TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/10 L529 2225984-1

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Entscheidungsdatum

10.12.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z2
FPG §53 Abs3 Z4
FPG §55 Abs4

Spruch

L529 2225984-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass Spruchpunkt VI. zu lauten hat:

"Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1, 2 und 4 FPG 2005 wird gegen Sie ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I. Verfahrenshergang

I.1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend auch "BF") ist Armenier und wohnte zuletzt in Deutschland; er wurde am 12.04.2019 auf der Brennerautobahn A13 einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Der BF war Lenker seines eigenen Personenkraftwagens, vier Personen türkischer Staatsangehörigkeit befanden sich als Mitfahrer in seinem PKW. Bei der Kontrolle wurde der Tatbestand der Schlepperei festgestellt und über den BF in der Folge die Untersuchungshaft verhängt. Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 09.07.2019, Zl.: 22 Hv 59/19 d, wurde der BF wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 erster Fall FPG nach § 114 Abs. 4 FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt.

I.2. Mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde (nachfolgend auch "bB") wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Rückkehr nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

I.3. Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde in vollem Umfang erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Der BF ist armenischer Staatsangehöriger, und verfügte zuletzt über einen befristeten Aufenthaltstitel [Aufenthaltserlaubnis, gültig von 07.12.2018 bis 07.12.2019, Nr. YONJ2V0FY] in Deutschland, wo er mit seiner armenischen Ehefrau in der Stadt XXXX wohnte. Der BF war zuletzt in Deutschland ohne Beschäftigung und bezog Arbeitslosengeld.

Zum Zeitpunkt gegenständlicher Entscheidung (10.12.2019) verfügt der BF über keinen aufrechten Aufenthaltstitel in Deutschland.

Die Identität des BF steht fest. Relevante Anknüpfungspunkte des BF in Österreich bestehen nicht.

II.1.2.1. Der BF fuhr am 12.04.2019 mit seinem PKW von Deutschland über Österreich nach Italien (Bozen) wo er 4 türkische Männer aufnahm und anschließend retour nach Deutschland fahren wollte. Auf der Brennerautobahn A 13, an der XXXX , wurde er im Zuge einer polizeilichen Kontrolle angehalten und dabei der Tatbestand der Schlepperei festgestellt. Über den BF wurde im Anschluss die Untersuchungshaft verhängt und er mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 09.07.2019, Zl.: 22 Hv 59/19 d, wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 erster Fall FPG nach § 114 Abs. 4 FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt. Der BF wurde schuldig erkannt, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung [die zur Schleppung von Personen von der Türkei nach Europa schon seit langer Zeit tätig ist] im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Tätern die rechtswidrige Einreise oder Durchreise von Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz gefördert zu haben, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem er 4 türkische Staatsangehörige, die über keine gültigen Reisedokumente verfügten, mit dem von ihm gelenkten Pkw von Bozen/Italien über den Brennerpass nach Österreich transportierte, wobei er diese nach Deutschland verbringen wollte.

Begründend wurde in diesem Urteil ausgeführt, dass bei der Strafzumessung die Unbescholtenheit bzw. der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, sein teilweises Geständnis sowie der Umstand, dass der BF in Ansehung der gesamten Schleppung nur eher in untergeordneter Weise beteiligt gewesen sei, als mildernd und die doppelte Qualifikation (nach Abs. 3 und Abs. 4 [Anm.: des § 114 FPG]) als erschwerend zu werten gewesen seien. Ausgehend davon erachtete das Gericht bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten als schuld- und tatangemessen. Aufgrund generalpräventiver Erwägungen komme bei dem Verbrechen der Schlepperei eine bedingte Strafnachsicht nicht in Betracht, vielmehr sei die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe erforderlich gewesen, um der Begehung solcher Straftaten durch andere entgegenzuwirken.

II.1.2.2. Im Strafregister der Republik Österreich scheinen hinsichtlich des BF folgende Verurteilungen auf:

1) LG f. Strafsachen Innsbruck 022 HV 59/2019d. vom 09.07.2019 RK 01.10.2019

§§ 114 (1), 114 (3) Z 2, 114 (4) 1. Fall FPG

Datum der (letzten) Tat 12.04.2019

Freiheitsstrafe 18 Monate

II.1.2.3. Der BF hat in Österreich keine Verwandten und lebt auch sonst mit keiner ihm nahe stehenden Person zusammen. Er reiste ausschließlich zum Zwecke der Begehung einer Straftat (Schleppung von Personen) in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein. Der BF verfügt über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache und hat in Österreich keinerlei soziale Anknüpfungspunkte.

Der Sachverhalt, insbesondere die Schleppung von Personen, wurde im Zuge des Gerichtsverfahrens festgestellt.

II.1.2.4. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien

In Bezug auf die abschiebungsrelevante Lage in Armenien ist, wie bereits die bB zutreffend feststellte, festzuhalten, dass der BF keinen Asylantrag stellte und im Verfahren keine Bedenken gegen eine Abschiebung nach Armenien vorbrachte. Bei Prüfung der einschlägigen, notorisch bekannten Quellen der Länderinformationen zu Armenien sowie in Ermangelung eines gegenläufigen Vorbringens durch den BF ist davon auszugehen, dass sich eine Effektuierung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach Armenien als zulässig erweist.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in Armenien einer Gefährdung ausgesetzt ist bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Gefahr ausgesetzt wäre.

Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Republik Armenien über keine Existenzgrundlage verfügen würde.

II.2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

II.2.1. Die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen und familiären Anknüpfungspunkten ergeben sich aus seinen insoweit glaubwürdigen Angaben, die er im Laufe des Verfahrens vor Behörden- bzw. Gerichtsorganen machte.

Die festgestellte Identität ergibt sich aus den vorgelegten Dokumenten.

Dass der BF aktuell nicht mehr über einen (deutschen) Aufenthaltstitel verfügt, ergibt sich aus dem Ablauf der Gültigkeit des vorgelegten befristeten Aufenthaltstitels.

II.2.2. Die Feststellungen zu der strafgerichtlichen Verurteilung ergeben sich aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes, insbes. aus dem vorliegenden Urteil des Landesgerichts Innsbruck und der Auskunft aus dem österreichischen Strafregister.

Der BF trat den durch die bB getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Unbedenklichkeit einer Rückkehrentscheidung nach Armenien nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Armeniens auszugehen ist.

Die Ausführungen der bB sind für sich im Rahmen der oa. Ausführungen als tragfähig anzusehen, weshalb sich das ho. Gericht diesen anschließt und - soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts Gegenteiliges ergibt - im zitierten Umfang zu den Ausführungen des gegenständlichen Erkenntnisses erhebt und stellen die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Die konkrete Frage, ob sonstige Gründe gegen eine Rückkehrentscheidung des BF [nach Armenien] sprechen (vgl. AS 107) beantwortete er damit, dass er sei 2006 mit seiner Ehefrau in Deutschland wohne, die deutsche Sprache erlernt habe und sich dort integriert habe. Solche Gründe - die auf in Armenien fußenden Umständen beruhen - wurden vom BF im Zuge des Verfahrens nicht vorgebracht.

II.3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

II.3.1. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.1.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

"§ 10.

(1) ...

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) ..."

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) - (4) ..."

§ 55 AsylG, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. ..."

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Einreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatssicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigen aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG zurück- oder abgewiesen wird.

(4) ....

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehörigen im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung nach Abs. 1 zu erlassen.

...."

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

"§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

"(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

II.3.1.2. Der Beschwerdeführer reiste in das Bundesgebiet der Republik Österreich zum Zwecke der Durchführung einer Schleppung Fremder ein und wurde bei dieser strafbaren Handlung betreten.

Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet vor und fällt der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Im gegenständlichen Fall hält sich der BF seit dem 12.04.2019 - nach der polizeilichen Anhaltung an diesem Tag in Untersuchungshaft, anschließend in Strafhaft - im Bundesgebiet auf. Zudem verfügt er in Österreich über keinerlei familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte; er verfügt - entgegen der Darstellung im Bescheid (vgl. auch die Stellungnahme der bB vom 28.11.2019; AS 373, 374) - aber über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache.

Folgt man Chvosta, welcher, soweit ersichtlich im Schrifttum bisher unwidersprochen ausführte und dem sich auch das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall anschließt, dass bei [Anm.: damals] Ausweisungen von Asylwerbern nach 10 AsylG [Anm. vgl. § 75 Abs. 23 AsylG] ab einer Verfahrensdauer von 6 Monaten jedenfalls ein Eingriff in das Privat- und Familienleben anzunehmen sein wird, der eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach sich zieht (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74), ist mangels weiterer qualifizierter Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Verweildauer im Bundesgebiet im gegenständlichen Fall noch kein relevantes Privatleben begründet. Auch ergaben sich im Ermittlungsverfahren sonst keine Hinweise auf das Vorliegen eines relevanten Familienlebens in Österreich. Weitergehende relevante private Anknüpfungspunkte im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK kamen nicht hervor. Eine Interessensabwägung - im Hinblick auf Österreich - im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK konnte somit mangels Vorliegens relevanter privater bzw. familiärer Anknüpfungspunkte unterbleiben.

Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Soweit die Beschwerde auf § 52 Abs. 6 FPG verweist, ist anzumerken, dass diese Bestimmung gegenständlich nicht anwendbar ist, weil der BF aktuell nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist.

II.3.2. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.)

II.3.2.1. Das BFA hat über den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und 4 FPG 2005 ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der BF durch die entgeltliche Beförderung von nicht zur Einreise berechtigten Personen das Verbrechen der Schlepperei in Bezug auf eine größere Zahl von Personen und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gemäß § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 1. Fall FPG begangen habe und hierfür nach der vorstehenden Norm zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter Anrechnung der Vorhaftdauer verurteilt worden sei. Die Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe sei erfolgt, da auch nach der Ansicht des Strafgerichtes beim Verbrechen der Schlepperei schon aus generalpräventiven Gründen eine unbedingte Freiheitsstrafe erforderlich sei.

Aufgrund seiner über einen längeren Zeitraum hinweg bestehenden Einbindung in eine kriminelle Vereinigung, seiner Mittellosigkeit und Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen (Arbeitslosengeld) erschien es dem Bundesamt als offenkundig, dass auch in Zukunft von seiner Person eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehen werde. Diese Annahme werde auch durch sein im Strafurteil niedergelegtes Verhalten vor Gericht gestützt, wo er zwar letztlich ein Teilgeständnis abgelegt habe, aber tatsächliche und umfassende Reue nicht zu erkennen gewesen sei.

Folglich sei auch ein tatsächlich erfolgter Gesinnungswandel hin zu einer rechtstreuen Person nicht festzustellen gewesen. Ein solcher sei aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, um eine positive Gefährdungsprognose abgeben zu können. Vollständigkeitshalber werde darauf hingewiesen, dass ein solcher allfälliger Gesinnungswandel in erster Linie grundsätzlich daran zu messen sei, ob und wie lange sich der straffällige Fremde - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten habe; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden sei somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich.

Dabei sei der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert habe (siehe aus der letzten Zeit etwa VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0060, Rn. 11, mwN). Von einer solchen nachdrücklichen Manifestierung seiner Gefährlichkeit sei in concreto der Sache nach, angesichts der hier gegebenen qualifizierenden Umstände der von ihm begangenen Schlepperei, auszugehen, sodass die Behörde deren bereits eingetretenen Wegfall nicht anzunehmen habe, zumal er sich im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung auch noch in Strafhaft befinde (siehe hierzu VwGH E vom 26.06.2019, Zl. Ra 2019/21/0118).

Sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet liefe damit nicht nur, wie bereits in Spruchpunkt II. ausgeführt, dem öffentlichen Interesse der Republik auf Aufrechterhaltung eines ordnungs- und gesetzmäßigen Fremdenwesens zuwider, sondern auch der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Folglich bestehe ein öffentliches Interesse an der Hintanhaltung solcher Umtriebe. Die Verhängung eines Einreiseverbotes stelle eine geeignete und angemessene Maßnahme zur nachhaltigen Erreichung dieses Ziels dar.

Aufgrund der beinahe unionsweiten Wirkung des Einreiseverbotes diene dieses daher nicht zuletzt der Aufrechterhaltung der gesamteuropäischen Fremdenrechtsordnung und der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit und dem wirtschaftlichen Wohl eventuell zukünftig von seiner Einreise betroffener Mitgliedsstaaten (siehe hierzu auch Erläuterungen in der RV 1078 XXIV. GP), was in seinem Fall, aufgrund der schon ihrem Wesen nach den Rechtsfrieden grenzüberschreitend störenden Wirkung der Schlepperei, ein vordringliches Ziel darstelle.

Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

II.3.2.2. Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 3 FPG zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1), wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 2), wenn ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundegesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist (Z 4), wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 5).

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stehen Bindungen in einen anderen "Schengen-Staat" der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes durch Österreich grundsätzlich nicht im Wege. Das gilt insbesondere auch aus unionsrechtlichem Blickwinkel, und zwar sogar dann, wenn der Fremde über einen Aufenthaltstitel des anderen "Schengen-Staates" verfügt. Den erwähnten familiären Bindungen ist freilich dadurch Rechnung zu tragen, dass die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes zu beantwortende Frage nach einem zulässigen - Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern dass auch die Situation in dem anderen "Schengen-Staat" in den Blick zu nehmen ist (VwGH 20.12.2018, RA 2018/21/0236).

II.3.2.3. Bezogen auf den konkreten Fall:

Grundsätzlich ist der oben angeführten Argumentation - mit Ausnahme der Behauptung, der bestehenden Einbindung des BF in eine kriminelle Vereinigung über einen längeren Zeitraum hinweg (das ergibt sich aus dem vorliegenden Urteil des Landesgerichtes Innsbruck eben nicht) - zuzustimmen.

Soweit das BFA argumentierte, dass beim BF eine tatsächliche und umfassende Reue nicht zu erkennen gewesen sei, ist auch dem nicht entgegenzutreten, hatte das Strafgericht doch das fehlende Eingeständnis zur subjektiven Tatseite bemängelt und die diesbezügliche Verantwortung des BF als Schutzbehauptung verworfen.

Nicht berücksichtigt wurde vom BFA allerdings, dass der BF an der gesamten Schleppung nur in eher untergeordneter Weise beteiligt war, die Unbescholtenheit des BF und der bisher ordentliche Lebenswandel - diese Umstände waren vom Strafgericht als mildernd gewertet worden. Als erschwerend war die doppelte Qualifikation (nach Abs. 3 und Abs. 4 des §§ 114 FPG) gewertet worden. Vom Strafgericht wurde daher die Strafe mit 18 Monaten am unteren Rand des möglichen Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe ausgemessen. Aus generalpräventiven Gründen wurde es als erforderlich erachtet, die Freiheitsstrafe unbedingt zu verhängen.

Strafbare Handlungen aber, wie die hier vorliegende (Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung) stellen als grenzüberschreitende Kriminalität eine besonders große Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, vor allem auch, wenn sie von Personen begangen werden, die selbst migriert sind. Die Gesellschaft hat ein besonders großes Interesse, solchen Handlungen entgegenzuwirken, um die damit verbundenen schädlichen Auswirkungen für die Gesellschaft - Kontrollverlust über Zuwanderung - einzudämmen.

Gegenwärtig kommt noch hinzu, dass der BF sein Aufenthaltsrecht in Deutschland - unter Inanspruchnahme staatlicher Sozialleistungen (Arbeitslosengeld) missbrauchte, um von dort (von seinem Wohnsitz in XXXX /Deutschland) wegzufahren und in der Folge Personen von Italien nach Österreich zu schleppen, wobei die Absicht bestand, die Personen weiter nach Deutschland zu schleppen.

Vor diesem Hintergrund reduzierte sich das Gewicht des Interesses des BF an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens in Deutschland erheblich und ist demgegenüber das öffentliche Interesse Österreichs (und auch Deutschlands) an einem geordneten Fremdenwesen und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung höher, als die privaten Interessen des BF an der Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens anzusetzen. Ein Eingriff in das bestehende Privat- und Familienleben des BF (in Deutschland) ist folglich hinzunehmen.

Außerdem verfügt der BF aktuell über keinen aufrechten Aufenthaltstitel in Deutschland.

Der BF wurde hier straffällig und ist der bisherigen Zeit in Haft im Rahmen einer Zukunftsprognose kein Gewicht beizumessen; die Zeiten der Haft haben bei der Beurteilung des Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben [VwGH 26.11.2009, 2009/18/0460], weshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine günstige Verhaltensprognose gestellt werden kann. Berücksichtigt man die persönliche Situation des BF - der BF bezieht aktuell in Deutschland Arbeitslosenunterstützung und wurde in diesem Jahr wegen Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung verurteilt, zudem ist ein tatsächlich erfolgter Gesinnungswandel hin zu einer rechtstreuen Person nicht festzustellen - so ist beim BF keinesfalls nur die entfernte Möglichkeit neuer Störungen, sondern die Gefahr eines Rückfalles in kriminelle Handlungen beim BF jedenfalls gegeben.

Im gegenständlichen Fall ist mit dem BFA im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Haftstrafe von 18 Monaten jedenfalls festzustellen, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt ist; zudem sind auch die Ziffern 2 und 4 des § 53 Abs. 3 einschlägig, weil der BF am Tag der Einreise eine Vorsatztat beging und wegen dieser - einer gerichtlich strafbaren Handlung nach dem FPG - rechtskräftig verurteilt wurde.

Im Wege der Einzelfallprüfung ist in deren Rahmen eine Prognose über die Möglichkeit der schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Verbleib des Beschwerdeführers zu treffen. Bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes ist nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs 2 Rückführungs-RL). Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Verhalten als solches zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 9 FPG ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit indiziert. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers.

Die fremdenpolizeilichen Beurteilungen sind unabhängig von den das Strafgericht für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs leitenden Erwägungen zu treffen (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6. Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119). Die Zielrichtung der hier relevanten Normen sind der Schutz der Gesellschaft (bundesweit und unionsweit) und damit die Hintanhaltung einer Gefährdung der öffentliche Ordnung und Sicherheit durch künftige Straftaten eines Fremden.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der österreichischen Rechtsvorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu.

Der belangten Behörde kann nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere des Verstoßes gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

II.3.2.4. Soweit die Beschwerde auf die Nichtberücksichtigung des deutschen Aufenthaltstitels und das dort bestehende Familienleben hinweist, ist dem einmal entgegenzuhalten, dass der BF aktuell über einen solchen Aufenthaltstitel nicht verfügt und das vom BF angegebene Familienleben gemäß vorstehender Ausführungen berücksichtigt wurde.

Die vormalige Familie des BF wohnt in Armenien, der BF hat dort einen erwachsenen Sohn. Der BF ist im Besitz eines armenischen Reisepasses mit Gültigkeit bis 01.01.2020 (AS 149).

Unter Abwägung der vorstehenden Argumente - bei Berücksichtigung der Umstände, die vom BFA unerwähnt blieben - war daher das von der bB verhängte zehnjährige Einreiseverbot auf eine Dauer von 7 Jahren angemessen zu reduzieren, wobei hier wesentlich das Familienleben des BF in Deutschland und die konkrete Tathandlung (die Beteiligung des BF an der gesamten Schleppung in untergeordneter Weise) aus dem Gerichtsurteil zum Tragen kamen.

Abschließend ist anzufügen, dass es einem anderen "Schengen Staat" (hier: Deutschland) unbenommen bleibt, einem Fremden trotz eines bestehenden Einreiseverbotes einen Aufenthaltstitel zu verleihen.

II.3.3. Ausführungen zu Spruchpunkt IV. erweisen sich als obsolet, weil die gegenständliche Entscheidung ohnehin binnen Wochenfrist ergeht.

II.3.4. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

----------

1.-der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.-die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint

oder

- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ließen die Akten erkennen, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts allgemein folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

- Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

- Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.

- In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.

- Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Die Beschwerdeausführungen erwiesen sich - wie angeführt - als unsubstantiiert.

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH abgeht.

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr, kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Gefährdungsprognose Herabsetzung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben in einem anderen Mitgliedstaat Rückkehrentscheidung Rückkehrentscheidung rechtmäßig Schlepperei sicherer Herkunftsstaat sicheres Herkunftsland Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung vorsätzliche Begehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L529.2225984.1.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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