TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/27 I405 2139342-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2020
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Entscheidungsdatum

27.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2139342-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Uganda, vertreten durch RA Mag. Nadja LORENZ in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2016, Zl. 1071692504-150598795, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Ugandas, stellte am 02.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Sie wurde dazu am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab sie als Fluchtgrund an, dass sie Uganda verlassen habe, da sie bisexuell sei. In ihrer Heimat gebe es seit 2014 ein Gesetz, das Menschen mit homo- und bisexueller Orientierung mit lebenslanger Haft bestrafe. Ihr Lebensgefährte, mit dem sie drei Kinder habe, hätte versucht, sie an die Polizei zu verraten.

3. In Ihrer Stellungnahme vom 12.11.2015 verwies sie darauf, dass sie nicht bisexuell, sondern homosexuell sei. Sie sei von ihren Eltern gezwungen worden, den Vater ihrer Kinder zu heiraten, der sie mehrmals vergewaltigt habe.

4. In der Folge wurde die BF am 18.11.2015 und am 09.06.2016 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund machte die BF wiederum ihre Homosexualität geltend und machte detaillierte Angaben dazu und zu ihren Lebensumständen.

5 Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 17.10.2016 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Uganda abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Uganda zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.). Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das Fluchtvorbringen der BF nicht glaubhaft gewesen sei. Der homosexuellen Orientierung der BF wurde ebenfalls die Glaubwürdigkeit abgesprochen.

6. Dagegen richtet sich die rechtszeitig eingebrachte Beschwerde der BF mit den Anträgen, das Bundesverwaltungsgericht möge der BF den Status der Asylberechtigten zuerkennen, in eventu ihr den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur Ergänzung des Verfahrens an die belangte Behörde zurückzuverweisen, aufschiebende Wirkung zu gewähren, einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in Uganda befasst, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklären und der BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilen, allenfalls feststellen, dass die Abschiebung nach Uganda unzulässig ist.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.11.2019 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher die BF, ihre rechtsfreundliche Vertretung sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Englisch teilnahmen. Des Weiteren wurden zu der Verhandlung auch zwei Vertreterinnen von Queer Base und eine weitere Person als Zeugen geladen. Dabei wurde die BF über die Gründe für seine Ausreise aus dem Herkunftsstaat und über seine privaten und persönlichen Verhältnisse einvernommen. Mit der BF wurden auch die im Akt zur jederzeitigen Einsicht befindlichen Länderfeststellungen zu Uganda samt den Erkenntnisquellen erörtert und der BF die Möglichkeit einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen eingeräumt.

8. Am 03.12.2019 langte die entsprechende Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der BF ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der BF:

Die BF ist Staatsangehörige Ugandas und Angehörige der Volksgruppe Muganda. Ihre Identität steht fest. Sie ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF wurde von der Italienischen Botschaft in Uganda ein Visum, gültig von 21.05.2015 bis 14.06.2015, erteilt.

Die BF reiste im Juni 2015 ins Bundesgebiet ein und stellte hier am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die BF ist homosexuell und ist aus Uganda wegen Verfolgung aufgrund ihrer homosexuellen Orientierung geflüchtet. Sie ist in Österreich im Verein Queer Base Vorstandsmitglied und nimmt im Rahmen dieser an diversen externen und internen Veranstaltungen aktiv teil. Sie hatte in Österreich bereits mehrere gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen. Derzeit befindet sie sich jedoch in keiner Beziehung.

Ihre Familie, bestehend aus ihren Eltern, Geschwistern, Kindern und dem ehemaligen Lebensgefährten lebt in Uganda. Sie hat lediglich Kontakt zu einer Schwester, bei der das jüngste Kind der BF lebt. Zu den übrigen Familienangehörigen besteht kein Kontakt.

Es ist aufgrund der untenstehenden Berichte über die Situation Homosexueller in Uganda mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die BF, sofern sie ihre sexuelle Orientierung nicht verleugnet bzw. äußerst gut verbirgt, Opfer von schweren Eingriffen in ihre körperliche Integrität und in ihre Person werden würde.

1.2. Zur Situation in Uganda werden folgende Feststellungen getroffen:

Einvernehmliche, gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen sind laut eines Gesetzes aus der Kolonialzeit illegal (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). In diesem Gesetz wird Geschlechtsverkehr gegen die natürliche Ordnung kriminalisiert. Das Strafmaß beträgt bis zu lebenslange Haft (USDOS 3.3.2017).

Im Februar 2014 unterzeichnete Präsident Museveni ein 2009 eingebrachtes Gesetz gegen Homosexualität (AA 8.2017a; vgl. AI 22.2.2017, GIZ 6.2017a). Im August 2014 erklärte das Verfassungsgericht dieses Gesetz für null und nichtig, da es vom Parlament ohne eine beschlussfähige Mehrheit verabschiedet worden war (AA 8.2017a; vgl. GIZ 6.2017a). Trotzdem nimmt die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bi- und Intersexuellen weiterhin zu (GIZ 6.2017a). Die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen (LGBTI) Personen werden weiterhin missachtet (AI 22.2.2017). Wie in vielen anderen afrikanischen Ländern ist auch in Uganda das Wissen um diese Lebensform kaum verbreitet. Fast alle Erwachsenen sind verheiratet und somit bleibt das Phänomen oftmals unentdeckt (GIZ 6.2017a).

Im August 2016 stürmte die Polizei unrechtmäßig eine Veranstaltung, die Teil des Gay Pride Festivals in Kampala war. Die Polizei schloss die Tore des Veranstaltungsortes ab, verhaftete Aktivisten und schlug und erniedrigte Menschen und verletzte Vereinigungs- und Versammlungsrechte (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017, AI 22.2.2017). Sechzehn Personen - vorwiegend Aktivisten - wurden vorübergehend verhaftet und nach wenigen Stunden wieder freigelassen (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017).

In den hier herangezogenen Quellen werden keine Fälle erwähnt, wo Haftstrafen aufgrund von Homosexualität ausgesprochen worden wären.

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (8.2017a): Uganda - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_4306007B48106D1E6495B5424DCDAAEB/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Uganda/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.9.2017

- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Uganda, https://www.ecoi.net/local_link/336533/479206_de.html, Zugriff 19.9.2017

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2017a): Uganda - Geschichte & Staat, Menschenrechte, http://liportal.giz.de/uganda/geschichte-staat/, Zugriff 19.9.2017

- HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Uganda, http://www.ecoi.net/local_link/334727/476481_de.html, Zugriff 19.9.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Uganda, https://www.ecoi.net/local_link/337247/480011_de.html, Zugriff 19.9.2017

Einem Bericht von Gitta Zomorodi, Responding to LGBT forced migration in East Africa vom Mai 2016 (abrufbar unter http://www.fmreview.org/solutions/zomorodi.html; Zugriff am 17.02.2020), ist insbesondere zu entnehmen, dass das neue Gesetz im Jahr 2014 zu einer Häufung von Drohungen, Gewalt, Erpressung etc. geführt hat. Viele würden sich verpflichtet fühlen, ihre Familienmitglieder anzuzeigen. Auch Organisationen zur Unterstützung der Rechte Homosexueller schränkten ihre Aktivitäten ein. Die Aufhebung des Gesetzes nur wenige Monate nach Erlassung trug nichts zu einer Verbesserung der Situation bei, weil die Aufhebung nur aufgrund eines Formalfehlers erfolgt war.

Ergänzend wird auf eine umfassende Anfragebeantwortung vom 9. Oktober 2017 verwiesen, die ebenfalls bestätigt, dass der "Uganda Anti-Homosexuality Act" im Februar 2014 verabschiedet, aufgrund von Mängeln im Gesetzgebungsprozess im August 2014 aber wieder behoben wurde. Es kam seither zu Verhaftungen und Menschenrechtsverletzungen, wobei die inhaftierten Personen zumeist nach kurzer Zeit wieder aus der Haft entlassen wurden. Es konnten keine Quellen über Verurteilungen aufgrund des neuen (und rasch wieder behobenen) Gesetzes gefunden werden. Die Schikanen haben aber weiter zugenommen, so wurden etwa bei einer Razzia im August 2016 etwa 20 Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung verhaftet. Sie wurden zwar nach kurzer Zeit wieder enthaftet, es gibt aber Berichte über Misshandlungen im Polizeigewahrsam. Auch ohne das neue Gesetz ist Homosexualität nach dem bisherigen Abschnitt 145 des Strafgesetzbuches verboten und wird mit Freiheitsstrafen bis zu 14 Jahren geahndet. Dies gilt auch für Frauen.

Die Haftbedingungen sind schlecht und in manchen Fällen lebensbedrohlich. Schwerwiegende Probleme sind lange Untersuchungshaft, Überbelegung und unangemessener Personalstand. Es gibt Berichte, dass Sicherheitskräfte Insassen foltern. Es gibt vereinzelte Berichte von Zwangsarbeit im Gefängnis. Es kommt auch vereinzelt zu Todesfällen aufgrund von Folter und Misshandlungen (USDOS 3.3.2017).

Überlange Untersuchungshaftzeiten und eine unzureichende Infrastruktur bei Gerichten, Polizei und Gefängnissen sind an der Tagesordnung. Verfahren dauern lange und sind nicht transparent (GIZ 6.2017a). Die Behörden geben dem Strafrechtssystem die Schuld an der Überbelegung, da sie nicht in der Lage sind, die Fälle rechtzeitig zu bearbeiten (USDOS 3.3.2017). Gefängnisse sind mit einem Belagsstand von 273% überfüllt. Im Zentralgefängnis in Lira, das für 250 Insassen ausgelegt ist, leben 700 Gefangene. Sie schlafen in Schichten und warten zum Teil schon seit drei bis vier Jahren auf ihren Prozess (GIZ 6.2017a).

In Gefängnissen in Kampala sind medizinische Versorgung, fließendes Wasser sowie angemessene sanitäre Einrichtungen, Belüftung und Lichtverhältnisse gewährleistet. Doch diese Gefängnisse zählen zu den Überfülltesten. Schwerwiegende Probleme in Gefängnissen außerhalb von Kampala sind ein Mangel an Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung sowie schlechte sanitäre Einrichtungen. Langwierige Untersuchungshaft ohne Kontakt zur Außenwelt, Beschränkungen des Rechts auf ein faires Verfahren, Korruption, Gewalt von Banden, Menschenhandel und Kinderarbeit stellen weiterhin ein Problem dar. Gefängnisbeamte sollen Gefangene auf privaten Bauernhöfen und Baustellen angestellt haben. Männliche Häftlinge leisten oft mühselige körperliche Arbeit, während weibliche Häftlinge oft handelsfähige Kunsthandwerke, wie z. B. geflochtene Körbe, herstellen (USDOS 3.3.2017).

In jedem Gefängnis gibt es einen zuständigen stellvertretenden Menschenrechtsbeauftragten, der Beschwerden untersucht und zwischen der Gefängnisleitung und den Häftlingen vermittelt. Die Strafvollzugsbehörde räumt allerdings einen Rückstand bei der Untersuchung von Beschwerden ein (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2017a): Uganda - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/uganda/geschichte-staat/, Zugriff 14.9.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Uganda, https://www.ecoi.net/local_link/337247/480011_de.html, Zugriff 14.9.2017

Die Gender-Situation in Uganda unterscheidet sich nicht grundlegend von der in anderen afrikanischen Staaten. Hohe Müttersterblichkeit, unterdurchschnittlich niedrige weibliche Alphabetisierungsraten und die weit stärkere Arbeitsbelastung von Frauen im Vergleich zu der von Männern. Traditionelle Gesetze und Praktiken beherrschen immer noch die Gesellschaft, obwohl die im Jahr 1995 ratifizierte demokratische Verfassung die Gleichstellung der Geschlechter zusichert. So gehören auch heute noch Unterdrückung, überdurchschnittliche Arbeitsbelastung, Gewaltanwendung durch den Ehepartner und Vergewaltigung zum Alltag der Frauen, welche zudem auch so Gefahr laufen, sich mit HIV anzustecken (GIZ 6.2017b).

Vergewaltigung und häusliche Gewalt sind strafbar. Das Gesetz kriminalisiert Vergewaltigung und Vergewaltigung in der Ehe. Das Strafmaß dafür ist lebenslange Haft oder die Todesstrafe. Vergewaltigung stellt ein großes Problem dar und die Regierung setzt das Gesetz nicht konsequent durch (USDOS 3.3.2017).

Doch es gibt auch Positives von Ugandas Frauen zu berichten. So setzen sich die Frauen im

Tororo Distrikt im Osten des Landes dafür ein, dass der Brautpreis abgeschafft wird. Die ugandische NGO ACFODE (Action for Development) hat sich die rechtliche Gleichstellung der Frauen zum Ziel gesetzt (GIZ 6.2017b).

Bei einigen Ethnien Ugandas werden die Frauen beschnitten. Diese Praktiken wirksam zu bekämpfen ist nicht einfach, doch immer häufiger gehen Betroffene an die Öffentlichkeit. Das Gesetz und die Verfassung verbieten seit 2009 FGM/C. Es drohen bis zu 10 Jahren Haft (GIZ 6.2017b; vgl. USDOS 3.3.2017).

Quellen:

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2017b): Uganda - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/uganda/gesellschaft/, Zugriff 19.9.2017

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Uganda, https://www.ecoi.net/local_link/337247/480011_de.html, Zugriff 19.9.2017

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Vorbringen der BF:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Uganda und weitere Berichte zur Lage Homosexueller in Uganda (siehe unter Punkt 1.2.). Insbesondere wurde die mündliche Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes am 03.11.2019 berücksichtigt.

Die Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum) und zu den persönlichen Verhältnissen der BF beruhen auf ihren diesbezüglichen Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, auf den vorgelegten ugandischen Dokumenten sowie auf einer Visaabfrage.

Die BF gab durchgehend an, dass in Uganda noch ihre Eltern, ihre Geschwister, ihre Kinder sowie ihr früherer Lebensgefährte leben würden, dass sie aber keinen Kontakt mehr zu ihnen habe, außer zu einer Schwester, die für das jüngste Kind der BF sorgt.

Die Feststellung zum italienischen Visum mit der Gültigkeit von 21.05.2015 bis 14.06.2015, welches der BF erteilt wurde, ergibt sich aus einer Visaabfrage. Der rechtsfreundlichen Vertretung ist zwar beizutreten, wenn sie auf Vorhalt dieses Visums einwendet, dass die BF selbst angegeben hat, in Italien gewesen zu sein und daher keinen Grund hätte, das italienische Visum zu verschweigen, jedoch ist aufgrund der Einreise der BF am 02.06.2015 und ihrer Antragstellung am selben Tag während der Gültigkeit des Visums davon auszugehen, dass sie mittels des genannten Visums in die EU eingereist ist. Entgegen dem BFA geht das erkennende Gericht jedoch nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht von der gänzlichen Unglaubwürdigkeit der Angaben sowie der Person der BF aufgrund ihrer unglaubwürdigen Angaben zum Reiseweg aus. Vielmehr hat sie ihr Fluchtvorbringen trotz einzelner Unstimmigkeiten im Kern gleichbleibend, plausibel und sehr detailliert geschildert.

Die BF hat auf das Wesentlichste zusammengefasst vorgebracht, dass sie seit ihrem Schulbesuch in einem Internat für Mädchen ihrer homosexuellen Orientierung bewusstgeworden sei, wo sie auch ihre ersten gleichgeschlechtlichen sexuellen Erfahrungen gemacht habe. Sie habe dann über Jahre eine Beziehung zu einer namentlich genannten Frau gehabt. Nachdem ihr Vater und ihre Umgebung von der gleichgeschlechtlichen Beziehung Kenntnis erlangt hätten, sei sie zwangsverheiratet worden. Aus dieser Verbindung seien drei Kinder hervorgegangen. Trotz dieser Zwangsheirat habe sie ihre Beziehung zu ihrer Freundin aufrechterhalten. Aus diesem Grund habe ihr Lebensgefährte sie einer Vergewaltigung ("corrective rape") zugeführt und sie mehrmals misshandelt. Bevor er sie das letzte Mal, nachdem sie sich mit ihrer Freundin getroffen habe, bestrafen habe wollen, indem er das Gesetz selbst in die Hand nehmen hätte wollen bzw. sie an die Polizei verraten wollen, sei der BF die Flucht gelungen.

Auch wenn die von der BF geschilderte und von ihrem Lebensgefährten veranlasste Vergewaltigung durch andere Männer auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar erscheint, findet diese jedoch Deckung in der von der rechtsfreundlichen Vertretung zitierten Berichten. Die BF schilderte ihr Fluchtvorbringen auch sichtlich unter Einfluss starker Emotionen. Trotz gewisser Unstimmigkeiten und einzelner Unklarheiten in den Aussagen der BF steht es für das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls fest, dass die BF Uganda aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung verlassen hat.

Insbesondere kommt das Bundesverwaltungsgericht bei der zentralen Frage der sexuellen Orientierung der BF zu einem anderen Ergebnis als das BFA. Für das Bundesverwaltungsgericht steht es ohne Zweifel fest, dass die BF, wie von ihr angegeben, homosexuell ist. Dies wurde im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit dem Argument verneint, dass die BF wenige Angaben zu der Organisation gemacht habe, wo ihre Freundin aktiv gewesen sei sowie unplausible Angaben zu ihrer Ehe gemacht habe, insbesondere hinsichtlich der von ihrem Lebensgefährten veranlassten Vergewaltigung der BF durch andere Männer. Nun hat sich jedoch im Beschwerdeverfahren ergeben, dass das Vorbringen der BF zu der Vergewaltigung durch die Berichtslage gedeckt ist. Entgegen der Ansicht des BFA hat die BF auch plausibel und ausführlich dargelegt, wie sich ihre Lebensgemeinschaft gestaltet hat und dass ihr Lebensgefährte ihr Freiheiten gewährte, wenn sie sich anpasste bzw. ihre homosexuelle Orientierung leugnete. Hinsichtlich der Organisation, bei welcher die Freundin der BF aktiv gewesen sei, hat die BF bis auf den Namen der Organisation sehr wohl Angaben machen können, so etwa wie die Leiterin der Organisation heißt und wer sonst noch dort arbeitet.

Darüber hinaus wurde der Eindruck über die homosexuelle Orientierung der BF auch durch die Aussagen von MitarbeiterInnen von Queer Base als Zeugen, durch vorgelegte Unterlagen, insbesondere dem Auszug aus der Vereinsregisterauskunft, diverse Schreiben von Queer Base sowie Fotos von Veranstaltungen unterstrichen. Generell kommt der Vorlage von "Bescheinigungsschreiben" von Organisationen, welche sich für die Rechte und die Unterstützung von Homosexuellen einsetzen, kein besonderer Beweiswert zu und kann aufgrund der Vorlage eines solchen Schreibens nicht automatisch von der in einem derartigen Schreiben genannten sexuellen Orientierung ausgegangen werden. Im konkreten Fall ist allerdings darauf hinzuweisen, dass verschiedene Organisationen schriftlich von den zahlreichen, über einen mehrjährigen Zeitraum reichenden Begegnungen berichteten (beispielhaft sei etwa verwiesen auf ein Schreiben von Queer Base, Welcome and Support for LGBTIQ Refugees (im Folgenden: Queer Base) vom 20.10.2019, in dem ausführlich über die Tätigkeit der BF als Vereins- und Vorstandsmitglied berichtet wird, sowie eine Bestätigung der MA 47 über einen Beitrag der BF auf einer Konferenz der FemCities vom 26.09.2017); zudem wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung von drei Zeuginnen anschaulich dargelegt, dass sie von einer homosexuellen Orientierung der BF überzeugt sind. Es wurden auch zahlreiche Fotos eingebracht, welche vom Engagement der BF bei Aktivitäten für die Rechte von Homosexuellen zeugen. Gerade dieses Engagement und das offene Leben ihrer homosexuellen Orientierung wäre für die BF in Uganda nicht möglich bzw. mit sehr hohen Gefahren verbunden.

In einer Zusammenschau der vorgelegten Unterlagen, der Aussagen der BF sowie der Zeuginnen in der mündlichen Verhandlung und dem gewonnenen persönlichen Eindruck besteht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kein Zweifel an der homosexuellen Orientierung der BF.

Hinsichtlich des von der Rechtsvertretung der BF gestellten Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur aktuellen Situation in Uganda war aufgrund der Entscheidungsreife und des gewonnenen Eindrucks von der Glaubhaftigkeit der Angaben der BF Abstand zu nehmen.

Die Feststellung betreffend die strafrechtliche Unbescholtenheit in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister.

2.2. Zu den Länderfeststellungen:

Die länderspezifischen Feststellungen entstammen im Wesentlichen einer Zusammenstellung der Staatendokumentation vom September 2017, welche auf einer ausgewogenen Sammlung zahlreicher seriöser, aktueller, internationaler, staatlicher und nicht staatlicher Quellen beruht, die in den obigen Länderfeststellungen zitiert wurden.

Dieses allgemeine Länderinformationsblatt wurde ergänzt durch einen (oben ausführlich zitierten) Bericht von Gitta Zomarodi sowie eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Lage Homosexueller in Uganda.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Im gegenständlichen Fall bringt die BF vor, in Uganda wegen ihrer homosexuellen Orientierung verfolgt zu werden.

Verfolgung aufgrund der sexuellen Ausrichtung (Homosexualität) ist schon nach den eindeutigen ErläutRV zum AsylG 1991 unter den Tatbestand der Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zu subsumieren. (270 Blg Nr.18. GP11, Putzer-Rohrböck, Asylrecht, S. 43). Auch die Qualifikationsrichtlinie (Rl 2011/95/EU) präzisiert, dass das bei der Definition der sozialen Gruppe geforderte gemeinsame Mittel auch die sexuelle Orientierung sein kann (Wiebke, Die "bestimmte soziale Gruppe" "queer" gelesen - eine kritische Analyse der unionsrechtlichen Definition, ZAR 11-12, 2014).

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte in seinem Urteil vom 7. November 2013, C-199/12 bis C-201/12, klar, dass Homosexuelle eine bestimmte soziale Gruppe gemäß Artikel 10 Absatz 1 litera d der Statusrichtlinie darstellen. Der EuGH wies darauf hin, dass die sexuelle Ausrichtung ein Merkmal darstellt, das so bedeutsam für die Identität ist, dass die Betreffenden nicht gezwungen werden können, darauf zu verzichten. Das erste Kriterium der Definition einer sozialen Gruppe sei daher bei Homosexuellen grundsätzlich erfüllt. Das zweite Kriterium, die wahrgenommene Andersartigkeit und abgegrenzte Identität, sei zu bejahen, wenn Homosexualität im Herkunftsland durch strafrechtliche Bestimmungen kanalisiert sei. Das Bestehen strafrechtlicher Bestimmungen erfülle jedoch für sich genommen nicht die von Artikel 9 Absatz 1 der Statusrichtlinie geforderte Schwere der Menschenrechtsverletzungen. Eine Verfolgungshandlung sei vielmehr erst dann zu bejahen, wenn die angedrohte Freiheitsstrafe in der Praxis auch tatsächlich verhängt werde und sie dadurch zu einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung gemäß Artikel 9 Absatz 2 litera c der Statusrichtlinie werde. Es sei allerdings unerheblich, ob ein Antragsteller die Gefahr der Verfolgung dadurch vermeiden könnte, dass er seine Homosexualität geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben der sexuellen Ausrichtung übt.

Die BF hat glaubhaft vorgebracht homosexuell zu sein und in Uganda bereits Übergriffe in ihre körperliche Integrität, etwa in Form von Übergriffen durch ihren Vater und ihren Lebensgefährten, erlebt zu haben. Es steht fest, dass es bereits zu schwerwiegenden Eingriffen in ihre zu schützende persönliche Sphäre gekommen ist. Es steht zudem unbestritten fest, dass homosexuelle Kontakte in Uganda strafrechtlich verboten sind. Laut EuGH erfüllt das Bestehen strafrechtlicher Bestimmungen jedoch für sich genommen nicht die von Artikel 9 Absatz 1 der Statusrichtlinie geforderte Schwere der Menschenrechtsverletzungen - dies ist erst der Fall, wenn die angedrohte Freiheitsstrafe in der Praxis auch tatsächlich verhängt wird. In Uganda wird zwar immer wieder von Verhaftungen berichtet, allerdings gelangen kaum Berichte über Verurteilungen aufgrund der sexuellen Orientierung an die Öffentlichkeit. Es stellt sich daher die Frage, ob daraus geschlossen werden kann, dass von keiner Verfolgung Homosexueller in Uganda auszugehen ist.

Artikel 9 der Statusrichtlinie definiert Verfolgungshandlungen im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention. Entscheidend für das Vorliegen einer Verfolgung ist die Schwere der Handlung, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein muss, dass sie eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung darstellt. Alternativ kann die geforderte Schwere durch eine Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen erreicht werden. Verfolgungshandlungen sind etwa die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung.

Für das Bundesverwaltungsgericht steht aufgrund der oben zitierten Berichte fest, dass Homosexuelle in Uganda - neben den strafrechtlichen Bestimmungen - mit verschiedenen Eingriffen konfrontiert sind: So wird in den verschiedenen Quellen von willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen im Polizeigewahrsam und körperlicher Gewalt durch Privatpersonen berichtet. Im gegenständlichen Fall hat die BF glaubwürdig von Übergriffen auf ihre Person (Misshandlungen und Vergewaltigung) berichtet. Selbst wenn man daher davon ausgeht, dass die Anzahl von tatsächlichen Verurteilungen zu mehrjährigen Haftstrafen gering ist, muss aufgrund der Kumulierung der verschiedenen Übergriffe davon ausgegangen werden, dass in Uganda eine Verfolgung homosexueller Personen, welche ihre sexuelle Orientierung nicht verbergen, erfolgt. Wie bereits ausgeführt kann nach der Judikatur des EuGH nicht verlangt werden, dass eine Person die Gefahr der Verfolgung dadurch vermeiden könnte, dass er/sie seine/ihre Homosexualität geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben der sexuellen Ausrichtung übt.

Ebenso wäre die BF zu ihrem eigenen Schutz in Uganda dazu gezwungen, ihre sexuelle Orientierung wieder im Geheimen zu leben; angesichts des Einsatzes der BF für die Rechte Homosexueller in den letzten Jahren und dem offenen Umgang mit Beziehungen zu gleichgeschlechtlichen Partnerinnen erscheint dies ihr nicht zumutbar.

In diesem Sinne wies (in Bezug auf einen Asylwerber aus dem Iran) auch der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 21. Juni 2017, Zl. 3074/2016-9 darauf hin, dass eine Rückkehr des homosexuellen Asylwerbers in den Iran im Ergebnis dazu führen würde, dass der Beschwerdeführer gezwungen wäre, seine sexuelle Orientierung weiterhin im Geheimen - unter ständiger Angst entdeckt zu werden - zu leben, um sich nicht der Gefahr von Diskriminierung, strafgerichtlicher Verfolgung oder körperlicher Schädigung auszusetzen. Dies sei mit dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 7. November 2013 in den Rechtssachen C-199/12 bis C-201/12 (zur Auslegung der Richtlinie 2004/83/EG), Minister voor Immigratie en Asiel gegen X ua., nicht vereinbar.

Soweit die Verfolgungshandlungen durch Private erfolgen (so auch die von der BF geschilderte Vergewaltigung) ist davon auszugehen, dass in Uganda kein staatlicher Schutz für Homosexuelle besteht (in diesem Sinne etwa auch Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 10. Dezember 2014, 8 K 4089/14). Vielmehr ist eine staatliche Verfolgung zu erwarten.

Mag es auch kaum zu direkten Verurteilungen wegen Homosexualität in Uganda kommen, so besteht bei einer Gesamtbetrachtung des vorliegenden individuellen Falles doch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, dass die BF bei einer Rückkehr nach Uganda schwerwiegenden Eingriffen in ihre zu schützende persönliche Sphäre ausgesetzt wäre und zwar wegen ihrer Homosexualität und daher wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe. Es ist daher im Sinne der oben zitierten Judikatur ein Zusammenhang zu den in der GFK taxativ aufgezählten Verfolgungsgründen festzustellen und bestehen auch keinerlei Hinweise darauf, dass diese Verfolgungssituation nicht mehr aktuell wäre.

In Anbetracht des Umstandes, dass es in Uganda keinerlei Gebiete gibt, wo die BF vor einer solchen Verfolgung sicher wäre, kommt auch keine innerstaatliche Fluchtalternative infrage.

Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes (Artikel 1 Abschnitt D, F der GFK und § 6 AsylG) oder eines Endigungsgrundes (Artikel 1 Abschnitt C der GFK) ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Der BF war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 02.06.2015 - und somit vor dem 15.11.2015 - gestellt wurde, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 AsylG im konkreten Fall keine Anwendung finden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylgewährung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Flüchtlingseigenschaft Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Homosexualität mündliche Verhandlung sexuelle Orientierung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2139342.1.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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