TE Vwgh Erkenntnis 1985/2/14 84/02/0262

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Veröffentlicht am 14.02.1985
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Index

StVO
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §24 Abs1
VStG §22 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde des Mag. H S in W, vertreten durch Dr. Norbert Schöner, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerstraße 44, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. April 1984, Zl. MA 70-IX/Sch 23/84/Str., betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. April 1984 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. c StVO 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er am 11. September 1983 um 19.20 Uhr in (vollständig: Wien) 13, Auhofstraße 2 als Lenker ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug innerhalb von 5 m vor einem nicht durch Lichtzeichen geregelten Schutzweg aus der Sicht des ankommenden Verkehrs abgestellt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides - auch nach dem Beschwerdevorbringen - zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer nicht die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestreite, er jedoch einwende, „daß er das an seiner Windschutzscheibe angebrachte Organstrafmandat sofort bezahlt habe“ und „daher die Einleitung des ordentlichen Verfahrens nicht mehr gerechtfertigt sei“. Dem hat die belangte Behörde entgegengehalten, „daß der im Akt befindliche vom Berufungswerber vorgelegte Originalerlagschein der Organstrafverfügung mit der gegenständlichen Organstrafverfügung nicht ident ist“, weil „zwar beide Verwaltungsübertretungen am 11. 9. 1983 begangen wurden und es sich auch um das gleiche Delikt handelt, jedoch das gegenständliche Delikt um 19.20 Uhr in Wien 13., Auhofstraße 2,gesetzt wurde, während das andere bereits um 17.50 Uhr in Wien 13., Auhofstraße gegenüber Nr. 1 gesetzt wurde“. In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer demgegenüber geltend, daß er sein Kraftfahrzeug am 11. September 1983 in Wien 13., Auhofstraße 2, abgestellt habe und, als er - ohne in der Zwischenzeit die Position seines Fahrzeuges zu verändern, dorthin zurückgekommen sei, zwei Organstrafmandate vorgefunden habe, worauf er deshalb, weil es sich sohin um den gleichen Vorfall gehandelt habe, zumal es auch „bereits auf Grund von einfachen und logischen Erkenntnissen klar ist, daß das Haus Nr. 2 gleichzusetzen ist mit gegenüber Nr. 1“, auch nur eines der beiden Organstrafmandate bezahlt habe, sodaß „die Behörde von mir nunmehr mit Straferkenntnis keine weiteren Beträge verlangen kann“. Der dazu in der Gegenschrift vertretenen Meinung der belangten Behörde, dieses Vorbringen stelle eine unzulässige und daher nicht zu beachtende Neuerung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG dar, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen nicht anzuschließen.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 3. Janner 1984 - wie schon gesagt - vorgebracht, daß er „das an meiner Windschutzschreibe angebrachte Organstrafmandat sofort bezahlt habe“ und „daher die Einleitung des ordentlichen Verfahrens nicht mehr gerechtfertigt sei“. Damit hat der Beschwerdeführer bereits eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß der im vorliegenden Fall bestehende Strafanspruch der Behörde durch die Bezahlung eines Organstrafmandates erloschen und daher in der Erlassung des Straferkenntnisses eine rechtswidrige Doppelbestrafung zu erblicken sei. Richtig ist wohl, daß der Beschwerdeführer über Aufforderung der belangten Behörde den betreffenden Zahlungsbeleg vorgelegt und es unterlassen hat, trotz der mangelnden inhaltlichen Übereinstimmung der ihm angelasteten Tatvorwürfe, einerseits in der mit dieser Zahlung im Zusammenhang stehenden Organstrafverfügung und anderseits in dem auf Grund einer anderen zugrundeliegenden Organstrafverfügung erlassenen Straferkenntnis, ein weiteres Vorbringen zu erstatten. Diese mangelnde inhaltliche Übereinstimmung beider Tatvorwürfe bezog sich aber ausschließlich auf die jeweilige Angabe der Tatzeit (17.50 Uhr bzw. 19.20 Uhr), zumal auch zwischen der jeweiligen Angabe des Tatortes (Wien 13., Auhofstraße 2 bwz. Wien 13., Auhofstraße gegenüber Nr. 1) - entsprechend dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift unbestritten gebliebenen Einwand des Beschwerdeführers - kein erkennbarer Unterschied besteht. Auf Grund dieser aktenkundigen Umstände hätte daher die belangte Behörde von sich aus, ohne daß es eines weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers bedurfte, nach entsprechender Durchführung eines Ermittlungsverfahrens gemäß §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) die Frage zu beurteilen gehabt, ob allenfalls im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenhang, die gleiche Begehungsform und die Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstande hinsichtlich beider Tatvorwürfe Deliktseinheit anzunehmen ist oder nicht (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1980, Slg. Nr. 10.138/A) und ob damit die - im Übrigen auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse auch keineswegs schlüssig widerlegte - Behauptung des Beschwerdeführers, er sei wegen derselben Tat mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis unzulässigerweise ein zweites Mal bestraft worden, der Richtigkeit entspricht oder nicht.

Da der Sachverhalt in diesem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hatte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBI. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem nach dieser Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist und die Beschwerde (mit den darauf entfallenden Stempelgebühren) lediglich zweifach einzubringen war.

Wien, 14. Februar 1985

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1985:1984020262.X00

Im RIS seit

09.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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