TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/20 W136 2224801-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.2019
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Entscheidungsdatum

20.12.2019

Norm

BDG 1979 §123 Abs2
BDG 1979 §43
BDG 1979 §94 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
SchUG §17

Spruch

W136 2224801-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin RIEDL, Franz Josefs Kai 5, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission bei der Bildungsdirektion für Wien, Senat für Lehrer/innen an AHS, vom 10.09.2019, GZ DZ 1/2019, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich und versieht Dienst als Lehrerin am BG/BRG XXXX .

2. Mit Bescheid vom 26.03.2019 verfügte die Bildungsdirektion für Wien die vorläufige Suspendierung der BF gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979.

3. Mit Bescheid der Disziplinarkommission bei der Bildungsdirektion für Wien vom 21.06.2019 wurde die BF gemäß §°112 Abs. 1 und 3 BDG 1979 vom Dienst suspendiert.

Die dagegen erhobene Beschwerde der BF wurde mit am 26.09.2019 mündlich verkündetem und am 29.11.2019 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, GZ W136 2222202-1/9E, abgewiesen.

4. Mit dem im Spruch genannten Beschluss leitete die belangte Behörde gemäß § 123 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren gegen die BF wegen des Verdachtes, sie habe ihre Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2 und 43a in Verbindung mit § 211 BDG 1979 sowie § 17 des Schulunterrichtsgesetzes und § 2 des Schulorganisationsgesetzes verstoßen. Der Spruch dieses Beschlusses lautet auszugsweise (wörtlich, Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsgericht:)

"Gegen Sie bestehen die nachfolgenden Vorwürfe, Sie haben in Ihrer Tätigkeit als Professorin am Bundesgymnasium

1. in den Schuljahren 2016/17 bis 2018/19 in Ausübung des Lehrberufes durch das Herbeiführen von Druck- und Angstsituationen bei Ihren Schülerinnen und Schülern wie etwa mittels einschüchternder Verhaltensweisen, das Unterbinden von Rückfragen bei Nichtverstehen des Lehrstoffes sowie durch Äußerungen wie beispielsweise "die AHS und die Matura ist nicht für jeden gedacht", "Mathematik muss geschafft werden", eine angsterfüllte Atmosphäre, Angstzustände und sonstige Beeinträchtigungen (insb. Schlafstörungen, Appetitmangel, Übergeben vor der Schularbeit) ausgelöst und somit einen dem Bildungsauftrag nicht entsprechenden Unterrichtsstil angewendet,

2. sich in den Schuljahren 2016/17 bis 2018/19 gegenüber den von Ihnen zu unterrichtenden Schülerinnen und Schülern durch während des Unterrichts getätigte herabwürdigende, beleidigende und nicht wertschätzende Äußerungen und Verhaltensweisen, nämlich

-nachdem ein Schüler Sie mit "Servus" angesprochen hatte, brüllten Sie ihn an und stellten klar, dass "Servus" Sklave bedeute, und Sie forderten diesen Schüler auf sich verkehrt in eine Ecke zu stellen,

- herabwürdigende Äußerungen wie "Ihr seid dumm und kindisch", "Ihr seid wie Bauern" (mit dem Hintergrund, dass Bauern nicht so gebildet seien), "Du wirst in deinem Leben keinen Erfolg haben.", "Also XXXX , sind wir ehrlich, du kannst einfach nichts. Alles was du sagst ist falsch." sowie "Du kannst nichts" (mit einem schadenfroh wirkenden Lächeln),

- auf eine Note bezogene Frage antworteten Sie mit: "Ich möchte mich mit solchen kindischen Fragen nicht auseinandersetzen. Ich bin die Lehrerin, du die Schülerin, du musst das akzeptieren",

- Fragen stempelten Sie als lächerlich ab, worauf Schülerinnen und Schüler Angst hatten, von Ihnen bloßgestellt zu werden,

- Sie erzeugten bei Schülerinnen und Schülern das Gefühl, dass sie für blöd gehalten werden,

- Sie erweckten durch die sinngemäßen Äußerungen "Du passt hier nicht her, was machst du hier, wenn du es eh nicht verstehen willst", "Eine AHS muss eine AHS bleiben und mit diesen Schülerinnen und Schülern geht das nicht", und dass es besser wäre beim XXXX zu arbeiten, den Eindruck, dass Sie die Schülerinnen und Schüler aussortieren wollten,

herabwürdigend, unangemessen und übergriffig verhalten,

3. sich durch die diskriminierende und unpassende Aussage "Dann schafft ihr das auch nicht, so wie die zehn kleinen Negerlein", herabwürdigend und unangemessen verhalten sowie

4. durch Mobbing bzw. durch Schikane die Schülerin N. im Schuljahr 2017/18, Schülerin einer damaligen XXXX Klasse, ab dem Zeitpunkt, in dem Ihnen bewusst wurde, dass sie die Schwester des wegen Ihnen die Schule verlassenden Schülers N war, sowie den Schüler M im Schuljahr 2018/19, Schüler der Klasse XXXX , aufgrund einer von seinem Vater in dessen Eigenschaft als Elternvertreter gegen Sie gerichteten Beschwerde, herabwürdigend behandelt."

Hinsichtlich des Vorwurfes der nicht nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung wurde hingegen das Verfahren gemäß § 118 Abs. 1 Z1 BDG 1979 eingestellt

Begründend wurde dargelegt, dass es seit Jahren wiederholt Beschwerden von Eltern von Schüler/innen bzw. Elternvertretern über den Unterricht und die von der BF erstellten Schularbeiten sowohl bei der Direktion der Schule, dem Stadtschulrat und dem Unterrichtsministerium gegeben habe, wobei die Beschwerden inhaltlich detailliert dargestellt wurden. Aus Anlass einer Beschwerde von Eltern bei der Volksanwaltschaft und einem damit im Zusammenhang stehenden Fernsehauftritt des Bildungsdirektors von Wien seien bei der zuständigen Bildungsdirektion im März 2019 eine Vielzahl schriftlicher Beschwerdeberichte über die BF von sowohl derzeitigen als auch ehemaligen Schüler/innen oder deren Erziehungsberechtigten eingelangt, weshalb die Bildungsdirektion aufgrund der in diesen Berichten angeführten Sachverhalten die vorläufige Suspendierung der BF verfügt habe. Im Auftrag der belangten Behörde habe die Bildungsdirektion in weiterer Folge eine Vielzahl von von der BF unterrichteten Schüler/innen der Schuljahre 2016/17 bis 2018/19, die Direktorin, mehrere Lehrer und Lehrerinnen und einen Unterrichtspraktikanten niederschriftlich einvernommen, aufgrund deren Aussagen, die näher angeführt wurden, sich der Verdacht der angelasteten Pflichtverletzungen ergäbe.

Zwar gäbe es auch Schülerinnen und Lehrpersonen, die sich ausdrücklich positiv über den Unterricht und die Leistungsbeurteilung der BF geäußert hätten, dennoch ergäbe sich die angeführte Verdachtslage aus den Aussagen der befragten Schülerinnen, die, was das Herbeiführen von Druck- und Angstsituationen betreffe, auch durch Aussagen anderer Lehrpersonen gestützt werde.

Hinsichtlich der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens erfüllt seien, wird zusammenfassend im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der Dienstbehörde durchgeführten vorläufigen Erhebungen nach Ansicht des erkennenden Senates auf hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte schließen lassen würden, welche die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 iVm mit § 2 SchOG und § 17 SchuUG rechtfertigen würden. Nach der Judikatur reiche es für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügend Verdachtsgründe vorlägen, die die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen würden. Wenn die BF mit Stellungnahme vom 28.08.2018 neben der bereits erfolgten Befragung von über 30 Personen aus dem beruflichen Umfeld der BF ua. die Einvernahme von weiteren 380 Schülern beantrage, verkenne sie, dass es sich bei der gegenständlichen Einleitung um die Anlastung von Pflichtverletzungen im Verdachtsbereich handle, weswegen die Aufnahme weiterer von der BF beantragten Beweise einer mündlichen Verhandlung vorbehalten bleibe.

3. Mit Schriftsatz vom 09.10.2019 brachte die BF gegen die Einleitung eines Disziplinarverfahrens über ihren rechtlichen Vertreter rechtzeitig eine Beschwerde ein und führte aus, dass entsprechend der ständigen Rechtsprechung das dem Beschuldigten im Einleitungsbescheid vorgeworfene Verhalten so umschrieben werden müsse, dass praktisch unverwechselbar feststeht welches konkrete Verhalten Gegenstand des Disziplinarverfahrens sein soll. Die umschriebene Tat müsste nicht nur durch Ort und Zeit, sondern durch bestimmte Tatumstände so genau gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich sei, welche Handlungen dem Beschuldigten zur Last gelegt würden und was im anschließenden Disziplinarverfahren auf Grundlage des Einleitungsbeschlusses behandelt werden dürfe. Diesen Anforderungen werde der Bescheid jedoch nicht gerecht, weil die von der belangten Behörde erhobenen Vorwürfe nicht hinreichend bestimmt dargelegt, sondern diese nur vage und pauschale Vorwürfe darstellen würden. Bereits durch die Formulierung des Punktes 1. des Spruches des angefochtenen Bescheides - ergebe sich, dass kein entsprechend verdichtetet Verdacht vorläge, der die Einleitung eines Disziplinarverfahrens rechtfertigt. Die pauschalen Behauptungen angeblich einschüchternder Verhaltensweisen über Rückfragen bei Nichtverstehen sowie die wörtlich zitierten Äußerungen könnten bei einer einigermaßen lebensnahen Betrachtung nicht dafür herangezogen werden, dass bereits dies eine angsterfüllte Atmosphäre bzw. Angstzustände und sonstige Beeinträchtigungen nach sich ziehe bzw. auslöse.

Es sei nicht ersichtlich, zu welchen Schülern sie wann die angelasteten Äußerungen "die AHS und die Matura ist nicht für jeden gedacht" und "Mathematik muss geschafft werden" gesagt habe und sei auch nicht ersichtlich, welches konkrete Verhalten sie gesetzt habe, sodass die Schüler den Unterricht angstbesetzt erleben würden. Jene Schüler, die sich angeblich nicht fragen trauen würden, seien nicht ausdrücklich genannt. Es sei weder dem Spruch noch der Begründung des Bescheids zu entnehmen bei welchen konkreten Schülern durch welches von der BF konkret gesetzte Verhalten, eine angsterfüllte Atmosphäre entstanden sei und sei nicht ersichtlich, was konkret unter "einschüchternden Verhaltensweisen" zu verstehen sei und bei welchen konkreten Schülern in welchen konkreten Situationen, die BF wann genau Rückfragen unterbunden hätte.

Gleiches gelte für Spruchpunkt 2, es sei nicht klar zu entnehmen, in welchem Zusammenhang, wann und betreffend welche Schüler die behaupteten Äußerungen gefallen sein sollten, sodass nicht beurteilt werden könne, ob überhaupt ein die Einleitung eines Disziplinarverfahrens rechtfertigender Verdacht vorläge. Insbesondere sei auch nicht ersichtlich, welche konkreten Fragen ich in welchen Klassen, welchen Schuljahren, und bei welchen Schülern die BF als kindisch beurteilt hätte. Zu den Vorwürfen, die BF hätte Schülerinnen und Schüler, die nicht würdig wären, in ein Gymnasium zu gehen, derart entmutigt, dass bei diesen der Eindruck entstand, dass die BF diese hätte "aussortieren" wollen, sei nicht ersichtlich, welche Schüler konkret gemeint wären.

Zu Spruchpunkt 3. sei nicht ersichtlich, wann die BF dies zu welchen Schülern gesagt hätte, gleichwohl sie derartiges niemals gesagt habe.

Zu Spruchpunkt 4. sei nicht ersichtlich, welches konkrete Verhalten unter "diskriminiert und gemobbt" zu verstehen wäre und welcher konkrete Vorwurf mir hier gemacht wird. Es werde zum Vorwurf gemacht, dass die BF sich Kenntnis einer Beschwerde des Vaters eines Schülers sich diesem Schüler gegenüber nicht richtig verhalten hätte. Die BF habe jedoch von Beschwerden des Vaters gegen sie erst Ende März 2019 erfahren, da nach Angaben der Schulleiterin der BF die Namen von Eltern nicht bekannt gegeben wurden.

Unklar sei, inwieweit Handlungen, die außerhalb insbesondere des relativen Verjährungszeitraumes liegen, gesetzt worden sein sollten. Mit dieser Problematik setze sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinander, sodass vorsichtshalber auch Verjährung zu allen Vorwürfen geltend gemacht werde. Denn bereits in einer Petition vom 25.04.2017 an die Dienstbehörde sei die Rede davon, dass Schüler eine Therapie benötigen würden, auch hier habe die Dienstbehörde seit über sechs Monaten Kenntnis, weshalb von Verjährung auszugehen sei. In Zeitungsartikeln, die der Bildungsdirektion jedenfalls bekannt wären ( XXXX ) sei die Rede davon, dass Kinder unter Angstpsychosen leiden würden., sodass jedenfalls bereits Verjährung eingetreten sei. In einem weiteren Zeitungsartikel ( XXXX ), werde ausgeführt, dass ich Kinder mit Worten erniedrigen würde, auch hier sei anzunehmen, dass die Dienstbehörde bereits Kenntnis über die Vorwürfe gehabt habe und daher Verjährung eingetreten sei. In einem weiteren Zeitungsartikel ( XXXX sei angeführt, dass die BF 5-6 Kindern pro Jahr erklären, würde, dass diese nicht für die Schule geeignet wären und diese Kinder so mobben würde, dass diese an Schlafstörungen, Panikattacken und Angstpsychosen leiden würfen. In einem weiteren Zeitungsartikel sei enthalten, dass im Klassenzimmer Sätze wie "Du bist zu dumm dafür", "Du schaffst das eh nicht" fallen würde. Sämtliche Vorwürfe seien in einer Besprechung am 09.09.2017 bei der Dienstbehörde thematisiert worden, daher der Dienstbehörde bereits längstens bekannt und daher verjährt.

Trotz des Verjährungseinwandes in der Stellungnahme vom 28.08.2019 habe die belangte Behörde weitere Zeugeneinvernahmen unterlassen und somit ihre Parteirechte beschnitten und das Verfahren mit einem erheblichen Mangel belastet.

4. Mit Schriftsatz vom 30.10.2019 legte die DKS die Beschwerde samt Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Es besteht der begründeten Verdacht, dass die BF seit dem Schuljahr 2016/17 die von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid dargestellten Verhaltensweisen und Äußerungen gesetzt bzw. getätigt hat.

Dieser Sachverhalt, der den Verdacht von konkreten Dienstpflichtverletzungen durch die BF begründet, ergibt sich unmittelbar aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus den niederschriftlichen Aussagen von Schülern und Lehrern jener Schule, an der die BF unterrichtet. Damit ist der Sachverhalt für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht auch unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden (siehe dazu auch unter Punkt 2. Rechtliche Beurteilung)

Die BF bestreitet sämtliche Anlastungen und gibt an, dass es sich um eine gezielte Hetzkampagne gegen ihre Person handle. Dieses Vorbringen ist angesichts der Vielzahl von übereinstimmenden bzw. ähnlichen Angaben über den Unterricht bzw. das Verhalten der BF gegenüber Schülern nicht geeignet, den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen zu beseitigen.

2. Rechtliche Beurteilung:

Maßgebliche Rechtsnormen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der gegebenen Verdachtslage aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

Im gegenständlichen Fall wurde von der BF die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Ungeachtet dessen wurde vom Bundesverwaltungsgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Gegenstand gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides notwendige Sachverhalt problemlos den Akten zu entnehmen war und einer weiteren Klärung in einer Verhandlung nicht bedurfte. Insbesondere war im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der BF tatsächlich Dienstpflichtverletzungen begangen hat, sondern ob hinreichende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorliegen. Art 6 Abs. 1 EMRK steht im derzeitigen Verfahrensstadium dem Entfall einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen, da nur die Frage der Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu klären war und zivile Rechte im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK mit der gegenständlichen Entscheidung nicht verändert oder gestaltet werden (VwGH vom 16.09.2010 Zl. 2007/09/0141). Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) kommt im gegenständlichen Fall mangels Vorliegens eines unionsrechtlichen Sachverhaltes nicht zur Anwendung (VwGH vom 09.09.2014, Zl. Ra 2014/09/0017, und vom 13.12.2016, Zl. Ra 2016/09/0102)

Im Übrigen konnte sich die erkennende Richterin bereits in einer mündlichen Verhandlung am 29.09.2019 im Beschwerdeverfahren betreffend die aufgrund des gleichen Sachverhaltes verfügte Suspendierung der BF einen persönlichen Eindruck von dieser verschaffen.

Zu A)

1. Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979 i.d.F. BGBl. I Nr. 104/2019 (BDG 1979) maßgeblich:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

[...]

Einleitung

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.

[...]"

Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2019:

§ 17. Unterrichtsarbeit

(1) Der Lehrer hat in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) zu erfüllen. In diesem Sinne und entsprechend dem Lehrplan der betreffenden Schulart hat er unter Berücksichtigung der Entwicklung der Schüler und der äußeren Gegebenheiten den Lehrstoff des Unterrichtsgegenstandes dem Stand der Wissenschaft entsprechend zu vermitteln, eine gemeinsame Bildungswirkung aller Unterrichtsgegenstände anzustreben, den Unterricht anschaulich und gegenwartsbezogen zu gestalten, die Schüler zur Selbsttätigkeit und zur Mitarbeit in der Gemeinschaft anzuleiten, jeden Schüler nach Möglichkeit zu den seinen Anlagen entsprechenden besten Leistungen zu führen, durch geeignete Methoden und durch zweckmäßigen Einsatz von Unterrichtsmitteln den Ertrag des Unterrichtes als Grundlage weiterer Bildung zu sichern und durch entsprechende Übungen zu festigen. [...]

2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Juli 1999, Zl. 97/09/0337, vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0190, sowie vom 15. April 1998, Zl. 97/09/0264, und die jeweils darin angegebene Vorjudikatur), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren (hier: nach § 123 Abs. 1 BDG 1979) zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwieweit er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen. Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wird, nur in groben Umrissen zu umschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten umschrieben werden. Der Spruch eines solchen Bescheides ist nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit der Begründung zu beurteilen, insoweit sich aus dieser der von der Behörde angenommene maßgebende Sachverhalt, der als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung zu dienen hat, ergibt. Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn genügend Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. "Verdacht" ist mehr als eine bloße Vermutung. Es kommt auf die Kenntnis von Tatsachen an, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Vergehen geschlossen werden kann. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen für die Einleitung eines Verfahrens nicht aus.

3. Die Beschwerde macht im Wesentlichen geltend, dass die der BF im Verdachtsbereich angelasteten Pflichtverletzungen einerseits nicht hinreichend bestimmt, sondern nur vage und pauschal dargestellt würden, und andererseits bereits verjährt wären, da die Dienstbehörde bereits seit mehr als sechs Monaten Kenntnis davon hätte. Diesen Einwänden kommt keine Berechtigung zu.

3.1. Dem Beschwerdevorbringen, dass dem Einleitungsbeschluss nicht entnommen werden könne, welchen Schülern gegenüber die BF konkret welche Äußerungen getätigt haben soll, und dass aufgrund der Pauschalität der Anschuldigungen nicht klar sei, welches Verhalten der BF überhaupt angelastete werde, ist nicht zu folgen. Die belangte Behörde hat einen konkreten Tatzeitraum, nämlich ab September 2016, und Umstände, nämlich Unterrichtstätigkeit der BF, angeführt und hat, soweit die Anlastung ein wiederholtes entweder abstrakt (zB "Herbeiführen von Druck- und Angstsituationen, einschüchternde Verhaltensweisen") oder allgemein (zB "herabwürdigende, beleidigende oder nicht wertschätzende Äußerungen") umschriebenes Verhalten des BF beschreibt, verschiedene von der BF (im Verdachtsbereich) getätigte Äußerungen konkret angeführt. Damit ist aber das der BF angelastete Verhalten in groben Umrissen umschrieben, zudem wurden die Namen der befragten Schüler und Schülerinnen und Lehrpersonen sowie deren konkreten Aussagen in der Begründung des bekämpften Bescheides angeführt. So war es der BF, wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, auch durchaus möglich, die Anlastung des Aufbaus von Druck- und Angstsituationen - ungeachtet des Umstandes, dass die BF jegliche Pflichtverletzung in Abrede stellt "schlussfolgernd" jenen Schülern oder Schülerinnen zuzuordnen, die in ihren jeweiligen Befragungen die dargestellten Vorwürfe erhoben haben.

Gerade bei einem über einen längeren Zeitraum fortgesetzten, aus zahlreichen Einzelhandlungen bestehenden Verhalten muss eine zusammenfassende Umschreibung der in einem konkreten Zeitraum zumindest beispielsweise bezeichneten Einzelakte im Einzelfall zur Erfüllung der für einen dem Gesetz entsprechenden Einleitungsbeschluss notwendigen Umgrenzung genügen (VwGH 18.03.1998, 96/09/0145 bzw. zum oö LDG VwGH 16.09.1998, 96/09/0320). Ob die angeführten Verhaltensweisen und Äußerungen, die abstrakt jedenfalls geeignet sind, eine Pflichtverletzung darzustellen, von der BF tatsächlich in der beschriebenen Art gesetzt wurden, wird im weiteren Disziplinarverfahren zu klären sein.

3.2. Zum Verjährungseinwand ist zunächst darauf zu verweisen, dass nach dem Spruch des bekämpften Bescheides das der BF im Verdachtsbereich angelastete Verhalten auf einen Zeitraum bezieht, der innerhalb der Frist des § 94 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 liegt. Insoweit eingewendet wird, dass die angelasteten Vorwürfe aufgrund wiederkehrender Beschwerden über die BF und die damit im Zusammenhang stehende Medienberichterstattung bereits in den Jahren 2017 bzw. 2018 der Bildungsdirektion bekannt waren und diesbezüglich Verjährung nach § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1994 eingetreten wäre, ist auf folgendes zu verweisen:

Zum einen wird der Beginn der Verjährungsfrist iSd § 94 Abs 1 Z 1 BDG 1979 nur durch ein "eindeutiges Wissen um konkrete Umstände, die eine Dienstpflichtverletzung darstellen würden" ausgelöst (vgl. VwGH vom 17.02.2015, Zl. Ra 2014/09/0007). Selbst bei mehrmaligen Beschwerden von Eltern über den Unterricht einer Lehrerin kann jedoch ohne Hinzukommen besonderer Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass damit die Dienstbehörde bereits über Kenntnis im zuvor zitierten Sinne verfügt. Auch der Umstand, dass einzelne Printmedien über die von den Eltern erhobenen Vorwürfe berichten, ist nicht geeignet, die Verjährungsfrist nach § 94 Abs 1 Z 1 BDG 1979 auszulösen, zumal die BF auch in der Vergangenheit, alle Vorwürfe als (Hetz)Kampagne von Eltern leistungsschwacher- oder unwilliger Schüler zurückgewiesen hat.

Zum anderen kann auch im Hinblick darauf, dass bereits seit Jahren Beschwerden die BF betreffend geführt werden, keineswegs mit Sicherheit angenommen werden, dass die im Jahr 2017 und 2018 erhobenen und somit der Bildungsdirektion bekannten Beschwerden genau jene Vorwürfe umfassen, die nunmehr angelastet werden. Tatsächlich bezogen sich etliche die der Bildungsdirektion im März 2019 zugekommenen "Sachverhaltsdarstellungen" durchaus auf Zeiträume, hinsichtlich derer Verfolgungsverjährung nach § 94 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 eingetreten ist, weshalb von der Dienstbehörde auch davon Abstand genommen wurde, sie einer näheren Prüfung zu unterziehen oder sie der belangten Behörde anzuzeigen.

Zusammenfassend ist daher dem Beschwerdevorbringen, wonach bereits Verjährung nach § § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1994 eingetreten wäre, nicht zu folgen.

Nach dem Gesagten, kann eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht erkannt werden, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter A) zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

Schlagworte

Disziplinarverfahren Einleitungsbeschluss Lehrer Pflichtverletzung Verdachtsgründe Verjährungsfrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W136.2224801.1.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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