Entscheidungsdatum
11.11.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L518 2200809-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Armenien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen A) den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, Außenstelle Wien, vom 02.07.2018 zu Recht erkannt und B) den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, Außenstelle Wien, vom 27.04.2018 beschlossen:
A)
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.07.2018 wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.04.2018 wird als verspätet zurückgewiesen.
C)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (im folgenden "BF" bzw. "bP" genannt) stellte am 28.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher mit im Punkt B) bezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 27.4.2018 zu Zl. 1043880607-140114052 gem. der §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG nicht gewährt. Des Weiteren wurde gegen den BF gem. § 10 Abs. 1 Z.3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Armenien zulässig ist. Gem. § 55 Abs. 1a FPG wurde dem BF keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt und wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gem. § 18 Abs. 1 Z.1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Verfahrensanordnung eine Rechtsberatung gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG sowie Rückkehrberatung gem. § 52a Abs. 2 BFA-VG am 3.5.2018 zur Seite gestellt. Der zuständigen Rechts- und Rückkehrberatung wurden die Verfahrensanordnungen am selben Tag per E-Mail zur Kenntnis gebracht.
Der Bescheid, die Verfahrensanordnungen gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG samt Übersetzung in die armenische Sprache und die Verfahrensanordnung gem. § 52a Abs. 2 BFA-VG inklusive der entsprechenden Übersetzung in die armenische Sprache wurde dem BF am Postweg an die laut ZMR Auszug aufrechte Meldeanschrift zugestellt.
Nach erfolglosem Zustellversuch wurde der Bescheid mit 9.5.2018 in der Abgabeeinrichtung hinterlegt.
Am 8.6.2018, 11.50 Uhr, wurde dem BF aufgrund des erfolglosen Zustellversuchs der Post sowie Nichtbehebung des RSa Briefes der Bescheid, die Verfahrensanordnung gem. § 63 Abs. 2 AVG des BFA vom 3.5.2018, die Verfahrensanordnung gem. § 52a Abs. 2 BFA-VG des BFA sowie das Informationsblatt Ausreiseverpflichtung vom 3.5.2018 durch persönliche Übergabe im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien zugestellt und bestätigte der BF mit Unterschrift die Zustellung.
Binnen offener Frist wurde gegen den abweislichen erstinstanzlichen Bescheid keine Beschwerde eingebracht und erwuchs der Bescheid am 9.6.2018 in Rechtskraft
Die Beschwerde gegen den erlassenen Bescheid erfolgte verspätet am 13.6.2018 und wurde zugleich gegenständlicher Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 71 Abs. 6 AVG gestellt.
Im Wesentlichen stützte der BF den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darauf, dass der BF seit 2015 in Untermiete bei Fr. XXXX wohnt und diese zur fraglichen Zeit der Zustellung bzw. Hinterlegung des Schriftstückes zu Besuch bei ihren Enkel in Burjatien aufhältig gewesen sei. Der BF habe keinen Postkastenschlüssel gehabt und ist erst Mitte der KW 23 unter Verwendung einer langen Pinzette auf die Hinterlegungsanzeige gestoßen. Der Bescheid wurde am 8.6.2018 ausgehändigt und sei ihm von Bekannten mitgeteilt worden, dass die Rechtsberatung am späteren Nachmittag am Freitag keine neuen Fälle mehr behandeln würden, weshalb der BF die Rechtsberatung erst am 11.6.2018 aufsuchte.
Folglich wurde mit unter Pkt. B) im Spruch bezeichneten Bescheid der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Vorigen Stand zurückgewiesen.
In der am 27.7.2018 übermittelten Beschwerdeschrift Wiederholte der BF im Wesentlichen sein Antragsvorbringen und ergänzte dies dahingehend, dass er keinen Zugriff auf den Postkasten gehabt hätte und die Hinterlegungsanzeige erst Mitte der KW 23 erhalten habe, weshalb die Verfristung ohne sein Verschulden - keine Möglichkeit, Kenntnis von der Zustellung zu erlangen - erfolgte.
Zudem verkenne die belangte Behörde, dass der BF rechtsunkundig ist und sohin auch nur ein minderer Grad des Verschuldens treffe, dass er sich erst am 11.6.2018 mit der Rechtsberatung in Verbindung setzte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt.
Beweise wurden erhoben durch Einsicht in den Akt.
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem glaubwürdigen und nachvollziehbaren sowie zweifelsfreien Akteninhalt.
Insbesondere konnten die Zeitpunkte der Bescheiderlassungen und Zustellungen durch entsprechende Zustelldokumente wie Stempel am Briefkuvert ermittelt werden. Der im Akt befindliche RSa Brief im Original ist ordnungsgemäß ausgefüllt und ergaben sich keine Anhaltspunkte, um an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Darüber hinaus wurde die ordnungsgemäße Zustellung durch Hinterlegung auch nicht im Wiedereinsetzungsantrag oder in der Beschwerde substantiiert bestritten bzw. eine Ortsabwesenheit des BF behauptet. Vielmehr erfolgte die Begründung für die Verfristung darin, dass der BF mangels Schlüssel nicht zum Inhalt des Postkastens gelangte und ihm für das verspätete Aufsuchen der Rechtsberatung nur ein minderer Grad des Verschuldens treffe.
Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrages geht jedoch zweifelsfrei hervor, dass der Beschwerdeführer Kenntnis vom laufenden Verwaltungsverfahren hatte, weshalb entsprechende Feststellungen getroffen wurden. Zum Grad des Verschuldens und zum Vorliegen der Voraussetzungen eines Wiedereinsetzungsgrundes wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A) Antrag auf Wiedereinsetzung
2.1. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.
Eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen. An den im Antrag vorgebrachten Grund bleibt die Partei gebunden (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134; VwGH vom 25.02.2003, Zl. 2002/10/0223). Der Beschwerdeführer hat die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage ein entsprechendes Vorbringen voraussetzt (vgl. VwGH vom 16.12.2009, 2009/12/0031).
Das Auswechseln des Wiedereinsetzungsgrundes käme der Stellung eines neuerlichen, anders begründeten Antrages auf Wiedereinsetzung gleich, der außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist erfolgte und daher unbeachtlich ist (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134). Das Gericht ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Verfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist dem Gericht verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung miteinzubeziehen. Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat nicht zu erfolgen (vgl. VwGH vom 17.03.2015, Zl. Ra 2014/01/0134; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz. 115). Der Wiedereinsetzungswerber hat im Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist sachverhaltsbezogenes Vorbringen zu erstatten und auszuführen, weswegen ihm an der Versäumung der Frist kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft (vgl. VwGH vom 21.12.1999, 97/19/0217).
2.2. Keine Verständigung über die Hinterlegung:
Da, wie den Feststellungen zu entnehmen ist, für das Gericht zweifelsfrei feststeht, dass im Zuge des Zustellvorganges am 9.5.2018 ein Hinterlegungszettel in die Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers eingelegt wurde und der Bescheid ab dem 11.5.2018 zur Abholung beim zuständigen Postamt bereit lag, ist der Bescheid am 11.5.2018 (Beginn der Abholfrist) durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt worden (vgl. VwGH vom 16.01.1973, 1153/72). Die bloße Behauptung, dass es keine Verständigung über die Hinterlegung gegeben habe, stellt noch keinen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 33 VwGVG, sondern allenfalls einen Zustellmangel dar, der jedoch nach den getroffenen Feststellungen nicht vorliegt. Vielmehr bestätigte der BF eine Hinterlegungsanzeige erhalten zu haben, diese jedoch erst Mitte der KW 23 aus dem Postkasten mit einer Pinzette "gefischt" zu haben.
2.3. Unkenntnis der Verständigung über die Hinterlegung ohne Zutun des Beschwerdeführers:
Die Unkenntnis von der Zustellung eines Bescheides kann einen Wiedereinsetzungsgrund bilden, sofern die Unkenntnis nicht auf einem Verschulden beruht, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. VwGH vom 21.12.1999, Zl. 97/19/0217-0219, 0231-0239, mit weiteren Hinweisen).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ergibt sich aus § 71 AVG (die sinngemäß auch auf die Bestimmung des § 33 VwGVG anzuwenden ist), dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Angaben über seine Rechtzeitigkeit zu enthalten hat und dass überdies anzugeben ist, aus welchem Grund der Antragsteller die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AVG (nunmehr § § 33 Abs. 1 VwGVG) als erfüllt ansieht. Dabei trifft ihn die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was aber als Grundlage ein entsprechendes Vorbringen voraussetzt (vgl. VwGH vom 21.12.1999, Zl. 97/19/0217-0219, 0231-0239).
Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg 9817/1983, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).
Im vorliegenden Fall kann nicht davon gesprochen werden, dass der Beschwerdeführer durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des §146 Abs 1 ZPO an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert gewesen wäre:
Da der Beschwerdeführer nicht behauptet, dass er wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. §17 Abs 3 ZustellG), galt das hinterlegte Schriftstück mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Gemäß §17 Abs 4 ZustellG hat die Beschädigung oder die Entfernung der Verständigung auf die Gültigkeit der Hinterlegung keinen Einfluss (vgl. VfSlg 14.657/1996). Der Beschwerdeführer bestritt nicht die ordnungsgemäße Zustellung, sondern zielt mit dem Vorbringen, dass der Postschlüssel zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Mitbewohnerin bzw. Unterkunftnehmerin gewesen sei, darauf ab, dass diese die Hinterlegungsanzeige nicht an ihn weitergeleitet bzw. während deren Abwesenheit den Schlüssel nicht den BF übergeben habe oder diese verloren gegangen sei. Auch dieses Vorbringen begründet kein Hindernis, so hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 11.10.2017, E 2959/2017, ausgesprochen, dass kein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis vorliegt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Benachrichtigung von der Hinterlegung vom anderen Mitbewohner aus dem Briefkasten entnommen und nicht an den Antragsteller weitergeleitet oder versehentlich vernichtet worden sei. Umso mehr muss dies auch gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Unterkunftnehmerin ortsabwesend war und nicht, wie bereits zuvor einmal, den Postkastenschlüssel nicht an den BF während ihrer Abwesenheit weitergab.
Als Beweis für die Ortsabwesenheit der Unterkunftgeberin des BF wurde die zeugenschaftliche Einvernahme dieser Mitbewohnerin beantragt.
Ungeachtet des Umstandes, dass der BF für sein Vorbringen keinerlei Bescheinigungsmittel in Vorlage brachte, etwa eine Kopie des RP der Unterkunftgeberin, worin die Ein- und Ausreisestempel ersichtlich wären, war dem BF bewusst, dass ggst. Verwaltungsverfahren noch offen ist und hätte bei hypothetischer Wahrunterstellung, dass tatsächlich lediglich ein Postkastenschlüssel existiert bei Zeiten dafür Sorge tragen müssen, dass im Falle einer Abwesenheit der Hauptmieterin der BF im Besitz des Schlüssels wäre.
Letzten Endes konnte auf die zeugenschaftliche Einvernahme der Unterkunftgeberin verzichtet werden, erweist sich doch dieser Beweis als nicht sachverhaltserheblich.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass es sich als absolut unglaubwürdig erweist, dass die Hauptmieterin ihre Ortsabwesenheit zwar den Nachbarn, nicht jedoch ihrem im selben Haushalt lebenden Untermieter mitgeteilt haben soll und darüber hinaus den einzigen Postkastenschlüssel bei der Auslandsreise mit sich führte und nicht zu Hause beließ.
Ebenso ist der bB beizupflichten, dass es absolut unglaubwürdig und unplausibel ist, dass sich der BF bei Bekannten nach Erhalt der Schreiben nach der weiteren Vorgehensweise erkundigt haben soll, anstatt - wie in der in Muttersprache übersetzte Verfahrensanordnung festgehalten und entnehmbar - sich unverzüglich mit dem Rechtsberater für allfällige Beschwerdeerhebung in Verbindung zu setzten. Darin ist kein geringer Grad des Versehens zu sehen, wäre es doch viel plausibler, dass sich der BF unverzüglich an Personen wendet, welche in dieser Verwaltungsmaterie bewandert sind, als sich von ebenso rechtsunkundigen Personen Tipps zu holen.
2.4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage nicht von besonderer Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Es wurde beantragt, den Beschwerdeführer im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu befragen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte aber im gegenständlichen Fall unterbleiben, da der Sachverhalt unbestritten blieb und die Beurteilung einer Rechtsfrage offen stand, die nicht durch Befragung des Beschwerdeführer gelöst werden könnte. Zudem gab der Beschwerdeführer schon im Antrag auf Wiedereinsetzung an, dass eine Hinterlegungsanzeige im Postkasten war, der BF diese jedoch erst in der 23 KW mit Hilfe einer Pinzette herausgefischt hat.
Zusammengefasst hätte die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen und war die Rechtsfrage nach dem Grad des Verschuldens nicht von besonderer Komplexität. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte daher im gegenständlichen Fall unterbleiben.
Zu B) Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung:
2.5. Gemäß § 7 Abs 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs 4 Z 1 VwGVG - wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde - mit dem Tag der Zustellung.
Gemäß § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Der bekämpfte Bescheid wurde der Beschwerdeführer laut dem im Verwaltungsakt aufliegenden Rückschein am 11.5.2018, durch Hinterlegung zugestellt. Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des Mittwochs vier Wochen später, sohin mit Ablauf des 8.6.2018.
Dies wurde dem Grunde nach in der Beschwerdeschrift nicht bestritten.
Die Beschwerde stellt sich daher als verspätet dar und war somit gemäß § 7 Abs 4 Z 1 iVm § 28 Abs 1 iVm § 31 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Zu C) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist Verspätung Wiedereinsetzung Zurückweisung Zustellung Zustellung durch HinterlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L518.2200809.1.01Im RIS seit
08.09.2020Zuletzt aktualisiert am
08.09.2020