TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/31 W142 2194550-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

31.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W142 2194553-1/24E

W142 2194536-1/21E

W142 2194556-1/13E

W142 2194558-1/12E

W142 2194550-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2018, Zl. 1098089602-151939758, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.08.2019 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2018, Zl. 1098089700-151939774, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.08.2019 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2018, Zl. 1098089809-151939782, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.08.2019 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

IV. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2018, Zl. 1098089907-151939795, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.08.2019 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

V. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2018, Zl. 1098090004-151939804, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.08.2019 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) sind traditionell verheiratet; sie sind Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers (im Folgenden: BF3), der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF4) und des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers (im Folgenden: BF5). Der BF1 und die BF2 stellten am 06.12.2015 nach illegaler Einreise für sich selbst sowie für die minderjährigen BF3-BF5 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

2. Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der BF1 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari zusammengefasst an, in Parwan geboren zu sein, schiitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Seyed anzugehören. Er habe sieben Jahr die Grundschule in Mazar-e Sharif besucht. Zuletzt habe er im KFZ-Ersatzteilverkauf gearbeitet. Seine Eltern, sein Bruder und seine zwei Schwestern würden in Afghanistan leben. Er habe in XXXX , XXXX gelebt. Seine Familie besitze ein Haus und Grundstücke, die finanzielle Situation der Familie in Afghanistan sei gut. Die Familie bestreite den Lebensunterhalt vom Ersatzteilverkauf und durch den Vater (Warenhandel).

Den Entschluss zur Ausreise hätten sie vor drei Jahren gemacht, sie hätten die Reise von Kabul begonnen und seien auf der Durchreise in Pakistan und vier Tage im Iran aufhältig gewesen.

Zu seinem Fluchtgrund gab er an, als er seine Frau kennengelernt habe, seien seine Eltern und die Eltern seiner Frau gegen die Heirat gewesen. Sie sei Sunnitin und er Schiit. Sie seien von ihren Familien verstoßen worden, seitdem hätten sie ständig ihre Aufenthaltsorte gewechselt. Durch den ständigen Wechsel seien sie aufgrund der derzeitigen Situation in Afghanistan nicht mehr sicher gewesen. Sie hätten öfters versucht über den Iran nach Europa zu flüchten, seien aber immer wieder erwischt und zurückgeschickt worden. Das Leben von ihm und seiner Familie sei ständig in Gefahr gewesen. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Lebe und das Leben seiner Familie. Es gebe dort keine Zukunft mehr.

3. Die BF2 gab im Zuge der Erstbefragung zur ihren Fluchtgründen zusammengefasst an, in Kabul geboren zu sein. Sie sei Sunnitin und gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an. Sie habe keine Ausbildung und sei Analphabetin. Sie sei Hausfrau gewesen. In Afghanistan habe sie noch ihre Eltern, einen Bruder und zwei Schwestern. Die BF2 habe in XXXX , XXXX gelebt. Die Familie besitze ein Haus und Grundstücke, die finanzielle Situation sei gut. Ihr Vater sei Mullah. Den Entschluss zur Ausreise hätten sie vor drei Jahren gemacht, sie hätten die Reise von Kabul begonnen und seien auf der Durchreise in Pakistan und vier Tage im Iran aufhältig gewesen.

Zu ihrem Fluchtgrund gab die BF2 an, als sie ihren Mann kennengelernt habe, seien seine und ihre Eltern gegen die Heirat gewesen. Sie sei Sunnitin, er Schiit. Sie seien von den Familien verstoßen worden und hätten seitdem ständig ihren Aufenthaltsort gewechselt. Durch den ständigen Wechsel seien sie aufgrund der Situation in Afghanistan nicht mehr sicher gewesen. Ihr Vater habe ihr oft gedroht, dass er sie umbringe, falls sie ihren Mann heirate. Sie sei ihr Leben lang von ihrer Stiefmutter, ihrem Vater und von ihrem Mann geschlagen worden. Sie hätten auch öfters versucht, über den Iran nach Europa zu flüchten, seien aber immer wieder erwischt und zurückgeschickt worden. Das Leben von ihr und ihrer Familie sei ständig in Gefahr gewesen. Bei einer Rückkehr habe sie Angst um ihr Leben und das Leben ihrer Familie.

Für die minderjährigen BF3-BF5 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

4. Am 08.03.2018 wurden der BF1 und die BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen.

Der BF1 gab zu seinen persönlichen Verhältnissen ergänzend an, der Volksgruppe der Sadat anzugehören und etwa seit 2009 verheiratet zu sein. Er habe von seiner Geburt bis ca. seinem 3-4 Lebensjahr in der Stadt Kabul gelebt. Danach habe er bis 2009 in der Stadt Mazar-e Sharif gelebt, nach 2009 in mehreren Provinzen wie Kunduz, Mazar-e Sharif, Kabul und Baghlan gelebt. Zuletzt habe er in Kabul gelebt. Seine Eltern und seine Geschwister (ein Bruder und zwei Schwestern) würden in Mazar-e Sharif leben. Von 1997-2004 habe er die Grundschule in Mazar-e Sharif besucht, von 2002 bis 2009 sei er selbständiger Verkäufer in Mazar-e Sharif gewesen. Ab 2009 bis zur Ausreise habe er als Lieferant und Taxifahrer gearbeitet.

Weiters gab der BF1 an, gesund zu sein. In den letzten vier Jahren habe er in vier verschiedenen Provinzen gelebt. Zuletzt habe er in der Stadt Kabul (etwa ein Jahr und zwei Monate), davor in der Stadt Kunduz (6-8 Monate), davor in Mazar-e Sharif (etwa ein Jahr und drei Monate). Während dieser fünf Jahre sei er bereits im Iran gewesen, sie seien aber immer wieder zurück nach Afghanistan geschickt worden. Danach habe er mit seiner Familie in Kabul in einem Miethaus, zusammen mit mehreren Familien gelebt. Er habe von der Tätigkeit als Autoteilhändler gelebt. Die BF2 habe nicht gearbeitet, sie sei als Hausfrau bei den Kindern gewesen.

Zu seinem Leben in Österreich gab er an, nicht erwerbstätig zu sein und von der Grundversorgung zu leben. Er habe Ende 2009 geheiratet, ein Mullah habe die Ehe geschlossen. Seine Gattin sei im zweiten Monat schwanger, aber das Kind lebe nicht mehr. Sie stehe in Behandlung im Krankenhaus.

Zu seinem Tagesablauf in Österreich befragt, gab der BF1 an, dass manchmal er, manchmal seine Frau die Kinder in die Schule und den Kindergarten bringe bzw. abhole. Es gebe keinen Deutschkurs deswegen lerne er zu Hause, dann würden sie gemeinsam essen und wenn es schön sei spazieren gehen. Er helfe seinem Sohn bei den Hausaufgaben und koche auch gerne.

Weiters gab der BF1 an, seit 2009 keinen Kontakt mehr zu seiner Familie zu haben (damals hätten sie in Mazar-e Sharif gelebt), da er gegen ihren Willen geheiratet habe. Sie hätten gesagt, wenn er heirate, brauche er keinen Kontakt mehr zu haben. Da seine Frau Sunnitin und er Schiite sei, seien ihre Familien dagegen gewesen. Er habe noch weitere Angehörige in Afghanistan, er habe aber seit 2009 keinen Kontakt mehr zu diesen gehabt.

Zu seinem Fluchtgrund gab der BF1 wie folgt an:

[...]

A: Ich habe im Jahr 2009 Probleme bekommen. Nachdem ich meine Frau kennengelernt habe, unsere Familien waren gegen unsere Beziehung und gegen unsere Heirat. Der Grund dafür war unsere verschiedener Religionsrichtung, ich bin Schiite und meine Frau ist Sunnitin. Es ging so weit, dass meine Frau von Ihrer Familie mit dem Tode bedroht wurde. Ich habe auch versucht, meine Familie davon zu überzeugen, dass ich diese Frau liebe und heiraten möchte, sie waren aber streng dagegen. Und da die Familien nicht einverstanden waren oder sich nicht überzeugen ließen, mussten wir fliehen. Uns war bewusst, dass wir sehr viele Schwierigkeiten bekommen würden, weil unserer Familien gegen unsere Heirat waren. Wir flüchteten nach Kunduz und haben bei einem Mullah die Ehe geschlossen. Wir haben dort einige Zeit in einem Miethaus gelebt. Solange, bis ich von meinem Geschäftspartner angerufen wurde, dass unsere Familien uns wahrscheinlich in Kunduz aufsuchen werden. Und dann haben wir Kunduz verlassen und sind nach Kabul umgezogen. Wir waren dann etwa 8 Monate in Kabul, dann wollten wir Afghanistan verlassen und im Iran oder wo anders leben. Da wir keine staatliche Unterstützung erwarten konnten, wollten wir in einem anderen Land leben. Im Iran wurden wir erwischt und wieder zurückgeschickt.

F: Was meinen Sie mit staatlicher Unterstützung?

A: Das Recht mir meine Frau aussuchen zu können.

F: Gab es in den etwa 8 Monaten in Kabul vor Ihrer Ausreise in den Iran Kontakt beziehungsweise Probleme mit Ihren Familien?

A: Nein.

F: Wie lange waren Sie dann nach Ihrer Rückkehr aus dem Iran in Afghanistan und wo lebten Sie?

A: Wir sind zuerst nach Kabul für 20 Tage und dann nach Baghlan in die Stadt XXXX .

V: Sie gaben vorher eindeutig zu Protokoll, dass Sie für ein Jahr und etwa 2 Monate in Kabul lebten, bevor Sie erneut ausreisten. Jetzt sagen Sie, dass Sie in Baghlan lebten, vorher gaben Sie an, dass Sie noch vor Kabul, Kunduz und Mazar in Baghlan lebten, also lange Zeit vorher. Hier entsteht ein massiver Widerspruch, was sagen Sie dazu?

A: Ich habe zweimal versucht, Afghanistan zu verlassen, beim ersten Mal wurde ich gleich an der Grenze abgewiesen, wir kamen gar nicht in den Iran, das war drei Jahre vor dem zweiten Versuch dann war ich in Baghlan, nach dem zweiten Versuch, wo wir im Iran erwischt wurden, waren wir dann eben etwa ein Jahr und zwei Monate in Kabul.

F: Gab es in diesem einen Jahr und den zwei Monaten in Kabul Kontakt zu Ihren Familien?

A: Nein.

F: Gab es Probleme durch die beiden Familien?

A: Nein. Sie wussten nicht wo ich wohne. Sie waren auf der Suche nach uns.

F: Wenn Sie keinen Kontakt zu den Familien hatten, woher wissen Sie, dass diese auf der Suche nach Ihnen waren?

A: Ich habe es von einem Freund, der eine Mitschüler meines Bruders war, erfahren. Ich hatte mit ihm Kontakt, aber mein Bruder wusste nicht, dass wir Kontakt haben.

F: Wie heißt der Freund?

A: XXXX .

F: Wie ist der Familienname?

A: Weiß ich nicht.

F: Was hat dieser Ihnen genau erzählt?

A: Die Familie meiner Frau war bei meiner Familie, der Schwiegervater und dessen Brüder wollten Probleme machen. Dann hat mein Vater zu ihm gesagt, dass er ebenfalls nicht einverstanden gewesen wäre mit der Heirat und die Familienältesten haben beschlossen, wenn Sie mich irgendwo finden ist mein Tod erlaubt. Dass mein Vater mich verstoßen hat, hat er auch der Familie meiner Frau gesagt.

F: Sie sagten jedoch vorher, dass der Freund Ihnen mitgeteilt hätte, dass man nach Ihnen suchen würde. Jetzt haben Sie davon nichts gesagt?

A: Das habe ich bereits erwähnt, ich wollte es nicht mehr erwähnen.

V: Sie wurden aufgefordert, genau anzugeben, was Ihnen der Freund gesagt hätte.

A: Ok.

F: Sie flüchten, wie angegeben, mehrere Jahre durch Afghanistan vor den Familien, warum gehen Sie dann Risiko ein und nehmen Kontakt zu einem Klassenkameraden Ihres Bruders auf, Sie hätten damit rechnen müssen, dass dieser Ihren Aufenthaltsort verrät. Das erscheint absolut unlogisch, was sagen Sie dazu?

A: Dieser Freund war auch ein Geschäftspartner, ich kannte ihn sehr lange. Wir haben gemeinsam Ware von der Grenze abgeholt. Ich hatte Vertrauen zu Ihm.

F: Sie gaben an, dass Ihre Frau von ihrer Familie mit dem Tod bedroht worden wäre, wann genau war das?

A: Im Jahr 2009, bevor wir nach Kunduz zur Heirat geflüchtet sind.

F: Sie gaben vorher an, dass ein Geschäftspartner Ihnen mitgeteilt hätte, dass Ihre Familien wahrscheinlich sie in Kunduz aufsuchen werden würden, woher wusste dieser Geschäftspartner das?

A: Er hat es von meinem Bruder erfahren.

F: Wenn Sie sagen, dass der Geschäftspartner sagte, dass ihre beiden Familien sie in Kunduz "aufsuchen" werden, dann klingt das danach als hätten diese Ihren Aufenthaltsort gewusst?

A: Er hat gesagt, dass sie auf der Suche sind und es sein kann, dass sie uns finden würden. Ich habe angenommen, dass sie erfahren haben, wo ich mich aufhalte.

F: Woher hätten diese wissen sollen, dass Sie in Kunduz waren?

A: Die Familie meiner Frau waren auch auf der Suche nach uns.

V: Sie weichen der Frage aus, woher hätten diese wissen sollen, dass Sie in Kunduz sind?

A: Kunduz ist sehr klein, man kann dort jemanden finden.

F: Ich stelle nochmals die Frage, woher hätten ihre Familien überhaupt wissen sollen, dass Sie in Kunduz leben, sie hätten ja auch überall anders sein können?

A: Ich weiß es nicht wie sie mich finden hätten können, aber wenn man auf der Suche nach jemandem ist, anhand eines Fotos oder Namen kann man in jeder Provinz in Afghanistan gefunden werden. Ich hatte Angst, jeden Tag von denen gefunden zu werden und bestraft zu werden.

F: Möchten Sie noch etwas angeben?

A: Nein.

[...]

F: Was würde eintreten, wenn Sie heute in Ihren Herkunftsstaat zurückreisen?

A: Ich habe keine Hoffnung mehr, dass ich in Afghanistan leben kann. Bevor meine Familie und ich in Afghanistan grausam getötet werden, ist es mir lieber hier zu sterben.

F: Gibt es noch etwas, was ich wissen sollte, um einen umfassenden Bezug zu Ihrer Lebensgeschichte oder den Ausreisegründen bzw. Rückkehrbefürchtungen zu erhalten? Etwas was nicht erwähnt wurde?

A: Es wurde alles erwähnt.

F: Wenn Sie die geschilderten Probleme nicht hätten, könnten Sie dann in Ihrem Herkunftsstaat leben?

A: Ja.

[...]

Die BF2 gab in der Einvernahme an, seit ca. 2009 verheiratet zu sein. Sie habe bis zu ihrem 6-7 Lebensjahr in Kabul, danach (bis 2009) habe sie in Mazar-e Sharif gelebt. Nach 2009 hätte sie in mehreren Provinzen (Kunduz, Mazar-e Sharif, Kabul und Baghlan) gelebt. Zuletzt habe sie in Kabul gelebt. Ihr Vater lebe mit der Stiefmutter in Mazar-e Sharif, ihre Mutter sei verstorben als sie etwa 9-10 Jahre alt gewesen sei. In Afghanistan würden auch noch ihr Bruder, ihre Halbbrüder und ihre Schwestern leben.

Zu ihrem Gesundheitszustand gab sie an, dass sie schwanger sei, das Kind aber keinen Herzschlag habe. Sie sei im Krankenhaus gewesen und man habe ihr eine Tablette gegeben, damit das Kind von selbst abgehe.

Befragt, wo sie die letzten Jahre vor ihrer Ausreise gelebt habe, gab sie an, mit ihrer Familie in Stadt Kabul gelebt zu haben. Sie wisse aber nicht, wie lange sie dort gelebt habe, da sie sich mit Zahlen nicht so gut auskenne und Analphabetin sei.

Zu ihrem Leben in Österreich gab die BF2 wie folgt an:

[...]

F: Sind Sie in Österreich arbeitstätig?

A: Nein.

F. Haben Sie sich um einen Arbeitsplatz beworben oder sind Sie als arbeitslos gemeldet?

A: Nein.

F: Wovon leben Sie dann?

A: Von der Grundversorgung, ich weiß es nicht, um das kümmert sich alles mein Mann.

F: Wovon lebten Sie zuletzt in Afghanistan? Sind Sie in Afghanistan einer Arbeit nachgegangen?

A: Ich habe nicht gearbeitet, mein Mann hat für uns gesorgt.

F: Wovon wollen Sie leben, wenn Sie in Österreich weiter bleiben könnten?

A: Ich werde hier arbeiten.

F: Welche Arbeiten könnten Sie denn ausführen? A: Jede Arbeit die ich bekomme.

F: Verfügen Sie über Vermögen?

A: Nein.

F: Haben Sie je eine andere Staatsbürgerschaft, außer jene von Afghanistan inne gehabt?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich irgendwelche enge familiäre oder private Anbindungen?

A: Ja, mein Gatte und meine drei Kinder sind hier mit mir in Österreich. Sonst habe ich hier neimanden.

F: Sind Sie verheiratet?

A: Ja.

F: Wie heißt Ihr Gatte und wann ist dieser geboren?

A: Er heißt XXXX , wann er geboren ist, weiß ich nicht.

F: Können Sie dahingehend einen Beweis, sprich eine Heiratsurkunde, vorlegen?

A: Nein. Wir haben nicht standesamtlich geheiratet.

F: Warum heirateten Sie damals?

A: Weil ich meinen Mann geliebt habe.

F: Haben Sie Kinder?

A: Ja, ich habe drei Kinder.

F: Wie heißen Ihre Kinder?

A: Meine Kinder heißen XXXX .

F: Sind Sie die leibliche Mutter von diesen Kindern?

A: Ja.

F: Sind Sie die gesetzliche Vertreterin der vier minderjährigen oben genannten Kinder?

A: Ja, das stimmt.

F: Waren Ihre Kinder je im Krankenhaus oder sonst in Kranken- oder Spitals- oder sonstiger medizinischer Behandlung, sei es in Österreich oder im Herkunftsstaat bzw. anderswo? Sind diese immer gesund gewesen?

A: Sie sind gesund und auch immer gesund gewesen.

F: Bedürfen Ihre Kinder derzeit einer aktuellen medizinischen Betreuung?

A: Nein, sie sind gesund.

F: Haben Sie oder Ihr Gatte noch andere Kinder?

A: Nein.

F: Wo und wovon leben Ihr Gatte und Ihre Kinder heute?

A: Sie leben alle hier mit mir in Österreich von der Grundversorgung.

F: Leben oder lebten Sie sonst noch je in einer Ehe oder eheähnlichen Beziehung oder dem gleichkommenden Partnerschaft?

A: Nein.

F: Mit welchen Personen verkehren Sie in Österreich? Was machen Sie so den Tag über in Österreich?

A: Ich mache die Kinder fertig für den Kindergarten und die Schule und bringe sie hin, ich führe den Haushalt und koche. Wenn das Wetter gut ist, gehen wir zusammen mit den Nachbarn spazieren. Das sind auch Afghanen und andere Flüchtlingsfamilien. Wenn ich Zeit habe, schaue ich deutsche Sender wegen der Sprache.

F: Absolvieren Sie einen Deutschkurs, können Sie einen dahingehenden Nachweis vorlegen?

A: Nein.

F: Würden Sie sagen, dass Sich an Ihrer Lebensweise etwas geändert hat, seit Sie hier in Österreich sind?

A: Ja, sehr. Ich habe es hier erst erlebt, wie man wirklich lebt.

F: Was genau hat sich für Sie persönlich verändert?

A: In Afghanistan hatte ich keine Sicherheit. Meine Kinder können hier in Ruhe leben und den Kindergarten und die Schule besuchen. In Afghanistan musste ich eine Burka tragen und hatte als Frau keine Rechte.

F: Hat sich sonst noch etwas verändert?

A: Nein.

F: Wen würden Sie als das Oberhaupt in Ihrer Familie bezeichnen?

A: Mich selber (ANMERKUNG: AW lacht bei der Antwort!!!), wir entscheiden hier beide gleichzeitig. In Afghanistan war es anders, aber hier entscheiden wir gemeinsam.

F: Warum war das in Afghanistan anders?

A: Weil es in Afghanistan dieses Gesetz der Männerherrschaft gibt.

F: Welche Aufgaben, welche Rollen kommen Ihrer Meinung nach einem solchen Oberhaupt zu?

A: Ich weiß es nicht.

F: Mit welchen Personen außerhalb Ihrer Familie, sprich Ihrem Mann und Ihren Kindern, hatten Sie sonst stets Kontakt?

A: Mit den Freunden meines Mannes. Mit Nachbarn.

F: Waren Sie je im Krankenhaus oder sonst in Kranken- oder Spitals- oder sonstiger medizinischer Behandlung, sei es in Österreich oder im Herkunftsstaat bzw. anderswo? Sind Sie sonst auch immer gesund gewesen?

A: Ich bin nie in dauernder ärztlicher Behandlung wegen schwerer Erkrankungen gestanden, ich hatte nur eine Blinddarmoperation, sonst bin immer gesund gewesen.

F: Über welche Schul- und Berufsbildung verfügen Sie?

A: Ich besuchte keine Schule, ich bin Analphabetin.

F: Warum haben Sie keinen Beruf erlernt oder die Schule besucht?

A: Mein Vater wollte es nicht, er meinte, ein Mädchen braucht nicht zur Schule gehen.

F: Hat Ihnen das etwas ausgemacht, dass Ihr Vater so dachte?

A: Ich hatte sehr großes Interesse etwas zu lernen, deswegen hat mich das immer traurig gemacht, dass ich Analphabetin bin.

F: Wo genau leben Ihre Eltern in Afghanistan?

A: Ich habe seit etwa 9 Jahren keinen Kontakt, damals haben Sie in Mazar-e-sharif gelebt. Damals bin ich mit meinem Mann geflüchtet und wir haben geheiratet.

F: Lebten Sie seit Ihrer Hochzeit immer mit Ihrem Mann zusammen oder lebten Sie auch woanders?

A: Ja.

F: Haben Sie Geschwister, wenn ja wo und wovon leben diese?

A: Ja, ich habe einen leiblichen Bruder und zwei leibliche Schwestern, sonst habe ich auch noch einen Halbbruder und eine Halbschwester, mein Vater hat nach dem Tod meiner leiblichen Mutter noch einmal geheiratet.

F: Haben Sie noch weitere Angehörige im Herkunftsstaat?

A: Ja, ich habe noch einen Onkel väterlicher Seite, außerdem eine Tante väterlicher Seite. Mütterlicher Seite habe ich auch noch eine Tante.

F: Wo genau leben diese Angehörige?

A: Sie leben in Afghanistan, wo genau weiß ich nicht.

F: Haben Sie regelmäßigen Kontakt zu diesen Angehörigen, sprich Ihren Eltern und Geschwistern in Afghanistan?

A: Nein, seit neun Jahren nicht mehr.

F: Wie geht es Ihrer Familie, sprich Ihren Eltern und Ihren Geschwistern in Afghanistan?

A: Ich weiß es nicht.

F: Wo und mit welchem Reisedokument reisten Sie aus Ihrem Herkunftsstaat aus?

A: Ich weiß es nicht. Reisepass hatte ich keinen.

F: Hatten Sie jemals einen afghanischen Reisepass?

A: Nein.

F: Sie sind bei der Ausreise aus Ihrem Herkunftsstaat kontrolliert worden?

A: Nein, ich reiste illegal aus.

F: Wie viel haben Sie für die Reise bezahlt? Woher hatten Sie das Geld für die Reise?

A: Das weiß ich nicht, was das Geld betrifft, das macht immer alles mein Mann.

[...]

Zu ihren Fluchtgründen befragt, gab die BF2 wie folgt an:

[...]

A: Unser Leben war nicht sicher wegen unserer Familien und außerdem hatte ich Angst um das Leben meiner Kinder, das nicht die Familie meines Mannes und meine Familie unseren Kindern etwas antun können.

F: Warum ihr Leben nicht sicher?

A: Meine Familie und die meines Mannes waren gegen unsere Heirat, ich bin Sunnitin und mein Mann ist Schiite. Mein Vater sagte, dass der der gegen seinen Willen etwas machen würde, müsste mit dem Tode bestraft werden. Er hatte auch Waffen.

F: Warum haben Sie dann trotzdem geheiratet?

A: Aus Liebe, weil ich Ihn geliebt habe. Mein Vater hatte vor, mich an einen drogenabhängigen Mann zu verheiraten, er hat das Leben meiner Schwester ruiniert und ich wollte nicht, dass er auch mein Leben kaputt machen würde. Ich habe nie seine Liebe gespürt und gesehen, nur Hass, Gewalt und Erniedrigung.

F: Wann sind Sie von zuhause weggegangen und wohin?

A: Ich glaube ich war 16 Jahre alt. Es war, als wir geheiratet haben, das Datum weiß ich nicht. Etwa neun Jahre. Wir gingen nach Kunduz. Mein Mann hat dann dort angefangen zu arbeiten und hat Autoteile verkauft. Er hat gerade so viel verdient, dass wir was zu essen hatten.

F: Wie lange waren Sie in Kunduz?

A: Ein Jahr oder sechs Monate, ich weiß es nicht genau.

F: Warum gingen Sie von Kunduz weg?

A: Mein Mann hat aufgrund durch einen Geschäftspartner erfahren, dass wir gesucht werden und wir dort nicht sicher sind.

F: Woher wusste der Geschäftspartner das?

A: Ich weiß es nicht.

F: Wurden Sie in Kunduz je von einer der beiden Familien kontaktiert?

A: Nein.

F: Wurden Sie von Ihrer Familie oder der Ihres Mannes je in Kunduz gefunden?

A: Nein.

F: Wohin gingen Sie nach Kunduz?

A: Ich glaube, wir sind nach Kabul gezogen.

F: Wurden Sie in Kabul bis zu Ihrer Ausreise am Ende des Jahres 2015 von einer der beiden Familien kontaktiert oder gefunden?

A: Nein.

F: Geht es Ihnen noch gut, sehen Sie sich nach wie vor im Stande, die Fragen zu beantworten und die niederschriftliche Einvernahme weiterzuführen?

A: Ja.

F: Möchten Sie noch etwas angeben?

A: Zu den Fluchtgründen möchte ich nichts mehr anführen, aber ich möchte noch sagen, dass ich nicht nach Afghanistan zurückgeschickt werden will, nämlich wegen meiner Kinder, für die wünsche ich mir eine sichere und bessere Zukunft.

F: Gelten für Sie und Ihren Mann somit dieselben Gründe oder gibt es von Ihrer Seite noch eigene oder andere Gründe, welche Sie vorbringen möchten?

A: Nein, ich bin mit meinem Mann hier und das aus denselben Gründen wie er.

F: Sie sind die gesetzliche Vertreterin der oben genannten minderjährigen Kinder. Gelten Ihre Angaben sinngemäß für Ihre Kinder oder haben diese eigene Gründe, die Sie angeben möchten?

A: Nein, meine Kinder haben keine eigenen Gründe. Wir sind gemeinsam ausgereist.

[...]

F: Was würde eintreten, wenn Sie heute in Ihren Herkunftsstaat zurückreisen?

A: Ich will nicht zurück nach Afghanistan.

F: Was glauben Sie, dass passieren würde?

A: Mein Vater würde mich nicht am Leben lassen.

F: Gibt es noch etwas, was ich wissen sollte, um einen umfassenden Bezug zu Ihrer Lebensgeschichte oder den Ausreisegründen bzw. Rückkehrbefürchtungen zu erhalten? Etwas was nicht erwähnt wurde?

A: Es wurde alles erwähnt.

F: Wenn Sie die geschilderten Probleme nicht hätten, könnten Sie dann in Ihrem Herkunftsstaat leben?

A: Ja.

[...]

Im Zuge der Einvernahme legten die BF folgende Unterlagen vor:

- Werkvertrag für den BF1 betreffend Filmaufnahmen;

- Niederschrift einer Bezirkshauptmannschaft betreffend ein abklärendes Elterngespräch von BF1 und BF2 vom 29.06.2016;

- Kursbestätigungen für den Besuch von Deutschkursen (A1.1., Lesen und Schreiben 2, Deutsch als Fremdsprache A1/Modul 2) für den BF1;

- Nachweis Integrationsworkshop für den BF1 und die BF2;

- Kopien der Tazkira von BF3-BF5;

- Mutter-Kind-Pass;

- Befund eines Krankenhauses und Kumulativbefund vom 07.03.2018, wonach bei der BF2 die Diagnosen "Missed Abortus und Ösophagitis Grad II" (Fehlgeburt und Schleimhautentzündung) erstellt wurden;

- Befund eines Krankenhauses (Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde) stationärer Aufenthalt vom 08.06.2017 bis 10.06.2017, wonach beim BF3 die Diagnose "Hernia inguinallis sin." (Leistenbruch) erstellt wurde und er zwecks OP aufgenommen worden sei;

- Fotos der minderjährigen BF im Kindergarten und bei Ausflügen;

- Urkunde für die BF4 betreffend die Teilnahme an Winterspielen;

- Einladung zur Schuleinschreibung für die BF4.

In weiterer Folge brachten die BF folgende Unterlagen in Vorlage:

- Befunde (Kontrolle) der BF2 betreffend die Wiedervorstellung am 09.03.2018, am 12.03.2019 und am 14.03.2019 in einer gynäkologischen Abteilung (Schwangerschaftsabbruch). Zudem wurde eine "beginnende Endometritis" (Gebärmutterschleimhautentzündung) diagnostiziert und die Medikamente Augmentin sowie Seractil notiert.

5. Mit oben genannten Bescheiden vom 17.04.2018 wies das BFA die Anträge der BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Das BFA stellte fest, dass die BF Staatsangehörige von Afghanistan seien, der BF1 und die BF2 verheiratet seien und drei gemeinsame Kinder hätten. Die von ihnen vorgebrachten Fluchtgründe seien nicht glaubhaft. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die BF in Afghanistan einer begründeten Furcht vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen seien oder einer solchen dort gegenwärtig ausgesetzt wären.

Beweiswürdigend führte das BFA zu Spruchpunkt I. aus, dass die Angaben betreffend die Bedrohung durch die Familien vage, allgemein gehalten und widersprüchlich gewesen seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Eltern die BF in der Stadt Kunduz ausfindig machen hätten können. Auch der behauptete Kontakt mit dem ehemaligen Klassenkameraden des Bruders sei nicht plausibel und nicht nachvollziehbar. Zudem habe der BF1 auf Nachfrage auch nur dessen Vornamen nennen können. Die Angaben der BF, wonach diese von beiden Familien verfolgt bzw. bedroht worden seien, seien völlig unglaubwürdig. Die BF hätten in mehreren Städten unentdeckt für lange Zeiträume unbehelligt leben können und seien auch einer Arbeit nachgegangen. Aus den Angaben der BF sei auch deutlich hervorgegangen, dass es seit der Hochzeit keinerlei Kontakt oder persönliche Bedrohung durch eine der beiden Familien gegeben habe und diese auch zu keinem Zeitpunkt - bis zur Ausreise - deren Aufenthaltsort gekannt haben. Selbst unter theoretischer Annahme des Wahrheitsgehaltes des Vorbringens sei ersichtlich, dass es den BF sehr wohl möglich gewesen sei an - den Familien unbekannten Orten - ihr Leben zu führen. Das BFA gehe davon aus, dass die Angaben bloß konstruiert seien. Weiters habe die BF2 in der niederschriftlichen Einvernahme zwar angegeben, dass sie sich selbst als Familienoberhaupt bezeichnen würde, habe bei dieser Antwort aber sogar selbst lachen müssen. Die BF2 führe in Österreich augenscheinlich kein selbstbestimmtes Leben und strebe die Führung eines solchen auch nicht ausreichend erkennbar an. Ihre persönliche Haltung über die grundsätzliche Stellung der Frau stehe offensichtlich nicht im Widerspruch zu den in Afghanistan vorherrschenden gesellschaftlichen Zwängen, denen Frauen dort mehrheitlich unterworfen seien. Aus ihrer Lebenssituation vor der Einreise nach Österreich würden sich keine Hinweise auf eine Sozialisierung, welche den in Afghanistan überwiegend vorherrschenden gesellschaftlichen religiösen Zwängen entgegenstehen würden. Sie habe keine Ausbildung absolviert, im Verband der Familie gelebt, sei nicht erwerbstätig gewesen und sei auf die Versorgung durch ihren Ehemann angewiesen gewesen. Die BF2 verfüge auch über keine relevanten Deutschkenntnisse. Eine selbstbestimmte Lebensweise habe sie insgesamt nicht glaubhaft gemacht. Sie nehme auch in Österreich den kleinstmöglichen Bewegungsradius in ihrem Leben wahr. Die BF2 habe zwar einen Berufswunsch geäußert, ein eigenes Engagement oder eine klare Vorstellung bzw. konkrete Planung zur Umsetzung dieser Vorstellung sei im Verfahren jedoch nicht erkennbar gewesen.

Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass die BF über familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan verfügen würden. Der BF1 sei jung, gesund und arbeitsfähig. Sie würden Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen können und seien in der Lage sich selbst zu versorgen. Die BF könnten im Falle der Rückkehr an jedem beliebigen Ort in Afghanistan, wie etwa Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit (des BF1) sichern, zumal sie auch angegeben hätten in diesen Städten gelebt zu haben. Auch die BF2 sei eine junge, gesunde und arbeitsfähige Frau und sei mit der Unterstützung ihres Ehemannes dazu in der Lage die Familie zu versorgen.

6. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht gleichlautende Beschwerden erhoben, worin anfangs das Fluchtvorbringen der BF wiederholt wurde und im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor höchst volatil sei. Das Vorbringen der BF sei durchaus plausibel und könne der BF1 in jeder Provinz in Afghanistan gefunden werden, zumal er die ganze Zeit einer legalen Arbeit nachgegangen sei und somit gemeldet hätte werden sollen. Zudem sei im afghanischen Kulturkreis der der Vorname eines Menschen wichtiger als der Nachname, zumal der volle Name eines Geschäftspartners sich aus seinem Vornamen sowie dem seines Vaters zusammensetzt ( XXXX ). Die Tatsache, dass der BF den Vornamen des Vaters seines Geschäftspartners kenne, sei ein deutliches Zeichen einer langen Bekanntschaft, sein Vorbringen sei somit glaubwürdig. Der afghanische Staat sei auch nicht in der Lage den BF Schutz vor Verfolgung zu gewähren. Die BF seien auch bemüht in Österreich Wurzeln zu fassen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Den BF sei Asyl, jedenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren.

Mit der Beschwerde wurde eine Teilnahmebestätigung des BF1 für die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs am 13.06.2017 vorgelegt.

7. Mit der Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht brachte die belangte Behörde eine Stellungahme ein, in welcher auf die bestehenden Rückkehrhilfen, die aktuelle Situation in der Stadt Kabul sowie aktuelle Rechtsprechung verwiesen wurde.

8. Am 02.08.2018 wurden Teilnahmebestätigungen für den BF1 und die BF2 (Deutsch als Fremdsprache/Politische Bildung vom 20.07.2018), einen Zeitungsartikel sowie Fotos in Vorlage gebracht.

9. Am 02.08.2019 wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:

- Teilnahmebestätigung Deutsch als Fremdsprache A1/Modul 2, Deutsch als Fremdsprache Modul 1 und Modul 2, Deutsch als Fremdsprache Kurs A1.1 und Deutsch als Fremdsprache (Lesen und Schreiben 2) für den BF1;

- Empfehlungsschreiben für den BF1 betreffend die Mithilfe beim Umbau eines Hauses (via Dienstleistungscheck);

- Auszug aus einem Mutter-Kind-Pass (errechneter Geburtstermin XXXX );

- Schulbesuchsbestätigungen für den BF3 für das Schuljahr 2017/2018 (1. Klasse Volksschule) und 2018/2019 (2. Klasse Volksschule), eine Schulnachricht, eine Semesterinformation sowie ein Bewertungsbogen der Volksschule;

- Fachärztlicher Befundbericht vom 23.04.2019 (Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie), wonach beim BF3 eine "Traumafolgestörung F43.1" diagnostiziert wurde;

- Überweisung betreffend den BF3 (Diagnose/Begründung: V.a. PTSD mit Verhaltensstörung F43.1), erbeten werde "EKG mit Beurteilung QTc bei psychopharmakologischer Einstellung";

- Terminerinnerungen betreffend den BF3 eines Zentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie;

- Rezept des BF3 für das Medikament Trittico 150mg;

- Jahreszeugnis der BF4 (Vorschulstufe) für das Schuljahr 2018/2019 und Schulnachricht des Schuljahres 2018/2019 für die 1. Klasse der Volksschule;

- Empfehlungsschreiben der Unterkunftsgeber sowie von Nachbarn der BF.

10. Am 08.08.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF1, die BF2, ihr Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen.

Die BF2 gab bei ihrer Befragung an, im dritten Monate schwanger zu sein.

Zudem gab die BF2 (in der Verhandlung als BF1 bezeichnet) wie folgt an:

[...]

R: Haben Sie eine Schulausbildung?

BF1: Nein.

R: Machen Sie hier in Österreich eine schulische Ausbildung?

BF1: Am Anfang hatte ich keinen Deutschkurs. Später habe ich einen Deutschkurs besucht, nun bin ich schwanger und es geht mir nicht so gut, deswegen besuche ich derzeit keinen Deutschkurs.

R: Wann haben Sie Deutschkurse besucht?

BF1: Hier, vor vier Monaten.

R: Was meinen Sie mit hier?

BF1: Ich kann mich nicht ganz genau erinnern, aber ich habe auch dort, wo ich vorher war, einen Deutschkurs besucht.

R: Wo haben Sie genau den Deutschkurs besucht?

BF1: In Vorarlberg, in unserem Lager, gab es einen Deutschkurs.

R: Das heißt, Sie haben einen Deutschkurs besucht?

BF1: Ja.

R: Haben Sie eine Bestätigung darüber, dass Sie diesen Deutschkurs besucht haben?

BF1: Ich habe keine Bestätigung bekommen, aber ich habe von hier Bestätigungen bekommen.

R: Sagen Sie mir bitte noch einmal, wann und wo Sie Deutschkurse besucht haben.

BF1: In Vorarlberg hatten wir im Heim einen Deutschkurs, der Chef hat uns unterrichtet. Ich hatte noch einen Deutschkurs in XXXX .

R: Von wem wurde der Deutschkurs in XXXX organisiert?

BF1: Das war eine Frau, die von der Gemeinde Oberhaus gekommen ist.

R: Können Sie auch auf Deutsch antworten, wenn ich Ihnen eine Frage stelle?

BF1: Vielleicht.

R: Wo sind Sie geboren?

BF1 (auf Deutsch): Bin ich geboren in Afghanistan.

R: Wo genau?

BF1 (auf Deutsch): In Kabul.

R: Können Sie mir Ihre genaue Adresse angeben, wo Sie genau gelebt haben in Kabul?

BF1 (auf Deutsch): Ich verstehen, aber ich kann keine genaue Adresse angeben.

R: Wieso können Sie keine genaue Adresse angeben?

BF1: Ich habe die Adresse vergessen. Es war in Kabul. Eine genauere Adresse kann ich nicht sagen.

R: Von wann bis wann haben Sie in Kabul gelebt?

BF1: Vor der Hochzeit oder nach der Hochzeit?

R: Wo haben Sie vor der Hochzeit gelebt und wann?

BF1: Vor der Hochzeit habe ich in Balkh gelebt.

R: Können Sie mir den Namen des Dorfes nennen, wo Sie gelebt haben?

BF1: Ich kann nur sagen, dass ich in Balkh gewohnt habe. Es ist nicht so groß, es gibt mehrere Dörfer dort.

R: In welchem Dorf haben Sie gelebt?

BF1: Provinz Balkh, an mehr erinnere ich mich nicht.

R: Haben Sie jemals in Afghanistan gelebt? Ich habe den Eindruck, dass Sie niemals in Afghanistan waren.

BF1: Doch, meine Eltern und alle waren in Balkh und nach der Hochzeit bin ich von Balkh weggegangen.

R: Wann haben Sie geheiratet?

BF1: Im Jahr 2009.

R: Können Sie ein näheres Datum angeben?

BF1: Nein.

R: Wie alt waren Sie, als Sie geheiratet haben?

BF1: Ich kann mich nicht erinnern.

R: Wieso können Sie sich nicht daran erinnern? Sie müssen doch wissen, wie alt Sie waren, als Sie geheiratet haben?

BF1: Ganz genau kann ich mich nicht erinnern, ich war 16 oder 18 Jahre alt.

R: Wie lautet der Name Ihres Ehemannes?

BF1: XXXX .

R: Mussten Sie ihn heiraten, oder haben Sie ihn sich selbst ausgesucht?

BF1: Ich habe ihn mir selbst ausgesucht.

R: In Afghanistan haben Sie keine Schule besucht?

BF1: Nein.

R: Und wieso nicht?

BF1: In meiner Familie war es so, dass die Frauen keine Titel und keine Schulbildung haben sollten. Sie sollten nur zu Hause arbeiten.

R: Was meinen Sie mit "keine Titel"?

BF1: Mein Vater war sehr streng und sehr unterdrückend und hat immer gesagt, dass Frauen keine Schule besuchen und nicht lernen müssen.

R: Welche Sprachen sprechen Sie?

BF1: Farsi.

R: Wo haben Sie nach der Heirat gelebt?

BF1: Nach der Hochzeit sind wir zuerst nach Kunduz und danach nach Kabul gezogen.

R: Ab wann haben Sie in Kabul gelebt?

BF1: Sechs Monate bis zu einem Jahr waren wir in Kunduz und danach sind wir nach Kabul gegangen.

R: Wann haben Sie Kabul verlassen?

BF1: Damals habe ich überhaupt kein Datum verstanden, ich weiß es nicht.

R: Aber das Jahr werden Sie wohl wissen, wann Sie Kabul verlassen haben, oder?

BF1: Nein, das weiß ich nicht.

R: Wie sind Sie von Kabul nach Österreich gelangt?

BF1: Wir sind von Kabul in den Iran gegangen und von dort ein paar Mal nach Afghanistan zurückgeschickt worden. Ende 2015 gelang es uns, von Kabul in den Iran und danach hierher zu kommen. Das letzte Mal sind wir von Kabul nach Mazar-e Sharif und dann in den Iran gereist und von dort aus hierher.

R: Wie oft sind Sie vom Iran nach Afghanistan zurückgeschickt worden?

BF1: Ca. drei Mal.

R: Wann haben Sie das erste Mal versucht, im Iran zu bleiben? Wann sind Sie das erste Mal in den Iran gereist?

BF1: Verstehe ich nicht. Genaues kann ich nicht sagen.

R: Was meinen Sie mit "verstehe ich nicht"? Verstehen Sie die Dolmetscherin nicht oder wissen Sie nicht, wann Sie das erste Mal in den Iran gereist sind?

BF1: Ganz genau kann ich das Datum nicht nennen. Entweder war es Ende 2014 oder Anfang 2015.

R: Aber das heißt, Sie haben die Frage der Dolmetscherin verstanden?

BF1: Ich verstehe die Dolmetscherin.

R: Wie lange haben Sie sich dann im Iran aufgehalten? Sie haben gesagt, Sie waren Ende 2014 oder Anfang 2015 im Iran.

BF1: Wir haben im Iran nicht gelebt.

R: Aber wie lange waren Sie dort?

BF1: Glauben Sie mir, ich habe in Afghanistan nichts gelernt und die Daten wie Tag, Monat und Jahre weiß ich nicht. Ich will nicht lügen.

R: Aber für diese Angaben brauche ich keine Schulbildung.

BF1: Ich trage keine Schuld. Ich habe keine Ausbildung, habe nichts gelernt, deshalb verstehe ich viele Dinge nicht. Ich leide selber darunter, dass ich keine Bildung habe. Hätte ich die Schule besucht, könnte ich viele Dinge verstehen.

R: Haben Sie Verwandte, die in Kabul leben?

BF1: Nein, in Kabul habe ich niemanden.

R: Wo leben Ihre Eltern?

BF1: Sie sind von Kabul nach Balkh gegangen, näher Auskünfte habe ich nicht.

R: Wann sind Ihre Eltern von Kabul nach Balkh gegangen? War das, nachdem Sie aus Afghanistan ausgereist sind?

BF1: Ich war sehr klein, als meine Mutter verstorben ist. Mein Vater ist nach Balkh gegangen und hat eine andere Frau geheiratet.

R: Wissen Sie, wo Ihr Vater derzeit mit Ihrer Stiefmutter lebt?

BF1: Nein.

R: Wann haben Sie Ihren Vater zuletzt gesehen?

BF1: Das letzte Mal, als wir geflüchtet sind, mit meinem Mann, habe ich ihn gesehen.

R: Wann war dies?

BF1: Das war 2009, als ich mit meinem Mann geflüchtet bin.

R: Wohin sind Sie geflüchtet?

BF1: Nach Kunduz.

R: Wieso sind Sie geflüchtet, um nach Kunduz zu gelangen?

BF1: Es ist so, dass ich Sunnitin bin und mein Mann ist Schiite. Jede Sippe nimmt aus der eigenen Sippe eine Frau oder einen Mann. Die Familien sind nicht miteinander ausgekommen, man konnte sich nicht einigen.

R: Das heißt, Ihre Familie und die Familie Ihres Mannes haben sich nicht verstanden, stimmt das?

BF1: Ja, die wollten nicht, dass wir beide heiraten.

R: Haben Sie Geschwister?

BF1: Ja.

R: Wie viele Geschwister haben Sie?

BF1: Ich habe zwei Schwester und einen Bruder von der gemeinsamen Mutter.

R: Wo leben Ihre beiden Schwestern?

BF1: Sie leben mit meinem Vater.

R: Sind diese verheiratet?

BF1: Ich habe keinen Kontakt zu ihnen, ich weiß es nicht.

R: Wo lebt Ihr Bruder?

BF1: Ich weiß es nicht, vielleicht ist er auch bei meinem Vater. Ich habe keinen Kontakt. Als ich geheiratet habe, sind wir geflüchtet und haben seither keinen Kontakt zu ihnen.

R: Sie haben gesagt, Sie waren auch in Mazar-e Sharif. Wie lange haben Sie sich dort aufgehalten?

BF1: Zum Leben in Mazar-e Sharif?

R: Sie haben gesagt, Sie waren auch in Mazar-e Sharif.

BF1: Wir waren in Mazar-e Sharif, um hierher zu kommen. Wie lange wir dort waren, weiß ich nicht.

R: Wissen Sie es ca.?

BF1: Nein, ich weiß es nicht.

R: Wie sind Sie von Mazar-e Sharif nach Österreich gelangt? Bitte beschreiben Sie mir Ihre Reiseroute.

BF1: Ich verstehe Sie nicht.

R: Sie haben gesagt, Sie sind von Mazar-e Sharif nach Österreich gelangt. Können Sie mir Ihre Reiseroute beschreiben?

BF1: Vom Iran nach Pakistan.

R: Überlegen Sie einmal, ob das stimmen kann.

BF1: Ich bin von Mazar-e Sharif wieder nach Kabul gelangt und dann in den Iran gereist. Durch welche anderen Länder ich nach Österreich gereist bin, weiß ich nicht.

R: Wieso haben Sie Afghanistan verlassen, was war der Grund?

BF1: Es war so, dass unsere beiden Familien nicht mit unserer Hochzeit einverstanden waren. Wir sind geflüchtet. Sie haben uns gesucht und wollten uns umbringen.

R: Sie haben im Jahr 2009 geheiratet und haben erst im Jahr 2015 Ihr Heimatland verlassen. Sie waren also noch ca. 6 Jahre in Ihrem Heimatland aufhältig. Wieso haben Sie dann so spät Ihr Heimatland Afghanistan verlassen?

BF1: Wir haben in Kunduz und Kabul gelebt und auch in Polechombri gelebt.

R: Wo befindet sich Polechombri?

BF1: Das ist in der Nähe von Kabul.

R: Wieso haben Sie in verschiedenen Orten in Afghanistan gelebt?

BF1: Wir sind nach Kunduz geflüchtet und haben dort geheiratet. Meine Familie ist sehr streng und wollte uns umbringen. Die Familie hat herausgefunden, wo wir uns befinden.

R: Was haben Sie dann gemacht, als die Familie das herausgefunden hat?

BF1: Wir sind nach Kabul gegangen.

R: Das heißt, Sie haben dann direkt in der Stadt Kabul gelebt?

BF1: Ja.

R: In welchem Stadtteil bzw. Distrikt von Kabul haben Sie gelebt?

BF1: Ich weiß, dass ich in Kabul war, aber in welchem Distrikt oder Stadtteil weiß ich nicht.

R: Wie lange haben Sie in der Stadt Kabul gelebt, Wochen, Monate oder Jahre?

BF1: Ich habe dort ein Jahr gelebt.

R: Wieso haben Sie dann die Stadt Kabul verlassen?

BF1: Weil meine Familie die Nachricht erhalten hat und uns umbringen wollte.

R: Woher wissen Sie das, dass Ihre Familie die Nachricht erhalten hat?

BF1: Ein Freund von meinem Ehemann, er war mit ihm in derselben Schule, hat uns die Nachricht gegeben.

R: Wie heißt dieser Freund von Ihrem Ehemann?

BF1: Ich weiß den Namen nicht. Es ist nicht mein Ziel, nachzufragen.

R: Sie werden wohl den Namen des Freundes Ihres Ehemannes wissen?

BF1: Eine Frau darf nicht so eine Frage stellen.

R: Aber das bekommt man doch mit, wie der Freund heißt?

BF1: Das ist mein Problem, dass ich nichts mitbekomme.

R: Aber wie sind Sie dann nach Österreich gelangt?

BF1: Ich möchte hier etwas lernen.

R: Ich habe den Eindruck, dass Sie nicht in Afghanistan gelebt haben, sondern im Iran aufgewachsen sind, stimmt das?

BF1: Nein, ich habe überhaupt nicht im Iran gelebt.

R: Was hat Ihr Mann beruflich gemacht in Afghanistan?

BF1: Er kaufte Autos und nahm diese auseinander und verkaufte Einzelteile.

R: War er selbständig oder hat er bei einer Firma gearbeitet?

BF1: Er war selbständig.

R: Solange Sie in Afghanistan mit Ihrem Mann gelebt haben, hat er diese Tätigkeit ausgeübt?

BF1: Ja.

R: Wieso haben Sie in Polechombri gelebt?

BF1: Wie ich schon vorher gesagt habe, als sie herausbekommen haben, wo wir uns befinden, sind wir wo anders hingegangen. Der Freund meines Mannes war kein Freund, sondern ein

Feind, er hat die Nachrichten an die Familie meines Mannes weitergegeben. Das haben wir nicht gewusst, dass er kein richtiger Freund ist und dass er das tut.

R: Wie lange haben Sie in Polechombri gelebt?

BF1: Nicht so lange.

R: Waren es ein paar Wochen oder Monate?

BF1: Vielleicht ein paar Monate.

R: Von Polechombri sind Sie dann wohin gegangen?

BF1: Richtung Ausland.

R: Was meinen Sie mit "Richtung Ausland"?

BF1: Ich meine, Richtung hierher.

R: Aber wohin sind Sie von dort aus genau gegangen?

BF1: Von Polechombri nach Kabul, von dort aus in den Iran und weiter in die Türkei und hierher.

R: Das heißt, Sie waren dann nicht in Mazar-e Sharif?

BF1: Nein.

R: Heißt das, Sie waren niemals in Mazar-e Sharif aufhältig?

BF1: Einige Zeit, aber nicht so lange, waren wir dort aufhältig.

[...]

R: Was würde Ihnen passieren, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF1: Ich will es überhaupt nicht. Wenn wir zurückkehren, werden sie es herausfinden und sie werden uns alle umbringen. Ist es eine Sünde, wenn man jemanden heiratet, den man liebt?

Wenn wir schuldig sind, weil wir uns geliebt und geheiratet haben, aber was können unsere Kinder dafür? Mein ältester Sohn hat Angst, wenn zwei Leute eine laute Auseinandersetzung hat.

R: Jedes Kind hat davor Angst.

BF1: Ja, das stimmt, alle Kinder haben davor Angst, aber mein Sohn ist besonders ängstlich.

R: Wie stellen Sie sich Ihr Leben in Österreich vor?

BF1: Ich werde mein Leben hier anfangen. Erst will ich mein Kind auf die Welt bringen, dann möchte ich einen Deutschkurs machen und will arbeiten gehen. In Afghanistan habe ich ja kein gutes Leben gehabt. Hier möchte ich etwas dazu beitragen, dass es gut wird.

R: Arbeitet Ihr Ehemann hier in Österreich?

BF1: Nein, er hat keine Arbeitserlaubnis.

R: Sie haben gesagt, Sie würden arbeiten wollen. Was möchten Sie arbeiten?

BF1: Ich möchte in eine

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten