Entscheidungsdatum
02.12.2019Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W208 2221549-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gernot KERSCHHACKEL, Wiener Straße 44, 2500 Baden, gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes Baden vom 24.05.2019, Zl XXXX betreffend Zeugengebühren zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Punkte 1. und 3. ersatzlos entfallen und die Gebühren des Zeugen XXXX für die Teilnahme an der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Baden am 08.05.2019 von 13:30 Uhr bis 15:30 Uhr mit ? 8,50 (Aufenthaltskosten, Mehraufwand für Verpflegung, Mittagessen) bestimmt werden.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. In dem vor dem Bezirksgericht Baden (im Folgenden: BG) zu XXXX geführten Verfahren wurde XXXX (im Folgenden: Zeuge) zu einer für den 08.05.2019 anberaumten Verhandlung für 13:30 Uhr als Zeuge geladen. Am 08.05.2019 erschien der Zeuge ladungsgemäß und nahm bis 15:30 Uhr an der Verhandlung teil.
Mit am 23.05.2019 beim BG eingelangten Gebührenbestimmungsantrag machte der Zeuge Reisekosten für die Fahrt von XXXX nach XXXX und retour iHv ? 90,00, Aufenthaltskosten (Mittagessen) iHv ? 8,50, sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis (Pauschalentschädigung nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG für 8 Stunden á ? 14,20) iHv ? 113,60, insgesamt daher einen Betrag von ? 212,10, geltend.
2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid des Vorstehers des BG vom 24.05.2019 wurden die Gebühren des Zeugen für die Teilnahme an der Verhandlung gemäß Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) antragsgemäß mit insgesamt ? 212,10 (Punkt 1. Reisekosten gem §§ 6 - 12 GebAG für die Fahrt von XXXX nach XXXX und retour iHv ? 90,00, Punkt 2. Aufenthaltskosten gem §§ 13 - 16, Mehraufwand für die Verpflegung, Mittagessen, iHv ? 8,50 und Punkt 3. Entschädigung für Zeitversäumnis, Pauschalentschädigung nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG für 8 Stunden á ? 14,20 somit ? 113,60) bestimmt.
3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 06.06.2019) richtet sich die am 02.07.2019 eingebrachte Beschwerde der im Grundverfahren beklagten Partei, dem nunmehrigem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), mit welcher dieser den Bescheid seines gesamten Inhaltes nach anficht. Begründend wird darin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Das rechtliche Gehör sei verletzt worden, da dem BF keine Möglichkeit eingeräumt worden sei zum Gebührenanspruch des Zeugen Stellung zu nehmen.
Überdies seien keine Bescheinigungsmittel des Zeugen vorgelegt worden, weshalb nicht nachvollziehbar sei, wieso der Zeuge welche Ansprüche erhebe. So bleibe offen, wie sich die ? 90,00 Fahrtkosten errechnen würden. Der Klagevertreter habe gegen Ende der Verhandlung angegeben, dass die Klägerin, der Klagevertreter und der Zeuge mit einem Auto gekommen wären und sowohl der Zeuge als auch der Klagevertreter mit der Klägerin mitgefahren seien. Dem Zeugen würden daher keine Reisekosten zustehen, weil er keine gehabt habe.
Ein Mittagessen iHv ? 8,50 könne nicht in Abrede gestellt werden. Zur Zeitversäumnis von 8 Stunden zu je ? 14,20 fehle es wiederum an jeglichen Bescheinigungsmitteln.
4. Mit Schreiben vom 12.07.2019, eingelangt am 22.07.2019, legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.
5. Das BVwG veranlasste mit Schreiben vom 23.07.2019 eine Beschwerdemitteilung an die klagende Partei des Grundverfahrens sowie den Zeugen und räumte diesen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme bis zum 02.09.2019 ein. Die Zustellung des Schreibens an die klagende Partei erfolgte am 24.07.2019. Diese gab keine Stellungnahme ab.
6. Mit E-Mail vom 12.08.2019 brachte der Zeuge bezugnehmend auf die ihm am 26.07.2019 zugestellte Beschwerdemitteilung folgende Stellungnahme ein: Er habe am Tag der Verhandlung den Antrag über die Zeugengebühr nicht mehr abgeben können, da das Büro bereits geschlossen gehabt hätte. Über Auskunft des BG sei ihm mitgeteilt worden, dass er keine Kosten vorgeben könne, sondern laut Tarif abgerechnet werde. Somit sei der Antrag von ihm nur unterschrieben und weggeschickt worden. Die Uhrzeit auf dem Formular sei direkt vor Ort eingetragen und unterschrieben worden. Richtig sei, dass er als Zeuge mit der klagenden Partei im Auto mitgefahren sei.
7. Mit an den Zeugen gerichtetem Parteiengehör vom 27.09.2019 (zugestellt am 03.10.2019) wurde diesem Folgendes vorgehalten:
Seinen eigenen Angaben nach, habe er seinen Gebührenantrag bis auf die Unterschrift nicht selbst ausgefüllt und sei mit der im Grundverfahren klagenden Partei im Auto zur Verhandlung mitgefahren. Das bedeute, dass ihm keine Reisekosten für die Fahrt zustehen würden, da gemäß § 6 Abs 1 iVm § 3 Abs 1 Z 1 GebAG nur der Ersatz der notwendigen Reisekosten gebühre und er keine gehabt hätte.
Hinsichtlich der Entschädigung für Zeitversäumnis wurde darauf hingewiesen, dass zur Überprüfung folgende, weitere Informationen benötigt würden:
"I. Um welche Uhrzeit haben Sie Ihren Wohnort verlassen und wann sind Sie wieder zurückgekehrt?
II. Haben Sie einen Vermögensnachteil durch diese Zeitversäumnis erlitten und aus welchem Grund?
III. Sind Sie in der Lage die konkrete Höhe des entgangenen Verdienstes zu bescheinigen und entsprechende Bescheinigungsmittel dafür vorzulegen? Sollte das der Fall sein, bekommen Sie ihren konkreten Verdienstentgang ausgezahlt, wenn nicht den Pauschalbetrag von 14,20 Euro je angefangener Stunde, sofern Sie einen plausiblen Grund für einen Vermögensentgang gemäß Frage II. glaubhaft gemacht haben."
Dem Zeugen wurde zur Stellungnahme eine Frist von 3 Wochen ab Zustellung eingeräumt.
8. Mit fristgerecht eingelangter Stellungnahme vom 16.10.2019 beantwortete der Zeuge die oben genannten Fragen folgendermaßen:
"I. Reiseantritt 10:00 Uhr, Reisebeendigung 18 Uhr
II. Nein, keinen Vermögensnachteil erlitten
III. Nein, keine Bescheinigung vorzulegen"
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der im Punkt I.1. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt. Weiters wird festgestellt:
Die Anwesenheit des Zeugen (einem selbstständigen Landwirt) ist am 08.05.2019 von 13:30 Uhr bis 15:30 Uhr erforderlich gewesen. Er hat seine diesbezügliche Reise um 10:00 Uhr angetreten und um 18:00 Uhr beendet.
Der Zeuge ist zu seiner Vernehmung gemeinsam mit der Klägerin in deren Auto angereist und sind ihm daraus keinerlei Reisekosten entstanden.
Dem Zeugen steht für den Tag der Vernehmung ein Mittagessen iHv ? 8,50 zu.
Der Zeuge hat aufgrund der Teilnahme an dieser Verhandlung keinen Vermögensnachteil erlitten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Die Feststellung hinsichtlich der gemeinsamen Anreise des Zeugen im Auto der Klägerin wird vom Zeugen nicht bestritten, sondern gibt er dies in seiner Stellungnahme vom 12.08.2019 selbst an. Der Zeuge führt hingegen nicht an, dass er sich an den Reisekosten beteiligt oder sie diese untereinander aufgeteilt hätten. Die im Parteiengehör vorgehaltene Feststellung, wonach ihm aus der Fahrt keine Reisekosten entstanden sind, wurde von ihm nicht bestritten.
Dass dem Zeugen für den Tag der Vernehmung ein Mittagessen iHv ? 8,50 zusteht, ergibt sich aus den festgestellten Reisezeiten und wird vom BF auch in seiner Beschwerde nicht bestritten.
Gemäß § 19 Abs 2 GebAG hat der Zeuge die Umstände die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu bescheinigen. Nach der ständigen Rsp des VwGH bedeutet "bescheinigen", dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss (VwGH 18.09.2000, 96/17/0360; 08.09.2009, 2008/17/0235; 20.06.2012, 2010/17/0099).
Der Zeuge räumt in seiner Stellungnahme vom 16.10.2019 selbst ein, dass er aufgrund der Teilnahme an der gegenständlichen Verhandlung keinen Vermögensnachteil erlitten hat. Auch ist dem gesamten Verfahrensakt kein Hinweis auf einen solchen Vermögensnachteil zu entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung liegt somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, wobei kein Verbot einer "reformatio in peius" besteht und kein Neuerungsverbot (vgl Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2; stRsp des VwGH, zB 29.06.2017, Ra 2017/16/0085 mwN). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 26.01.2012, 2009/09/0187 und in diesem Sinne wohl auch 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) ist nicht erforderlich. Die vorgelegten Verfahrensakten lassen nicht erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist sowohl dem Beschwerdeführer als auch der Verwaltungsbehörde bekannt. Die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von solcher Komplexität, dass es dazu Erläuterungen in einer Verhandlung bedürfte.
Ein Entfall der Verhandlung widerspricht weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl 1958/210, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebung durch BVwG)
Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) lauten:
"Umfang der Gebühr
§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. [...]
Reisekosten
§ 6. (1) Der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) umfaßt die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muß.
[...]
Massenbeförderungsmittel
§ 7. (1) Massenbeförderungsmittel im Sinn des § 6 ist jedes Beförderungsmittel, das dem allgemeinen Verkehr zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Personen dient, die es unabhängig voneinander gegen Entrichtung eines allgemein festgesetzten Fahrpreises in Anspruch nehmen können.
(2) Führen verschiedene Massenbeförderungsmittel zum selben Ziel, so gebührt die Vergütung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, für dasjenige, dessen Benützung den geringeren Zeitaufwand erfordert.
(3) Der Fahrpreis ist nach den jeweils geltenden Tarifen zu vergüten; hierbei sind allgemeine Tarifermäßigungen maßgebend. Für Strecken, auf denen der Zeuge für seine Person zur freien Fahrt mit dem benützten Massenbeförderungsmittel berechtigt ist, gebührt keine, für solche Strecken, auf denen er zur ermäßigten Fahrt berechtigt ist, nur die Vergütung des ermäßigten Fahrpreises.
Aufenthaltskosten
§ 13. Die Aufenthaltskosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) umfassen
1. den Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Zeugen zwingt, das Frühstück, Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort einzunehmen, und
2. die Kosten für die unvermeidliche Nächtigung während der Reise und am Ort der Vernehmung.
Verpflegung
§ 14 (1) Dem Zeugen sind als Mehraufwand für die Verpflegung zu vergüten
1. für das Frühstück 4,00 ?
2. für das Mittagessen 8,50 ?
3. für das Abendessen 8,50 ?
(2) Der Mehraufwand für das Frühstück ist zu vergüten, wenn der Zeuge die Reise vor 7 Uhr antreten, der Mehraufwand für das Mittagessen, wenn er sie vor 11 Uhr antreten und nach 14 Uhr beenden hat müssen, derjenige für das Abendessen, wenn er die Reise nach 19 Uhr beenden hat müssen.
Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.
Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1. 14,20 ? für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen."
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Reisekosten
Im gegenständlichen Fall hat der Zeuge für die Anreise von seinem Wohnort zum Ort der Vernehmung weder sein eigenes Auto noch ein Massenbeförderungsmittel benutzt, sondern ist gemeinsam mit der Klägerin des betreffenden Verfahrens in deren Auto angereist, und hat hierfür Fahrtkosten iHv ? 90,00 geltend gemacht. Dies wurde zunächst auch nicht weiter begründet.
Gemäß den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen rechtfertigen grundsätzlich nur die in § 9 Abs 1 GebAG genannten Voraussetzungen den Kostenersatz von anderen Beförderungsmitteln als Massenbeförderungsmitteln. Benützt der Zeuge hingegen gemäß § 9 Abs 3 GebAG ein anderes Beförderungsmittel als ein Massenbeförderungsmittel, ohne dass die Voraussetzungen hierfür vorliegen, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten, die er für die Benützung eines Massenbeförderungsmittels hätte aufwenden müssen. Dies kann jedoch regelmäßig nur dann gelten, wenn der Zeuge auch tatsächlich Ausgaben getätigt und ihm entsprechende Fahrtkosten aufgelaufen sind. Gemäß § 3 Abs 1 Z 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen nämlich den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden. Fallbezogen ist der Zeuge weder mit dem eigenen Auto noch mit einem Massebeförderungsmittel angereist, sondern gemeinsam mit der Klägerin in deren Auto mitgefahren, weshalb durch seine An- und Rückreise keinerlei Kosten verursacht wurden.
Somit ist der Anspruch des Zeugen auf Reisekosten mangels tatsächlich angefallener Kosten zu verneinen und wurde von der belangten Behörde zu Unrecht ein Betrag iHv ? 90,00 zugesprochen.
3.3.2. Mehraufwand für die Verpflegung
Im angefochtenen Bescheid wurde der Mehraufwand für die Verpflegung iHv ? 8,50 für ein Mittagessen festgestellt.
Die Verpflegungskosten sind dem Zeugen unabhängig davon zu ersetzen, ob er die Mahlzeit auch tatsächlich eingenommen hat und welcher Aufwand ihm dabei erwachsen ist, somit ohne Bescheinigung (Krammer/Schmidt, GebAG, 3. Auflage, 2001, § 14 Anm 2; vgl VwGH 24.09.1997, 96/03/0058 mwN).
Gemäß den Feststellungen hat der Zeuge seine Reise am 08.05.2019 um 10:00 Uhr (damit vor 11:00 Uhr) angetreten und um 18:00 (damit nach 14:00 Uhr) beendet. Unter Heranziehung der pauschalierten Vergütungssätze des § 14 Abs 1 Z 2 GebAG sowie der in Abs 2 leg cit festgelegten zeitlichen Begrenzung des Anspruchs ergibt sich daher ein Anspruch des Zeugen auf ? 8,50 für ein Mittagessen.
Somit hat die belangte Behörde den Mehraufwand für die Verpflegung zu Recht mit ? 8,50 zugesprochen.
3.3.3. Entschädigung für Zeitversäumnis
Die Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs 1 Z 2 GebAG umfasst sowohl den Grund des Anspruches als auch dessen Höhe (vgl. VwGH 15.04.1994, 92/17/0231).
Dem Zeugen soll die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 3 Abs 1 Z 2 iVm § 18 Abs 2 und § 19 Abs 2 GebAG dann gebühren, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet und die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, bescheinigt. Dies ist dem Zeugen im vorliegenden Fall nicht gelungen bzw wird von ihm selbst in seiner Stellungnahme vom 16.10.2019 eingeräumt, dass er aufgrund der Teilnahme an der gegenständlichen Verhandlung keinen Vermögensnachteil erlitten hat.
Da es im vorliegenden Fall bereits an einem Vermögensnachteil (§ 3 Abs 1 Z 2 GebAG) mangelt, waren die Voraussetzungen, dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß §§ 17, 18 GebAG zuzuerkennen, im gegenständlichen Fall nicht gegeben.
3.4. Dem angefochtenen Bescheid haftet vor diesem Hintergrund eine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG an, sodass der Beschwerde stattzugeben und der Spruch des Bescheides gesetzeskonform abzuändern ist.
Sollte dem Zeugen der Mehrbetrag von ? 203,60, bereits ausbezahlt worden sein, so hätte er diesen zurückzuzahlen. Hierzu wäre er von der Behörde unter Setzung einer Frist von 14 Tagen aufzufordern; bei nicht rechtzeitiger Zurückzahlung ist der Betrag vom Zeugen nach den für die Einbringung der gerichtlichen Gebühren und Kosten geltenden Vorschriften einzubringen (§ 23 Abs 3 GebAG).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH und die klare Rechtslage (§ 3 Abs 1 Z 2 GebAG) wird verwiesen.
Schlagworte
Abänderung eines Bescheides Aufenthaltskostenersatz Gebührenbestimmung - Gericht Reisekosten Zeitversäumnis ZeugengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2221549.1.00Im RIS seit
08.09.2020Zuletzt aktualisiert am
08.09.2020