Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des mj. M, dieser vertreten durch die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Obernberg/Inn zum Sachwalter bestellte Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, vertreten durch Dr. Susanne Steiner, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Stelzhamerstraße 5a, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. September 1993, Zl. SH-1300000/1-1993/Dr. Ro, betreffend Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem Oberösterreichischen Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen (als "Berufung" bezeichneten) Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gemäß § 8 des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 66/1973 in der Fassung LGBl. Nr. 2/1984 (O.ö. SHG), abgewiesen. Nach der Begründung habe die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis mit Bescheid vom 12. März 1993 den Antrag der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 4. Februar und 1. März 1993 auf Gewährung einer laufenden Sozialhilfeleistung für den minderjährigen Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung der örtlichen Unzuständigkeit zurückgewiesen. Der im Jahre 1980 geborene Beschwerdeführer sei rumänischer Staatsbürger. Am 27. Dezember 1992 sei er illegal mit einem deutschen Staatsangehörigen bei Nickelsdorf in Österreich eingereist. Bei der Weiterreise nach Deutschland sei er am 29. Dezember 1992 an der Grenzkontrollstelle Walserberg, Bezirk Salzburg-Umgebung, aufgegriffen und dem Jugendamt Salzburg-Umgebung übergeben worden. Nach einem ersten Aufenthalt in Salzburg (Landessäuglingsheim Salzburg-Stadt) sei er am 19. Jänner 1993 in das Landeskinderheim Schloß Neuhaus, politischer Bezirk Ried/Innkreis, bei gleichzeitiger Abgabe einer Kostenübernahmserklärung durch das Land Salzburg von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung überstellt worden. Der Minderjährige besitze seit seiner Einreise nach Österreich weder Einkommen noch Vermögen. Für seinen Aufenthalt seien die Kosten vom Sozialhilfeträger - Stadtjugendamt Salzburg übernommen worden. Dieser Sachverhalt ergebe sich zweifelsfrei aus den von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zur Verfügung gestellten Unterlagen.
Die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung habe dagegen Berufung erhoben, in der im wesentlichen darauf hingewiesen worden sei, daß der bereits erwähnte deutsche Staatsbürger schon am 28. Dezember 1992 versucht habe, den Beschwerdeführer bei der Grenzkontrollstelle Suben nach Deutschland zu bringen. Der Beschwerdeführer sei dort jedoch angehalten und ohne weitere Formalitäten seinem Schicksal überlassen worden. Nach Auffassung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung sei daher bereits zu diesem Zeitpunkt die Hilfsbedürftigkeit des minderjährigen Beschwerdeführers eingetreten, weshalb es Aufgabe der zuständigen oberösterreichischen Behörden gewesen wäre, entsprechend Hilfe zu leisten. Hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit sei in der Berufung ferner auf Art. 3 der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe verwiesen worden, der auch das Land Salzburg beigetreten sei (LGBl. Nr. 95/1975).
Auf dieses Vorbringen sei nach Auffassung der belangten Behörde zu erwidern, daß bei Anrufung einer oberösterreichischen Sozialhilfebehörde auf Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes das Oberösterreichische Sozialhilfegesetz anzuwenden sei. Sollte das Vorbringen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung dahin zu verstehen sein, daß ein Antrag gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung gestellt worden sei, so sei darauf zu verweisen, daß ein Hilfesuchender nach Art. 7 der Ländervereinbarung nicht antragslegitimiert sei. Die in der Berufung angeführte Darstellung, es wäre bereits beim Grenzübertrittsversuch in Suben Hilfsbedürftigkeit gegeben gewesen, stelle reine Spekulation dar und sei als solche nicht weiter zu behandeln. Da sich der vorliegende Sachverhalt aus den von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung zur Verfügung gestellten Unterlagen ergebe, sei eine Aufforderung zur Stellungnahme zur Wahrung des Parteiengehörs entbehrlich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat dazu eine Stellungnahme erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß die Bezirkshauptmannschaft Ried den Antrag des Beschwerdeführers auf Übernahme der Unterbringungskosten im Landeskinderheim mangels Zuständigkeit zurückgewiesen hat.
Der dagegen erhobenen Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und den Antrag im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß die Kosten der Unterbringung durch eine entsprechende Kostenübernahmserklärung des Sozialhilfeträgers Stadtjugendamt Salzburg übernommen worden seien (Hinweis auf ONr. 11 des Verwaltungsaktes).
Hat die Unterinstanz einen Antrag zurückgewiesen, so darf die Berufungsbehörde nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, nicht aber über den zurückgewiesenen Antrag entscheiden. Der Berufungsbehörde ist es verwehrt, den unterinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern (vgl. dazu etwa die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 zu § 66 Abs. 4 AVG wiedergegebene Rechtsprechung, S 566).
Die belangte Behörde belastete daher ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser - ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Stempelgebührenersatz war nur für zwei Beschwerdeausfertigungen und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zuzusprechen.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1993080255.X00Im RIS seit
20.11.2000