TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/10 W117 2231539-1

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Veröffentlicht am 10.06.2020
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Entscheidungsdatum

10.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W117 2231539-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Afghanistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer ist spätestens am 03.09.2016 illegal in das Bundesgebiet eingereist.

Am selben Tag stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt..

Im Zuge des EURODAC-Verfahrens kam es zu folgenden Treffern:

HU1330024196244 M 01.09.2016 GR2MYT20160225349032 M 25.02.2016

Nach Einleitung und Abschluss des Dublin-Verfahrens mit Ungarn wurde sein Verfahren in Österreich am 19.12.2016 zugelassen.

Der Beschwerdeführer wurde am 13.10.2016 vom BG Graz zu Zahl: U 60/2016d rechtskräftig wegen § 83 Abs. 1 StGB und am 28.07.2017 vom Landesgericht fur Strafsachen Graz zu HV 81/2017x wegen Übertretungen des §27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, verurteilt.

Mit Bescheid vom 18.04.2018, Zahl 1128547403/161209587, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von (gemeint wohl) vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen o.a. Bescheid.

Der Beschwerdeführer war illegal in Frankreich eingereist und stellte am 27.03.2019 auch in Frankreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge des mit den französischen Behörden geführten Dublin Konsultationsverfahrens wurde von den französischen Behörden eine Überstellung für den 14.02.2020 angekündigt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts von 10.02.2020 GZ: W231 2199531-1/10Z wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet abgewiesen und die Revision wurde gem. Art. 133 Abs. 4 B - VG für nicht zulässig erklärt.

Am 14.02.2020 wurden der Beschwerdeführer von den französischen Behörden nach Österreich überstellt.

Über Anordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde er am 14.02.2020 festgenommen, von einem Organwalter der Fremdenpolizei asylrechtlich einvernommen und im Anschluss in das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel überstellt.

Mit Verfahrensanordnung vom 14.02.2020 wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Mit Mandatsbescheid vom 14.02.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß §76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft angeordnet.

Die Verwaltungsbehörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

"Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht nicht fest.

Im Bundegebiet betrieben Sie ein Asylverfahren und gaben an, XXXX zu heißen, am XXXX geboren zu sein und Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein.

Sie stellten am 27.03.2019 unter der Identität XXXX , geb. XXXX StA. Afghanistan in Frankreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Sie sind kein österreichischer Staatsbürger.

Sie brachten am 03.09.2016 Ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet ein.

Ihr erster Antrag auf internationalen Schutz in Österreich wurde am 10.02.2020 in

Rechtskraft zweiter Instanz negativ abgewiesen.

Sie sind gesund und benötigen keine Medikamente

Sie sind nicht im Besitz von persönlichen Dokumenten, die Ihre Identität klären könnten.

Sie sind im Bundesgebiet nicht versichert und von der Grundversorgung abgemeldet.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Es ist ein Asylverfahren anhängig. Sie verfügen über faktischen Abschiebeschutz. Die Entscheidung ist noch nicht durchführbar.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

* Sie sind in Österreich illegal eingereist.

* Ihren Aufenthalt im Bundesgebiet regelten Sie durch die Betreibung eines Asylverfahrens. Bis zum rechtskräftig negativen Abschluss des Asylverfahrens am 10.02.2020 waren Sie zum Aufenthalt nach dem AsylG im Bundesgebiet berechtigt.

* Seit rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens hatten Sie keine Aufenthaltsberechtigung. Der Ausreiseaufforderung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl leisteten Sie keine Folge.

* Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie die Ausreise in Ihr Heimatland.

* In den bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ und tauchten unter, indem Sie sich in einen anderen Mitgliedsstaat absetzten.

* Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

* Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung und wurden bis dato zweimal rechtskräftig verurteilt.

* Sie wurden am 13.10.2016 vom BG Graz zu Zahl: U 60/2016d rechtskräftig wegen § 83 Abs. 1 StGB und am 28.07.2017 vom Landesgericht fur Strafsachen Graz zu HV 81/2017x wegen Übertretungen des §27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, verurteilt.

* Sie dürfen im Bundesgebiet keiner legalen Beschäftigung nachgehen. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie, aufgrund des fehlenden Aufenthaltstitels, eine Arbeitsstelle finden werden.

* Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung dürfen Sie nicht nachgehen. Sie haben keine Möglichkeit um auf legale Art und Weise an Geld zu kommen und haben bisher Ihren Unterhalt im Bundesgebiet nur durch Ihr Asylverfahren bestritten.

* Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich.

* Sie sind in keinster Weise integriert.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie führen in Österreich kein tatsächliches Familienleben.

Sie haben im Bundesgebiet weder Verwandte, noch Angehörige Ihrer Kernfamilie.

Sie haben in Österreich keine Sorgepflichten.

Ihr Privatleben in Österreich ist des Schützens nicht würdig.

Sie dürfen im Bundesgebiet keiner legalen Beschäftigung nachgehen.

Sie pflegen keine sozialen Kontakte in Österreich.

Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 1128547403, sowie aus Ihrer asylrechtlichen Einvernahme am 14.02.2020.

Rechtliche Beurteilung

(...)

In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

(...);

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

(...);

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Ziffern 1, 3 und 9 sind in Ihrem Falle erfüllt.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Die Behörde hat keinerlei Grund zur Annahme, dass Sie sich einem Verfahren auf freiem Fuß stellen werden.

Zu Punkt 1) Sie haben sich den gebotenen Verfahren in Österreich entzogen, da Sie untertauchten und in einen anderen Mitgliedstaat ausreisten. Auch sind Sie nicht willig selbstständig in Ihr Heimatland zurückzukehren. Sie haben an Ihrem illegalen Aufenthalt festgehalten, da Sie entgegen der Rechtslage nicht gewillt waren nach Afghanistan zurückzukehren. Sie haben bereits illegale Grenzverletzungen betreffend die Staatsgebiete der Republik Österreich und der Republik Frankreich begangen. Diese Umstände lassen erkennen, dass Sie an Ihren weiteren Verfahren in Österreich nicht mitwirken werden und die Rückkehr oder Abschiebung umgehen und behindern werden.

Zu Punkt 3) Gegen Sie besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Sie haben sich den gebotenen Verfahren in Österreich entzogen, als Sie in einen anderen Mitgliedstaat ausgereist sind.

Zu Punkt 9) Ihr Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes, ist nicht gegeben. Sie verfügen über keine schützenswerten Bindungen und sind in Österreich nicht integriert. Sie haben keinen Unterstand im Bundesgebiet, Sie sind ohne behördlichen Wohnsitz, sind mittellos und verweigern jegliche Kooperation mit der Behörde. Weiters haben Sie in einem Mitgliedsstaat fälschlicherweise ein Asylverfahren betrieben um aufgrund dessen Ihren Aufenthalt im Schengener Raum zu legalisieren. Dies belegen auch Ihre Alias - Identität, die Sie während Ihres Asylverfahrens in Frankreich führten.

Es besteht daher Fluchtgefahr.

Daher ist die Entscheidung zur Erlassung der Schubhaft auch verhältnismäßig, welches sich aus der dargelegten Sachverhaltsmanifestierungen zu Ihrer Person ergibt und begründet in Ihrem Fall die Schubhaft.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Sie verfügen über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich.

Sie sind nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments und können daher Österreich aus eigenem Entschluss heraus nicht verlassen.

Sie sind nicht im Besitz von genügend Barmittel, um sich selbstständig im Bundesgebiet einen Aufenthalt finanzieren zu können.

Sie dürfen im Bundesgebiet keiner legalen Beschäftigung nachgehen, eine Änderung dieses Umstandes ist nicht in Sicht und Sie haben auch sonst keine Möglichkeit auf legale Art und Weise an Geld zu kommen.

Sie sind bereits mehrmals straffällig geworden und Ihre schlechte finanzielle Situation lässt befürchten, dass Sie, um an Geld zu kommen, weitere Straftaten begehen werden.

Sie haben keine Verwandten im Bundessgebiet, die Sie auf irgendeine Art und Weise unterstützen könnten.

Sie sind bereits untergetaucht und haben sich internationalen Verfahren entzogen.

Ihre Identität kann nicht ermittelt werden, da Sie nicht im Besitz von gültigen Dokumenten sind.

(...)

Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung und wurden bis dato zweimal rechtskräftig verurteilt.

Sie wurden am 13.10.2016 vom BG Graz zu Zahl: U 60/2016d rechtskräftig wegen § 83 Abs. 1 StGB und am 28.07.2017 vom Landesgericht fur Strafsachen Graz zu HV 81/2017x wegen Übertretungen des §27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, verurteilt.

(...)

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass Ihre Haftfähigkeit gegeben ist. Sollte sich Ihr Gesundheitszustand ändern, wird die Haftfähigkeit durch einen Amtsarzt überprüft.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen

Normalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der

Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen

Wohls dringend erforderlich und geboten ist.

(...)"

Mit Begleitschreiben vom 04.06.2020 legte die Verwaltungsbehörde den Schubhaftakt zur amtswegigen Überprüfung vor und führte unter anderem aus:

"(...)

Mit 11.03.2019 wurde ein Heimreisezertifikates in Ermangelung des Vorliegens identitätsbezeugender Dokumente ausgestellt. Die Behörde bemüht sich um die Außerlandesbringung des o.a Fremden. Da aufgrund er COVID - 19 - Pandemie die Freiwillige

Ausreise sowie der Charter storniert wurden, wartet die Behörde derzeit nur noch auf die Zustimmung der Außerlandesbringung auf dem Luftweg.

Unter Hinweis auf den Inhalt des Schubhaftbescheides vom 14.02.2020 wird, in Anbetracht der bevorstehenden Abschiebung des Fremden und der Tatsache, dass es sich bei dem Fremden um einen verurteilten Strafrechtstäter handelt der mit illegalen Substanzen gehandelt hat und der somit eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt, ersucht festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Verfahrensgang und die von der Verwaltungsbehörde ihrem Schubhaftbescheid zugrunde gelegte Begründung - soweit oben zitiert - werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Mit 11.03.2019 wurde von der afghanischen Vertretungsbehörde ein Heimreisezertifikat in Ermangelung des Vorliegens identitätsbezeugender Dokumente ausgestellt.

Aufgrund der Verbesserung der COVID-19 Situation und damit verbunden mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter einhergehenden Lockerung der Reisebeschränkungen ist daher auch mit einer zeitnahen Realisierung der Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zu rechnen.

Es sind (daher) auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Bescheid der Verwaltungsbehörde abweichenden und für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft weiter fortzusetzen ist.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Schubhaftbescheid übernommenen Feststellungen ergibt die nachprüfende Kontrolle der Aktenlage unzweifelhaft die Richtigkeit und Vollständigkeit derselben.

Die ergänzende Feststellung, dass zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. ergibt sich als logische Konsequenz daraus und der zwischenzeitlichen Ausstellung eines nicht befristeten Heimreisezertifikates und der wesentlichen Verbesserung der Covid-19-Situation.

Eine Verhandlung war aufgrund des als geklärt anzusehenden Sachverhaltes nicht durchzuführen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm § 80 FPG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher bereits dem angeführten Schubhaftbescheid zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; es wird daher die rechtliche Beurteilung des Schubhaftbescheides, soweit im Rahmen des Verfahrensganges zitiert, zur rechtlichen Beurteilung erhoben.

Aufgrund des Vorliegens eines Heimreisezertifikates und der Verbesserung der COVID-19 Situation sowie der damit mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter einhergehenden Lockerung der Reisebeschränkungen ist, wie bereits angeführt, auch mit einer zeitnahen Realisierung der Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zu rechnen.

Im Hinblick auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweist sich daher die bisherige Anhaltung auch unter diesem Aspekt jedenfalls als verhältnismäßig.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchteil B) - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind und auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen waren, war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Identität Mittellosigkeit Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Überprüfung Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2231539.1.00

Im RIS seit

09.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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