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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigter betreffend eine Familie irakischer Staatsangehöriger; mangelnde Ermittlungstätigkeit zur Situation Minderjähriger sowie zur Herkunftsregion; mangelhafte Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit der Rückführung angesichts der UNHCR-EmpfehlungRechtssatz
Bei der Behandlung der Anträge auf internationalen Schutz betreffend minderjährige Beschwerdeführer ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) bei schlechter und volatiler Sicherheitslage im Herkunftsstaat dazu angehalten, einschlägige Länderinformationen, in die auch die Erfahrungen in Bezug auf Kinder Eingang finden, als Grundlage für seine Beurteilung heranzuziehen. Dementsprechend hat der VfGH wiederholt die Bedeutung hervorgehoben, die Länderfeststellungen im Hinblick auf Minderjährige haben. Indem sich das BVwG im Hinblick auf die minderjährigen Sechst- und Siebtbeschwerdeführerinnen auf die Aussage beschränkt, sie könnten wie ihre in Diyala lebenden Cousins und Cousinen die Schule besuchen, aber keine Feststellungen zur Situation von Minderjährigen im Irak, insbesondere zur Lage in der Provinz Diyala trifft, hat es die gebotene Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt unterlassen.
Ferner hat es das BVwG im Hinblick auf sämtliche Beschwerdeführer unterlassen, die in der Provinz Diyala bzw in der konkreten Herkunftsregion der Beschwerdeführer vorherrschende Sicherheitslage mit der individuellen Situation der Beschwerdeführer in Beziehung zu setzen. Einer solchen Auseinandersetzung kommt im vorliegenden Fall insofern besondere Bedeutung zu, als der UNHCR die "dringende Empfehlung" ausgesprochen hat, auf eine zwangsweise Rückführung von Personen, die unter anderem aus vormals vom IS kontrollierten Gebieten stammen - dies trifft auf die Provinz Diyala zu -, zu verzichten. Das BVwG verweist zwar auf in der Provinz Diyala aufhältige Familienmitglieder und setzt sich mit den Lebensumständen der Beschwerdeführer vor ihrer Ausreise auseinander, begründet aber nicht, warum entgegen der Darstellung der Sicherheitslage in dem im Erkenntnis angeführten Länderinformationsblatt bzw in den Erwägungen des UNHCR eine Rückkehr in die Provinz Diyala keinen Bedenken hinsichtlich Art2 und Art3 EMRK begegnet.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Kinder, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E883.2020Zuletzt aktualisiert am
10.09.2020