TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/4 W154 2231320-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2020
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Entscheidungsdatum

04.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W154 2231320-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im Verfahren des XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, betreffend die weitere Anhaltung in Schubhaft aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2020, Zahl: 830603509/200137190, zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Verfahrenspartei reiste zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 07.05.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates nannte die Verfahrenspartei damals finanzielle Gründe sowie die Tatsache, dass der Bruder einen Mord begangen habe und die Familie des getöteten Mannes auf Rache sinnen würde.

Aufgrund eines einschlägigen "EURODAC-Treffers" richtete das zum damaligen Zeitpunkt zuständige Bundesasylamt am 10.05.2013 ein Wiederaufnahmeersuchen an die Republik Ungarn. Mit Schreiben vom 17.05.2013 stimmte die Republik Ungarn der Wiederaufnahme der Verfahrenspartei zu.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.06.2013 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 07.05.2013 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II-VO die Republik Ungarn zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Verfahrenspartei gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn zulässig sei. Eine dagegen erhobene Beschwerde an den Asylgerichtshof wurde mit Beschluss vom 10.09.2013 als verspätet zurückgewiesen.

2. Die Verfahrenspartei tauchte in Folge unter.

3. Am 04.02.2020 reiste die Verfahrenspartei neuerlich in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 05.02.2020 und wurde über diese die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zweck der Sicherung des Verfahrens in Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der Bescheid wurde im Wesentlichen auf die Verschleierung der Identität, auf das Untertauchen während des ersten Asylverfahrens, auf die unrechtmäßige Einreise nach Österreich, das mangelnde Aufenthaltsrecht der Verfahrenspartei in Österreich, auf die mangelnde Möglichkeit der Arbeitsaufnahme, die Annahme der Weiterreise der Verfahrenspartei und auf die fehlende Verankerung in Österreich in Hinblick auf die Wohn- und Familiensituation gestützt.

4. Des Weiteren wurde mit Bescheid des BFA vom 05.02.2020 gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung iVm einem auf 5 Jahre befristeten Einreiseverbot erlassen. Gleichzeitig wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 aberkannt wurde.

5. Im Stande der Schubhaft stellte der Fremde am 18.02.2020 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er in Marokko keine Probleme gehabt habe, sondern in Europa habe leben wollen, weshalb er im Jahr 2013 nach Italien gereist sei und dort 7 Jahre lang gelebt habe. Mit Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde dem Fremden mitgeteilt, dass der gestellte Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden sei und die Anordnung der Schubhaft aufrecht bleibe.

6. Mit Bescheid des BFA vom 03.03.2020 wurde der Antrag auf internationalen Schutz negativ beschieden und gegen den Fremden eine neuerliche Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 4 BFA-VG wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist keine Beschwerde gegen den genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

7. Gegenwärtig wird die Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wien, Roßauer Lände, vollzogen.

8. Am 27.05.2020 legte das BFA den gegenständlichen Schubhaftakt mit dem Ersuchen um Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei, dem Gericht vor. Die Behörde führte in einer Stellungnahme aus, dass derzeit begründet davon auszugehen sei, dass seitens der Botschaft demnächst ein Heimreisezertifikat ausgestellt werde, da der Fremde über eine marokkanische Identitätskarte verfüge. Aufgrund des vom Fremden gestellten Antrags auf internationalen Schutz im Stande der Schubhaft habe seitens des Bundesamtes kein Termin zur Vorführung an die marokkanische Botschaft organisiert werden können. Zumal der Fremde einen Antrag auf freiwillige Rückkehr nach Marokko gestellt habe, werde seitens des Bundesamtes davon ausgegangen, dass mit der Durchführbarkeit der Entscheidung in wenigen Tagen gerechnet werden könne. Eine Vorführung vor die marokkanisch Botschaft werde dann unverzüglich erfolgen. Sohin sei die Erlangung eines Heimreisezertifikates derzeit jedenfalls in einem Zeitfenster der möglichen Maximalfristen der Aufrechterhaltung der Schubhaft und werde seitens der Behörde einer alsbaldigen Finalisierung seitens der marokkanischen Behörden entgegengesehen. Dass mit einer Abschiebung tatsächlich gerechnet werden könne, bedeute nicht, dass ihre Effektuierung schon als gewiss feststehe. Die Abschiebung müsse sich aber nach Lage des Falles mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als möglich darstellen (dazu VfGH vom 19. April 2012, 2009/21/0047 und VwGH vom 11.05.2017, Ra 2016/21/0369). Aus Sicht der Behörde sei die weitere Verzögerung der Abschiebung ursächlich darauf zurückzuführen, dass die Verfahrenspartei entgegen der Aufforderung der erkennenden Behörde nicht am Ausreiseverfahren mitgewirkt habe und dieser zur Verzögerung der Abschiebung einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Das Bundesamt sei stets bemüht, die Zeiten der Schubhaft so kurz als möglich zu halten. Es dürfe darauf hingewiesen werden, dass es der Verfahrenspartei bereits früher freistand, freiwillig aus der Schubhaft nach Marokko auszureisen. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung der Verfahrenspartei in ihren Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) bestehe jedoch aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft sei nach derzeitigem Stand - kooperatives Verhalten der Verfahrenspartei vorausgesetzt - mit wenigen Monaten einzustufen. Eine Abschiebung im Sommer 2020 sei aus derzeitiger Sicht jedenfalls realistisch. Zum angeführten realistischen Abschiebezeitpunkt sei auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 weiterhin gelockert und Abschiebungen durchführbar sind. Eine Verzögerung der Abschiebung unmittelbar aufgrund dieser Umstände sei derzeit nicht ersichtlich. Die Dauer der bisherigen Anhaltung in Schubhaft liege somit im Verschulden des Fremden, zumal er über kein Reisedokument verfüge und einen Antrag auf internationalen Schutz mit Verzögerungsabsicht gestellt habe. Hätte sich die Verfahrenspartei kooperativ gezeigt, wäre eine derart lange Dauer der Anhaltung niemals notwendig gewesen. Aufgrund des vom Fremden gesetzten Verhaltens sei eine weitere Verfahrensführung auf freiem Fuß nicht möglich. Der Fremde habe sich seit 7 Jahren unrechtmäßig in Europa aufgehalten. Selbst der im Jahr 2013 gestellte Antrag auf internationalen Schutz sei von diesem unter Verwendung einer falschen Identität gestellt worden. Nachdem der Fremde Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme angegeben habe, dass es "Ok" sei, nach Marokko zu gehen, habe dieser am 18.02.2020 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Nachdem die negative Entscheidung am 03.03.2020 zugestellt worden sei, habe der Verfahrenspartei nach erfolgter Rückkehrberatung einen Antrag auf freiwillige Rückkehr gestellt. Es könne daher - nach Ansicht der Behörde - nicht aufgeschlossen werden, dass dieser Antrag als Reaktion auf die Aussichtslosigkeit, in Anbetracht der bevorstehenden Rückführung nach Marokko, gestellt worden sei. Eine Vorführung zur marokkanischen Botschaft und ein anschließendes Überstellungsverfahren könne auf freiem Fuß nicht garantiert werden, zumal der Fremde bereits früher die von ihm ausgehende Fluchtgefahr bewiesen habe. Selbst im Stande der Schubhaft sei eine Bereitschaft zur Mitwirkung in keiner Weise ersichtlich gewesen. Nach Herstellung einer Relation zwischen der Größe des Sicherungsbedarfs und den entgegenstehenden privaten Interessen ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft weiterhin notwendig und verhältnismäßig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Verfahrenspartei wird gegenwärtig zum Zweck der Sicherung des Verfahrens in Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten.

Die Verfahrenspartei verfügt über eine marokkanische Identitätskarte. Nach rechtskräftigem Abschluss des laufenden Asylverfahrens wird das vor Asylantragstellung bereits eingeleitete Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) weitergeführt werden. Mit der zeitnahen Ausstellung eines HRZ ist aufgrund des Vorliegens der marokkanischen Identitätskarte zu rechnen. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung der Verfahrenspartei in ihren Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand - kooperatives Verhalten der Verfahrenspartei vorausgesetzt - mit wenigen Monaten einzustufen. Eine Abschiebung bis August 2020 ist jedenfalls realistisch. Das Erfordernis einer HRZ-Ausstellung und die dadurch bedingte Anhaltedauer sind der Verfahrenspartei zuzurechnen.

Die Verfahrenspartei ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Die Verfahrenspartei war während des ersten Asylverfahrens bis 03.07.2013 in Grundversorgung untergebracht und war danach unbekannten Aufenthaltes und für die Behörden nicht greifbar. Danach war die Verfahrenspartei behördlich in Österreich nicht mehr gemeldet. Sie hielt sich ihren eigenen Angaben nach in Italien auf.

Die Verfahrenspartei zeigte sich den österreichischen Behörden gegenüber nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ, sie machte bewusst tatsachenwidrige Angaben zu ihrer Identität.

Sie ist in Österreich in keiner Form integriert, verfügt über keine substanziellen sozialen, beruflichen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Zudem verfügt sie über keine gesicherte Unterkunft und über kein Barvermögen. Die Verfahrenspartei ist grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren, aus der Stellungnahme des BFA vom 27.05.2020 sowie aus dem Gerichtsakt des Asylgerichtshofes zum ersten Asylverfahren der Verfahrenspartei zur Zl. S23 435.836-1/2013/9E.

Die Feststellungen bezüglich der Meldeadresse der Verfahrenspartei ergeben sich aus einem rezenten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem und dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit sind dem Strafregister entnommen.

Die Verfahrenspartei hat im Asylverfahren nachweislich unterschiedliche Angaben zu ihrer Identität gemacht - was aus den Akten, insbesondere der Entscheidung des Asylgerichtshofes, Zl. S23 435.836-1/2013/9E, ersichtlich ist.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden der möglichen Herkunftsstaaten. Abschiebungen dorthin finden regelmäßig statt. Ebenso regelmäßig muss diesen ein Ermittlungsverfahren in den Herkunftsstaaten vorangehen, weil die Betroffenen keine Personal- oder Reisedokumente vorweisen können. Diese benötigen üblicherweise einige Monate. Die Ausstellung eines HRZ verzögert sich somit mangels kooperativen Verhaltens der Verfahrenspartei, jedoch erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Abschiebung bis Sommer 2020 - sohin zeitnah - als möglich.

Die Feststellungen zur fehlenden Integration der Verfahrenspartei und ihrer Vermögenslage ergeben sich aus der Aktenlage.

Die in besonderem Maße geminderte Vertrauenswürdigkeit ergibt sich aus den von der Verfahrenspartei im Asylverfahren bewusst getätigten falschen Angaben zu ihrer Person sowie aus dem Untertauchen der Verfahrenspartei.

Hinweise für ein Fehlen der Haftfähigkeit oder gröbere gesundheitliche Probleme sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 56/2018 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Zur Dauer der Schubhaft:

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil

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1.-die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.-eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht

vorliegt,

3.-der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.-die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen

oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Andernfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Betrachtet man die Interessen der Verfahrenspartei an den Rechten ihrer persönlichen Freiheit in Bezug auf ihre familiären bzw. sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass die Verfahrenspartei im Bundesgebiet über keine Familienangehörigen verfügt, sie verfügt auch nicht über sonstige Kontaktpersonen. Die Verfahrenspartei ist zudem in Österreich weder legal erwerbstätig noch sozialversichert. Sie hat letztendlich gar keine Anknüpfungspunkte zu Österreich und verfügt auch über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Die Verfahrenspartei verfügt über keine Barmittel. Sie ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig. Außerdem trat die Verfahrenspartei in Österreich unter verschiedenen Identitäten auf und stellte unter den verschiedenen Identitäten Anträge auf internationalen Schutz, des Weiteren tauchte die Verfahrenspartei in der Vergangenheit unter und war auch sonst für die Behörden nicht greifbar, woraus zu schließen ist, dass die Verfahrenspartei nicht willig zur Kooperation mit den Behörden ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass keine sozialen Bindungen der Verfahrenspartei zu Österreich entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben ist.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass die Verfahrenspartei durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal die Verfahrenspartei auch diesbezüglich einer engmaschigen medizinischen Kontrolle unterliegt.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens lässt sich aus derzeitiger Sicht auch erkennen, dass eine zügige Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens als wahrscheinlich anzusehen ist, zumal sie über ein Identitätsdokument verfügt, wodurch mit der zügigen Ausstellung eines HRZ gerechnet werden kann.

Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach heutigem Wissensstand zeitnah realistisch erscheint.

Die Prüfung, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt, führt zu dem Ergebnis, dass ein gelinderes Mittel nicht zur Anwendung kommen kann. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel der Verfahrenspartei nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des von der Verfahrenspartei in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere der Tatsache, dass sie untergetaucht war - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da im vorliegenden Fall die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens der Verfahrenspartei besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher nicht in Betracht.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.2. Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Identität Mittellosigkeit Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Überprüfung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2231320.1.00

Im RIS seit

09.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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