Entscheidungsdatum
16.06.2020Index
L 4410 Feuerpolizei Kehrordnung SteiermarkNorm
StFGPG §6Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Philipp Lindermuth über die Beschwerde des Mag. A B, geb. xx, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 13.08.2019, GZ: 0067832019/0004,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 40,00 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 13.08.2019, GZ: 0067832019/0004, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 18.10.2018 zumindest von 12:55 Uhr bis 13:25 Uhr den Pkw der Marke Skoda mit dem behördlichen Kennzeichen X auf einer Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge, welche auch als Aufstellfläche von Einsatzfahrzeugen dienen könne, im südlichen Bereich des Objekts in G, Gstraße, KG S (direkt im Bereich des Schildes „Fahrverbot“ und der Zusatztafel „Zufahrt Einsatzfahrzeuge“) widerrechtlich abgestellt und dadurch die Rettungs- und Angriffswege der Einsatzkräfte, insbesondere der Feuerwehr, nicht ständig freigehalten.
1.2. Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschriften des § 33 Abs 1 Z 3 iVm § 16 Abs 1 Steiermärkisches Feuer- und Gefahrenpolizeigesetz (StFGPG) und des Bescheids des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 27.08.2007, GZ.: A17-040063/2006/0006, verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 200,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt werde. Weiters wurde der Beschwerdeführer gemäß § 64 VStG verpflichtet, einen Betrag in Höhe von € 20,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.
1.3. In der Begründung stützt die belangte Behörde das Straferkenntnis auf die Anzeige einer Privatperson vom 18.10.2018, das vom Anzeigenerstatter vorgelegte Lichtbild sowie auf das von ihr abgeführte Beweisverfahren. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe an diesem Tag sein Fahrzeug nur für kurze Zeit auf der tatgegenständlichen Bewegungsfläche abgestellt, weil er im Zuge der Übersiedelung zahlreiche Gegenstände in seine Wohnung zu tragen gehabt habe, und bitte um Milde, hielt die belangte Behörde – neben einer Wiedergabe der Rechtsvorschriften des § 6 und des § 16 Abs 1 StFGPG – auf das Wesentliche reduziert Folgendes entgegen:
1.4. Feuerwehrzufahrten und Feuerwehraufstellflächen seien entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur entweder von der Behörde im Rahmen des Baubewilligungsverfahren oder aufgrund einer nachträglich durchgeführten Feuerbeschau vorzuschreiben oder aufgrund einer freiwilligen Widmung durch Willensentschluss der Grundeigentümer festzulegen. Die tatgegenständliche Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge sei mit Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Graz vom 27.08.2007, GZ.: A17-040063/2006/0006, vorgeschrieben worden und auch entsprechend gekennzeichnet. Die Bestimmung des § 16 Abs 1 StFGPG diene dem Schutz von Leib und Leben der Bewohner eines Gebäudes, aber auch dem Schutz des Gebäudes als Ganzem und solle gewährleisten, dass die Einsatzkräfte so rasch wie möglich zum Einsatzort gelangten und vor Ort Sofortmaßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Bränden getroffen werden könnten. Auf dem im Akt erliegenden Beweisfoto könne entgegen der Rechtfertigung des Beschuldigten keinerlei Ladetätigkeit erkannt werden. Diesbezüglich sei aber festzustellen, dass auch das Abstellen eines Fahrzeuges zum Zweck einer Ladetätigkeit für sich alleine ebenfalls tatbildmäßig wäre.
1.5. Dem Beschuldigten sei es zumutbar gewesen, Erkundigungen über den Umfang der Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge bzw. die ihm zur Verfügung stehenden – zulässigen – Parkflächen einzuholen. Da er dies unterlassen habe, sei ihm zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Der Beschuldigte habe den angeführten Tatbestand objektiv und subjektiv zu verantworten.
1.6. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung, wobei festgehalten wird, dass der Beschwerdeführer trotz Aufforderung keine Angaben zu seinen Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnissen gemacht habe, weshalb diese nicht berücksichtigt werden hätten können.
1.7. Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 29.08.2019 durch Hinterlegung zugestellt.
2. In seiner dagegen am 25.09.2019 per E-Mail und somit fristgerecht erhobenen Beschwerde (irrtümlich als Einspruch bezeichnet) wiederholt der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen im behördlichen Verfahren. Die Zufahrt sei in Absprache mit einem Bewohner des Hauses, Herrn C, erfolgt, welcher über einen Schlüssel für den Sperrpflock verfüge. Das Zufahren sei, da Herr C zum Tatzeitpunkt nicht erreicht werden konnte, auch ohne Entfernung des Sperrpflocks möglich gewesen. Da Herr C dem Beschwerdeführer zugesichert habe, dass das Zufahren zum Zweck der Ladetätigkeit kein Problem sei, und er dem Beschwerdeführer den Schlüssel für den Sperrpflock auch bereits mehrfach überlassen habe, sei der Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass dieses Zufahren zum Zweck und für die kurze Zeit der Ladetätigkeit keine strafbare Handlung darstelle. Der Beschwerdeführer sei im Zuge der durchgeführten Ladetätigkeit alle paar Minuten bei seinem Fahrzeug gewesen und hätte bei dem kleinsten Anzeichen eines Einsatzes von Feuerwehr, Rettung o.Ä. jederzeit mit seinem Fahrzeug wegfahren können. Eine Ermahnung sei im vorliegenden Fall ausreichend. Der Beschwerdeführer beantragte keine mündliche Verhandlung.
3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Steiermark unter Anschluss des Verwaltungsakts am 29.10.2019 vor. Im Begleitschreiben zur Aktenvorlage wurde ausgeführt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.
4. Im verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahren wurde für den Beschwerdeführer eine Auskunft aus dem Zentralen Melderegister angefordert und übermittelte die belangte Behörde auf Aufforderung den im Straferkenntnis zitierten Baubewilligungsbescheid vom 27.08.2007, GZ: 040063/2006/0006.
II. Sachverhalt
1. Mit dem rechtskräftigen Baubewilligungsescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Graz vom 27.08.2007, GZ: 040063/2006/0006, wurde die Baubewilligung für die in Rede stehende Wohnanlage, bestehend aus 5 Baukörpern und 73 Pkw-Abstellplätzen, sowie für Zu- und Umbauten der Bestandsobjekte mit teilweiser Änderung der Nutzung auf Wohnnutzung u.a. auf dem Grundstück Nr. xx, EZ X, KG S, erteilt. In diesem Bescheid wurde u.a. als Auflage Pkt. 13. Folgendes vorgeschrieben: „Es sind eine Feuerwehrzufahrt und Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge entsprechend der TRVB F 134 (Dimensionierung, Befestigung, etc.) zu errichten, gemäß dem Merkblatt des Magistrates Graz / Feuerpolizei zu kennzeichnen und ständig zu erhalten.”
2. Eine derartige Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge wurde auf dem Grundstück Nr. xx, EZ X, KG S, südwestlich des Gebäudes mit der Adresse Gstraße errichtet. Am Beginn dieser im südlichen Bereich mit Schotter und im nördlichen Bereich mit Betonpflastersteinen ausgeführten Bewegungsfläche ist am rechten Rand neben den Betonpflastersteinen ein Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit a Z 1 StVO „Fahrverbot“ mit der Zusatztafel „Zufahrt Einsatzfahrzeuge“ aufgestellt. Zusätzlich zu diesem Straßenverkehrszeichen befindet sich am Anfang dieser Bewegungsfläche eine absperrbare Säule.
3. Der nördliche Bereich der in Rede stehenden Wohnanlage mit dem Gebäude mit der Adresse Gstraße und der südwestlich davon befindlichen Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge stellt sich auf einem Luftbild aus Google Maps aus dem Jahr 2020 wie folgt dar:
[Bild durch Evidenzbüro auf Grund von personenbezogenen Daten entfernt]
4. Der Beschwerdeführer stellte am 18.10.2018 in der Zeit von zumindest 12:55 Uhr bis 13:25 Uhr den auf seine Firma zugelassenen Pkw der Marke Skoda mit dem behördlichen Kennzeichen X auf dieser Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge ab.
5. Der Tatort stellte sich im Tatzeitraum samt dem dort durch den Beschwerdeführer abgestellten Pkw wie folgt dar:
[Bild durch Evidenzbüro auf Grund von personenbezogenen Daten entfernt]
6. Der Beschwerdeführer verfügt – soweit ersichtlich – über keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen.
III. Beweiswürdigung:
1. Die Feststellungen zur Vorschreibung und Ausführung der in Rede stehenden Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge sowie der Wohnanlage ergeben sich aus dem durch die belangte Behörde übermittelten Baubewilligungsbescheid sowie dem in den Feststellungen abgebildeten Luftbild aus Google Maps aus dem Jahr 2020.
2. Die Feststellungen zur Tathandlung ergeben sich aus dem im Verwaltungsstrafakt erliegenden und in den Feststellungen abgebildeten Lichtbild. Zudem wird durch den Beschwerdeführer auch nicht bestritten, dass er den Pkw während des Tatzeitraums am Tatort abgestellt hat.
3. Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Behördenakt erliegenden Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister der belangten Behörde vom 13.08.2019.
IV. Rechtsgrundlagen
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Feuer- und Gefahrenpolizeigesetzes (StFGPG), LGBl. Nr. 12/2012 idF LGBl. Nr. 87/2013, lauten:
„§ 6
Allgemeine Pflichten
Jedermann ist verpflichtet, nach Möglichkeit und Zumutbarkeit das Entstehen eines Brandes oder einer örtlichen Gefahr zu verhindern und alles zu unterlassen, was die Ausbreitung eines Brandes oder einer örtlichen Gefahr begünstigt sowie deren Bekämpfung erschwert.
[…]
§ 16
Fluchtwege und Freiflächen
(1) Fluchtwege sowie Rettungs- und Angriffswege der Einsatzkräfte innerhalb und außerhalb von Gebäuden, Stiegenhäuser, Zugänge, Zufahrten und Durchfahrten sowie Freiflächen, die für das Abstellen von Einsatzfahrzeugen und den Aufbau des Rettungs- und Löscheinsatzes dienen oder bestimmt sind, sind ständig freizuhalten und erforderlichenfalls ordnungsgemäß zu kennzeichnen.
[…]
§ 33
Strafbestimmungen
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
[…]
3. den Bestimmungen der §§ 6 bis 16 zuwiderhandelt;
[…]
(2) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu 10.000 Euro zu bestrafen.
[…]“
V. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 16 Abs 1 StFGPG sind Fluchtwege sowie Rettungs- und Angriffswege der Einsatzkräfte innerhalb und außerhalb von Gebäuden, Stiegenhäuser, Zugänge, Zufahrten und Durchfahrten sowie Freiflächen, die für das Abstellen von Einsatzfahrzeugen und den Aufbau des Rettungs- und Löscheinsatzes dienen oder bestimmt sind, ständig freizuhalten und erforderlichenfalls ordnungsgemäß zu kennzeichnen.
2. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmung stellen gemäß § 33 Abs 1 Z 3 StFGPG eine Verwaltungsübertretung dar und sind gemäß Abs 2 leg.cit. mit Geldstrafen bis zu € 10.000,00 zu bestrafen.
3. Mit der rechtskräftig gewordenen Baubewilligung des Stadtsenats der Landeshauptstadt Graz vom 27.08.2007, GZ: 040063/2006/0006, wurde die Einrichtung von Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge von der Baubehörde in der Dimensionierung und Befestigung laut TRVB F 134 vorgeschrieben, die in Rede stehende Bewegungsfläche in der Folge errichtet und durch das Aufstellen des Vorschriftszeichens gemäß § 52 lit a Z 1 StVO „Fahrverbot“ mit der Zusatztafel „Zufahrt Einsatzfahrzeuge“ gekennzeichnet.
4. Dabei muss die Kennzeichnung der Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge noch nicht einmal den Bestimmungen der StVO entsprechen, weil § 16 Abs 1 StFGPG nicht auf die StVO verweist. Aus dieser Bestimmung ergibt sich vielmehr, dass die Kennzeichnung von Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge in jeder beliebigen Form erfolgen kann und überhaupt nur in jenen Fällen erforderlich ist, in denen sich das Freihalten der Flächen nicht aus anderen Geboten ergibt (vgl. auch LVwG Stmk 08.04.2015, 30.14-4969/2014; UVS Stmk 23.09.2013, 30.17-11/2013).
5. Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge sind in ihrer gesamten Breite ständig freizuhalten. Die Gebotsnorm des § 16 Abs 1 StFGPG enthält auch keine Einschränkungen dahingehend, dass etwa das Abstellen von Kraftfahrzeugen in Ausnahmefällen, zB zur Durchführung einer Ladetätigkeit, erlaubt wäre. Wenn sich der Beschwerdeführer daher auf eine Ladetätigkeit beruft, so vermag dieser Umstand das festgestellte Verhalten nicht zu entschuldigen.
6. Zusammengefasst hat der Beschwerdeführer durch Abstellen des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen X auf der durch das Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit a Z 1 StVO „Fahrverbot“ mit der Zusatztafel „Zufahrt Einsatzfahrzeuge“ hinreichend gekennzeichneten Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge südwestlich des Gebäudes mit der Adresse Gstraße den Tatbestand des § 16 Abs 1 StFGPG objektiv verwirklicht, indem er eine Freifläche, die dem Abstellen von Einsatzfahrzeugen und dem Aufbau des Rettungs- und Löscheinsatzes dient, nicht ständig freigehalten hat.
7. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässiges Verhalten ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt gemäß Abs 2 dieser Bestimmung nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
8. Da zum Tatbestand der beschwerdegegenständlichen Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs 1 StFGPG weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, und über das Verschulden in der betreffenden Verwaltungsvorschrift keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG. Bei Ungehorsamsdelikten hat der Beschuldigte die von ihm behauptete Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen und dabei initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.
9. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft vorbringen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Insbesondere kann das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer den Pkw nur kurzzeitig im Zuge der Ladetätigkeit auf der tatgegenständlichen Bewegungsfläche abgestellt hat, mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen, weil Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge ständig freizuhalten sind und die gegenständliche Bewegungsfläche an deren Beginn mit einem am rechten Rand aufgestellten Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit a Z 1 StVO „Fahrverbot“ mit der Zusatztafel „Zufahrt Einsatzfahrzeuge“ gut sichtbar gekennzeichnet ist. Zusätzlich zu diesem Straßenverkehrszeichen befindet sich am Anfang dieser Bewegungsfläche auch noch eine absperrbare Säule, sodass dem Beschwerdeführer bewusst sein hätte müssen, dass es sich um eine Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge handelt.
10. Auch die nach dem Beschwerdevorbringen eingeholte Auskunft von einem Bewohner der Wohnanlage kann den Beschwerdeführer nicht exkulpieren, weil der Beschwerdeführer damit keinen das Verschulden ausschließenden Verbotsirrtum geltend macht: Die Unkenntnis einer Vorschrift kann nämlich nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn dem Betroffenen das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Im vorliegenden Fall hätte dem Beschwerdeführer die Unzulässigkeit des Abstellens des Pkws aber schon durch das gut sichtbare Fahrverbotsschild samt dem Zusatzschild erkennbar sein müssen. Zudem war ihm nach seinen eigenen Angaben bei der Verwaltungsübertretung bewusst, dass am Beginn der gegenständlichen Bewegungsfläche eine absperrbare Säule vorhanden war, sodass er nach der gebotenen Sorgfalt Ausschau nach dem Fahrverbotsschild halten hätte müssen. Auch eine irrtümliche Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Bei der Auskunft des Bewohners der Wohnanlage handelt es sich um die Meinung einer Privatperson und nicht um die Auskunft einer kompetenten Stelle, wie der zuständigen Behörde, sodass diese Auskunft den Beschwerdeführer nicht von der Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Gebots nach § 16 Abs 1 StFGPG exkulpieren kann (vgl. zB VwGH 30.01.2013, 2012/17/0353). Auch guter Glaube begründet nämlich keinen Schuldausschließungsgrund, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde nachzufragen (vgl. zB VwGH 01.09.2017, Ra 2017/03/0007 mwN). Als Teilnehmer am Straßenverkehr wäre es am Beschwerdeführer gelegen, dass er sich auch mit dem Gebot des ständigen Freihaltens von Bewegungsflächen von Einsatzfahrzeugen vertraut macht. Im Übrigen zeigt gerade die Einholung der Auskunft bei einem Bewohner der Wohnanlage, dass sich der Beschwerdeführer über die Zulässigkeit des Abstellens des Pkws am Tatort unsicher war. Er hätte als Teilnehmer am Straßenverkehr mit dem Gebot des § 16 Abs 1 StFGPG vertraut sein müssen bzw. sich damit – etwa durch Einholung einer Auskunft bei der zuständigen Behörde – vertraut machen müssen. Der Tatbestand ist somit auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.
Zur Strafbemessung:
11. Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
12. Die Bestimmung des § 16 Abs 1 StFGPG dient primär dem Schutz von Leib und Leben der Bewohner eines Gebäudes. Diese Vorschrift soll gewährleisten, dass die Feuerwehr (oder sonstige Einsatzkräfte wie Polizei oder Rettung) so rasch wie möglich zum Einsatzort gelangt und dass unmittelbar Sofortmaßnahmen, beispielsweise zur Verhinderung der Ausbreitung von Bränden, getroffen werden können (vgl. VwGH 22.05.1985, 84/03/0064, wonach die Notwendigkeit eines Feuerwehreinsatzes jederzeit eintreten könne). Durch sein fahrlässiges Handeln hat der Beschwerdeführer gegen den angeführten Schutzzweck verstoßen. Der Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Tat ist somit als nicht unbeträchtlich einzustufen. Das Strafverfahren war daher weder einzustellen noch eine Ermahnung auszusprechen, da die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG, welche kumulativ vorliegen müssen (VwGH 20.06.2016, Ra 2016/02/0065), nicht erfüllt sind.
13. Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten, was von der belangten Behörde im Rahmen der Strafbemessung auch berücksichtigt wurde. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Eine Strafe soll so gewählt werden, dass der Beschwerdeführer in Zukunft zu einem adäquaten Alternativverhalten bewegt wird, und soll in Relation zu den Vermögensverhältnissen durchaus spürbar sein.
14. Die Behörde bzw. das Landesverwaltungsgericht hat dann mit einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzugehen, wenn der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens bzw. des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens Angaben über diese Umstände verweigert (VwGH 22.04.1992, 92/03/0019, VwGH 21.06.1999, 98/17/0009, 27.04.2000, 98/10/0003). Der Beschwerdeführer wurde durch die belangte Behörde in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.03.2019 auch zur Bekanntgabe seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfälliger Sorgepflichten aufgefordert und ist dieser Aufforderung weder in seiner Rechtfertigung vom 15.04.2019 noch im weiteren Verfahren nachgekommen. Auf Grund dieser unterlassenen Mitwirkung ist auch das Verwaltungsgericht nicht gehalten, weitere Nachforschungen anzustellen (vgl. VwGH 24.02.1988, 87/03/0253). Somit hat es der Beschwerdeführer seiner unterlassenen Mitwirkung zuzuschreiben, dass seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse eingeschätzt werden und dadurch allenfalls Umstände unberücksichtigt bleiben, die ohne seine Mitwirkung der Behörde oder dem Landesverwaltungsgericht nicht zur Kenntnis gelangen konnten.
15. Vor diesem Hintergrund hat eine Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen zu erfolgen, wobei der Verwaltungsgerichtshof wiederholt die Auffassung vertreten hat, dass unter einem angenommenen durchschnittlichen Monatseinkommen eines unselbständigen Erwerbstätigen in Österreich das Einkommen zu verstehen ist, das diesbezüglich in amtlich verlautbaren statistischen Unterlagen ausgewiesen wird (vgl. z.B. VwGH 31.01.2012, 2009/05/0123; 27.04.2000, 98/10/0003). Das – durch die Statistik Austria ermittelte – Nettomonatseinkommen eines unselbständig Erwerbstätigen (inkl. anteiligem Urlaubs- und Weihnachtsgeld) lag im Jahr 2018 im Mittel bei € 2.037,00.
16. Im Ergebnis kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Zugrundelegung durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine Strafe in Höhe von € 200,00 für angemessen erachtete, liegt diese Strafe doch im untersten Bereich (2 %) des Strafrahmens des § 33 Abs 2 StFGPG bis € 10.000,00. Somit würde die verhängte Strafe selbst ungünstigsten wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechen (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0027; 30.01.2014, 2013/03/0129), wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Verhängung einer Geldstrafe selbst dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0027; 30.01.2014, 2013/03/0129).
17. Die von der belangten Behörde verhängte Strafe scheint somit in Anbetracht der Unbescholtenheit auf der einen Seite sowie des nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehalts der Tat auf der anderen Seite im Sinne des § 19 VStG tat- und schuldangemessen. Deren Verhängung erscheint auch unter Beachtung spezial- und generalpräventiver Aspekte erforderlich, zumal die Freihaltung von Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge dem Schutz von Leib und Leben der Bewohner von Gebäuden dient.
18. Gemäß § 16 Abs 1 VStG ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen. Gemäß § 16 Abs 2 VStG ist diese Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen. Die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Tagen bei einer maximalen Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen ist den Strafzumessungskriterien angemessen und zur Geldstrafe verhältnismäßig.
Zu den Kosten:
19. Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten hat. Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00 pro Verwaltungsübertretung zu bemessen. Der Kostenbeitrag war daher im vorliegenden Fall mit € 40,00 festzusetzen.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung
20. Gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da diese von keiner Partei beantragt wurde und die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe € 500,00 nicht übersteigt. Zudem war bei unstrittigem Sachverhalt bloß eine Rechtsfrage ohne besondere Komplexität zu lösen, sodass dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen (vgl. hiezu etwa EGMR 5.9.2002, Fall Speil, Appl. Nr. 42.057/98, ÖJZ 2003, 117).
VI. Ergebnis:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, den Pkw mit dem Kennzeichen X zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt am vorgeworfenen Tatort abgestellt zu haben. Dem Beschwerdeführer hätte bei der gebotenen Sorgfalt auch das Fahrverbotsschild und das Zusatzschild „Zufahrt Einsatzfahrzeuge“ am Beginn der Bewegungsfläche für Einsatzfahrzeuge auffallen müssen. Als Straßenverkehrsteilnehmer musste er auch damit vertraut sein bzw. hätte er sich damit vertraut machen müssen, dass derartige Bewegungsflächen für Einsatzfahrzeuge ständig freizuhalten sind und damit auch ein kurzzeitiges Abstellen eines Pkw, etwa zum Zweck der Ladetätigkeit, unzulässig ist. Die Auskunft einer Privatperson kann daran nichts ändern, handelt es sich doch bei dem Bewohner der Wohnanlage, der dem Beschwerdeführer nach dessen Angaben mitgeteilt hat, dass das Zufahren für die Dauer und den Zweck der Ladetätigkeit zulässig ist, nicht um eine für den Vollzug der Regelungen des StFGPG zuständige Stelle.
Da die Regelung des § 16 StFGPG dem Schutz von Leib und Leben der Bewohner dient, ist der Unrechtsgehalt der Tat nicht unbeträchtlich, sodass die Erteilung einer Ermahnung ausscheidet. Die verhängte Strafe von € 200,00 liegt gerade bei 2 % des Strafrahmens bis € 10.000 und ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Im Übrigen ist die Verhängung von Strafen wie der vorliegenden auch geboten, um den Beschwerdeführer, aber auch andere Personen von der Begehung derartiger Übertretungen in Zukunft abzuhalten und das unbehinderte Zufahren von Einsatzfahrzeugen im Notfall zu gewährleisten.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einsatzfahrzeuge, Bewegungsflächen, Kennzeichnung, keine Vorschriftszeichen gemäß StVO, beliebige Form, ständiges Freihalten, keine Ladetätigkeit, keine AusnahmefälleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.30.4.2637.2019Zuletzt aktualisiert am
08.09.2020