TE Bvwg Beschluss 2019/10/4 L525 2129968-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.10.2019
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Entscheidungsdatum

04.10.2019

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
FPG §67
FPG §70
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L525 2129968-3/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Pakistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer - ein pakistanischer Staatsangehöriger - stellte am 16.12.2011 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer wurde nach Pakistan ausgewiesen. Das im Rechtsmittelweg ergangene Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 19.4.2012, E13 425.054-1/2012-9E, erwuchs am 8.5.2012 in Rechtskraft.

Am 24.4.2014 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei und keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 19.7.2016, L516 2129968-1/3E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 31.8.2016 in Rechtskraft.

Am 21.10.2016 stellte der Beschwerdeführer einen dritten Antrag auf internationalen Schutz, der ebenfalls wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen wurde (Spruchpunkt I). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei und keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt III.). Mit hg. Erkenntnis vom 22.12.2016, L525 2129968-2/2E, wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid im Hinblick auf die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I.) als unbegründet abgewiesen. Die übrigen Spruchpunkte (II. und III.) des angefochtenen Bescheides wurden behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden kurz: "BFA") zurückverwiesen. Begründend wurde im Erkenntnis ausgeführt, in der Beschwerde sei vorgebracht worden, dass der Beschwerdeführer bereits Deutsch spreche und sich "gut eingelebt" habe. Er sei selbsterhaltungsfähig und habe umfangreiche soziale Kontakte in Österreich. Mittlerweile habe der Beschwerdeführer auch geheiratet.

Der angefochtene Bescheid habe zunächst noch die Feststellung enthalten, dass der Beschwerdeführer mit einer slowakischen Staatsbürgerin zusammenlebe und dass weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehe; der Beschwerdeführer habe keinerlei Beweismittel über den gemeinsamen Haushalt vorlegen können. Der Beschwerdeführer habe allerdings bereits in der Niederschrift vor dem BFA vorgebracht, dass er seit 1,5 Jahren mit seiner Freundin zusammen sei und sie auch zusammenleben würden. Eine Auseinandersetzung mit der Intensivität der Beziehung, etwa durch Befragung der damaligen Freundin über die Intensivität der Beziehung sei überhaupt nicht erfolgt. Ebenso wenig sei eine Überprüfung oder Befragung der Angaben des Beschwerdeführers zum gemeinsamen Haushalt mit der Slowakin erfolgt. Die Behörde habe sich mit der längeren - behaupteten - Beziehungsdauer des Beschwerdeführers mit seiner slowakischen Freundin (mittlerweile: Ehefrau) und dem gemeinsamen - behaupteten - Haushalt überhaupt nicht auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer habe mitsamt seiner Beschwerde eine Heiratsurkunde mit der Freundin vorgelegt. Das BFA werde sich im fortgesetzten Verfahren insbesondere mit der Frage zu beschäftigen haben, ob die Ehefrau des Beschwerdeführers über einen unionsrechtlichen Aufenthaltstitel gemäß dem NAG verfüge und ob die Ehefrau des Beschwerdeführers von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4.6.2019, Zl. 811515404-161448638/BMI-BFA_WIEN_RD, zugestellt am 12.6.2019, sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt I.). Gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG werden gegen ihn ein für die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte das BFA zusammengefasst im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am XXXX am Standesamt XXXX die slowakische Staats- und somit EWR-Bürgerin XXXX , geb. XXXX , geheiratet. Am 13.12.2016 habe der Beschwerdeführer bei der MA 35 Wien einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte gestellt. Die MA 35 habe der Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, Referat AFA 1, den Auftrag gegeben, ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer und seine Ehefrau wegen des Verdachts der Aufenthaltsehe einzuleiten. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 13.12.2016 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers) sei mit Bescheid der MA 35 vom 20.8.2018, Zl. MA35-9/3150610-01, zurückgewiesen worden; zugleich sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes [Wien] vom 11.12.2018 (gemeint wohl: 20.11.2018), GZ: VGW-151/065/9375/2018-3, sei die Beschwerde gegen den Bescheid der MA 35 als unbegründet abgewiesen worden. Die Entscheidung der MA 35 sei seit 20.11.2018 rechtskräftig.

Das BFA legte dem angefochtenen Bescheid unter anderem die Feststellung zugrunde, dass der Beschwerdeführer mit XXXX eine Aufenthaltsehe eingegangen sei. XXXX sei von 26.9.2016 bis 24.2.2017 in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen. Am 16.8.2017 sei sie aus einer Freiheitsstrafe bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren entlassen worden. In weiterer Folge sei sie aufgrund eines Bescheid des BFA (RD NOE) vom 5.9.2017, Zl. 1137466701/170403226, in die Slowakei abgeschoben worden und sei ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot (bis 5.9.2027) in Österreich gegen sie erlassen worden. Der Beschwerdeführer sei wegen seiner Scheinehe mit XXXX am 6.3.2018 rechtskräftig verurteilt worden. Es stehe fest, dass er keinen gemeinsamen Haushalt mit dieser führe. Die Ehe sei weiterhin aufrecht. Die Ehegattin des Beschwerdeführers verfüge über ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot; ihr komme somit kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu, welches der Beschwerdeführer von ihr ableiten könnte. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei die Ehegattin des Beschwerdeführers Arbeitnehmerin gewesen und habe das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht ausgeübt. Der Beschwerdeführer sei daher begünstigter Drittstaatsangehöriger. Eine amtswegige Prüfung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG komme im Fall eines begünstigten Drittstaatsangehörigen von Vornherein nicht in Betracht, weshalb ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen sei. Ein tatsächlich bestehendes Ehe- bzw. schützenswertes Familienleben habe nicht festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer sei die Ehe für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sowie zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt eingegangen. Sein persönliches Verhalten stelle weiterhin eine erhebliche und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar und sei eine negative Zukunftsprognose zu treffen.

Mit Schriftsatz vom 9.7.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 4.6.2019. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wurde geltend gemacht, dass sich aus dem Verhalten des Beschwerdeführers - der begünstigter Drittstaatsangehöriger sei - nicht ableiten lasse, dass er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen könnte. Zu berücksichtigen sei, dass der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig sei und schon seit 16.12.2011 in Österreich lebe.

Am 10.7.2019 wurde der Akt dem BVwG vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Nahmen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger.

Nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 16.12.2011 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, dem am 24.4.2014 und 21.10.2016 - jeweils nach rechtskräftiger Abweisung des vorangegangenen Antrags - weitere Anträge auf internationalen Schutz folgten. Auch diese Anträge wurden rechtskräftig abgewiesen.

Am XXXX heiratete der Beschwerdeführer vor dem Standesamt XXXX , Zl. 014904/2016, die slowakische Staatsangehörige XXXX , geb. XXXX , die von 26.9.2016 bis 24.2.2017 in Österreich einer Beschäftigung nachging. Aufgrund eines Bescheides des BFA vom 5.9.2017, Zl. 1137466701/170403226, wurde XXXX in die Slowakei abgeschoben und wurde gegen sie ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot (befristet bis 5.9.2027) erlassen. Die Ehe ist weiterhin aufrecht.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20.6.2018, Zl. MA35-9/3150610-01, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13.12.2016 auf Ausstellung einer "Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers)" gemäß § 54 Abs 1 iVm § 54 Abs 7 NAG zurückgewiesen und zugleich festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 20.11.2018, GZ: VGW-151/065/9375/2018-10, rechtskräftig am selben Tag, als unbegründet abgewiesen.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 6.3.2018, 11 U 39/17a, rechtskräftig mit Urteil des LG XXXX als Berufungsgericht vom 27.2.2019, 900 Bl 83/18y, wurde der Beschwerdeführer wegen § 117 Abs 1 FPG ("Eingehen und Vermittlung von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften") zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à EUR 4,00 verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt des BFA. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu den bisherigen Anträgen auf internationalen Schutz ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt. Die Beschwerde wendete sich auch nicht gegen den von der belangten Behörde angenommenen entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Dass der Beschwerdeführer eine Ehe mit der slowakischen Staatsangehörigen XXXX eingegangen ist, die auch weiterhin aufrecht ist, ergibt sich aus der Heiratsurkunde des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes XXXX vom XXXX in Zusammenhalt mit der Auskunft des Standesamtes XXXX vom 22.5.2019. Die Feststellungen zum Ausspruch, dass der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt, gründen sich auf den rechtskräftigen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20.6.2018 sowie das rechtskräftige Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 11.12.2018. Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers nach § 117 Abs 1 FPG geht aus der diesbezüglichen Auskunft der Staatsanwaltschaft XXXX vom 27.5.2019 hervor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr. 2013/33 idF BGBl I Nr. 2017/138 lautet:

"Erkenntnisse und Beschlüsse

Erkenntnisse

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt."

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. dazu ausführlich das Erk. des VwGH vom 26.6.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Das Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl I Nr. 2005/100 idF BGBl I Nr. 2018/56 lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. [...]

(4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

[...]

11. begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;

[...]

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

[...]

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

[...]

Aufenthaltsverbot

§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Eingehen und Vermittlung von Aufenthaltsehen und Aufenthaltspartnerschaften

§ 117. (1) Ein Österreicher oder ein zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigter Fremder, der eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft mit einem Fremden eingeht, ohne ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK führen zu wollen und weiß oder wissen musste, dass sich der Fremde für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen will, ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

[...]"

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 2005/100 idF BGBl I Nr. 25/2019 lautet auszugsweise:

Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption

"§ 30. (1) Ehegatten oder eingetragene Partner, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen.

(2) An Kindes statt angenommene Fremde dürfen sich bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für den Erwerb und die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts.

[...]

Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers

§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und

1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder

5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt."

Das BFA ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer als Ehegatte einer EWR-Bürgerin, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, die Stellung als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zukommt.

Einem Fremden, der mit einem in Österreich lebenden, sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmenden EU-Bürger aufrecht verheiratetet ist (unabhängig davon, ob die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist), kommt die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu, und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs 7 NAG vorliegt (VwGH vom 23.3.2017, Ra 2016/21/0349; vom 25.9.2017, Ra 2017/20/0293).

Gegenständlich wurde bereits mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20.6.2018 gemäß § 54 Abs 7 NAG - nach Abweisung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 20.11.2018 - rechtskräftig festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt. Dem Beschwerdeführer kommt damit ungeachtet des formalen Fortbestehens der (Aufenthalts-)Ehe mit einer EU-Bürgerin die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger nicht zu. Der Beschwerdeführer wurde im Übrigen auch rechtskräftig wegen Aufenthaltsehe nach § 117 Abs 1 FPG verurteilt. Die Ehegattin des Beschwerdeführers wurde im Jahr 2017 in die Slowakei abgeschoben und besteht gegen sie ein bis 5.9.2027 befristetes Aufenthaltsverbot.

Das BFA hat damit die für begünstigte Drittstaatsangehörige geltenden Bestimmungen im konkreten Fall zu Unrecht zur Anwendung gebracht und ein Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG zur Gänze zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.

3.2. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. Aufgrund der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltsehe Aufenthaltsverbot begünstigte Drittstaatsangehörige Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Scheinehe strafgerichtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2129968.3.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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