TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/16 97/09/0096

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Veröffentlicht am 16.12.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;

Norm

AVG §52;
KOVG 1957 §52 Abs2;
KOVG 1957 §90 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Friedrich L in Wien, vertreten durch Dr. Walter Kainz, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 23, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland vom 20. Februar 1997, Zl. OB. 115-172905-002, betreffend Neubemessung der Beschädigtenrenten nach dem KriegsopferversorgungsG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1924 geborene Beschwerdeführer bezieht auf Grundlage des Bescheides des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. Oktober 1992 eine Beschädigtenrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG), und zwar aufgrund der Gesamteinschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 7 KOVG eine Grundrente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 vH. Als Dienstbeschädigungen wurden anerkannt:

"1. Rippenfellschwarte re.            III/a/305  40%  1/1  40%

2. Posttraumat. Rippen-

    veränderungen re.                 I/b/7      10%  1/1  10%

3. Teilschädigung des Nervus medianus

    re. mit Schwäche und mäß. Ein-

    schränkung der Beweglichkeit      IV/i/477   40%  1/1  40%"

Nicht als Dienstbeschädigung wurden anerkannt:

"Chron. Bronchitis, Emphysem,

Zust. n. Herzinfarkt, Hypertonie, Myocardiopathie."

Dem Bescheid lag ein Gutachten der Fachärztin für Lungenheilkunde Dr. L vom 13. (an anderer Stelle 14.) Februar 1992 bei.

Mit Schreiben vom 1. April 1996 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Neubemessung der Beschädigtenrente nach dem KOVG, da sich "im Zustand der anerkannten DB eine wesentliche Verschlechterung eingestellt" habe.

Nach Einholung ärztlicher Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. W und der Fachärztin für Lungenheilkunde Dr. L, welche gegenüber den genannten Vorgutachten keine maßgebliche Verschlimmerung feststellten, beziehungsweise eine solche zur Gänze auf die zunehmende Herzschwäche bei Zustand nach Herzinfarkt zurückführten, wies das Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland mit dem Bescheid vom 18. Juni 1996 den Antrag des Beschwerdeführers ab.

In der dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer, daß die ärztliche Untersuchung ohne Beiziehung entsprechender Hilfsbefunde wie "Thoraxröntgen, Lungenfunktion etc." durchgeführt worden sei, sodaß eine Beurteilung seines Zustandes nicht möglich gewesen sei.

Der Beschwerdeführer stand weiterhin auf dem Standpunkt, daß eine Verschlechterung seines Kriegsleidens eingetreten sei. Die belangte Behörde holte ein neues lungenfachärztliches Sachverständigengutachten des Dr. K ein. Im Verwaltungsakt ist eine Untersuchung der Lungenfunktion vom 4. November 1996 sowie eine Befundaufnahme durch Untersuchung des Beschwerdeführers enthalten. Der Sachverständige führt als Zusatzbefund das Ergebnis der Lungenfunktionsprüfung und den sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Lungenröntgenbildern vom 18. März 1996 ergebenden Befund an. Der Gutachter kommt zum Ergebnis, daß gegenüber dem Vorgutachten vom 13. Februar 1992 keine Verschlimmerung in der anerkannten Dienstbeschädigung festgestellt werden könne. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verschlimmerung sei ausschließlich auf die akausalen, alters- und veranlagungsbedingten Leiden "coronare Herzkrankheit, Zustand nach mehrmaligem Herzinfarkt, Cardiomyopathie, Bluthochdruck, chronische Emphysembronchitis" zurückzuführen. Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer im Rahmen der Einräumung des Parteiengehörs das Gutachten Dris. K vor.

Der Beschwerdeführer antwortete, er nehme das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens "nicht zur Kenntnis", verwies auf seinen Berufungsschriftsatz und hielt die vorgebrachten Einwendungen inhaltlich aufrecht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie bewertete das Gutachten Dris. K als schlüssig und legte es in freier Beweiswürdigung ihrer Entscheidung zugrunde. Da im erhobenen Befund gegenüber dem Vergleichsbefund keine maßgebliche Änderung eingetreten sei und auch die beruflichen Verhältnisse unverändert geblieben seien, seien die Voraussetzung für die Neubemessung der Grundrente gemäß § 52 KOVG nicht gegeben.

Die dagegen erhobene Beschwerde ist wie folgt ausgeführt:

"Trotz meiner Berufungseinwendungen hat im Berufungsverfahren keine neuerliche ärztliche Untersuchung stattgefunden, was als wesentlicher Verfahrensmangel angesehen werden muß. Dr. K hat in seinem Gutachten vom 11. Nov. 1996 praktisch lediglich aus einem älteren Sachverständigengutachten abgeschrieben und die Beurteilung übernommen.

Bemerkt wird dazu, daß dieses Gutachten, auf welches Dr. K verweist, vom 13. Februar 1996 stammt und folglich nicht im gegenständlichen Verfahren erstellt wurde. Von einem Ermittlungsverfahren im Berufungsverfahren kann überhaupt nicht gesprochen werden, weil praktisch keinerlei Ermittlungen nach Einbringung der Berufung mehr durchgeführt wurden.

Weiters wird eingewendet, daß Dr. K bei der Durchführung des Lungenfunktionstestes selbst nicht dabei war. Lediglich eine Assistentin war anwesend. Ich weise die Feststellung von Dr. K auf das entschiedenste zurück, wonach ich beim Lungenfunktionstest nicht voll mitgearbeitet hätte. Wahr ist vielmehr, daß ich bei der Lungenfunktionsprüfung voll mitgearbeitet habe und nicht im geringsten simuliert habe. Herr Dr. K hat für diese Feststellung überhaupt keinen Anhaltspunkt und es fehlt für diese Feststellung jegliche Basis.

Ferner heißt es auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides, daß ich in der Berufung eingewendet hätte, daß das Lungenemphysem eine Folge der derzeit schweren Lungenverletzung sei. Diese Feststellung ist unrichtig, da ich diese Einwendung nie gemacht habe, weil ich keine schwere Lungenverletzung zum Zeitpunkt des Verfahrens gehabt habe. Meine Lungenverletzung hat im Krieg stattgefunden und mir ist von dieser Verletzung eine Schädigung der Lunge geblieben. Wenn im Bescheid von einer derzeit schweren Lungenverletzung gesprochen wird, geht dies an den Tatsachen vorbei.

Weiters wende ich ein, daß es sich bei der im Krieg erlittenen Lungenverletzung um einen Lungensteckschuß, und nicht um eine Splitterverletzung der Lunge handelt. Auch diesbezüglich kam es im Verfahren zu falschen Angaben, weshalb die Vermutung nahe liegt, daß hier Verwechslungen stattgefunden haben, weil immer wieder falsche Feststellungen getroffen werden, die mit dem bei mir vorliegenden Sachverhalt überhaupt nicht übereinstimmen."

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer widerspricht sich in der Beschwerde selbst, wenn er einerseits behauptet, es habe im Berufungsverfahren keine neuerliche ärztliche Untersuchung stattgefunden, andererseits aber Einwände gegen einen durch eine Assistentin Dris. K durchgeführten Lungenfunktionstest vorbringt. Aus dem Verwaltungsakt eindeutig zu ersehen ist, daß die erste Behauptung des Beschwerdeführers aktenwidrig ist und am 4. November 1996 ein Lungenfunktionstest durchgeführt wurde sowie der Beschwerdeführer vom Gutachter anläßlich der Befundaufnahme für das am 11. November 1996 erstellte Gutachten untersucht wurde.

Insoferne der Beschwerdeführer meint, daß Dr. K auf ein Gutachten vom 13. Februar 1996" verweise, verkennt er, daß ein Gutachten mit diesem Datum, jedoch mit dem Zusatz

"ABL. 31 RT-Akt" lediglich als Wiedergabe der "Vorgeschichte" aufscheint. Unschwer nachvollziehbar ist aufgrund der Seitenangabe, daß damit das im Verwaltungsakt auf Seite 31 enthaltene Gutachten Dris. L vom 13. Februar 1992 gemeint ist, somit lediglich hinsichtlich der Jahreszahl ein offenkundiger Schreibfehler des Gutachters vorliegt. Im Teil "lungenfachärztliche Beurteilung" des Gutachtens Dris. K zitiert der Gutachter das Vorgutachten vom 13. Februar 1992 in richtiger datumsmäßiger Umschreibung.

Die Einwendungen gegen die Durchführung des Lungenfunktionstestes wurden im Verwaltungsverfahren trotz Gewährung des Parteiengehörs nicht vorgebracht, sodaß sie nunmehr dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG unterliegen.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, daß der Lungenfunktionstest durch eine Assistentin Dris. K durchgeführt worden sei, vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg führen. Der Gutachter ist keineswegs verpflichtet, alle zugrundeliegenden Untersuchungen selbst auszuführen, sondern er ist berechtigt, sich Hilfspersonals zu bedienen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Untersuchungen handelt, deren Ergebnis im wesentlichen durch eine Maschine gemessen, berechnet und ausgedruckt werden (wie dies bei Lungenfunktionstests, wie allgemein bekannt, der Fall und durch die im Akt einliegenden Ausdrucke vom 4. November 1996 belegt ist), und diese Meßergebnisse vom Gutachter selbst bewertet werden, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist.

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, daß seine Berufungsausführungen unrichtig wiedergegeben worden seien. Er verkennt hiebei, daß die belangte Behörde mit dem Ausdruck "dzt. schwere Lungenverletzung" in Verkürzung der Angaben des Beschwerdeführers die bisher als Dienstbeschädigung anerkannte Gesundheitsschädigung aufgrund der Kriegsverletzung meint. Durch diese Ungenauigkeit (und nicht Unrichtigkeit), die sich im Ergebnis nicht niederschlägt, ist der Beschwerdeführer in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt.

Wenn der Beschwerdeführer zuletzt noch meint, daß aufgrund unterschiedlicher Bezeichnungen seiner Verletzung eine Verwechslung stattgefunden habe, so ist er auf den insgesamt völlig zweifelsfreien Akteninhalt hinzuweisen, nach dem sich sämtliche Ermittlungen, Untersuchungen, Befunde und Bescheide jeweils auf die gleiche Kriegsverletzung beziehen. Daran vermag nichts zu ändern, daß die Verletzung vom behandelnden Arzt des Beschwerdeführers am 22. November 1989 als "Lungenschußverletzung mit Empyem re.", am 18. März 1991 als "Lungensteckschuß-Pleuraempyem", in dem dem rechtskräftigen Bescheid vom 12. Oktober 1992 zugrundeliegenden Gutachten Dris. L als "Lungenstecksplitter, damals wurde Geschoß entfernt", und in der Wiedergabe des letztgenannten Gutachtens durch Dr. K am 11. November 1996 als "Lungenstecksplitterverletzung", somit in geringfügig abweichender Terminologie, bezeichnet wurde. Es kann kein vernünftiger Zweifel an der Identität der zugrundeliegenden Kriegsverletzung des Beschwerdeführers verbleiben.

Da der Beschwerdeführer sonst keine Zweifel an der Schlüssigkeit des Gutachtens Dris. K vorgebracht hat und der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, daß dieses Gutachten schlüssig sei, nicht als rechtswidrig erkennen kann, begegnet auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde keinen Bedenken.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten Sachverständiger Arzt Verfahrensrecht Aufgabe des Sachverständigen und Wertung von Sachverständigengutachten Befund und Attest (siehe auch KOVG §90 Abs1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997090096.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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