RS Vfgh 2020/6/8 E3377/2019

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Veröffentlicht am 08.06.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten betreffend eine Staatsangehörige der Russischen Föderation; mangelnde Auseinandersetzung mit dem Gesundheitszustand, einer ärztlichen Bestätigung und den Therapiemöglichkeiten im Herkunftsstaat

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) stellt fest, dass die Beschwerdeführerin an einem metastasierenden Mammakarzinom leide und kommt unter Heranziehung allgemeiner Länderberichte zur medizinischen Versorgung in der Russischen Föderation zu dem Ergebnis, dass durch eine Abschiebung der Beschwerdeführerin ihre Rechte nach Art3 EMRK nicht verletzt würden, da in der Russischen Föderation grundsätzlich ausreichende Behandlungsmöglichkeiten auch für Krebserkrankungen bestünden und es der Beschwerdeführerin zudem möglich gewesen sei, nicht nur in Tschetschenien, sondern auch in einer anderen Teilrepublik der Russischen Föderation behandelt zu werden. Auch sei nicht substantiiert dargelegt worden, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im Falle einer Überstellung plötzlich und erheblich verschlechtern würde.

Bei dieser Beurteilung bleibt die der Beschwerde an das BVwG beigelegte ärztliche Bestätigung völlig unberücksichtigt. In dieser werden die Unterschiede zwischen der in Österreich durchgeführten Therapie und der in der Russischen Föderation erfolgten Behandlung dargelegt, ausgeführt, dass die in Österreich durchgeführte Therapie in der Russischen Föderation "nicht zur Verfügung gestellt werden" konnte und festgestellt, dass es durch die Therapie in Österreich zu einer deutlichen Verbesserung des Allgemeinzustandes der Beschwerdeführerin gekommen sei, sie keine starken Schmerzmittel mehr benötige und "sich ein gutes Ansprechen mit Verkleinerung aller Metastasen bei ausgezeichneter Therapieverträglichkeit" gezeigt habe. Zuletzt wird festgehalten, dass, sollte "die etablierte Therapie nicht weitergeführt werden können, [...] es unweigerlich wieder zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit deutlicher Verkürzung der Lebensqualität kommen" werde.

Mit dieser ärztlichen Bestätigung setzt sich das BVwG nicht auseinander. Auch stellt das BVwG keine Ermittlungen dazu an, welche Therapien der Beschwerdeführerin in der Russischen Föderation zur Verfügung stünden und welche Folgen ein Abbruch der in Österreich durchgeführten Therapie mit sich brächte.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht / Vulnerabilität, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E3377.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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