TE Vfgh Beschluss 1996/2/27 G1389/95

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Tir GVG 1993 §14 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer eine Voraussetzung für die Ausnahme vom Verbot des Erwerbes von Freizeitwohnsitzen normierenden Bestimmung des Tir GVG 1993 mangels unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Gemäß §14 Abs2 Tiroler Grundverkehrsgesetz, LGBl. für Tirol 82/1993 (im folgenden: TGVG 1993) ist der Rechtserwerb von Freizeitwohnsitzen, die auf Grund ihrer Lage, Beschaffenheit oder Ausstattung nicht für eine ganzjährige Wohnnutzung geeignet sind, zulässig, wenn der Rechtserwerber seit mindestens fünf Jahren seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat oder früher mindestens fünf Jahre seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hatte.

2. Mit der Behauptung, durch die Wortfolge "wenn der Rechtserwerber seit mindestens fünf Jahren seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat oder früher mindestens fünf Jahre seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hatte," in §14 Abs2 TGVG 1993 unmittelbar in seinen Rechten verletzt zu sein, begehrt der Antragsteller die zitierte Wortfolge als verfassungswidrig aufzuheben. Er führt dazu aus, daß er als Auslandsösterreicher, der weder seinen Hauptwohnsitz fünf Jahre in Österreich hatte oder hat, vom Erwerb der genannten Freizeitwohnsitze ausgeschlossen werde, obwohl er österreichischer Staatsbürger sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Zur Antragslegitimation wird im wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei außerstande, einen Bescheid der Grundverkehrsbehörde in dieser Angelegenheit zu provozieren, da er jeweils von potentiellen Verkäufern dieser verkehrsfähigen Freizeitwohnsitze auf die Notwendigkeit eines - von ihm nicht nachweisbaren - ordentlichen Wohnsitzes in der Dauer von fünf Jahren in Österreich hingewiesen wurde, und ihm der Abschluß eines Vertrages aus diesem Grunde von vornherein verwehrt wurde. Dieser Kaufvertragsabschluß sei aber die Voraussetzung für die Bescheiderlassung.

2. Der Antrag erweist sich als nicht zulässig.

2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht

(VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).

2.2. Abs1 des §14 TGVG 1993 normiert ein Verbot des Erwerbes von Freizeitwohnsitzen, Abs2 leg.cit. sieht unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von diesem Verbot vor. Einerseits ist der Rechtserwerb nur an solchen Freizeitwohnsitzen bewilligungsfähig, die als nicht ganzjährig bewohnbar festgestellt werden. Andererseits muß der Rechtserwerber seit mindestens fünf Jahren seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich haben oder mindestens fünf Jahre seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich gehabt haben.

Diese Bestimmung greift zwar in die Rechtssphäre des Antragstellers ein, doch würden seine Interessen erst durch den die Genehmigung verweigernden Bescheid aktuell beeinträchtigt:

Normiert ein Gesetz in Zusammenhang mit einem Verbot ein Bewilligungsverfahren, demzufolge unter bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen eine Bewilligung ansonsten verbotenen Verhaltens vorgesehen ist, so greift erst der die Bewilligung versagende Bescheid unmittelbar in die Rechtssphäre des Normadressaten ein. Die Einleitung eines Bewilligungsverfahrens hält der Verfassungsgerichtshof selbst dann für zumutbar, wenn der Antragsteller selbst Zweifel über das Vorliegen der Voraussetzung für die Bewilligungserteilung hegt (vgl. VfSlg. 13171/1992, VfGH 22.3.1993, G1/93, 22.3.1993, G12/93; s. auch VfSlg. 12874/1991).

2.3. Der Antrag war deshalb zurückzuweisen, ohne daß zu prüfen war, ob allenfalls weitere Zurückweisungsgründe vorliegen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Grundverkehrsrecht, Wohnsitz Freizeit-

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:G1389.1995

Dokumentnummer

JFT_10039773_95G01389_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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