Entscheidungsdatum
26.05.2020Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §2 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Ortner über die Beschwerde des Herrn A B, geb. am xy, Straße, C, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 26.06.2019, GZ: 400005119404,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet
a b g e w i e s e n.
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 10,00 zu leisten.
III. Gemäß § 25a Abs 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
IV. Der belangten Behörde steht die Möglichkeit einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht offen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 26.06.2019 wurde Herrn A B zur Last gelegt, er habe am 02.03.2019, von 13.50 Uhr bis 14.15 Uhr, in D, Gasse, den PKW mit dem Kennzeichen XX auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr, auf der nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben sind, geparkt. Wegen der Verletzung der Rechtsvorschrift des § 24 Abs 3 lit d Straßenverkehrsordnung (im Folgenden StVO) wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 50,00 (im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag) verhängt.
Die belangte Behörde führte begründend unter anderem aus, dass vom Freibleiben zweier Fahrstrafen nur dann gesprochen werden könne, wenn die restliche Fahrbahnbreite mehr als 5 m betrage, da der VwGH in ständiger Rechtsprechung davon ausgehe, dass ein Fahrstreifen im Fließverkehr 2,50 m breit sei, ein Parkstreifen entsprechend schmäler. Durch das Abstellen des KFZ an der angeführten Örtlichkeit, wäre die für den fließenden Verkehr vorgegebene Breite von jeweils 2,5 m nicht mehr gegeben gewesen (unter Verweis auf VwGH 15.03.1989, 88/03/0138).
Die belangte Behörde führte weiter aus, dass an der Stelle, an welcher das KFZ abgestellt wurde, keine Bodenmarkierungen angebracht seien, durch die das Parken eines Fahrzeuges zulässig gewesen wäre. Dieser Umstand gehe auch aus dem vom Beschwerdeführer in seinem Einspruch beigelegtem Lichtbild der Parkposition seines Fahrzeuges im Übertretungszeitraum hervor.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer auf das Wesentliche reduziert vorbrachte, dass er gegenüber einer „recht breiten Ausfahrt“ geparkt habe und seiner Meinung nach an dieser Stelle – gemessen vom Gehsteigrand bis zu seinem KFZ – die für den Verkehr „erforderliche/verfügbare Breite von > 5 m in jedem Fall gegeben“ gewesen sei.
Das weitere Vorbringen in der Beschwerde reduziert sich unter Bezugnahme auf die Begründung des Straferkenntnisses vom 26.06.2019, auf eine Auseinandersetzung mit der rechtlichen Relevanz der Bodenmarkierungen an der gegenständlichen Örtlichkeit und dem Aufwerfen der Fragestellung, wodurch festgesellt werden könne, dass der Beschwerdeführer nicht bereits auf der stadteinwärts gesehen linken Straßenseite geparkt habe, bevor auf der rechten Seite Autos geparkt hätten und somit erst durch diese der Tatbestand des § 24 Abs 3 StVO verwirklicht worden wäre.
Die im beschwerdegegenständlichen Straferkenntnis angeführte VwGH-Entscheidung würde zudem im vorliegenden Fall nicht greifen, da sich diese mit einem anderen zugrundeliegenden Sachverhalt beschäftige und bedeuten würde, dass in schmalen Straßen generell nicht geparkt werden würde, da nicht sicher gesagt werden könne, ob nicht später gegenüber ein anderes KFZ parken würde. Dieser Umstand würde dazu führen, dass die „Polizei hier mehr oder weniger willkürlich Strafzettel an die KFZ-Besitzer der abgestellten Autos“ verteilen würde.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2019 hielt der Beschwerdeführer an seinen bisherigen Ausführungen fest und ergänzte, dass durch sein geparktes KFZ keine Verkehrsbehinderung gegeben und auch nicht theoretisch möglich gewesen sei, da sämtliche Fahrzeuge auf die gegenüberliegende Ausfahrt ausweichen hätten können. Durch das Parken im Bereich der Ausfahrt sei die Fahrbahnbreite keinesfalls vermindert worden, da nach Ansicht des Beschwerdeführers ein Ausfahrtsbereich zur Fahrbahn zähle und dem Fahrzeugverkehr zur Verfügung stehe. Sollte jedoch dieser Ausfahrtsbereich nicht zur Fahrbahn bzw. Fahrbahnbreite gezählt werden, dann wären durch die Aufstellung des PKW am Fahrbahnrand weniger als 5 m für den Fahrzeugverkehr verblieben.
Seitens der belangten Behörde wurde in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass die angeführte Hauseinfahrt gegenüber der Abstellfläche des Fahrzeuges des Beschwerdeführers nicht zum Fahrstreifen zähle, sodass durch diese Ausweichmöglichkeit der Fahrstreifen nicht erweitert werde. Durch die Bodenmarkierungen auf der anderen Straßenseite im Bereich der Ausfahrt sei auf dieser Straßenseite das Parken jedenfalls legal möglich gewesen.
Sachverhalt:
Aufgrund des vorliegenden Aktes der belangten Behörde sowie der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2019 werden nachstehende Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer parkte sein Fahrzeug mit dem Kennzeichen XX am 02.03.2019, von 13.50 Uhr bis 14.15 Uhr, im Bereich des Hauses Gasse, D, auf der linken Straßenseite, gesehen stadteinwärts in Richtung Platz.
Auf der rechten Straßenseite in derselben Richtung befinden sich zwei Ausfahrten. Der Beschwerdeführer parkte auf Höhe der zweiten Ausfahrt auf der rechten Seite in Richtung stadteinwärts gesehen. Diese Ausfahrt hat ca. eine Breite von 5 m bis 6 m. Beidseits der Einfahrt sind Parkflächen markiert, und zwar durch grüne Bodenmarkierungen bzw. durch grüne Bodenmarkierungsteile, welche dann in weiß strichlierte Bodenmarkierungen übergehen. Auf der anderen Straßenseite sind weder Halteverbots- noch Parkverbotstafeln angebracht. Wenn man die Gasse stadtauswärts befährt, wechselt die Parksituation im Bereich des Hauses Gasse insofern, als die Markierungen für die Grüne Zone sich nunmehr auf der anderen Straßenseite befinden.
Bei der gegenständlichen Straße handelt es sich unbestrittenermaßen um eine Fahrbahn mit Gegenverkehr. Die Fahrbahnbreite beträgt ca. 5,20 m.
Die Feststellungen zur Tatörtlichkeit konnten aufgrund von im Akt befindlichen Lichtbildern und einer Einsichtnahme in Google-Maps, Street View getroffen werden. Aus einer vom Landesverwaltungsgericht erstellten kartografischen Darstellung (WebGIS pro Steiermark) der Gasse im Bereich Haus Nr. Y ergibt sich, dass im Falle eines im Bereich der Tatörtlichkeit abgestellten Fahrzeuges die Restfahrbahnbreite deutlich weniger als 5 m beträgt (ca. 2,80 bis 3,20 m, je nach Breite des abgestellten Fahrzeuges).
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 24 Abs. 3 lit d StVO ist das Parken, außer den in Absatz 1 angeführten Fällen, auch auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr verboten, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den Fließverkehr frei bleiben.
Auf eine konkrete Mindestbreite der beiden Fahrstreifen im Bereich des Abstellortes wird nach § 24 Abs 3 lit d StVO nicht abgestellt. Auch die Definition des Fahrstreifens nach § 2 Abs 1 Z 5 StVO enthält keine näheren Angaben zur Mindestbreite für den jeweiligen Fahrstreifen, sondern definiert diesen als Teil der Fahrbahn, dessen Breite für die Fortbewegung einer Reihe mehrspuriger Fahrzeuge ausreicht.
Gegen das Verbot des Parkens auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr wird insbesondere dann verstoßen, wenn nicht wenigstens zwei Fahrstreifen frei bleiben. Vom Freibleiben zweier Fahrstreifen kann nur dann gesprochen werden, wenn die restliche Fahrbahnbreite mehr als 5 Meter beträgt (siehe VwGH vom 20.5.1968, 1352/67).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Mindestbreite eines Fahrstreifens bei geradem Straßenverlauf mit 2,60 m samt zusätzlichem Sicherheitsabstand anzunehmen (vgl. VwGH vom 21.11.2003, 2003/02/0240). So hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass wer einen LKW-Zug an einer 5,15 m breiten Stelle der Fahrbahn mit Gegenverkehr so parkt, dass neben dem Fahrzeug nur etwa 3,8 m für den fließenden Verkehr frei bleiben, gegen § 24 Abs 3 lit d StVO verstoßen würde (OGH 21.05.1981, 8Ob99/81).
Für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 24 Abs 3 lit d StVO ist es auch nicht erforderlich, dass durch das geparkte Fahrzeug der fließende Verkehr konkret behindert wird (VwGH 15. März 1989, 88/03/0138).
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach der dem geparkten Auto gegenüberliegende Ausfahrtsbereich zur Fahrbahn zähle und die Fahrbahn insofern verbreitere ist Folgendes entgegenzuhalten:
Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 StVO ist unter dem Begriff „Fahrbahn“ der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße zu verstehen. Nach der Judikatur des OGH ist unter einer „Grundstücksausfahrt“ (Grundstückseinfahrt) jede erkennbar nicht dem allgemeinen öffentlichen Verkehr gewidmete Fahrbahn zu verstehen, die von einer öffentlichen Straße zu einem einzelnen Grundstück oder zu einem begrenzten Grundstückskomplex führt (OGH 19.05.1983 8 Ob 18/83). Da die Grundstücksausfahrt bzw. Grundstückseinfahrt lediglich dem Zu- und Abfahren zum bzw. vom jeweiligen Grundstück dienen soll und nicht dazu bestimmt ist, eine durch ein parkendes Auto verursachte Verkehrsstockung an einer Fahrbahn mit Gegenverkehr – durch die Gewährung einer Ausweichmöglichkeit – zu vermeiden, ist der Grundstücksausfahrts- bzw. Grundstückseinfahrtsbereich vorliegend nicht zur Fahrbahn bzw. zur Fahrbahnbreite zu zählen.
Nachdem der Beschwerdeführer das näher bezeichnete Fahrzeug an der angegebenen Tatörtlichkeit außerhalb von eigens dafür gekennzeichneten Abstellflächen auf der linken Fahrbahnseite der Gasse, gesehen stadteinwärts in Richtung Platz, geparkt hat und nach dem Abstellen des Fahrzeuges (ohne Miteinrechnung der Breite des gegenüberliegenden Ausfahrtsbereiches) für den fließenden Verkehr an dieser Stelle nur mehr eine Fahrbahnbreite von ca. 2,80 m bis 3,20 m (jedenfalls deutlich unter 5 m) zur Verfügung gestanden ist, hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 3 lit d StVO sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht begangen.
Strafbemessung:
Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO beträgt der Strafrahmen für die gegenständliche Übertretung bis zu € 726,00.
Zur Strafbemessung sei auf die Ausführungen im Straferkenntnis der belangten Behörde verwiesen, die rechtsrichtig die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe abwog – nämlich, das Fehlen jeglicher Erschwerungsgründe und als Milderungsgrund die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit. Die mit € 50,00 angemessene Geldstrafe befindet sich im absolut untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und entspricht auch ungünstigsten Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Ein entsprechendes Vorbringen hinsichtlich des Strafausmaßes wurde nicht erstattet und ergeben sich auch aus dem Akteninhalt keinerlei Anhaltspunkte, weshalb das von der belangten Behörde verfügte Strafausmaß nicht schuld- und tatangemessen sein sollte.
Zu den Kosten:
Die Festsetzung des Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 52 VwGVG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses der belangten Behörde durch das Verwaltungsgericht dieser Beitrag mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00 festzusetzen ist.
Zu Spruchpunkt III und IV:
Gemäß Artikel 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400,00 verhängt wurde.
Nachdem die Voraussetzungen des § 25a Abs 4 VwGG hier vorliegen, kann der Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark keine Revision erheben.
Der belangten Behörde steht eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht offen, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Halte- und Parkverbote, Halteverbot, Parkverbot, Fahrbahnen mit Gegenverkehr, Begriff Fahrbahn, Grundstücksausfahrt, Grundstückseinfahrt, zufahren, abfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.30.18.1861.2019Zuletzt aktualisiert am
08.09.2020