XXXX festgestellt.

Mit Bescheid vom 27.09.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 gemäß §§ 3 und 8 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des BF betrage gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.)

Mit Erkenntnis vom 15.11.2018, Zahl W105 2174129-1/18E, wies das Bundesverwaltungsgericht BVwG die Beschwerde des BF gegen den Bescheid vom 27.09.2017 "gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF" als unbegründet ab.

Das Erkenntnis des BVwG erwuchs mit 20.11.2018 in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 29.01.2019 stimmte Österreich der Rückübernahme des BF von Frankreich zu, nachdem er am 18.01.2019 in Frankreich aufgegriffen wurde.

Mit Schreiben vom 23.09.2019 stimmte Österreich der Rückübernahme des BF aus Deutschland zu, nachdem er am 11.09.2019 in Deutschland aufgegriffen wurde.

Am 08.01.2020, um 11:00 Uhr, wurde der BF von der deutschen Polizei an Beamte einer Polizeiinspektion übergeben.

Am 08.01.2020 stellte der BF einen Asylfolgeantrag in Österreich.

Mit Verfahrensanordnung dem BF am 27.01.2020 nachweislich übergeben, teilte das BFA dem AW gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zudem sei beabsichtigt, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG).

Mit mündlich verkündeten Bescheid des BFA EAST-West, Zl.: 1132683809/200100067, vom 03.02.2020 wurde dem BF der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Am 03.02.2020 unmittelbaren im Anschluss an die erfolgte mündliche Verkündung des Bescheides nach § 12a Abs. 2 AsylG im Asylverfahren wurde der BF festgenommen.

Mit Mandatsbescheid 1132683809/200122192 vom 03.02.2020 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den BF die gegenständliche Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Am 07.02.2020 langte beim BVwG Schubhaftbeschwerde (samt Vollmacht vom 05.02.2020 nur für dieses Beschwerdeverfahren) ein.

Am 11.02.2020 wurde vom BVwG mit Beschluss Zl: W191 2174129-2 die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 13.02.2020, W278 2228387-1, gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab, erklärte die Anhaltung in Schubhaft seit 03.02.2020 für rechtmäßig und stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

"Feststellungen:

Zur Person und zum Verfahren:

1.1 Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger der islamischen Republik Afghanistan. Er spricht Dari und auch etwas Paschtu, Urdu, Englisch und Deutsch ist ledig und kinderlos. Er ist jedenfalls Fremder i.S.d. Diktion des FPG.

1.2 Der BF stellte in Österreich bisher zwei Anträge auf internationalen Schutz, sowie einen in Frankreich und einen in Deutschland. Bisher hat der BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und es wurde eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen.

1.3 Der Beschwerdeführer ist (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung) grundsätzlich gesund und haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

1.4 Der BF befindet sich seit 03.02.2020 durchgehend in Schubhaft.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1 Der erste Antrag auf internationalen Schutz des BF wurde rechtskräftig mit Erkenntnis 15.11.2018, Zahl W105 2174129-1/18E des BVwG vom 15.11.2018 abgewiesen sowie die Rückkehrentscheidung bestätigt. Der BF tauchte nach Abschluss seines Verfahrens unter. Der BF musste jeweils einmal von Deutschland und Frankreich nach Österreich rücküberstellt werden.

2.2 Am 08.01.2020, im Zuge seiner Rücküberstellung aus Deutschland stellte der BF einen Asylfolgeantrag. Mit mündlich verkündeten Bescheid des BFA EAST-West, Zl.: 1132683809/200100067, vom 03.02.2020 wurde dem BF der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt unverzüglich dem BVwG vor, wo dieser am 04.02.2020 einlangte Mit Aktenvermerk vom 04.02.2020, W191 2174129-2/4, hielt das BVwG fest, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des BVwG nicht zu entscheiden gewesen wäre, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Am 11.02.2020 wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss W191 2174129-2/5 die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt. Dieser Beschluss wurde dem BF am 12.02.2020 nachweislich zugestellt.

2.3 Für den BF wurde für 14.02.2020 ein Termin zur Vorführung zur Afghanischen Botschaft organisiert. Eine zeitnahe Abschiebung innerhalb der gesetzlichen Frist ist jedenfalls möglich.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Gegen den BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Der faktische Abschiebeschutz aufgrund der Folgeantragstellung wurde rechtmäßig aufgehoben.

3.3. Der BF ist nach Abschluss seines ersten Asylverfahrens im November 2018 überwiegend unkooperativ gewesen und hat gegen seine Mitwirkungspflicht verstoßen. Er hat die ihm zur Verfügung gestellte Unterkunft ohne Abmeldung verlassen und tauchte unter. Der BF hat in Deutschland und Frankreich Asylanträge gestellt und musste demgemäß zweimal nach Österreich rücküberstellt überstellt werden. Nach seiner ersten Rücküberstellung aus Frankreich ist er in Österreich erneut für die Behörden unerreichbar abgetaucht und hat sich abermals ins Ausland, nach Deutschland abgesetzt. Der BF ist als höchst mobil einzustufen. Er bereiste neben Österreich, Deutschland, Frankreich auch Ungarn, wo er bereits vor seiner ersten Asylantragstellung in Österreich aufhältig war.

3.4. Am 13.01.2020 verhielt sich der BF beim Frühstück im Speisesaal einer Mitarbeiterin der Betreuungsstelle gegenüber aggressiv, beschimpfte alle anwesenden Mitarbeiter und verließ den Speisesaal. Am selben Tag wurde ein anderer Asylwerber bewusstlos in seinem Zimmer in seinem Bett liegend aufgefunden. Der BF war am Gang anwesend, leistete den Aufforderungen der Polizei, sich in die Zimmer zurückzuziehen, nicht Folge, schrie einen Polizisten an, schlug sich selbst ins Gesicht und lief gegen einen Feuerlöschkasten. Er musste von vier Polizisten auf den Boden gelegt werden, ihm wurden Handschellen und ein Gurt angelegt. Er wurde vom Arzt zwangsweise in das Krankenhaus eingewiesen. Er ist nicht vertrauenswürdig und nicht rückkehrwillig. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer den Behörden entzieht und seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzt.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Der BF ist in Österreich nicht relevant integriert und konnte keine sozialen beruflichen oder aber familiären Bezugspunkte in Österreich darlegen oder gar nachweisen.

Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und ist daher nicht selbsterhaltungsfähig und mittellos.

Er verfügt mit Ausnahme der Zuweisung im Rahmen der Grundversorgung nicht über einen gesicherten Wohnsitz.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1132683809-200122192. Auch wurde Beweis durch Einsicht in den Beschluss des BVwG vom 11.02.2020 Zl.: W191 2174129-2 (OZ 6) sowie durch Anfragen im Zentralen Melderegister, der Anhaltedatei des BMI, im Strafregister und in der GVS Datenbank genommen.

Zur Person und zum Verfahren:

1.1 Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest, unstrittig ist seine Afghanische Staatsbürgerschaft. Seine Volljährigkeit und seine Sprachkenntnisse wurden im Zuge seines ersten Asylverfahrens sowie aufgrund der Angaben in den Einvernahmen zur Schubhaftanordnung und seiner Folgeantragstellung festgestellt. In der Beschwerde wird nichts Gegenteiliges ausgeführt.

1.2 Die beiden Asylantragstellungen des BF in Österreich sowie der rechtskräftige Abschluss des Vorverfahrens ergeben sich aus den Verwaltungsakten. Die Asylantragstellungen in Frankreich und Deutschland ergeben sich aus den vorliegenden EURODAC Treffern. Diesen Feststellungen wurden in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

1.3 Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden. Die Feststellung hinsichtlich der Haftfähigkeit des BF begründen sich darauf, dass keine Anhaltspunkte für das Fehlen einer Haftfähigkeit vorliegen und auch keine entgegensprechenden Einträge in der Anhaltedatei vorgefunden werden konnten.

1.4 Dass sich der Beschwerdeführer seit 03.02.2020 durchgehend in Schubhaft befindet, ergibt sich aus der Anhaltedatei des BMI.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Das Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung im ersten Asylverfahrens ist unstrittig. Der Umstand, dass der BF nach Verfahrensabschluss untergetaucht ist und zweimal nach Österreich rücküberstellt werden musste, ergibt sich aus der Aktenlage und aus der Anfrage des Zentralen Fremdenregisters.

2.2. Die Asylfolgeantragstellung des BF ergibt sich aus der Aktenlage. Sämtliche Verfahrensschritte zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes aufgrund des Asylfolgeantrages sind im gegenständlichen Verwaltungsakt dokumentiert. Eine Kopie des Beschlusses des BVwG W191 2174129-2 sowie eine Kopie des Zustellnachweises liegen im Gerichtsakt (OZ6) ein.

2.3 Der Umstand, dass für den BF bereits für 14.02.2020 ein Botschaftstermin organisiert wurde, ergibt sich aus der Stellungnahme des Bundesamts. Die behördliche Zusammenarbeit mit den Afghanischen Vertretungsbehörden in Bezug auf HRZ Ausstellungen und Rückführung funktioniert grundsätzlich problemlos, aufgrund dieses Umstandes ist von einer zeitnahen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan auszugehen. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der BF seit 03.02.2020 - somit etwa erst 10 Tage - in Schubhaft befindet, ist davon auszugehen, dass die höchstzulässige Dauer der Schubhaft nicht überschritten wird. Aus dem Vorbringen der Beschwerde, dass im gegenständlichen Fall aufgrund des Anwendungsfalles des § 80 Abs. 5 FPG die höchstzulässige Dauer der Schubhaft auf 10 Monate beschränkt ist, ändert diesen Umstand nicht.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergibt sich, wie bereits erwähnt, aus den Angaben im vorliegenden Akt.

3.2. Aufgrund der einen Aktenbestandteil darstellenden Niederschrift vom 03.02.2020 ergibt sich, dass der faktische Abschiebeschutz aufgrund der Folgeantragsstellung bescheidmäßig (mündlich verkündet) aufgehoben wurde. Das BVwG hat die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes mit Beschluss bestätigt (Siehe diesbezüglich gegenständlichen Beschluss OZ6 sowie Zustellnachweis)

3.3. Die Mobilität und mangelnde Kooperationsbereitschaft des BF ergibt sich aus der Aktenlage und aufgrund der Abfrage des Zentralen Fremdenregisters wodurch festgestellt werden konnte, dass der BF nach rechtskräftig negativem Abschluss seines ersten Asylverfahrens untergetaucht ist und nach weiteren Asylanträgen in Frankreich und Deutschland jeweils rücküberstellt werden musste. Sein Aufenthalt in Ungarn wird durch einen weiteren EURODAC belegt.

3.4. Das dokumentierte aggressive Verhalten des BF ist der Vorfallsmeldung vom 13.01.2020 entnommen. Die Vertrauensunwürdigkeit und Rückkehrunwilligkeit des BF ergibt sich aufgrund einer Gesamtbetrachtung des bisherigen Vorverhaltens des BF, insbesondere durch seine Aussagen im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 27.01.2020. Auf die Frage, warum er einen neuerlichen Antrag stelle, sagte der BF: "Ich habe in Österreich eine negative Asylentscheidung erhalten. Ich habe verstanden, dass man mich hier nicht will, und ich habe das Land verlassen. Ich habe aber in Frankreich und auch in Deutschland von der Behörde gehört, dass Österreich mich zurückverlangt hat. Wenn Sie das machen, dann müssen Sie mir einen Aufenthaltstitel geben." Nach Frankreich sei er gereist, weil er nach der negativen Entscheidung keine andere Wahl gehabt hätte (siehe Beschluss des BVwG vom 11.02.2020 Zl.: W191 2174129-2 OZ 6). Das Vorbringen der Beschwerde, dass der BF seit 08.01.2020 kooperativ sei, relativiert sich in Anbetracht des bereits zuvor vom BF gezeigten Verhaltens und seiner in seinen Einvernahmen getätigten Aussagen. Die Frage, ob er freiwillig in seinen Heimatstaat zurückkehren will, beantwortete der BF im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt mit: "Nein. Wenn ich sowas vorhätte, warum bin ich dann nach Frankreich weitergereist. Vielleicht hätte ich das früher akzeptiert." Das Gericht geht daher auch nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in irgendeiner Form die Absicht hegen würde, freiwillig nach Afghanistan zurückzukehren. Sein Verhalten und seine Aussagen zeigten bisher nur Gegenteiliges.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Hinweise für das Bestehen von relevanten Bindungen auf sozialer, beruflicher oder familiärer Ebene in Österreich waren dem Verfahren nicht zu entnehmen. Ein darüberhinausgehendes Vorbringen findet sich auch in der Beschwerdeschrift nicht. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers ist aus dem Eintrag in der Anhaltedatei ersichtlich. Richtig ist jedoch, dass der BF aufgrund der Asylfolgeantragstellung im Rahmen der Grundversorgung ein Quartier hätte. Aufgrund der Unsicherheit des Ausgangs des offenen Asylverfahrens, in Zusammenschau mit dem vom BF bisher gezeigtem Verhalten, kann jedoch diesbezüglich nicht von einem gesicherten Wohnsitz im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG ausgegangen werden. Die fehlenden familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet wurden auch in der Beschwerde nicht bestritten. Alleine aus dem unsubstantiierten Vorbringen der Beschwerde, dass der BF sehr wohl über eine soziale Verankerung in Österreich verfüge und Wohnmöglichkeiten bei Freunden habe, kann nichts gewonnen werden, da aufgrund seiner ausführlich beschriebenen mangelnden Vertrauenswürdigkeit ihn auch eine private Unterkunftsmöglichkeit nicht ein weiteres Mal am Untertauchen hindern würde.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

(...)

3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht im vorliegendem Fall Sicherungsbedarf für gegeben an. Der BF hält sich nicht rechtmäßig in Österreich auf und es besteht gegen den BF seit geraumer Zeit eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Der BF ist nach den gerichtlichen Feststellungen nicht rückkehrwillig einzustufen und wurde der faktische Abschiebeschutz aufgrund der Folgeantragstellung rechtmäßig aufgehoben. Aufgrund des erkennbaren Bestrebens des BF, sich in Deutschland oder Frankreich aufzuhalten, kann nicht von einer Rückkehrwilligkeit des BF ausgegangen werden. Das Gesamtverhalten des BF (Untertauchen, die Stellung mehrerer Asylanträge, Weiterreise in andere europäische Staaten, etc.) haben dem Gericht gegenüber keinen Glauben an die Vertrauenswürdigkeit des BF aufkommen lassen.

Der BF ist nach dem Abschluss seines ersten Asylverfahrens untergetaucht und musste zweimal aus anderen EU Mitgliedstaaten rücküberstellt werden. Nach seiner ersten Rücküberstellung aus Frankreich, tauchte der BF abermals unter und reiste nach Deutschland, wo er abermals einen Asylantrag stellte. Auch aufgrund dieser Handlungen des BF kann dieser nach Ansicht des Gerichtes auch nicht als kooperativ angesehen werden.

Der BF hat zumindest vier europäische Staaten (Ungarn, Österreich, Deutschland und Frankreich) bereist und sohin seine hohe Mobilität unter Beweis gestellt.

Das Beweisverfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF in Österreich weder familiär, noch sozial oder auch beruflich eine Verankerung erfahren hat. Auch ist der BF im Inland nicht erwerbstätig und daher auch nicht selbsterhaltungsfähig. Das Verfahren hat zudem keinen konkreten gesicherten Wohnsitz ergeben und sieht daher das Gericht im Gleichklang mit der Behörde, Sicherungsbedarf im Sinne der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 4, 5, 8 und 9 FPG für gegeben an.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer im Ergebnis so gut wie keine familiäre/sozialen Kontakte im Inland hat. Der BF hat gegen verwaltungsrechtliche Bestimmungen verstoßen, ist in Europa umhergereist und hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat in Österreich zumindest einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde über ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BF im Inland nicht wahrscheinlich ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BF kundgetan. Die in der Beschwerdeschrift erwähnte Unbescholtenheit und die wohl bestehenden allgemeinen persönlichen Interessen des BF am Verbleib auf freiem Fuße konnten die Position des BF nicht ausreichend stärken um ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der gesicherten Außerlandesbringung des BF und eines geordneten Fremdenwesens erfolgreich herabzumindern. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Der BF hat sich in der Vergangenheit gar nicht ausreisewillig (im Hinblick auf Afghanistan) gezeigt und ist stattdessen innerhalb Europas weitergereist. Auch dies war bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ebenso als evidentes Interesse der Allgemeinheit und der Europäischen Gemeinschaft, den BF Außerlandes zu bringen, zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind keine weiteren Gründe für eine mögliche Unverhältnismäßigkeit der Haft im gerichtlichen Verfahren hervorgekommen.

Die Verhältnismäßigkeit der verhängten Schubhaft ist daher gegeben.

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass der BF in keiner Weise vertrauenswürdig ist und über keine nennenswerten privaten Kontakte im Inland verfügt, die ihn im Rahmen eines gelinderen Mittels tatkräftig unterstützen könnten. Eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers, auch an einem von der Behörde bestimmten Ort, ist daher nach Ansicht des Gerichts aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, dass er im Inland (bzw. in Europa) verbleiben kann, sich einer zu erwartenden Abschiebung in seinen Herkunftsstaat nunmehr freiwillig stellt und für die Behörde tatsächlich erreichbar bleiben würde. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist nicht vorhanden. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann. Darüber hinaus darf auf die ausführliche Begründung des BFA im angefochtenen Bescheid verwiesen werden, der in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und wird die Schubhaft auch bis zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates und der darauffolgenden Abschiebung weiterzuführen sein. Diesbezüglich wurde bereits für 14.02.2020 ein Termin an der Afghanischen Botschaft vereinbart. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.

3.1.8. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten abschließend ermittelt und beurteilt werden und wurde in der Beschwerdeschrift auch nicht über die bekannten Standardformulierungen hinaus fallbezogen näher dargelegt, weshalb die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung im konkreten Fall notwendig sein sollte. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar für das Gericht ausreichend dargestellt, dass von einer für die Abschiebung ausreichenden Kooperation des BF nicht ausgegangen werden konnte. Gründe für die zwingende Abhaltung einer mündlichen Verhandlung lagen daher nicht vor.

3.1.9. Nach dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift unter Pkt. 2 hätte der bekämpfte Schubhaftbescheid im Zeitpunkt seiner Erlassung aufgrund der erwähnten Judikatur (bsp. VwGH 16.05.2019, Ra 2018/21/0177) nicht auf § 76/2 Zi. 2 FPG gestützt werden dürfen, da zu diesem Zeitpunkt für den BF als Asylwerber die Bestimmungen der Aufnahmerichtlinie galten und für ihn nicht die Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie anzuwenden gewesen wären, zumal zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes seitens des BVwG vorlag.

Hiezu vertrat das BFA unter Hinweis auf VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0025-7 die Rechtsansicht, dass der BF aufgrund der bescheidmäßigen Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ab der mündlichen Verkündung nicht mehr die Aufnahmerichtlinie, sondern die Rückführungsrichtlinie unterlag und sohin die für den Schubhaftbescheid gewählte Rechtsgrundlage (§ 76/2 Zi. 2 FPG) richtig herangezogen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seinem oben zitierten Judikat vom 16.05.2019 klar, dass als Zeitpunkt des Wechsels zwischen der Anwendbarkeit der Aufnahmerichtlinie und der Rückführungsrichtlinie im Falle des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gem. § 18/1 Zi. 2 BFA-VG (bei Vorliegen aller weiterer Voraussetzungen) die Erlassung der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung anzusehen ist. Haft gegen Asylwerber in dieser Konstellation kommt daher nur nach den Kriterien der Aufnahmerichtlinie in Frage. Sonst aber kommt die Rückführungsrichtlinie zu Anwendung. Dem Beschwerdeführer kommt daher bis zur Entscheidung des BVwG (und nicht etwa nur bis zum Ablauf der siebentägigen Entscheidungsfrist des BVwG) ein Bleiberecht zu. Diesfalls ist daher eine Schubhaft nur zur Sicherung des Verfahrens nach § 76/2 Zi. 1 FPG (bei Vorliegen aller weiterer Voraussetzungen) möglich.

Demgegenüber sprach der VwGH in einer ähnlichen Konstellation in Ra 2018/21/0025 zuvor bereits klar aus, dass im Zusammenhang mit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a/2 AsylG die Aufnahmerichtlinie bis zur bescheidmäßigen Erlassung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes Anwendung zu finden hat. Sollte ein derartiger Bescheid nicht bis zu Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über die Schubhaft ergehen, so gilt für den Fremden weiterhin die Aufnahmerichtlinie.

Während im Falle der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (§ 18/1 Zi. 2 BFA-VG) diese erst mit der Entscheidung des BVwG rechtlich bindend wird, tritt die Verbindlichkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach dem Wortlaut des § 22/2 BFA-VG bereits mit der Erlassung des Bescheides ein. Es wird lediglich ein "faktisches Zuwarten" mit der Abschiebung bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen des Aktes beim BVwG gesetzlich normiert.

Nach Rechtsansicht des Gerichtes ist daher im vorliegenden Fall das Judikat des VwGH vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0025 einschlägig und davon auszugehen, dass aufgrund der vorherigen Erlassung des Aufhebungsbescheides (§ 12a/2 AsylG), der gegenständliche Schubhaftbescheid zur Recht auf § 76/2 Zi. 2 FPG gestützt wurde.

Zu Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen."

Mit Begleitschreiben vom 27.05.2020 legte die Verwaltungsbehörde den Schubhaftakt zur amtswegigen Überprüfung vor und gab entscheidungswesentlich bekannt, dass per 21.02.2020 die Erteilung eines Heimreisezertifikates unter den Personalien: " XXXX , geb. XXXX " durch die afghanische Vertretungsbehörde in Wien erfolgte; im Übrigen führte sie unter anderem aus:

"(...)

Des Weiteren und im Besonderen darf auch auf die Nichtmitwirkung zur Beschaffung von Identitätsdokumenten sowie der Versuchten Verschleierung der wahren Identität durch den Fremden hingewiesen werden. XXXX kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt deshalb noch nicht abgeschoben werden, weil aufgrund der derzeitigen COVID19-Pandemie keine Flugverbindungen von Österreich nach Afghanistan bestehen. Eine zeitnahe Abschiebung bei der Wiederaufnahme der Flugverbindungen zwischen Österreich und Afghanistan ist jedenfalls seitens Behörde geplant und mit an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit vor Ablauf der Höchstdauer für die Anhaltung in Schubhaft zu bewerkstelligen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Verfahrensgang und die vom Bundesverwaltungsgericht im obzitierten Schubhafterkenntnis vom 13.02.2020, W278 2228387-1, getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden ebenso zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Am 20.02.2020 Stellte die afghanische Vertretungsbehörde ein nicht befristetes Heimreisezertifikat aus.

Der Beschwerdeführer erhob gegen das ob zitierte Schubhafterkenntnis außerordentliche Revision und verband diese mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Der Verwaltungsgerichtshof gab mit Beschluss vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094, diesem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht statt.

Aufgrund der Verbesserung der COVID-19 Situation und damit verbunden mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter einhergehenden Lockerung der Reisebeschränkungen ist daher auch mit einer zeitnahen Realisierung der Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zu rechnen.

Es sind (daher) auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Bescheid der Verwaltungsbehörde und den Vorerkenntnissen abweichenden und für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft weiter fortzusetzen ist.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnis übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen.

Die ergänzende Feststellung, dass zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. ergibt sich als logische Konsequenz daraus und den übrigen ergänzenden Sachverhaltsparametern der negativen verwaltungsgerichtshöflichen Entscheidung, die aufschiebende Wirkung betreffend im Zusammenhalt mit der zwischenzeitlichen Ausstellung eines nicht befristeten Heimreisezertifikates und der wesentlichen Verbesserung der Covid-19-Situation.

Eine Verhandlung war aufgrund des als geklärt anzusehenden Sachverhaltes nicht durchzuführen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm § 80 FPG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher bereits dem angeführten Vorerkenntnis zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; es wird daher die rechtliche Beurteilung des Vorerkenntnisses zur rechtlichen Beurteilung erhoben.

Aufgrund des Vorliegens eines Heimreisezertifikates und der Verbesserung der COVID-19 Situation sowie der damit mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter einhergehenden Lockerung der Reisebeschränkungen ist, wie bereits angeführt, auch mit einer zeitnahen Realisierung der Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zu rechnen.

Im Hinblick auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweist sich daher die bisherige Anhaltung auch unter diesem Aspekt jedenfalls als verhältnismäßig.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchteil B) - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind und auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen waren, war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Überprüfung Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2228387.2.00

Im RIS seit

09.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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