TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/12 L516 2195431-2

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Veröffentlicht am 12.08.2019
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Entscheidungsdatum

12.08.2019

Norm

AsylG 2005 §13 Abs2
B-VG Art133 Abs4
JGG §5 Z10
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L516 2195431-2/3E

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2019, XXXX / BMI-BFA_WIEN_RD, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 13 Abs 2 AsylG iVm § 5 Z 10 JGG stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 26.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu jenem Antrag ist gegenwärtig seit 16.05.2018 ein Rechtsmittelverfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig (protokolliert zu Geschäftszahl L516 2195431-1).

Mit nachfolgendem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 04.07.2019 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs 2 Z 2 AsylG das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 25.10.2018 verloren habe.

Gegen diesen Bescheid vom 04.07.2019 richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 23.07.2019.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen:

1.1 Die Staatsanwaltschaft XXXX verständigte das BFA mit Schreiben vom 25.10.2018, XXXX , darüber, dass in einer Jugendstrafsache gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a, 3) SMG § 15 StGB Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen erhoben wurde.

1.2 Der Beschwerdeführer wurde vom Landesgericht XXXX durch eine Einzelrichterin mit Urteil vom 30.01.2019 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gemäß § 15 StGB, § 127 StGB und wegen Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2a), 27 (3) SMG § 15 StGB unter anderem unter Anwendung von § 5 Z 4 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Dieses Urteil erging vom Landesgericht als erste Instanz und die Rechtskraft trat mit 05.02.2019 ein. Es handelt es sich dabei um eine Jugendstraftat.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Verständigung der Staatsanwaltschaft vom 25.10.2018 wurde vom BFA bereits im Beschwerdeverfahren des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalem Schutz dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt (L516 2195431-1/6).

2.2 Die rechtskräftige Verurteilung ergibt sich aus dem aktuellen Strafregister der Republik Österreich (OZ 2) sowie aus dem Protokollvermerk und der gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichtes vom 30.01.2019 (Verwaltungsverfahrensakt des BFA, AS 43 ff).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Ersatzlose Behebung

Rechtsgrundlagen

Asylgesetz 2005 (AsylG)

3.1 Gemäß § 13 Abs 1 AsylG ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

3.2 Gemäß § 13 Abs 2 Ziffer 1 AsylG verliert ein Asylwerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn er straffällig im Sinne des § 2 Abs 3 AsylG geworden ist.

3.3 Gemäß § 13 Abs 2 Ziffer 2 AsylG verliert ein Asylwerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist

3.4 Gemäß § 2 Abs 3 Ziffer 1 AsylG ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, rechtskräftig verurteilt worden ist.

Jugendgerichtsgesetz (JGG)

3.5 § 5 Z 10 JGG sieht vor, dass bei der Ahndung von Jugendstraftaten die in gesetzlichen Bestimmungen vorgesehene Rechtsfolgen nicht eintreten (sog Rechtsfolgenausschluss).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.6 Fallbezogen stützte das BFA den angefochtenen Bescheid auf die Ziffer 2 des § 13 Abs 2 AsylG und führte dazu begründend aus, dass am 25.10.2018 von der Staatsanwaltschaft gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden könne, erhoben worden sei und der Beschwerdeführer damit ab dem 25.10.2018 sein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs 1 AsylG ex lege verloren habe.

Das BFA hat dabei jedoch außer Acht gelassen, dass sowohl jene Anklage der Staatsanwaltschaft als auch die darauffolgende rechtskräftige Verurteilung wegen einer Jugendstraftat nach dem JGG erfolgte.

Der Rechtsfolgenausschluss des § 5 Z 10 JGG führt dazu, dass die ex lege vorgesehene Rechtsfolge des § 13 Abs 2 AsylG im Falle des Beschwerdeführers nicht eintritt (vgl VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0246).

Daher erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

3.7 Der Beschwerde wird daher stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird spruchgemäß ersatzlos aufgehoben.

Der Beschwerdeführer ist somit bis auf Weiteres zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt (§ 13 Abs 1 AsylG). Wurde ihm inzwischen die Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG abgenommen, ist ihm eine solche aufgrund der vorliegenden Entscheidung neu auszustellen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.8 Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

3.9 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage klar ist.

3.10 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Jugendstraftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2195431.2.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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