TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/31 W124 2143520-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2020
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Entscheidungsdatum

31.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W124 2143520-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX und am XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab er an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und gehöre der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islams an. Er sei am XXXX in der afghanischen Provinz Parwan geboren, wo er von XXXX bis XXXX die Grundschule besucht habe. Zuletzt habe er als Landwirt gearbeitet. Seine Eltern, seine Ehefrau und sein Sohn seien bereits verstorben. Seine Tochter lebe in XXXX , während seine Schwiegertochter und seine Enkelkinder mit ihm gemeinsam nach Österreich geflüchtet seien. Den Entschluss zur Ausreise habe er nach dem Tod seines Sohnes vor rund einem Jahr und zwei Monaten gefasst. Vor einem Jahr sei er mit seiner Schwiegertochter und den Enkelkindern in den Iran verzogen. Den Iran hätten sie vor circa 2 Monaten endgültig verlassen.

Zu seinen Fluchtgründen gab er an, sein Sohn habe als Taxifahrer gearbeitet und sei in einem Gebiet, welches hautpsächlich von Paschtunen bewohnt werde, von den Taliban angehalten und als Spitzel verdächtigt worden. Aus diesem Grund hätten die Taliban seinen Sohn getötet. Da die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht sei und er Angst um das Leben seiner Enkel gehabt habe, seien sie geflohen.

I.3. Am XXXX erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt), im Zuge welcher er seine Personaldaten bestätigte.

Zu seinem Gesundheitszustand gab er an, er habe dank der Caritas ein Hörgerät bekommen. Auf einem Ohr höre er schlecht, das andere Ohr sei taub. Ohne die Brille, welche er in Österreich erhalten habe, würde er auch nichts sehen.

Hinsichtlich seiner Flucht gab er an, er habe sein Grundstück in Afghanistan verkauft, da er nicht mehr mitansehen habe können, dass seine Schwiegertochter und die Enkelkinder ständig geweint hätten. Im Iran hätten sie kein Aufenthaltsrecht gehabt. Der BF habe Waren von einem LKW ausgeladen, sei als Erntehelfer tätig gewesen und habe auf Baustellen geholfen. Er sei täglich beschimpft worden und man habe ihm gezeigt, dass er dort unerwünscht sei. Daher habe er eine Entscheidung treffen müssen, damit seine Enkelkinder eine bessere Zukunft hätten.

Zu den Fluchtgründen führte er an, er habe keine richtigen Probleme gehabt. Der Grund für seine Flucht seien seine Schwiegertochter und die Enkelkinder gewesen. Er habe seine Schwiegertochter nicht nach XXXX bringen können, wo er selbst gelebt habe, da dort die Sicherheitslage sehr schlecht sei und sie gewohnt gewesen sei, in XXXX zu leben. Deswegen habe er sich entschlossen auszureisen. In XXXX habe er in einem großen Haus gelebt, wo auch weitere Angehörige gewohnt hätten. Diese hätten für den BF auch ab und zu gekocht. Im Fall der Rückkehr hätte der BF selbst nichts zu befürchten. Die Nachbarsfrauen hätten ihm gesagt, dass seine Schwiegertochter langsam den Verstand verliere, und sich selber sowie die Kinder schlage. In Österreich sei die Situation besser geworden. Sie habe von einem Arzt Beruhigungstabletten erhalten. Im Herkunftsstaat habe er von der eigenen Landwirtschaft gelebt. Das Grundstück habe er jedoch verkauft, um die Ausreise zu finanzieren. Das Haus gehöre noch ihm und stehe nun leer. Er habe seinen Nachbarn gebeten, darauf aufzupassen.

Der Beschwerdeführer sei im Herkunftsstaat nicht vorbestraft und werde nicht von der Polizei, der Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht. Probleme mit den Behörden habe er nie gehabt. Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei sei er nie gewesen und er sei auch nicht von staatlicher Seite wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden. Aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität oder aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sei er ebenso wenig verfolgt worden.

Im Fall der Rückkehr hätte er selbst nichts zu befürchten. Seine Enkeltochter sei verlobt gewesen und der BF habe sie gegen den Willen dieser Familie mitgenommen. Folglich habe er die Ehre der Familie verletzt. Im Fall seiner Rückkehr würde er von den Dorfbewohnern belästigt werden und ihm würden unangenehme Fragen gestellt werden.

Zu seinem Privat- und Familienleben gab der BF an, er befinde sich in der Grundversorgung und besuche dreimal pro Woche einen Deutschkurs. Er versuche Deutsch zu lernen, seine Hausaufgaben zu machen und im Garten zu arbeiten. Seine Schwiegertochter und die Enkelkinder würden ebenfalls in Österreich leben. Seine Tochter lebe mit ihrem Mann in XXXX . Ferner habe er weitere Verwandte, welche in seinem Heimatdorf in Afghanistan leben würden.

I.4. Mit Schriftsatz vom XXXX erstattete der BF im Wege seiner Vertretung eine Stellungnahme, in welcher (unter anderem) ausgeführt wird, dass die Schwiegertochter des BF zeitweise aufgrund ihrer psychischen Verfassung völlig überfordert sei, für Ruhe in der Familie zu sorgen. Durch konsequente Interventionen der zuständigen Betreuerin der Caritas sowie der RechtsberaterInnen einerseits und dem Jugendamt andererseits hätten die Probleme in Bezug auf den Enkelsohn des BF, welcher sich immer wieder als Ersatzvater geriert habe, gelöst werden können. Auch der BF sei in der Lage, die Situation zu beruhigen und seinen Enkelsohn in die Schranken zu weisen. Seine Rolle im Familienverband sei daher wichtig. Seine engsten Verwandten seien nunmehr in Österreich und habe er sein Land verkauft, sodass er in Afghanistan über keine Lebensgrundlage mehr verfüge. Dreh- und Angelpunkt der Fluchtgeschichte der Familie sei die Vergewaltigung der damals vierzehnjährigen Enkeltochter des BF. Es sei festzuahlten, dass insbesondere für die Enkeltochter des BF nicht nur von ihrem Vergewaltiger, sondern darüber hinaus von der eigenen Familie Gefahr ausgehe, da ihr Verlobter ihr Cousin gewesen sei und sich die engere Familie genötigt sehe, sie zu bestrafen. Dem BF würde man im Fall der Rückehr vorhalten, die Ehre des verlassenen Verlobten verletzt zu haben. Daraus würde eine Blutfehde mit unabsehbaren Folgen entstehen. Abschließend wurde ausgeführt, dass dem BF und seinen Angehörigen als Schiiten Verfolgung durch die Taliban sowie durch den IS drohe, zumal es zahllose Übergriffe auf Angehörige dieser Religionsgemeinschaft in Afghanistan gebe.

I.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 wurde ihm nicht erteilt. Gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Ferner wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden gemäß § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

I.6. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurde dieser Bescheid vollinhaltlich wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten. Begründend wurde ausgeführt, aufgrund des Umstandes, dass der Schwiegertochter sowie den Enkelkindern des BF Asyl gewährt worden sei, sei nicht nachvollziehbar, dass der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden sei, zumal sich dieser auf denselben Sachverhalt beziehe. Konkret bestehe für ihn Lebensgefahr im Fall der Rückkehr, da er die Familie nach dem Tod seines Sohnes als Familienoberhaupt in Sicherheit gebracht habe. Er habe sich sohin eines schweren Vergehens gegen die Familienehre schuldig gemacht. Die Provinz Parwan gelte aufgrund der relativen Nähe zu XXXX als Rückzugs- bzw. Aufmarschgebiet der Taliban, wo diese nicht nur Terroraktionen gegen die Zentralregierung in und um XXXX vorbereiten, sondern auch die Zivilbevölkerung terrorisieren würden, was nach ihrer Auffassung bekanntlich auch die strenge Einhaltung des Paschtunwali beinhalte. Dieser Ehrenkodex sanktioniere jedwede Ehrverletzung mit Blutrache. Folglich bestehe im Fall der Rückkehr große Gefahr für den BF. Die Behörde habe es jedoch verabsäumt, diesbezüglich hinreichende Feststellungen zu treffen. Bei entsprechender Berücksichtigung dieser Umstände wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass solche Fälle in aller Regel mit dem Tod der Beschuldigten sowie deren männlichen Verwandten enden. Der afghanische Staat sei in diesen Situationen weder schutzwillig, noch schutzfähig. Davon abgesehen sei im gegenständlichen Verfahren die Manduktionspflicht der Behörde verletzt worden, hätte diese doch von Amts wegen darauf hinwirken müssen, dass der BF alle entscheidungswesentlichen Angaben macht. Somit habe sie den Grundsatz der Amtsweigigkeit verletzt. Ferner habe sich die Behörde nicht damit auseinandergesetzt, dass die vom BF beschriebene Verfolgung politisch motiviert sei. Der BF habe seine Enkelin vor einer Eheschließung bewahrt und habe sich damit der strengen Auslegung des Islams sowie dem Ehrenkodex der Paschtunen widersetzt. Dies verdeutliche eine oppositionelle Haltung gegenüber den Taliban. Zudem seien Menschen, die sich arrangierten Ehen nach Sitte der Paschtunen entziehen, möglicherweise als Angehörige einer eigenen sozialen Gruppe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.

Die Behörde habe überdies verkannt, dass die Genfer Flüchtlingskonvention Menschen auch vor Übergirffen von nichtstaatlichen Akteuren schütze, wenn der Staat nicht in der Lage oder nicht Willens sei, Schutz zu gewähren.

Ferner habe es die Behörde verabsäumt zu kären, ob dem BF nach seinem mehr als zweijährigen Aufenthalt im Ausland eine Rückkehr in seinen Heimatort angesichts der Sicherheitslage faktisch möglich wäre und ob die verbliebenen Besitztümer des BF, welche er nicht zur Flucht veräußert habe, nach wie vor verfügbar seien. Auch das Alter des Beschwerdeführers hätte berücksichtigt werden müssen. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass der BF als Großvater eine wichtige Rolle innerhalb seiner in Österreich wohnhaften Familie einnehme und als Vorbild für seine männlichen Enkel diene. Er habe seine gesamte Existenz für die Familie aufgegeben und würde seinen Angehörigen im Fall der Rückkehr fehlen.

I.7. Am XXXX langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.8. Mit Schriftsatz vom XXXX sowie vom XXXX brachte der BF im Wege seiner Vertretung verschiedene Integrationsunterlagen sowie einen Laborbefund in Vorlage.

I.9. Am XXXX fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari sowie eines landeskundlichen Sachverständigen statt.

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

[...]

BF: Ich habe eine Beule am Schulterblatt, dies hindert mich aber an der heutigen Verhandlung nicht.

R: Sind Sie ansonsten in ärztlicher Behandlung?

BF: Nein.

R: Leiden Sie sonst an irgendwelchen Krankheiten?

BF: Meine Augen sind schwach, am rechten Ohr höre ich nichts, am linken Ohr höre ich mit dem Gerät.

R: Können Sie sich gut verständigen?

BF: Ja.

R: Sind Sie kurz- oder weitsichtig?

BF: Ich habe eine Gleitsichtbrille.

R: Können Sie sich mit der gut orientieren?

BF: Ja.

[...]

R: Welcher Volksgruppe bzw. Religion gehören Sie an?

BF: Wir gehören zu den Sayeds. Sie gehören eigentlich zur Volksgruppe der Hazara.

R: Welcher Religion gehören Sie an?

BF: Schiiten.

R: Sind Sie praktizierender Schiit?

BF: Ja. Ich bete und besuche die Moschee.

R: Wo sind Sie in Afghanistan geboren?

BF: In der Provinz Parwan, Distrikt XXXX und dem Dorf XXXX .

R: Wo haben Sie denn in Afghanistan gelebt? Geben Sie mir bitte chronologisch an in welchen Dörfern, Städten, Orten sie von Ihrer Geburt an bis zu Ihrer Ausreise aus Afghanistan in welchen Zeiträumen gelebt haben.

BF: Ich bin in meinem Heimatdorf geboren und habe dort gelebt. Als Soldat war ich auch in anderen Provinzen, gelebt habe ich dort nicht, aber im Iran habe ich gelebt.

R: Wann haben Sie Afghanistan verlassen, in welchem Jahr?

BF: Vor 3 Jahren.

R: Fragewiederholung

BF: Es war Ende XXXX .

R: Aus welchen Teilen bzw. Bezirken besteht Ihr Heimatdorf?

BF: Es ist ein kleines Dorf.

R: Wie viele Häuser befinden sich dort?

BF: Früher waren es 40-45 Häuser, mittlerweile 100-120 Häuser. Aber es wohnen dort nicht mehr alle, viele sind nach Pakistan bzw. in den Iran ausgewandert.

R: Haben Sie in dem von Ihnen angegeben Ort bzw. Heimatort alleine gelebt?

BF: Nein, ich hatte eine Frau, die ist verstorben.

R: In welchem Jahr ist sie verstorben?

BF: Das war Ende XXXX (D= XXXX ).

R: Woran ist Ihre Frau gestorben?

BF: An Bluthochdruck.

R: Sind Sie wieder verheiratet?

BF: Nein.

R: Haben außer Ihrer Ehefrau noch andere Personen mit Ihnen gelebt?

BF: Nein.

R: Wo haben Sie gelebt, war das ein Haus, eine Wohnung?

BF: Es war mein Elternhaus.

R: Wie groß war dieses Elternhaus?

BF: 2 Zimmer.

R: Beim BFA haben Sie am XXXX auf die Frage, mit wem Sie in XXXX gelebt haben gesagt: Ich habe dort in einem großen Haus, in einem Familienhaus, wo auch weitere Verwandte von mir gelebt haben, gewohnt. Diese haben auch ab und zu für mich gekocht und ich durfte auch dort essen. Was sagen Sie dazu?

BF: Das stimmt, das habe ich gesagt. Es war ein großer "Qala" (bedeutet großer Hof). Es lebten 10-12 Familien dort.

R: Sie sagten, dass diese zu ihnen waren verwandt sind?

BF: Die sind alle weggegangen.

R: Mit wem haben Sie noch in Afghanistan Kontakt?

BF: Ich habe eine Tochter in XXXX , wir hatten Kontakt. Ich weiß nicht, ob sie noch lebt.

R: Seit wann haben Sie keinen Kontakt mehr mit Ihrer Tochter?

BF. Seit dem Monat Ramadan.

R: Wann war der?

BF: Das war XXXX . (SV erklärt: Beginnt vom XXXX )

R: XXXX , welches Jahr?

BF: Dieses Jahr.

R: Was meinen Sie mit diesem Jahr?

BF: Im XXXX . (SV: entspricht XXXX )

R: Wie heißt Ihre Tochter, die in XXXX lebt?

BF: XXXX .

R: Und wie noch?

BF: Ihr Mann heißt XXXX .

R: Was arbeitet ihr Mann?

BF: Er war Fahrer.

R: Bei wem oder für wen?

BF: Er hat Benzin bzw. Treibstoff für eine Firma transportiert.

R: Wo lebt Ihre Tochter in XXXX bzw. ihr Schwiegersohn?

BF: In XXXX , am Rande des Bezirks XXXX , am Beginn zum Bezirksteil 1. XXXX .

R: Wo leben Ihre Tochter bzw. Ihr Schwiegersohn?

BF: Es ist ein Miethaus.

R: Wie geht es Ihrer dort lebenden Tochter?

BF: Es geht so. Sie hat ein durchschnittliches Leben.

R: Wie lange haben Sie sich bei Ihrer Tochter aufgehalten?

BF: Ich war dort nicht. Ab und zu bin ich einkaufen gegangen und habe sie besucht.

R: Wenn Sie sagen ab und zu bin ich einkaufen gegangen und habe sie besucht. Wo haben Sie dann Ihre Einkäufe erledigt?

BF: In der Stadt XXXX habe ich eingekauft und habe meine Tochter in XXXX besucht. Ich bin ein oder zwei Nächte dortgeblieben und dann nach Hause gefahren.

R: In welchen Orten, Dörfern oder Städten haben Sie sich aufgehalten als Sie von Ihrem Heimatdorf in den Iran gegangen sind?

BF: Eine Woche lang war ich in Herat, 2 Nächte habe ich in XXXX verbracht und dann im Iran.

R: Wie lange haben Sie sich in XXXX aufgehalten?

BF: 2-3 Tage war ich bei meinem Sohn, der gestorben ist, der zu einem Märtyrer geworden ist.

R: In der Niederschrift am XXXX sagen Sie, dass Sie vor ca. einem Jahr mit Ihrer Schwiegertochter und Ihren Enkelkindern von XXXX in den Iran gereist sind. Was sagen Sie dazu?

BF: Sie haben dort gelebt, sie haben ein Haus dort. Sie haben in XXXX gelebt.

R: Wie lange haben Sie sich dann in XXXX aufgehalten?

BF: Ich bin nach XXXX gefahren, dann bin ich zurückgekommen und habe 2-3 Nächte dort verbracht.

R: Wohin sind Sie zurückgekommen?

BF: Nach XXXX .

R: Was haben Sie dort gemacht?

BF: Ich habe einen Schlepper gesucht, der mit mir in den Iran reist.

R: War Ihr Elternhaus das einzige Haus, das Sie in Afghanistan gehabt haben?

BF: Ja. Es ist ein großer Hof ein Qala, es ist ein alter Hof ca. 100 Jahre alt.

R: Sie haben am XXXX gesagt, dass Sie noch ein Haus hätten. Heute haben Sie gesagt, dass Sie nur ein Haus hatten. Was sagen Sie dazu?

BF: Das habe ich nicht gesagt, ich habe nur ein Haus in XXXX .

R: Welche Schul- bzw. Berufsausbildung haben Sie?

BF: Bis zur 8. Klasse habe ich die Schule gemacht.

R: Wie viele Kinder haben Sie?

BF: Ich hatte einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn ist verstorben.

R: Wieviel Brüder bzw. Schwestern haben Sie?

BF: Ich habe keine Geschwister.

R: Woher stammt Ihre Familie?

BF: Aus der Provinz Parwan.

R: Genauer?

BF: Aus der Provinz Parwan, Distrikt XXXX und dem Dorf XXXX .

R: Wie haben Sie in Afghanistan Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Ich habe auf eigenen Grundstücken gearbeitet, die Grundstücke habe ich verkauft. Ich habe das Geld für die Ausreise verwendet.

R: Wer wohnt jetzt in Ihrem Haus?

BF: Ich weiß es nicht. Seit 2 Jahren weiß ich nicht, wer dort lebt.

R: Wer wohnt in dem anderen Haus, das Ihnen gehören soll?

BF: Es waren nur 2 Zimmern, ein Zimmer zum Wohnen und eines zum Kochen und Brot backen.

R: Beim BFA haben Sie am XXXX gesagt, dass Sie noch ein Haus hätten, welches leer stehen würde und Ihre Nachbarn gebeten hätten, auf dieses aufzupassen. Was sagen Sie dazu?

BF: Das habe ich nicht gesagt, ich habe kein weiteres Haus. Ich habe den Nachbarn gesagt, dass sie auf das Haus in XXXX aufpassen sollen.

R: Das Protokoll vom XXXX wurde Ihnen rückübersetzt und Sie haben das als korrekt befunden bzw. das alles passt und wurde auch in Ihrer Beschwerde dahingehend nichts moniert. Was sagen Sie dazu?

BF: Ich habe nichts davon gesagt, dass ich ein großes Haus habe. Ich habe nur gesagt, dass ich in XXXX ein 2-Zimmer-Haus habe.

R: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt im Iran bestritten?

BF: Ich bin auf der Straße gestanden und habe gewartet. Es sind Leute gekommen, die Erntehelfer, Bauhelfer, Leute, die Brunnen graben, gesucht haben. Ich habe diese Arbeiten verrichtet.

R: Könnten Sie nach XXXX zurückkehren?

BF: Nein, überhaupt nicht.

R: Beim BFA haben Sie am XXXX auf die Frage, ob Sie bei einer eventuellen Rückkehr nach XXXX etwas zu befürchten hätten, gesagt, dass Sie selbst nichts zu befürchten hätten und sie dort wieder zu Recht kommen würden. Was sagen Sie dazu?

BF: Ich habe das nicht gesagt. Meine Enkelin, die heute hier ist, hat einen Verlobten dort. Wenn er mich sehen würde, würde er mich köpfen.

R: Warum haben Sie das dann am XXXX so zu Protokoll gegeben?

BF: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nicht gesagt, dass ich ein großes Haus habe, in welches ich zurückkehren kann.

R: Fragewiederholung. Beim BFA haben Sie am XXXX auf die Frage, ob Sie bei einer eventuellen Rückkehr nach XXXX , etwas zu befürchten hätten gesagt, dass Sie selbst nichts zu befürchten hätten und sie dort wieder zu Recht kommen würden. Was sagen Sie dazu?

BF: Das habe ich nicht gesagt.

R: Es wurde Ihnen das Protokoll rückübersetzt, Sie haben keine Einwände erhoben, Sie haben das Protokoll unterschrieben. Das im Beisein von Frau XXXX und Ihrer Vertrauensperson XXXX . Was sagen Sie dazu?

BF: Mein Hörgerät hatte an diesem Tag keine Batterie.

[...]

R: Haben Sie irgendwelche Probleme in Ihrer Heimat gehabt?

BF: Persönlich nicht, aber meine Enkelin wurde verlobt. Mit ihren Verlobten haben wir ein Problem, weil wir sie hierhergebracht haben.

R: Es geht aber jetzt um Sie. Fragewiederholung.

BF: Ich persönlich habe keine Probleme gehabt. Mein Problem sind die Kinder. Die Taliban haben den Vater getötet.

R: Sie haben am XXXX beim BFA auch auf die Frage, ob Sie bei einer eventuellen Rückkehr etwas zu befürchten hätten gesagt, dass Sie selbst nichts zu befürchten hätten und Sie dort wieder zu Recht kommen würden. Was sagen Sie dazu?

BF: Das habe ich nicht gesagt.

R: Warum haben Sie überhaupt Ihr Heimatland verlassen, nachdem Sie selbst keine Probleme gehabt haben?

BF: Meine Kinder und meine Enkelkinder hatten Probleme.

R: Welche Kinder von Ihnen hatten Probleme?

BF: Meine Enkelkinder. Ich sage auch zu meinen Enkelkindern Kinder.

R: Was hatten die Enkelkinder für Probleme?

BF: Der Vater wurde getötet, sie hatten keine Arbeit und kein Geld, kein Haus und niemanden, der auf sie aufpassen würde.

R: Hätten Sie auf die Enkelkinder aufpassen können?

BF: In XXXX könnten wir so eine große Familie nicht ernähren.

R: Wo haben Ihre Enkelkinder bzw. Ihre Schwiegertochter gelebt?

BF: In XXXX , XXXX .

R: Bitte die genaue Adresse?

BF: XXXX .

R: Was meinen Sie damit?

BF: XXXX liegt hinter dem Krankenhaus mit dem Namen XXXX . Am Rande eines Berges liegen viele Häuser.

R: War eines dieser Häuser jenes von Ihrer Schwiegertochter?

BF: Es war ein Miethaus.

R: Fragewiederholung.

BF: Ja.

R: Hätten Sie dort auf Ihre Enkelkinder aufpassen können?

BF: Es gibt keine Arbeit dort.

R: Was war der konkrete Grund, warum Sie mit Ihrer Schwiegertochter und Enkelkinder Afghanistan verlassen haben?

BF: Mein Sohn wurde getötet. Es gab niemand, der auf meine Schwiegertochter und Enkelkinder hätte aufpassen können.

R: Hätten Sie auf Ihre Schwiegertochter bzw. Enkelkinder aufpassen können?

BF: Wie hätte ich das machen können. Es ist sehr schwierig dort Brot zu verdienen.

R: War der Auslöser des Verlassens von Ihnen, Ihrer Schwiegertochter und den Enkelkindern, dass Sie für diese Familie zu wenig erwirtschaftet haben?

BF: Einerseits wirtschaftliche Probleme ja, andererseits wissen Sie wie es zwischen Schiiten und Sunniten ist. Derzeit werden Hazaras getötet.

R: Hatten Sie konkret irgendwelche Probleme in Afghanistan?

BF: Damals nicht, jetzt schon.

R: Welche Probleme?

BF: Es werden die Hazaras getötet, auf eine Hazara-Moschee wurde ein Anschlag verübt und in Mirzaulang - Sare Pole Mazar wurden viele Hazara getötet und sogar kleine Kinder.

R: Was würden Sie konkret im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan befürchten?

BF: Ich habe kein Haus, keine Arbeit, ich habe Feinde.

R: Können Sie das näher ausführen, was Sie meinen?

BF: In XXXX sind nunmehr Taliban. Im Jahr 1377 haben die Taliban 26 von den Sayeden getötet. (Der D führt an, dass 1377 1998 bzw. 1999 entspricht)

R: Wie war die ethnische Zusammensetzung im Heimatgebiet/Heimatort, wo Sie gelebt haben?

BF: In unserem Dorf leben nur Sayeden. 1 Kilometer entfernt von uns lebten die Paschtunen, 1 km nach Norden waren die Tatschiken und oben waren die Hazaras.

R: Sie haben gesagt, sie hätten dort Feinde, was meinen Sie damit? Wenn Sie das näher ausführen könnten.

BF: Der Schwiegersohn meines Sohnes ist mein Feind.

R: Wie heißt der mit Namen?

BF: XXXX .

R: Warum ist XXXX Ihr Feind?

BF: Ich habe seine Verlobte hierhergebracht. Sie waren verlobt miteinander.

R: Seit wann waren sie miteinander verlobt?

BF: 3-3,5 Jahre.

R: Seit wann, in welchem Jahr haben sie sich verlobt?

BF: Ich glaube im Jahr XXXX (Anmerkung des D bzw. SV: entspricht XXXX )

R: In welchem Monat?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Um welche Jahreszeit?

BF: Anfang des Frühlings (Anmerkung D bzw. SV: entspricht Ende März/Anfang April XXXX )

R: Mit welcher Ihrer Enkeltöchter war XXXX verlobt?

BF: Mit meiner Enkelin XXXX .

R: Wie alt ist Ihre Enkelin?

BF: Sie ist 17 Jahre.

R: Wer hat die Zustimmung zu dieser Verlobung erteilt?

BF: Die Eltern.

R: Auch Ihre Schwiegertochter?

BF: Ja.

R: Warum hat sich die XXXX entzogen bzw. warum wollten Sie diese entziehen?

BF: Ich musste sie mitnehmen, weil sie niemanden hatte, der auf sie aufpasste.

R: Warum hat Ihre Schwiegertochter die Einwilligung gegeben sich mit dieser XXXX zu verloben, wenn man sie umgekehrt, Schwiegertochter bzw. Sie sie diesem Verlobten entziehen wollte?

BF: Ich habe sie ja nicht verlobt. Ich habe sie gerettet, sie hätte kein Leben dort gehabt. Es könnte sein, dass sie einen schlechten Weg geht, dass sie der Prostitution nachgeht oder vergewaltigt wird.

R: Warum hätte XXXX der Prostitution nachgehen sollen, wenn sie bereits mit XXXX verlobt gewesen ist?

BF: Sie war damals noch klein, sie war nicht so weit, dass sie heiraten kann. Wenn sie volljährig gewesen wäre, hätte ich sie an XXXX übergeben können.

R: Wieso hat dann Ihr Sohn bzw. Ihre Schwiegertochter die Einwilligung gegeben oder haben Sie ihrem Sohn abgeraten, die Einwilligung zur Verlobung zu geben?

BF: Damals war in XXXX , ich wusste von der Verlobung nichts.

R: Wie alt war dann XXXX , als sie Afghanistan verlassen hat?

BF: 14,5 oder 15 Jahre.

R: Haben Sie Ihre Tochter gefragt, warum sie bzw. Ihr Sohn seinerzeit die Einwilligung zur Verlobung gegeben hat?

BF: Ich habe meine Schwiegertochter gefragt, sie sagte, dass die Familie sehr reich ist, deshalb hätten sie zugestimmt.

R: Wenn die Familie sehr reich gewesen sein sollte, warum haben sie dann Angst, dass nach dieser Verlobung XXXX eine Prostituierte hätte werden sollen?

BF: Es gab keine andere Möglichkeit. Entweder hätte XXXX mit 13 Jahren heiraten müssen oder es hätte jemand auf sie aufpassen müssen.

R: Warum hätten Sie nicht auf XXXX aufpassen können?

BF: In XXXX hätte ich sie nicht ernähren können, in XXXX gab es keine Arbeit.

R: Haben Sie, als Ihre Frau noch gelebt hat, für Ihre Frau gesorgt?

BF: Für meine könnte ich schon.

R: Warum hätten Sie für XXXX dann nicht sorgen können, nachdem Ihre Frau schon verstorben war?

BF: Ich habe das nicht verstanden.

R an BFV: Haben Sie an BF noch Fragen?

BFV: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer religiösen Einstellung bzw. Religion?

BF: Ja.

BFV: Warum ist Ihr Sohn von den Taliban ermordet worden?

BF: Weil er Schiit war.

R: Wieviel Schiiten leben in Afghanistan?

BF: 7-8 Millionen.

R: Warum ist er in die Fänge der Taliban gekommen?

BF: Er war Taxifahrer. Er hat Personen befördert. Er war in XXXX .

R: In der Erstbefragung vom XXXX sagen Sie, dass Ihr Sohn deshalb umgebracht worden wäre, weil er als Spitzel bezichtigt worden sei und nicht wegen seiner Religion. Was sagen Sie dazu?

BF: Sie haben die Tazkira in seiner Tasche gefunden und gesehen, dass er Schiit ist.

SV: Wie alt war Ihr Sohn, als dieser getötet wurde?

BF: 38 oder 39 Jahre alt.

BFV: Wann war die Ermordung Ihres Sohnes, in welchem Jahr wurde Ihr Sohn ermordet?

BF: Im Jahr XXXX (D: entspricht XXXX ), doch nicht, zwischen XXXX und XXXX

R: Sagen Sie mir bitte das genaue Datum, wann Ihr Sohn ermordet wurde?

BF: XXXX (SV: entspricht XXXX )

BFV: Wie hat diese Ermordung genau stattgefunden?

BF: Mit der Pistole.

R: Was heißt mit der Pistole? Wie hat sich das genau abgespielt?

BF: Er wurde mit mehreren Schüssen in die Brust und im Herzbereich getroffen.

R: Wer hat Ihnen davon erzählt?

BF: Der Fahrzeugbesitzer hat mir davon erzählt.

R: Wie heißt der Fahrzeugbesitzer?

BF: XXXX .

R: War dieser Fahrzeugbesitzer der Unternehmer, bei dem Ihr Sohn gearbeitet hat?

BF: Ja.

R: Wo hat der seinen Firmensitz?

BF: In XXXX .

R: Wo in XXXX ?

BF: In XXXX .

BFV: Hat Ihr Sohn schon vor diesem Vorfall jemals Probleme gehabt?

BF: Nein.

BFV: Haben Sie nach dieser Ermordung Ihres Sohnes Probleme gehabt?

BF: Vor der Ausreise?

R: Fragewiederholung

BF: Persönlich nicht, ich lebte in XXXX .

BFV: Wissen Sie, wie dieser Verlobte auf die Entziehung von XXXX reagiert hat?

BF: Er hat es nicht mitbekommen.

BFV: Haben Sie nach Ihrer Ausreise noch Kontakt nach Afghanistan gehabt?

BF: Ja, ich war mit meiner Tochter in Kontakt.

R: Wie lange waren Sie mit Ihrer Tochter in Kontakt?

BF: Bis zum Monat Ramadan.

R: Welchen Jahres?

BF: XXXX (D: entspricht XXXX )

R: Haben Sie mit Ihrer Tochter gesprochen bzw. worüber haben Sie mit Ihrer Tochter gesprochen, als Sie noch mit Ihr Kontakt gehabt haben?

BF: Ich habe über die Lage in Afghanistan mit ihr gesprochen. Sie hat mir gesagt, dass die Lage in Afghanistan schlecht ist.

R: Welcher Religion bzw. Ethnie gehört Ihre Tochter in XXXX an?

BF: Sie ist Sayed, Schiitin.

R: Haben Sie mit Ihrer Tochter über die allgemeine Lage über Afghanistan hinaus noch etwas besprochen?

BF: Nein, nicht über etwas anderes.

R: Wenn Sie sagen, der Verlobte XXXX hat nicht mitbekommen, wie ihm XXXX entzogen worden ist. Woher haben Sie diese Information?

BF: Wenn er es mitbekommen hätte, hätte er es verhindert. Er lebte in XXXX .

BFV: Haben Sie mit Ihrer Tochter über die Entziehung von XXXX gesprochen, als Sie mit Ihr Kontakt hatten und über die Reaktion des Verlobten?

BF: Ich habe die Frage nicht verstanden.

R: Fragewiederholung.

BF: Oja, wir haben darüber gesprochen. Er sagte: "Wehe, wenn ich deinen Vater erwische. Entweder er soll meine Verlobte zurückbringen oder ich werde ihn köpfen."

R: Ist dieser XXXX gegen Ihre Tochter in XXXX vorgegangen?

BF: Er hat nur gesagt, dass ich seine Verlobte zurückbringen soll.

R: Warum sagen Sie, nachdem ich sie schon befragte habe, ob Sie über die allgemeine Lage hinaus, in Afghanistan etwas mit Ihrer Tochter besprochen hätten, nichts darüber, dass Sie mit Ihrer Tochter über die Entziehung von XXXX gesprochen hätten.

BF: Das ist eine private Sache.

BFV: Was sind die gesellschaftlichen Auswirkungen einer solchen Entziehung in Afghanistan?

BF: Darauf steht die Todesstrafe.

BFV: Gilt das für sämtliche an der Entziehung beteiligten Personen?

BF: Ich habe die Frage nicht verstanden.

BFV: Fragewiederholung

BF: Nein.

R: Für wen gilt das?

BF: Keiner hat mir geholfen, der Schlepper hat mich hierhergebracht.

R: Gilt es auch für Ihre Schwiegertochter, also die Mutter der XXXX , ob sie auch bedroht wäre?

BF: Sie ist aber jetzt hier.

R: Wenn Sie jetzt aber nicht hier wären und wir wären jetzt in Afghanistan, würde die Bedrohung auch für Ihre Schwiegertochter gelten?

BF: Ja.

R: Wie alt war Ihre Frau, als sie verstorben ist?

BF: 50 oder 55 Jahre alt.

R: In welchem Jahr?

BF: Im Jahre XXXX . (D: entspricht XXXX )

Die Verhandlung wird um 12:03 Uhr unterbrochen und um 12:43 Uhr wieder fortgesetzt.

R: In welchem Jahr haben Sie geheiratet?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Wie lange waren Sie mit Ihrer Frau verheiratet, wie viele Jahre?

BF: Ca. 42 Jahre

R: In welchem Alter haben Sie geheiratet?

BF: Ich war 20 Jahre.

R: Ihre Frau?

BF: 4-5 Jahr jünger als ich.

R: Wie alt war Ihre Frau?

BF: 17 oder 18 Jahre.

R: Das geht sich aber nicht aus. Fragewiederholung.

BF: Ich kann nicht sagen wie alt sie war, sie war jung.

R: Was heißt sie war jung?

BF: Nach dem 16. Lebensjahr ist man jung.

R: Wie alt waren Sie, als Ihre Tochter geboren wurde?

BF: 2 Jahre später.

R: Fragewiederholung.

BF: Ich glaube, ich war 22 Jahre.

R: Und Ihre Frau?

BF: Sie hatte keine Tazkira, ich weiß nicht, wie alt sie war.

R: Wie alt waren Sie als Ihr Sohn geboren ist?

BF: 24 Jahre.

R: Wann wurde Ihre Enkelin XXXX verlobt, in welchem Jahr?

BF: Ich kann mich nicht erinnern.

R: Wo wurde Ihre Enkelin verlobt? Wo hat die Verlobungszeremonie stattgefunden?

BF: In XXXX .

R: Warum in XXXX ?

BF: Sie hat in XXXX gelebt.

R: Wo hat ihr Verlobter gelebt?

BF: In XXXX . Sie hatten aber auch in XXXX ein Haus.

R: Wer hatte auch in XXXX ein Haus?

BF: Der Verlobte.

R: Warum hat die Verlobung nicht in Mazar stattgefunden, da ja der Verlobte dort lebt?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Ist der Verlobte in einem Verwandtschaftsverhältnis zu Ihrer Familie bzw. zu Ihrer Verlobten gestanden?

BF: Er ist kein Verwandter, aber vom selben Stamm.

R: Von welchem Stamm?

BF: Sayed.

R: Sie sind mit Ihrer Schwiegertochter bzw. Enkeln und Enkelinnen geflüchtet. Ist Ihnen bekannt, ob es irgendwelche körperlichen Übergriffe auf Ihre Enkelinnen gegeben hat, in der Zeit, als sie noch in Afghanistan gewesen sind?

BF: Nein.

R: Waren Ihre Enkelinnen immer vor Übergriffen geschützt, wer hat sie geschützt?

BF: Nachdem der Vater verstorben ist, habe ich für den Schutz gesorgt.

R: Ist es während der Zeit, als Sie für den Schutz der Enkelinnen gesorgt haben, zu Übergriffen gekommen?

BF: Nein. Ich war nicht Tag und Nacht in XXXX und bin gependelt zwischen XXXX und XXXX .

R: Ist in der Zeit des Pendelns etwas passiert oder war alles in Ordnung?

BF: Nein, ich habe nichts gehört.

R: Wo haben die Schwiegereltern Ihres Sohnes gelebt?

BF: In XXXX .

R: War der Verlobte verwandt zu Ihrer Enkelin?

BF: Nein.

R: In der Stellungnahme vom XXXX wird gesagt bzw. Ihr Vertreter, dass der Verlobte auch der Cousin von der XXXX gewesen sei. Was sagen Sie dazu?

BF: Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich weiß es nicht, vielleicht haben sie etwas gesagt.

R: Ihren Angaben nach war der Verlobte kein Verwandter zur Verlobten XXXX .

BF: Ja, das stimmt.

R an BFV: Haben Sie noch Fragen an den BF?

BFV: Keine weiteren Fragen.

R: Wie bestreiten Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

BF: Ich bekomme Geld von der Diakonie und lebe mit meinen Enkelkindern.

R: Wo leben Sie mit Ihren Enkelkindern?

BF: In Burgenland, in XXXX .

R: Sprechen Sie deutsch?

BF: Ich habe nichts verstanden.

R: Fragewiederholung (lauter)

BF: Ja (in Deutsch), ja ich habe etwas Deutsch gelernt (in dari)

R: (auf Deutsch): Wie oft besuchen Sie den Sprachkurs in der Woche?

BF auf Deutsch: nicht verständliche Antwort

R: Fragewiederholung in Dari.

BF: Ich bin 3x pro Woche in den Kurs gegangen. (auf Dari) Ich habe lesen und schreiben gelernt, aber sprechen kann ich nicht. (auf Dari)

R auf Deutsch: Wie lange hat der Kurs gedauert?

BF: Keine Antwort.

R: Fragewiederholung auf Dari.

BF: Die Alphabetisierung hat 3 Monate gedauert, dann habe ich einen weiteren Kurs besucht, der ebenfalls 3 Monate gedauert hat.

R auf Deutsch: Wie viele Stunden am Tag waren Sie in diesem Deutschkurs?

BF: keine Antwort

R: Fragewiederholung auf Dari

BF: Von 8.30 bis 11.00 Uhr.

R auf Deutsch: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

BF: Nochmal wiederholen.

R: Fragewiederholung auf Deutsch

BF: keine Antwort

R: Fragewiederholung auf Dari

BF: Ich lese Bücher, ich lerne deutsch und Vokabel.

R auf Deutsch: Was ist Ihr Lieblingsbuch?

BF: Deutsch Farsi.

R: Fragewiederholung auf Dari

BF: Es gibt ein englisches Buch Deutsch-Farsi-Englisch. Ich schaue, dass ich Vokabel lerne und einen Satz aufbauen kann.

R auf Deutsch: Seit wann lernen Sie deutsch?

BF schüttelt mit dem Kopf

R: Fragewiederholung auf Dari

BF: Seit ca. einem Jahr.

Die Verhandlung wird auf Dari wieder fortgesetzt.

R: Was machen Sie in Ihrer Freizeit, außer versuchen Deutsch zu lernen?

BF: Ich schaue Fernsehen, ich schaue Nachrichten.

R: Sind Sie am tagespolitischen Geschehen in Österreich interessiert?

BF: Ja, ich habe in 3 Einheiten an einer Versammlung mit anderen Flüchtlingen aus Afghanistan und Syrien teilgenommen.

R: Fragewiederholung

BF: Ich bin informiert z.B. wie viele Einwohner bzw. Provinzen es in Österreich gibt.

R: Fragewiederholung

BF: Österreich ist ein neutrales Land, es führt keine Kriege.

R: Wenn Sie sagen, Sie sehen fern, welchen Sender sehen Sie da?

BF: BBC, über die Lage im Iran und Afghanistan, in der Sprache Farsi.

R: Sehen Sie auch deutsche, österreichische Nachrichten?

BF: Die Lehrer kommen auch aus der Schule und unterstützen die Kinder.

R: Fragewiederholung.

BF: Wir schauen ein bisschen Nachrichten, die Kinder schauen Zeichentrickfilme, damit sie Deutsch lernen können.

R: Welchen Sender schauen Sie, wenn Sie Nachrichten schauen, wie heißt der Sender?

BF: Ariana.

R: Haben Sie in Österreich Freunde?

BF: Familien haben wir hier nicht, aber Freunde, die ich im Camp kennengelernt habe.

R: Gehören Ihrem Freundeskreis auch Österreicher an?

BF: Ich habe keine österreichischen Freunde, aber meine Enkelkinder.

R: Sind Sie in einem Verein, einer Organisation, Kirche oder dgl. tätig?

BF: Nein.

R: Haben Sie Verwandte in Österreich?

BF: Nein.

R: Wer von Ihren Familienangehörigen ist in Österreich?

BF: Außer meinen Enkelkindern niemand mehr.

R: Was ist mit Ihrer Schwiegertochter?

BF: Ja.

R: Haben Sie Familie innerhalb der EU?

BF: Ich habe niemanden. Irgendein Cousin meiner Schwiegertochter ist irgendwo in Europa.

R: Beschreiben Sie Ihren Tagesablauf. Von dem Zeitpunkt, wann sie aufstehen bis zum Abend. Was machen Sie da?

BF: Zuerst gehe ich Einkaufen, Brot und Milch. Dann bringe ich die Enkelkinder zur Schule und hole sie von der Schule wieder ab. Ich mache die Einkäufe, werfe den Mist weg. Dann putze ich die Fenster, ich helfe meiner Schwiegertochter.

R: Wie helfen Sie Ihrer Schwiegertochter?

BF: Fenster putzen, Türe putzen, den Balkon putzen.

R: Weiter?

BF: Sonst mache ich nichts.

R: Was macht Ihre Schwiegertochter, wie sieht bei der der Tagesablauf aus?

BF: Sie besucht einen Deutschkurs, nach dem Deutschkurs kocht sie.

R: Wer lernt mit den Kindern?

BF: Sie gehen zur Schule. Es gibt eine Österreicherin, welche dreimal in der Woche zu uns kommt und mit den Kindern lernt.

R: Wie geht es Ihrer Schwiegertochter?

BF: Sie hat psychische Probleme. Sie hat Medikamente bekommen, jetzt geht es ihr besser. Sie ist in ärztlicher Behandlung.

R: Leiden Sie an irgendeiner Krankheit? Sind Sie in ärztlicher Behandlung?

BF: Ich habe eine Beule am Rücken und habe keine ernsthafte Krankheit. Seitdem ich eine negative Entscheidung bekommen habe, geht es mir nicht so gut. Ich habe Kopfschmerzen, mache mir viel Sorgen und denke nach.

R: Sind Sie in ärztlicher Behandlung?

BF: Nein, nur beim Hausarzt.

R: Was heißt das?

BF: Wenn ich Kopfschmerzen habe, meistens habe ich Halsweh, dann gehe ich zum Arzt.

R: Haben Sie, abgesehen von dem Asylverfahren, noch sonst einen Aufenthaltstitel in Österreich gehabt?

BF: Nein.

R: Wie Ihnen eingangs gesagt haben müssen Sie die Frage nicht beantworten. Sind Sie gerichtlich vorbestraft?

BF: Nein.

R: Gilt dasselbe wie eben. Ist ein Strafverfahren gegen Sie anhängig?

BF: Nein.

R an BFV: Haben Sie Fragen?

BFV: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft in Österreich vor?

BF: Ich bin ein alter Mann, ich habe keinen Platz mehr. Ich möchte hier bei meinen Enkelkindern bleiben und möchte, dass ich hier anerkannt werde.

BFV: Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aus dem heutigen Vorbringen des BF eindeutig hervorgeht, dass ein internationaler Schutz zu gewähren ist. Aufgrund seiner religiösen Zugehörigkeit und seiner Volksgruppe liegt bereits eine Diskriminierungssituation für den BF vor, insbesondere ergibt sich allerdings aus der vollzogenen Entziehung der Enkelin XXXX eine Situation, welche eine asylrelevante Verfolgung des BF in Afghanistan darstellt. Zudem hatte die Familie des BF, der Sohn, massive Probleme mit den Taliban aufgrund seiner religiösen Zugehörigkeit. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dem BF eine ähnliche Situation passieren könnte. Zudem ist die gesamte Kernfamilie des BF in Österreich, sodass sein Privat- und Familienleben ebenfalls dazu führen müsste, dass ihm in eventu ein Aufenthaltstitel gewährt werden müsste. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan könnte der BF nicht Fuß fassen. Dies insbesondere deshalb, weil er keinerlei Bildung genossen hat, ein sehr hohes Alter hat und somit auch eine Rückkehr in die großen afghanischen Städte wie XXXX , Herat, Mazar-e Sharif für den BF ausgeschlossen ist. Bei einer Rückkehr hat der BF eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung durch den Verlobten der Enkeltochter XXXX . Es ist notorisch, dass der afghanische Staat nicht in der Lage ist, den BF vor Übergriffen privater Natur zu schützen. Wie oben ausgeführt hat der BF keine innerstaatliche Fluchtalternative, somit wäre ihm Asyl bzw. in eventu subsidiärer Schutz zu erteilen. Abschließend ist festzuhalten, dass der BF aufgrund seines hohen Alters eine längere Phase der Integration in Österreich benötigt, um die Sprache, Kultur kennenzulernen bzw. zu erlernen. Das heutige Vorbringen ergibt aber eindeutig, dass der BF sehr bemüht ist, die Sprache zu erlernen und auch die österreichische Kultur kennenzulernen.

Zu dem den BFV vorgelegten Länderfeststellungen - Auszug aus dem Gutachten vom 23.03.2017 zu GZ W177 2129278, Dr. Rasuly, Zusammenfassung Situation Afghanistan, UNHCR-Bericht zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender, Bericht Reintegrationsunterstützung für freiwillige Rückkehrer/Innen nach Afghanistan und Iran vom 06.04.2017, Gutachten Mag. Mahringer, GZ BVwG-160.000/0001-Kammer A/2017, und LIB Gesamtaktualisierung 02.03.2017, führt dieser aus:

Das Gutachten von Dr. Mahringer ergibt kaum substantiierte Nachweise für die Rückkehrsituation des BF im gegenständlichen Fall. Dies insbesondere aufgrund des hohen Alters des BF. Zudem ist das Gutachten per se nicht ausreichend substantiiert. Es ist nicht nachvollziehbar wie Mag. Mahringer bei der Erstellung des Gutachtens vorgegangen ist und großteils bestehen die Nachweise der Befunde auf durchgeführten Interviews, die schwer nachvollziehbar bzw. schwer zu verifizieren sind. Im speziellen kann der Rückkehrsituation in Bezug auf die großen Städte nicht zugestimmt werden. Kürzliche Anschläge im Botschaftsviertel in XXXX belegen, dass die Sicherheitslage in XXXX prekär ist. Auch das Aufstocken der amerikanischen Armee in Afghanistan um 4000 Infanteristen indiziert, dass die Sicherheitslage sich verschlechtert hat bzw. die Taliban erstarken. Dem BF ist somit internationaler Schutz zu erteilen.

Die Verhandlung wird um 13:51 Uhr unterbrochen und um 14:26 Uhr wieder fortgesetzt.

R: Wann ist XXXX verlobt worden?

BF: Ich glaube es war XXXX (D entspricht: XXXX )

R: Welches Monat?

BF: Weiß ich nicht

R: Welche Jahreszeit?

BF: Anfang Frühling.

R: Wo hat XXXX nach ihrer Verlobung gelebt?

BF: In XXXX .

R: Bei wem?

BF: Bei den Eltern.

R: Wann wurde Ihr Sohn erschossen?

BF: Es war im Monat XXXX (SV entspricht: XXXX ).

R: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?

BF: 2 Monate später, im Monat XXXX (SV entspricht XXXX )

R: Wo haben Sie sich in diesen 2 Monaten aufgehalten?

BF: Wir sind dann in den Iran gegangen.

R: Fragewiederholung.

BF: Manchmal in XXXX , manchmal in XXXX .

R: Haben Sie Ihre Schwiegertochter und die Enkelkinder alleine gelassen, wenn Sie nach XXXX gefahren sind?

BF: Ja.

R: Hatten Sie Angst um Ihre Enkelkinder, wenn Sie in XXXX gewesen sind, in dieser Zeit?

BF: Ich musste nach XXXX , ich war hinter Tätigkeiten her.

R: Was waren das für Tätigkeiten?

BF: Für das Haus und für die Grundstücke musste ich alles fertigmachen, damit ich ausreisen kann.

[...]

I.10. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt Afghanistan vom 13.11.2019 zur Stellungnahme binnen 14 Tagen übermittelt.

I.11. Mit Stellungnahme vom XXXX brachte der BF im Wege seiner Vertretung zusammengefasst vor, UNHCR gelange zu der Auffassung, dass die Region XXXX nicht als interne Schutzalternative in Betracht komme, zumal sich die Sicherheitslage verschlechtert habe und Angehörige der Zivilbevölkerung, die am alltäglichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben in XXXX teilnehmen, dem Risiko ausgsetzt seien, der allgemeinen Gewalt zum Opfer zu fallen. In der Folge wurde auf diverse Sicherheitsvorfälle in der Stadt XXXX hingewiesen. Weiters wurde ausgeführt, dass XXXX die Grenzen der Aufnahmefähigkeit erreicht habe und überproportional von der steigenden Armut im Land betroffen sei. Insbesondere in Slums und informellen Siedlungen sei die Versorgung mit Nahrugnsmitteln nicht gesichert. Ergänzend wurden die Ausführungen im Länderinformationsblatt betreffend die Dürre sowie die Überflutungen in den Provinzen Balkh und Herat auszugsweise wiedergegeben und dazu ausgeführt, dass sich die Situation in den Städten XXXX , Herat und Mazar-e Sharif massiv verschlechtert htäten. Existenzielle Grundbedürfnisse, wie Wasser, Nahrung oder Wohnraum seien nicht mehr gesichert. Die Sicherheitslage sei generell preklär, sodass das Leben des BF im Fall seiner Rückkehr gefährdet wäre.

I.11. Am XXXX fand eine weitere mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari statt. Sowohl die Behörde als auch der BF verzichteten in der Beschwerdeverhandlung auf Einsichtnahme bzw. Stellungnahme zur EASO Country Guidance von Juni 2019, dem EASO-Bericht von April 2019 sowie den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018. Ferner verzichteten sie auf Einsicht in die Protokolle der Einvernahmen der Schwiegertochter und der Enkelkinder des BF, welche vom Bundesamt im Rahmen ihres Asylverfahrens durchgeführt wurden.

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

[...]

BF: Ich leide unter Kopfschmerzen und nehme Medikamente ein. Ich leide an Hörschwäche. Ich höre auf einem Ohr gar nichts, auf dem linken Ohr höre ich 70 %, allerdings muss ich alle 10 Tage zwecks Reinigung einen Arzt aufsuchen.

BF wird aufgetragen, die Intervalle des Besuches des HNO-Arztes seit Aufenthalt in Österreich dem BVwG mit dem entsprechenden letzten Gutachten bzw. Befund vorzulegen.

[...]

R: Hat sich seit der letzten Verhandlung vom XXXX etwas Wesentliches verändert?

BF: Nein.

R: Seit wann leben Sie in Österreich bzw. seit wann sind Sie in Österreich?

BF: Seit XXXX .

R: Sind Sie alleine nach Österreich gekommen oder sind Familienmitglieder mitgekommen?

BF: Meine Schwiegertochter und meine drei Enkelkinder waren mit dabei.

R: Wo ist Ihr Sohn?

BF: Mein Sohn wurde von den Taliban getötet.

R: Ist Ihre Schwiegertochter wieder verheiratet?

BF: Nein.

R: Wo lebt Ihre Schwiegertochter mit den drei Kindern?

BF: Wir sind alle in XXXX zusammen.

R: Wohnen Sie mit Ihrer Schwiegertochter und den drei Kindern in einem Haushalt?

BF: Ja, wir haben zwei Zimmer und leben dort zu fünft.

R: Wissen Sie, welchen Aufenthaltsstatus Ihre Schwiegertochter bzw. Ihre drei Enkelkinder, die in Österreich leben, haben?

BF: Sie sind alle vier anerkannte Flüchtlinge.

R: Wie heißt Ihre Schwiegertochter mit vollem Namen?

BF: XXXX .

R: Wie heißen die Kinder?

BF: XXXX , XXXX und XXXX .

R: Wo lebt Ihre Ehegattin?

BF: Meine Frau ist verstorben.

R: Wo und wann ist sie verstorben?

BF: Meine Frau ist vor drei oder vier Jahren in XXXX eines natürlichen Todes verstorben.

R: Haben Sie mit Ihrer Schwiegertochter bzw. den drei Enkelkindern in Afghanistan zusammengelebt?

BF: Nein, sie lebten in XXXX und ich lebte in XXXX .

R: Sind Sie mit Ihrer Schwiegertochter und Ihren drei Enkelkindern gemeinsam ausgereist?

BF: Ja, weil die Enkelkinder noch sehr klein waren und meine Schwiegertochter ohne Begleitung eines Mannes war.

R: Wie viele Kinder haben Sie?

BF: Ich hatte einen Sohn, der getötet wurde. Ich habe eine Tochter in Afghanistan. Ich habe allerdings seit zwei Jahren keine Ahnung wo sie ist und wie es ihr geht.

R: Was war die letzte Adresse der Tochter, wo sie gelebt hat, als Sie mit ihr noch in Kontakt waren?

BF: Sie hat in XXXX , im Stadtteil XXXX gelebt.

R: Hat sie in einem eigenen Haus gewohnt?

BF: Nein, das Haus in dem sie gewohnt hat, gehörte nicht ihr, sie hat Miete bezahlt.

R: Wo genau im Stadtteil XXXX war das Haus?

BF: Die genaue Adresse kann ich nicht sagen, weil ich mich in XXXX nicht so gut auskenne. Sie wohnt zwischen XXXX und XXXX im Ort XXXX .

R: Wie oft haben Sie Ihre Tochter damals besucht, als Sie noch in Afghanistan gelebt haben?

BF: Zwei Mal im Jahr bin ich aus XXXX nach XXXX gereist

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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