TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/12 I411 2216966-1

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Veröffentlicht am 12.12.2019
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Entscheidungsdatum

12.12.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18
GebAG §3
GebAG §6

Spruch

I411 2216966-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck vom 26.02.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gem. § 28 Abs 2 VwGVG mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Reisekosten des XXXX mit EUR 328,32 bestimmt werden und die Auszahlungsanordnung des Bescheides somit zu lauten hat:

"Die Buchhaltungsagentur des Bundes wird angewiesen, den Betrag von EUR 451,00 auf das Konto des Zeugen XXXX, zu überweisen."

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. In der vor dem Landesgericht (in Folge auch LG) Innsbruck geführten Rechtssache XXXX wurde XXXX mit Ladung vom 14.11.2018 zur Vernehmung als Zeuge in der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2019 mit Beginn um 11:30 geladen. Am 14.02.2019 fand zu ebendieser Rechtssache ein Ortsaugenschein statt.

2. Der Zeuge hat der Ladung sowohl zur Tagsatzung als auch zum Ortsaugenschein ordnungsgemäß Folge geleistet.

3. Nach telefonischer Aufforderung am 15.02.2019 erbrachte der Zeuge per Mail vom 23.02.2019 durch Übermittlung sämtlicher Unterlagen den Nachweis seiner getätigten Aufwendungen aufgrund der Teilnahme an der Tagsatzung und am Ortsaugenschein und machte er fristgerecht seinen Gebührenanspruch geltend. Insgesamt machte er Gebühren in Höhe von EUR 1325,12 geltend.

4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 26.02.2019, XXXX, wurden die Gebühren des Zeugen Matthias LIEBIG, für die Teilnahme an der mündlichen Streitverhandlung am 13.02.2019 gem. den für Zeugen geltenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) mit EUR 123,00 bestimmt und wurde das Mehrbegehren in Höhe von EUR 1.202,12 abgewiesen. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass dem Zeugen für die Anreise keine Gebühren zu ersetzen seien, da dieser mit der Klägerin, seiner Gattin, anreisen habe können. Weiters habe dem Zeugen keine Entschädigung für Verdienstentgang zuerkannt werden können, da er gem. § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als Dienstnehmer seinen Anspruch auf die volle Arbeitsvergütung, wenn er durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist, behalte, wobei auch eine Ladung zu einer Behörde in Betracht komme. Von Arbeitgebern trotz Entgeltfortzahlungspflicht ausgestellte Verdienstentgangsbestätigungen dürfen nicht berücksichtigt werden, vielmehr sei der Zeuge auf seinen privatrechtlichen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber zu verweisen. Es könne daher dem Zeugen keine Verdienstentgangsentschädigung gem. den Bestimmungen des GebAG zuerkannt werden. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Reisekosten für die Benützung des Privat-PKW in der Höhe von EUR 304,92, Autobahnmaut in der Höhe von EUR 23,40, Aufenthaltskosten (den Höchstbetrag übersteigende Verpflegungskosten) in der Höhe von EUR 54,30, Entschädigung für Zeitversäumnis in der Höhe von EUR 819,50, sohin insgesamt EUR 1.202,12, werde mangels Deckung im Gebührenanspruchsgesetz abgewiesen.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Zeuge XXXX, in weiterer Folge auch als Beschwerdeführer (BF) bezeichnet, am 09.03.2019, beim LG Innsbruck eingelangt am 14.03.2019, fristgerecht Beschwerde. Konkret erhob er Beschwerde gegen den Punkt 1 des Bescheides, nämlich die Reisekosten und führte hierzu aus, dass seine Frau (welche Klägerin in der vor dem LG Innsbruck geführten Zivilrechtssache zu XXXX ist) seit Januar 2019 in der Schweiz arbeite und von ihrem Arbeitsort aus zur Verhandlung an das LG Innsbruck angereist sei; mithin habe es die vom Gericht angenommene Mitfahrgelegenheit nicht gegeben und bitte der BF nun um Erstattung der von ihm angegebenen Fahrtkosten. Hierzu legte der BF ein Schreiben der Arbeitsstätte seiner Frau vom 11.02.2019 über die Bestätigung deren Verdienstausfalles bei.

Außerdem erhob der BF Beschwerde gegen Punkt 2 des Bescheides, nämlich die Entschädigung für Zeitversäumnis und machte hierzu geltend, dass er bereits eine Bestätigung seiner Firma vorgelegt habe, in welcher seine Firma bestätige, dass sie seine Ausfallkosten nicht trage; mit gegenständlicher Beschwerde legte der BF ein neuerliches Schreiben seines Arbeitgebers vom 06.03.2019 vor, in welchem erneut bestätigt wird, dass die ausgefallene Arbeitszeit des BF vom Arbeitgeber nicht vergütet werde.

6. Mit Schriftsatz vom 26.03.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 08.04.2019, legte der Präsident des Landesgerichtes Innsbruck die Beschwerde samt dem Bezug habenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben und ergänzend festgestellt:

Der Zeuge XXXX ist in Deutschland wohnhaft. Er wurde am 13.02.2019 vor dem Landesgericht Innsbruck in der Rechtssache zu XXXX als Zeuge einvernommen und nahm er in weiterer Folge an dem am 14.02.2019 durchgeführten Lokalaugenschein teil.

Wie aus dem im Akt befindlichen Aktenvermerk vom 15.02.2019 ersichtlich, wurde der BF telefonisch aufgefordert, entsprechende Unterlagen zur Geltendmachung seines Gebührenanspruches vorzulegen und kam er dieser Aufforderung mit E-Mail vom 23.02.2019 nach.

Vom zuständigen LG Innsbruck wurden die Gebühren des Zeugen mit Bescheid vom 26.02.2019 mit EUR 123,00 bestimmt und das Mehrbegehren in Höhe von EUR 1.202,12 abgewiesen.

Die Frau des BF, welche im maßgeblichen Zivilverfahren als Klägerin auftrat, arbeitet in der Schweiz, in XXXX. Ihren Wohnsitz hat sie in Deutschland - an der gleichen Adresse wie der BF - gemeldet.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und stehen unstrittig fest.

Insbesondere die Feststellungen zum Wohnsitz des BF und seiner Frau ergeben sich aus dem gegenständlichen Bescheid sowie aus dem Verhandlungsprotokoll des LG Innsbruck vom 13.02.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu I. Stattgebung der Beschwerde gegen 1. Reisekosten:

Die für den gegenständlichen Fall maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG), BGBl. Nr. 136/1975, lauten:

"Umfang der Gebühr

§ 3. (1): "Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

(2) ...

Reisekosten

§ 6. (1) Der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) umfaßt die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muß.

(2) Tritt in der Verhandlung eines Gerichtes eine längere Pause ein, so sind dem Zeugen, der sich in dieser Zeit mit Erlaubnis des Gerichtes (des Vorsitzenden), vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, in seine Wohnung oder an seine Arbeitsstätte begibt, die Kosten der Heimreise und der neuerlichen Reise an den Ort der Vernehmung zu vergüten, soweit sie die Gebühr nicht übersteigen, die dem Zeugen bei seinem Verbleib am Ort der Vernehmung zustände.

(3) Dem Zeugen, der aus dem Ausland geladen wird, sind auch die unvermeidlichen Nebenkosten, z. B. für die Beschaffung von Reisepapieren, zu ersetzen."

Wenn es im gegenständlich angefochtene Bescheid heißt, dass dem BF keine Reisekosten zu ersetzen seien, da dieser mit seiner Frau im PKW angereist sei, so ist dem folgendes entgegenzuhalten:

Aus den vom BF vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass seine Frau zwar dieselbe Wohnadresse in Deutschland hat wie der BF selbst auch, jedoch steht aufgrund des Schreibens vom 11.02.2019 fest, dass ihr Arbeitsort in der Schweiz liegt. Weiters ist aus dem Schreiben ersichtlich, dass seiner Frau vom 13. bis 14.02.2019 von ihrem Arbeitgeber unbezahlten Urlaub eingetragen wurde und ist daraus zu schließen, dass sie von ihrer Arbeitsstätte in der Schweiz nach Innsbruck angereist ist. Dies aus folgender Überlegung: Der 13.02.2019 war ein Mittwoch und hat die Frau des BF am 12.02.2019, also an einem Dienstag, noch gearbeitet; hieraus ergibt sich die schlüssige Überlegung, dass sie direkt aus der Schweiz nach Österreich und nicht davor noch an ihren Wohnsitz in Deutschland gereist ist. Daraus folgt, dass der BF mit seinem eigenen PKW von Deutschland aus nach Innsbruck angereist ist, weshalb ihm die hierfür angefallenen Kosten in Höhe von EUR 328,32 (hierin enthalten EUR 304,92 für die Benützung des PKW und EUR 23,40 für die Autobahnmaut).

Zu II. Abweisung der Beschwerde gegen 3. Entschädigung für Zeitversäumnis:

Die hierfür maßgeblichen Gesetzesbestimmungen des GebAG lauten:

"Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 14,20 ? für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen."

Da der BF Deutscher Staatsangehöriger ist und auch seinen Wohnsitz und Arbeitsplatz in der Bundesrepublik Deutschland hat, ist auch noch die Bestimmung des § 616 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches maßgebend:

"§ 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

Vorübergehende Verhinderung

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt."

Zwar hat der Arbeitgeber des BF mit Schreiben vom 06.03.2019 mitgeteilt, dass dem BF aufgrund seiner Zeugeneigenschaft am 13. und 14.02.2019 Bruttobezüge für zwei volle Arbeitstage entgehen und diese vom Arbeitgeber nicht vergütet werden. Aus § 616 BGB geht jedoch hervor, dass der BF als Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht verliert, wenn er an der Dienstleistung durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Da er als Zeuge vor Gericht geladen wurde, ist er durch einen in seiner Person liegenden Grund, jedoch ohne sein Verschulden an seiner Dienstausübung verhindert gewesen und verliert er daher seinen Entgeltanspruch nicht.

Die belangte Behörde hat daher richtig ausgeführt, dass von Arbeitgebern trotz Entgeltfortzahlungspflicht ausgestellte Verdienstentgangsbestätigungen nicht berücksichtigt werden dürfen und der Zeuge vielmehr auf seinen privatrechtlichen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber zu verweisen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 1 und 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vlg. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt und wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt. Zu einer Lösung von Rechtsfragen ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Entgeltfortzahlungsanspruch Reisekosten Teilstattgebung Wohnsitz Zeitversäumnis Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I411.2216966.1.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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