Entscheidungsdatum
03.06.2020Norm
ASVG §113 Abs4Spruch
W156 2209664-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX GmbH gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, vom 28.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.09.2018, Zl. XXXX , wurde der XXXX GmbH (in Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet) wegen nicht fristgerechter Vorlage von Abrechnungsunterlagen ein Beitragszuschlag in der Höhe von ? 80,00 zur Entrichtung vorgeschrieben.
2. Mit Mail vom 02.10.2018 wurde per E-Mail Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und eingewandt, dass sich die Lohnverrechnung in der Kalenderwoche 37 im Urlaub befunden habe bzw. die Zahlung für den Zeitraum 8/18 am 12.09.2018 rechtzeitig erfolgt sei.
3. Mit Schreiben vom 13.11.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit mit 19.11.2018 der Gerichtsbateilung W 229 zugewiesen.
4. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.042020 wurde das Verfahren mit Wirkung 04.05.2020 der Gerichtsabteilung W156 zur Erledigung zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin wegen nicht fristgerechter Vorlage von Abrechnungsunterlagen für den Zeitraum August 2018 einen Beitragszuschlag i.H.v. ? 80 vor.
Die Beschwerdeführerin rechnet die Beiträge zur Sozialversicherung nach dem Lohnsummenverfahren ab.
Die Beitragsnachweisung für den Beitragszeitraum August 2018 wurde am 18.09.2018 der belangten Behörde vorgelegt.
Es handelt sich nicht um den ersten Meldeverstoss der Beschwerdeführerin, die Beitragsnachweise für den beitragszeitraum April 2018 wurden ebenfalls nicht fristgerecht vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und der Beschwerde und ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1 Rechtliche Grundlagen
§ 34 Abs. 2 ASVG lautet:
(2) Die Meldung der monatlichen Beitragsgrundlagen hat nach Ablauf eines jeden Beitragszeitraumes mittels elektronischer Datenfernübertragung (§ 41 Abs. 1 und 4) zu erfolgen; die Frist für die Vorlage der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung endet mit dem 15. des Folgemonats. Wird ein Beschäftigungsverhältnis nach dem 15. des Eintrittsmonats aufgenommen, endet die Frist für die Meldung der monatlichen Beitragsgrundlage mit dem 15. des übernächsten Monats. Dies gilt auch bei Wiedereintritt des Entgeltanspruches nach dem 15. des Wiedereintrittsmonats. Davon abweichend kann für Versicherte nach § 4 Abs. 4 die Meldung der nach § 44 Abs. 8 ermittelten Beitragsgrundlage bis zum 15. des der Entgeltleistung folgenden Kalendermonats erfolgen.
Nach § 113 Abs. 4 ASVG, BGBl I Nr. 31/2007, kann in Fällen, in denen gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten werden, ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage vorgeschrieben werden.
3.2 Zu Spruchpunkt A)
Zur Abweisung der Beschwerde:
Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die Beitragsnachweise für den Beitragszeitraum August 2018 am 18.09.2018 der belangten Behörde vorgelegt wurden.
Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR. 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten verursacht hat ("Verursacherprinzip") und als damit ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).
Der Dienstgeber ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen termingerecht einlangen. Der Dienstgeber erfüllt seine (Melde)Verpflichtung nur dann, wenn die von ihm erstattete Meldung von der Gebietskrankenkasse auch gelesen und verarbeitet werden kann; diese Voraussetzung ist aber jedenfalls als erfüllt anzusehen, wenn die Meldung in der vereinbarten Form erfolgt, für andere Formen trägt der Dienstgeber das Risiko (VwGH 20.11.2002, 2000/08/0047).
Die Frage des subjektiven Verschuldens des Meldepflichtigen ist irrelevant. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen. Der Gesetzgeber setzt objektive Grenzen, innerhalb deren das Ermessen auszuüben ist (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Manz 2015, RZ 1-10 zu § 113 ASVG mit dort angegebenen Judikaturnachweisen).
Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 4 ASVG liegt sowohl dem Grunde nach (arg "kann") als auch der Höhe nach (bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage) im Ermessen der Behörde (VwGH 30.05.2001, 96/08/0261; VwGH 17.10.2012, 2009/08/0232).
Die in § 113 Abs. 4 für den Fall einer verspäteten Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen (dies ist hier der Fall) normierte objektive Obergrenze beträgt somit das Zehnfache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage. Die tägliche Höchstbeitragsgrundlage betrug im Jahr 2018 EUR 171,-. Der maximal zulässige Beitragszuschlag beträgt in einem von § 113 Abs. 4 erfassten Fall somit EUR 1.710,-.
Die Beschwerdeführerin war als Dienstgeberin gemäß § 34 Abs. 2 ASVG verpflichtet, die Beitragsnachweisung für August 2018 bis zum 15.09.2018 mittels elektronischer Datenfernübertragung vorzulegen.
Da die Beschwerdeführerin die gegenständliche Beitragsnachweisung jedoch nicht bis zum 15.09.2018 übermittelte, ist sie der termingerechten Meldeverpflichtung zur Vorlage der Abrechnungsunterlagen für den fraglichen Zeitraum nicht nachgekommen.
Das Vorbringen, dass eine rechtzeitige Übermittlung aufgrund von Urlaubszeit nicht erfolgt sei, kann die Beschwerdeführerin nicht exculpieren. Vielmehr muss sie es sich zurechnen lassen, wenn im Unternehmen keine entsprechende Vorsorge getroffen wurde, um den Meldepflichten jedenfalls nachkommen zu können. Nicht zuletzt deshalb, weil die Frage des subjektiven Verschuldens für das "ob" der Vorschreibung irrelevant ist und nur auf die objektive Verwirklichung eines Meldeverstoßes abgestellt wird (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Manz 2015, RZ 6), geht dieses Beschwerdevorbringen ins Leere.
Auch das Vorbringen, dass doch die Beitragszahlung fristgerecht erfolgt sei, führt im Sinne der obigen Ausführungen nicht zum Erfolg, da der gegenständliche Beitragszuschlag aufgrund der verspäteten Vorlage der Beitragsnachweisung vorgeschrieben wurde.
Betreffend die Höhe des vorgeschriebenen Beitragszuschlages ist anzumerken, dass sich aus dem Akteninhalt ergibt, dass es sich nicht um den ersten derartigen Meldeverstoß der Beschwerdeführerin binnen der letzten 12 Monate vor Erlassung des Bescheides handelt. So wurden auch für den Monat April 2018 die Beitragsnachweisungen nicht fristgerecht übermittelt. Bei dem von der Behörde ausgeübten Ermessen sind das Ausmaß der Verspätung und der Umstand, inwieweit der Dienstgeber bisher seinen Meldeverpflichtungen nachgekommen ist, zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin binnen eines Jahres bereits mehrere Meldeverstöße verwirklicht. Hinsichtlich des ersten Verstoßes wurde von der Verhängung eines Beitragszuschlages nachgesehen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits ein Meldeverstoß der Beschwerdeführerin vorliegen. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie aufgrund der gehäuften Fristversäumnisse im Beschwerdefall einen Beitragszuschlag von EUR 80,-- vorschreibt.
Gemäß § 113 Abs. 4 ASVG hätte die belangte Behörde für die Nichteinhaltung von Meldefristen eine Vorschreibung eines Beitragszuschlages bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) vornehmen können. Der vorgeschriebene Beitragszuschlag von EUR 80,- liegt jedoch weit unterhalb dieser Obergrenze, weshalb die Höhe des Beitragszuschlages angemessen erscheint.
Die Entscheidung der belangten Behörde weist also weder bezüglich des Grundes noch bezüglich der Höhe des Beitragszuschlages einen Ermessensfehler auf.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.3 Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.
In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).
Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.
In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
3.4 Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus der unter Punkt 3.2. angeführten Judikatur ergibt sich, dass die gegenständliche Entscheidung nicht von der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragszuschlag MeldeverstoßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2209664.1.00Im RIS seit
09.09.2020Zuletzt aktualisiert am
09.09.2020