Entscheidungsdatum
03.06.2020Norm
AlVG §10Spruch
W238 2230033-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Robert STEIER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX geboren am XXXX , gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Arbeitsmarktservice Wien Währinger Gürtel vom 13.01.2020, VN XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 06.03.2020, GZ XXXX , betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 07.12.2019 bis 17.01.2020 gemäß § 10 iVm § 38 AlVG beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin bezog ab 26.03.2009 mit kurzen Unterbrechungen Notstandshilfe. Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 03.07.2015 wurde gemäß § 268 ABGB eine Sachwalterin (nunmehr: Erwachsenenvertreterin) für die Beschwerdeführerin bestellt.
2. Am 28.11.2019 wurde der Beschwerdeführerin seitens des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) ein Stellenangebot als Call Center Agent zugewiesen.
Am 11.12.2019 bewarb sich die Beschwerdeführerin per E-Mail für die angebotene Stelle, wobei sie im Betreff "AMS Zwangsbewerbung" anführte und im Zuge der Übermittlung des Lebenslaufs festhielt, ihr sei vom AMS aufgetragen worden, sich zu bewerben. Am 13.12.2019 erhielt die Beschwerdeführerin ein E-Mail des potentiellen Dienstgebers, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne.
3. Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 16.12.2019 wurde die gerichtliche Erwachsenenvertretung beendet und die Erwachsenenvertreterin ihres Amtes enthoben. Dieser Beschluss wurde am 09.01.2020 rechtskräftig.
4. In einem Telefonat mit dem potentiellen Dienstgeber vom 17.12.2019 gab dieser gegenüber dem AMS an, dass die Bewerbung der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt worden sei, weil der Betreff "Zwangsbewerbung" darauf schließen lasse, dass sie nicht bei der Firma arbeiten wolle.
5. In einer mit der Beschwerdeführerin beim AMS aufgenommenen Niederschrift vom 17.12.2019 machte diese hinsichtlich der konkret angebotenen Entlohnung, der angebotenen beruflichen Verwendung, der vom Unternehmen geforderten Arbeitszeit, der körperlichen Fähigkeiten, Gesundheit und Sittlichkeit, der täglichen Wegzeit für Hin- und Rückweg und der Betreuungspflichten keine Einwendungen. Nach Vorhalt der vom potentiellen Dienstgeber erstatteten Stellungnahme bestätigte die Beschwerdeführerin die Richtigkeit der Angaben und führte aus, dass sie nicht bei einem türkischen/islamischen Unternehmen arbeiten wolle. Es habe sich tatsächlich um eine Zwangsbewerbung gehandelt, da sie sich auf Stellenangebote des AMS bewerben müsse.
6. Mit der nunmehr angefochtenen - als Bescheid bezeichneten - Erledigung des AMS Wien Währinger Gürtel vom 13.01.2020 wurde gemäß § 38 iVm § 10 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für die Zeit vom 07.12.2019 bis 17.01.2020 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin durch ihr Verhalten das Zustandekommen einer vom AMS zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung bei der Firma XXXX vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
Die Erledigung wurde der ehemaligen Erwachsenenvertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt. Diese leitete sie per Post an die Beschwerdeführerin weiter.
7. In der gegen die Erledigung des AMS vom 13.01.2020 fristgerecht erhobenen (als Einspruch bezeichneten) Beschwerde führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie sich für die zugewiesene Stelle per E-Mail beworben und auch eine Rückmeldung des Dienstgebers erhalten habe. Sie habe die Vorgaben des AMS daher erfüllt. Mit Blick auf die finanzielle Situation der Beschwerdeführerin wurde um Zuerkennung der Notstandshilfe für die Zeit vom 07.12.2019 bis 17.01.2020 ersucht.
8. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 06.03.2020 wurde die Beschwerde gegen die Erledigung vom 13.01.2020 gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Bewerbung klar zum Ausdruck gebracht habe, an der angebotenen Stelle nicht interessiert zu sein. Die von ihr gewählte Formulierung sei nicht geeignet gewesen, den Dienstgeber von ihrer Seriosität und Arbeitswilligkeit zu überzeugen. Die Beschwerdeführerin habe durch ihr Verhalten das Nichtzustandekommen der Beschäftigung (zumindest) mit bedingtem Vorsatz herbeigeführt. Damit sei der Tatbestand des § 10 Abs. 1 AlVG erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe bislang keine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung aufgenommen; andere Nachsichtsgründe seien nicht ersichtlich.
9. Die Beschwerdeführerin brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein.
10. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 30.03.2020 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin bezog ab 26.03.2009 mit kurzen Unterbrechungen Notstandshilfe.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 03.07.2015 wurde gemäß § 268 ABGB eine Sachwalterin (nunmehr: Erwachsenenvertreterin) bestellt. Die Sachwalterin (Erwachsenenvertreterin) hatte demnach folgende Angelegenheiten zu besorgen: finanzielle Angelegenheiten, medizinische Angelegenheiten, Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und privaten Vertragspartnern sowie Angelegenheiten, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen.
Am 28.11.2019 wurde der Beschwerdeführerin seitens des AMS ein Stellenangebot als Call Center Agent per Post übermittelt; am 04.12.2019 wurde ihr das Stellenangebot aufgrund von Problemen bei der Zustellung im Zuge einer Vorsprache beim AMS ausgefolgt.
Dass das Stellenangebot auch ihrer (ehemaligen) Erwachsenenvertreterin zur Kenntnis gebracht wurde, konnte nicht festgestellt werden.
Am 11.12.2019 bewarb sich die Beschwerdeführerin per E-Mail für die angebotene Stelle, wobei sie im Betreff "AMS Zwangsbewerbung" anführte und im Zuge der Übermittlung des Lebenslaufs festhielt, ihr sei vom AMS aufgetragen worden, sich zu bewerben. Am 13.12.2019 erhielt die Beschwerdeführerin eine Absage des potentiellen Dienstgebers.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 16.12.2019 wurde die gerichtliche Erwachsenenvertretung beendet und die Erwachsenenvertreterin ihres Amtes enthoben. Dieser Beschluss wurde am 09.01.2020 rechtskräftig.
Mit der nunmehr angefochtenen - als Bescheid bezeichneten - Erledigung des AMS Wien Währinger Gürtel vom 13.01.2020 wurde gemäß § 38 iVm § 10 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für die Zeit vom 07.12.2019 bis 17.01.2020 ausgesprochen.
Die Erledigung vom 13.01.2020 wurde an die ehemalige Erwachsenenvertreterin als formelle Empfängerin gerichtet. Die Zustellung der Erledigung am Kanzleisitz der ehemaligen Erwachsenenvertreterin erfolgte am 17.01.2020. Diese leitete die Erledigung per Post an die Beschwerdeführerin weiter, welche sie am 23.01.2020 erhielt.
Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 06.03.2020 wurde die gegen die Erledigung erhobene Beschwerde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen. In der Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerdeführerin als (formelle) Empfängerin bezeichnet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen sich auf den unbedenklichen und von den Verfahrensparteien nicht bestrittenen Akteninhalt.
Beginn, Umfang und Beendigung der Erwachsenenvertretung ergeben sich aus den im Akt einliegenden Gerichtsbeschlüssen vom 03.07.2015 und vom 16.12.2019. Der Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 16.12.2019 wurde auf dem Beschluss vermerkt. Es wird darauf auch in der Beschwerdevorentscheidung Bezug genommen.
Der Bezug der Notstandshilfe ergibt sich aus dem Bezugsverlauf.
Dass der Beschwerdeführerin das verfahrensgegenständliche Stellenangebot am 28.11.2019 per Post übermittelt und am 04.12.2019 in Folge von Zustellproblemen persönlich ausgefolgt wurde, ist dem Akt zu entnehmen.
Dass das Stellenangebot - wie in der Beschwerdevorentscheidung angeführt - auch der (damaligen) Erwachsenenvertreterin zur Kenntnis gebracht wurde, konnte in Ermangelung einer entsprechenden Dokumentation im Akt nicht festgestellt werden.
Die Bewerbung der Beschwerdeführerin und die Absage des potentiellen Dienstgebers sind Bestandteil des Verwaltungsaktes.
Datum und Gegenstand der angefochtenen Erledigung sowie der Beschwerdevorentscheidung ergeben sich aus dem Akt.
Die Feststellung, dass die Erledigung vom 13.01.2020 an die ehemalige Erwachsenenvertreterin als formelle Empfängerin gerichtet war, ergibt sich aus der Adressierung der Erledigung, die wie folgt lautet:
" XXXX für XXXX
XXXX
XXXX "
Dass die Zustellung am Kanzleisitz der ehemaligen Erwachsenenvertreterin am 17.01.2020 erfolgte und sodann von dieser am 23.01.2020 an die Beschwerdeführerin weitergeleitet wurde, konnte anhand des diesbezüglich glaubhaften und von der Behörde auch nicht in Abrede gestellten Beschwerdevorbringens festgestellt werden, wonach die Erledigung einen Eingangsstempel vom 17.01.2020 aufweist, von ihrer ehemaligen Erwachsenenvertreterin per Post an die Beschwerdeführerin weitergeleitet wurde und am 23.01.2020 bei dieser einlangte.
Auch die im Akt einliegende Korrespondenz der vormaligen Erwachsenenvertreterin mit dem AMS (z.B. Aufforderung der Erwachsenenvertreterin an das AMS vom 10.02.2020, sich in allen Angelegenheiten ausschließlich an die Beschwerdeführerin zu wenden; neuerlicher Verweis der Erwachsenenvertreterin an das AMS vom 24.02.2020 auf die Beendigung der Vertretung) deutet darauf hin, dass die Beendigung der Funktion der Erwachsenenvertreterin durch den Gerichtsbeschluss vom 16.12.2019 vom AMS nicht umgehend zur Kenntnis genommen wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
3.2. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG) lauten wie folgt:
"Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
1. ?Empfänger': die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solcher bezeichnete Person; ..."
"Zustellverfügung
§ 5. Die Zustellung ist von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten."
"Heilung von Zustellmängeln
§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist."
"Zustellung an den Empfänger
§ 13. (1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber auf Grund einer Anordnung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so tritt diese an die Stelle des Empfängers."
3.3. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Für das Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz. Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung bzw. Ausfolgung (§ 24 ZustG) zu erfolgen.
Ist ein Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der belangten Behörde verwehrt, im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung meritorisch über die Beschwerde abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 09.03.1982, 81/07/0212; 30.05.2006, 2005/12/0098). Dies hat auch für das Bundesverwaltungsgericht als Rechtsmittelgericht in Anwendung des § 28 VwGVG zu gelten. Ein der Entscheidung in der Sache selbst entgegenstehendes Hindernis liegt dann vor, wenn sich ein Rechtsmittel gegen einen nicht rechtswirksam erlassenen Bescheid richtet (vgl. VwGH 18.06.2008, 2005/11/0171; 30.08.2017, Ra 2016/18/0324).
Voraussetzung für eine Beschwerdeführung vor dem Bundesverwaltungsgericht ist daher, dass ein Bescheid überhaupt erlassen wurde, also durch Zustellung bzw. Ausfolgung (oder mündliche Verkündung) rechtlich existent geworden ist.
3.4. Die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Erledigung wurde ihr gegenüber nicht rechtswirksam erlassen.
In Ansehung der Zustellung eines Schriftstückes ist zwischen dem Empfänger im materiellen und jenem im formellen Sinn zu unterscheiden. Empfänger in der erstgenannten Bedeutung ist die Person, für die die behördliche Erledigung ihrem Inhalt nach bestimmt ist. Als Empfänger im formellen Sinn ist derjenige zu verstehen, an den der Zustellverfügung zufolge, nach zustellrechtlichen Bestimmungen beurteilt, das Schriftstück zu richten ist. § 7 ZustG vermag somit die Heilung einer in Bezug auf die Person des Empfängers verfehlten Zustellverfügung nicht zu bewirken. Die (allfällige) Weiterleitung an die Person, für die das Schriftstück seinem Inhalt nach bestimmt ist (also Empfänger im materiellen Sinn), heilt diesen Zustellmangel nicht (VwGH 06.05.1997, 97/08/0022).
War bereits eine unzutreffende Person in der Zustellverfügung als Empfänger bezeichnet, so liegt kein Fall des § 7 Abs. 1 ZustG vor (vgl. VwGH 07.09.2005, 2004/12/0212; 18.06.2008, 2005/11/0171; 26.02.2014, 2013/04/0015; 23.11.2016, Ra 2015/05/0092; 20.03.2018, Ro 2017/05/0015). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt als "Empfänger" im Sinn dieser Bestimmung jedoch nicht die Person, für die das Dokument inhaltlich bestimmt ist, sondern die Person, die in der Zustellverfügung als Empfänger angegeben worden ist ("formeller Empfängerbegriff"). Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann nicht heilen (vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2017/19/0361 mwN).
Die Zustellung, entsprechend der Zustellverfügung, an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, vermag gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten, dies selbst im Fall des tatsächlichen Zukommens an die Partei. Auch bewirkt weder die bloße Kenntnisnahme von einem Bescheid noch die private Anfertigung einer Fotokopie davon noch etwa die Übermittlung einer Telekopie durch eine von der Behörde verständigte andere Person, dass das Schriftstück tatsächlich zugekommen und eine Heilung des Zustellmangels im Sinn des § 7 ZustG eingetreten ist (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0013).
3.5. Wie festgestellt, wurde mit Gerichtsbeschluss vom 16.12.2019, rechtskräftig seit 09.01.2020, die Erwachsenenvertretung in Bezug auf die Beschwerdeführerin beendet. Dennoch wurde die vormalige Erwachsenenvertreterin der Beschwerdeführerin in der angefochtenen Erledigung vom 13.01.2020 als Empfängerin im formellen Sinn bezeichnet.
Demgemäß wurde die Erledigung auch an der Kanzleiadresse der vormaligen Erwachsenenvertreterin zugestellt. Das AMS hätte jedoch die Zustellung der Erledigung, die an die Erwachsenenvertreterin gerichtet war, an die Wohnadresse der Beschwerdeführerin verfügen müssen.
Das faktische Zukommen der Erledigung an die Beschwerdeführerin selbst (im Wege der Weiterleitung an diese durch die vormalige Erwachsenenvertreterin) vermochte keine Heilung der Zustellung zu bewirken, weil diese in formeller Hinsicht nicht "Empfängerin" im Sinne des § 7 ZustG war (siehe ebenso VwGH 25.02.2019, Ra 2017/19/0361 mwN).
Die als Bescheid bezeichnete Erledigung des AMS vom 13.01.2020 wurde der Beschwerdeführerin gegenüber somit zu keinem Zeitpunkt wirksam erlassen.
3.6. Die Beschwerde richtet sich, da ein Bescheid mangels rechtswirksamer Zustellung nicht existent wurde, gegen eine Erledigung, die kein tauglicher Anfechtungsgegenstand ist. Dem Bundesverwaltungsgericht fehlt für eine meritorische Entscheidung - etwa auf Grundlage des Beschwerdevorbringens - die Zuständigkeit. Erst nach allfälliger neuerlicher und rechtswirksamer Erlassung eines Bescheides und abermaliger Beschwerde ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.
Ist die Beschwerde nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt. Eine Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung ist - ungeachtet dessen, dass die belangte Behörde die Unzulässigkeit der Beschwerde nicht wahrgenommen und eine meritorische Entscheidung getroffen hat - nicht erforderlich (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
Angemerkt wird, dass bei einer allfälligen Fortführung des Verfahrens betreffend Anspruchsverlust nach § 10 Abs. 1 (iVm § 38) AlVG vom AMS zu prüfen sein wird, ob das Stellenangebot der damals noch zuständigen Erwachsenenvertreterin zur Kenntnis gebracht wurde und welche Veranlassungen seitens der Erwachsenenvertreterin insoweit getroffen wurden (vgl. dazu VwGH 11.09.2019, Ra 2019/08/0067).
3.7. Entfall der mündlichen Verhandlung
Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen. Zudem war aufgrund des unbestrittenen Akteninhalts durch eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Pkt. II.3. zitierte Rechtsprechung); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Anfechtungsgegenstand Erwachsenenvertreter Unzulässigkeit der Beschwerde Zurückweisung ZustellmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W238.2230033.1.00Im RIS seit
09.09.2020Zuletzt aktualisiert am
09.09.2020