TE Bvwg Beschluss 2019/11/11 L519 2210816-2

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Veröffentlicht am 11.11.2019
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Entscheidungsdatum

11.11.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

L519 2210816-2/3Z

B E S C H L U S S

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA Dr. BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.9.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde in Österreich geboren und hat hier die Schule besucht. Seit 26.12.1998 ist er im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung. Er ist geschieden und hat 2 minderjährige Kinder im Bundesgebiet.

I.2. Er weist folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

a) BG XXXX vom XXXX , § 146 StGB, Geldstrafe von 70 Tags. zu je 4,-- Euro, im NEF 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;

b) LG XXXX vom XXXX , § 153d StGB, Freiheitsstrafe 5 Monate 25 Tage, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Zusatzstrafe gem. §§ 31 und 40 StGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX ;

zu LG XXXX , Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre, LG XXXX vom XXXX ;

c) LG XXXX vom XXXX , §§ 107(1), 107 (2), 125 und 107 (1) StGB, Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre;

zu LG XXXX , Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre, LG XXXX vom 23.7.2018;

d) LG XXXX vom XXXX , §§ 105 (1), 107 (1), 201 (1), 15, 105 (1), 83 (1) sowie 107 (1) und 107 (2) 1. Fall StGB, Freiheitsstrafe 3 Jahre;

I.3. Mit Schreiben des BFA vom 19.7.2019 wurde dem BF unter gleichzeitiger Übermittlung von Länderfeststellungen zur abschieberelevanten Lage in der Türkei mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen, da er die unter I.2. angeführten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen aufweist.

I.4. Innerhalb der eingeräumten Frist zur Abgabe einer Stellungnahme führte der BF zusammengefasst aus, dass sein Lebensmittelpunkt seit seiner Geburt Österreich sei. In Österreich leben neben den beiden mj. Töchtern des BF aus seiner geschiedenen Ehe auch seine Eltern und Geschwister sowie 2 Onkel. Er habe auch einen nennenswerten Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich und beherrsche Deutsch in Wort und Schrift. Nach der Haftentlassung werde der BF sofort arbeiten und nie mehr straffällig werden. Er habe keine Wohnanschrift und keine persönlichen Bindungen in der Türkei und werde keinesfalls freiwillig dorthin zurückkehren.

I.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gem. § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt. Gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde dem BF eine Frist für eine freiwillige Ausreise nicht gewährt. Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z.1 FPG wurde über den BF ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt.

1.6. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen führte der BF aus, dass die Interessensabwägung zu seinen Gunsten ausfallen hätte müssen. Er habe keinerlei Bezug zur Türkei und sei der türkischen Sprache in Wort und Schrift nicht ausreichend mächtig. Außerdem lebe seine gesamte Kernfamilie in Österreich. Die geschiedene Frau des BF habe das Sorgerecht für die beiden Kinder an die Eltern des BF abgetreten, in deren Haushalt die Kinder sich seit Februar 2018 befinden. Da die obsorgeberechtigte Mutter des BF gesundheitliche Einschränkungen aufweist, seien die Kinder dringend auf die Unterstützung des BF angewiesen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der BF die Mitwirkung an der Straftat, die zur vorliegenden schwerwiegenden Verurteilung geführt hat, stets vehement bestritten hat sowie dass die verhängte Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens liegt.

I.7. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.

1. Feststellungen:

Es kann derzeit ohne persönliche Einvernahme des BF und von Zeugen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reelle Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Aufschiebende Wirkung

Im ggst. Verfahren ist keine persönliche Einvernahme des BF und seiner engsten Angehörigen als Zeugen erfolgt. Um das Privat- und Familienleben des BF abschließend beurteilen zu können, wäre dies aber erforderlich gewesen. Eine Verletzung der maßgeblichen Artikel der EMRK im Fall einer Abschiebung des BF kann daher derzeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Außerdem hätte es weitergehender Ermittlungen hinsichtlich des verhängten Einreiseverbotes bedurft.

Der Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielshaft Erk. d. VwGH v. 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482; Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L519.2210816.2.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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