Entscheidungsdatum
05.06.2020Norm
AuslBG §18 Abs12Spruch
W156 2229641-1/4E
W156 2229642-1/4E
W156 2229643-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Peter Maska und Kurt Zangerle als Beisitzer über die Beschwerde von 1. XXXX 2. XXXX und 3. XXXX , alle vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 09.01.2020, Zl. ABB Nr. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Den Beschwerden wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des AMS Wien Esteplatz (in Folge AMS) vom13.12.201, Zl. ABB-Nr. XXXX wurde die EU-Überlassungsbestätigung für Herrn XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, in Folge BF3) gemäß § 19 Abs. 4 LSD-BG für die Beschäftigung als Koch bei der XXXX (in Folge BF2) gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG für den Zeitraum von 16.10.2019 bis 15.01.2020 ausgestellt.
2. Am 03.01.2020, 17:01:01 Uhr, meldete die Firma XXXX (in Folge BF1) die Überlassung für den BF3 gemäß § 19 Abs. 4 LSD-BG für die Beschäftigung als Koch bei der BF2 an die Zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung mittels dem Formular ZKO4. Beigelegt waren keine Unterlagen.
3. Mit Mail vom 07.01.2020 wurde die Meldung von der Zentralen Koordinationsstelle an das AMS übermittelt.
4. Mit angefochtenem Bescheid vom 09.01.2020, zugestellt am 22.01.2020, wurde der Antrag vom 03.01.2020 zurückgewiesen. Begründet wurde dies mit dem Vorbringen, dass die gegenständliche Meldung am 03.01.2020 um 17:01:01 Uhr für den Zeitraum 03.01.2020 mit Arbeitsbeginn um 10:00 bei der Zentralenkoordinationsstelle ein. Da die Meldung nicht rechtzeitig erfolgt sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Weiters sei der Antrag ohne Unterlagen eingebracht worden, weshalb keine inhaltliche Überprüfung habe stattfinden können.
5. Mit Schreiben vom 21.01.20202 legte die rechtsfreundliche Vertretung folgende Unterlagen vor:
* Reisepass des BF3 in Kopie
* Bisherige EU-Überlassungsbestätigung
* ZKO-Meldung vom 03.01.2020
* Aufenthaltstitel in Tschechien
* Arbeitskräfteüberlassungsvereinbarung
* A1 Bescheinigung
Ersucht wurde in gegenständlichem Schreiben um Ausstellung der EU-Überlassungsbescheinigung ab dem 16.01.2020.
6. Mit Schreiben vom 28.01.2020 erhoben die BF1 bis BF3 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Verfahrensrelevant wurde dazu ausgeführt, dass die formelle Zurückweisung unrichtig sei, dass entsprechend dem § 18 Abs. 12 AuslBG die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen hat. Dass eine Meldung gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG zurückgewiesen werde, sei nicht vorgesehen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 03.01.2020, 17:01:01 Uhr, meldete die BF1 die Überlassung für den BF3 gemäß § 19 Abs. 4 LSD-BG für die Beschäftigung als Koch bei der BF2 an die Zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung mittels dem Formular ZKO4. Das Formular war den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend vollständig ausgefüllt.
Mit Mail vom 07.01.2020 wurde die Meldung von der Zentralen Koordinationsstelle an das AMS übermittelt.
Mit angefochtenem Bescheid vom 09.01.2020, zugestellt am 22.01.2020, wurde der Antrag vom 03.01.2020 zurückgewiesen. Begründet wurde dies mit dem Vorbringen, dass die gegenständliche Meldung am 03.01.2020 um 17:01:01 Uhr für den Zeitraum 03.01.2020 mit Arbeitsbeginn um 10:00 bei der Zentralenkoordinationsstelle ein.
Bei der BF1 handelt es sich um eine tschechische Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Prag und Gaststättengewerbe als Unternehmensgegenstand.
Bei der BF2 handelt es sich um eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Wien und Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant als Unternehmensgegenstand.
Beim BF3 handelt es sich um einen indischen Staatsbürger mit Aufenthaltsrecht in Tschechien und dem Beruf Koch.
Mit Schreiben vom 21.01.20202 legte die rechtsfreundliche Vertretung folgende Unterlagen vor:
- Reisepass des BF3 in Kopie
- Bisherige EU-Überlassungsbestätigung
- ZKO-Meldung vom 03.01.2020
- Aufenthaltstitel in Tschechien
- Arbeitskräfteüberlassungsvereinbarung
- A1 Bescheinigung
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und ist unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Materiellrechtliche Bestimmungen:
§ 18 AuslBG lautet auszugsweise:
"(1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.
(2) Für Ausländer nach Abs. 1, die ausschließlich im Zusammenhang mit kurzfristigen Arbeitsleistungen, für die ihrer Art nach inländische Arbeitskräfte nicht herangezogen werden, wie geschäftliche Besprechungen, Besuche von Messeveranstaltungen und Kongressen und dergleichen, beschäftigt werden, ist eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung nicht erforderlich.
(3) Für Ausländer, die
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1.-von ihrem ausländischen Arbeitgeber im Rahmen eines Joint Venture und auf der Grundlage eines betrieblichen Schulungsprogramms nicht länger als sechs Monate zur betrieblichen Einschulung in einen Betrieb mit Betriebssitz im Bundesgebiet oder
2.-im Rahmen eines international tätigen Konzerns auf Basis eines qualifizierten konzerninternen Aus- und Weiterbildungsprogramms von einem ausländischen Konzernunternehmen nicht länger als 50 Wochen in das Headquarter im Bundesgebiet oder
3.-von ihrem international tätigen Dienstgeber als der Unternehmensleitung zugeteilte qualifizierte Mitarbeiter, die zur innerbetrieblichen Aus- oder Weiterbildung (Führungskräftenachwuchs) und zu Rotationen im Hinblick auf den Dienstort verpflichtet sind, nicht länger als 24 Monate in eine zum gleichen Unternehmen oder zur gleichen Unternehmensgruppe gehörende Niederlassung im Bundesgebiet
entsandt werden, ist keine Entsendebewilligung oder Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Die Schulungs- bzw. Aus- und Weiterbildungsmaßnahme ist spätestens zwei Wochen vor Beginn vom Inhaber des inländischen Schulungsbetriebes (Z 1), vom Headquarter (Z 2) bzw. von der inländischen Niederlassung (Z 3) der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unter Nachweis des Joint Venture-Vertrages und des Schulungsprogramms bzw. des Aus- und Weiterbildungsprogramms, in dem Zielsetzungen, Maßnahmen und Dauer der Schulung bzw. Ausbildung angegeben sind, anzuzeigen. Die regionale Geschäftsstelle hat binnen zwei Wochen eine Anzeigebestätigung auszustellen. Die Einschulung bzw. Aus- und Weiterbildung darf erst nach Vorliegen der Anzeigebestätigung begonnen werden.
[...]
(12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn
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1.-sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,
2.-die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Abs. 3 bis 6, § 4 Abs. 2 bis 5 und § 5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl. Nr. 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß § 10 AÜG, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 und 5 und § 6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und
3.-im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß § 18 Abs. 1 AÜG vorliegt.
Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (Zentrale Koordinationsstelle) hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter oder überlassener Ausländer gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG, darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung begonnen werden.
[...]"
§ 19 LSD-BG lautet auszugsweise:
"(1) Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben die Beschäftigung von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern und nach Österreich überlassenen Arbeitskräften zu melden. Die Meldung hat für jede Entsendung oder Überlassung gesondert zu erfolgen. Nachträgliche Änderungen bei den Angaben gemäß Abs. 3 oder Abs. 4 sind unverzüglich zu melden. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Meldepflichten nach diesem Absatz und den Abs. 2 und 3 als Arbeitgeber.
(2) Die Entsendung oder Überlassung im Sinne des Abs. 1 ist vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle zu melden. Im Fall von mobilen Arbeitnehmern im Transportbereich ist die Meldung vor der Einreise in das Bundesgebiet zu erstatten. Die Meldung hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. Arbeitgeber haben im Fall einer Entsendung der Ansprechperson nach § 23 oder, sofern nur ein Arbeitnehmer entsandt wird, diesem die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
[...]
(4) Die Meldung nach Abs. 1 hat für jede Überlassung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden:
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1.-Name und Anschrift des Überlassers,
2.-Name und Anschrift des zur Vertretung nach außen Berufenen des Überlassers,
3.-Name und Anschrift des Beschäftigers sowie dessen Umsatzsteueridentifikationsnummer und dessen Gewerbebefugnis oder Unternehmensgegenstand,
4.-Name, Anschriften, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern und Sozialversicherungsträger sowie Staatsangehörigkeit der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen,
5.-Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung der einzelnen überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen beim Beschäftiger,
6.-Orte der Beschäftigung, jeweils unter genauer Angabe der Anschrift, in Österreich,
7.-in den Fällen des § 21 Abs. 3 Angabe der Person (genaue Anschrift) oder der Zweigniederlassung (genaue Anschrift), bei der die Meldeunterlagen und Lohnunterlagen bereitgehalten werden,
8.-Höhe des jedem einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Person nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts,
9.-Art der Tätigkeit und Verwendung der einzelnen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen unter Berücksichtigung des maßgeblichen österreichischen Kollektivvertrages,
10.-sofern für die Beschäftigung der überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,
11.-sofern die überlassenen Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlichen Personen im Sitzstaat des Überlassers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung."
§ 71 Z1 LSD-BG lautet:
"Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:
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1.-hinsichtlich des § 12, § 19 Abs. 2, § 20 Abs. 3 der Bundesminister für Finanzen;"
3.2.Zu A) Stattgabe der Beschwerden
Das Verfahren zur Ausstellung einer EU-Überlassungsbestätigung ist im § 18 Abs. 12 AuslBG abschließend geregelt.
Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, hier das Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz, hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen.
Ist anhand der gemeldeten Daten und ergänzenden Unterlagen keine abschließende Beurteilung der Voraussetzungen möglich oder sind diese unvollständig, so wäre das entsendende bzw überlassende Unternehmen zu ersuchen gewesen, die Angaben zu vervollständigen bzw. die nötigen Unterlagen nachzureichen.
Ein Ersuchen der Behörde auf Vorlage näherer Unterlagen ... ist ein (zulässiger) Überprüfungsschritt des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen einer Entsendung iSd § 18 Abs. 12 AuslBG (vgl. E 21. März 2013, 2012 /09/0120) (VwGH 21.03.2013, Zl. 2012/09/0151).
Die belangte Behörde ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 18 Abs. 12 AuslBG zur Überprüfung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen einer Überlassung iSd § 18 Abs. 12 AuslBG zuständig.
Dass die Meldung vor Arbeitsbeginn zu erstatten ist, normiert § 19 Abs. 2 LSD-BG. Dessen Vollziehung obliegt allerdings dem BMF (§ 71 Z 1 LSD-BG), im speziellen der ZKO und wäre diese zuständig, die Rechtzeitigkeit der Meldung zu prüfen.
Die gegenständliche erstattete Meldung enthielt alle Erfordernisse des § 19 Abs. 4 LSD-BG. Die belangte Behörde hatte demnach nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Bestätigung der EU-Entsendung vorliegen oder nicht, und allenfalls ergänzende Unterlagen, die zur Beurteilung der materiellen Erfordernisse für die Ausstellung einer EU-Überlassungsbestätigung nötig sind, zu verlangen.
Für eine Zurückweisung wegen verspäteter Meldung durch die belangte Behörde bietet § 18 Abs. 12 AuslBG daher keinen Raum.
Der angefochtene Bescheid betreffend Zurückweisung in Angelegenheit von EU- Überlassungen verletzt die BF sohin in dem von ihr geltend gemachten Recht auf eine inhaltliche Entscheidung über ihre Meldungen (vgl. VwGH vom 21.03.2013, Zl. 2012/09/0120).
3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.
In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).
Die Beschwerdeführer haben eine Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG jedoch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).
Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.
In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
3.4 Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen treffen § 18 Abs.12 AuslBG und §§ 19 und 71 LSD-BG eine klare Reglung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
EU-Entsendebestätigung materielle Erledigung Voraussetzungen ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2229642.1.00Im RIS seit
09.09.2020Zuletzt aktualisiert am
09.09.2020