Entscheidungsdatum
14.04.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W264 2208691-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde des
XXXX , Sozialversicherungsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Niederösterreich vom 1.10.2018, OB: XXXX , mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpasses abgewiesen wurde, gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 %.
2. Er begehrte mit 9.1.2018 datiertem Antrag die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) mittels Antragsformular 03/2017, worin als Hinweis vermerkt ist: „Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel‘ sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel‘ in den Behindertenpass.“
Mit Schreiben des KOBV – Der Behindertenverband vom 24.1.2018 beantragte der Beschwerdeführer (im Folgenden: „BF“) beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: „SMS“ oder „belangte Behörde“) die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass und die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO).
3. Die belangte Behörde holte im Rahmen des ärztlichen Begutachtungsverfahrens das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten Dris. XXXX ein. Dieser Sachverständige gab infolge persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 15.6.2018 das Gutachten vom 1.7.2018 ab:
(Auszug aus dem Gutachten):
Anamnese:
2006 ED Morbus Crohn, 2010 Stammzellentransplantation, 2011 Dünndarmresektion 40 cm, 2016 Epiduralhämatom nach Sturz, 04/2017 Ileozökalresektion und Segmentresektion; ? Weitere Erkrankungen und OPs werden negiert.
Derzeitige Beschwerden:
Berichtet über relativ häufig auftretende Bauchschmerzen (auf Nachfrage 10 x / Tag, einige
Minuten andauernd), des Weiteren berichtet er über gehäufte Stuhlgänge, das sei davon abhängig, was er esse, zwischen 5 und 10 x tagsüber, seit der letzten OP habe er immer flüssige Stühle, meistens auch ein bisschen Schleim dabei, blutig nicht, er ginge 1 - 2 x in der Nacht auf die Toilette, Stuhlverlust wird negiert (er erreiche das Klo rechtzeitig, benötige keine Einlagen), er esse sehr viel und nehme aber nicht zu, das Gewicht sei in letzter Zeit eher wieder geringer geworden (meint, er habe 59 kg), er beschreibt Erschöpfung und Müdigkeit, deswegen sei er alle 2 - 3 Wochen beim Hausarzt, dort bekomme er Eiseninfusionen, auf Nachfrage wird eine Fistelerkrankung negiert, ebenfalls auf Nachfrage gibt er an, dass er in letzter Zeit häufiger Schmerzen im rechten Kniegelenk habe, 2 - 3 x im Monat könne er nicht auf die Universität gehen, weil es ihm zu stressig sei und er zu starke Bauchschmerzen habe, Schmerzmitteleinnahme bedarfsorientiert, selten, zuletzt vorgestern Novalgin (Tablette).
Weitere Beschwerden werden negiert.
Auf Nachfrage berichtet er, dass er auch regelmäßig Sport mache, er merke aber, dass es nicht so gut gehe, wie bei den anderen, etwa 1 x in der Woche spiele er Volleyball oder Tischtennis.
Auf Nachfrage berichtet er über manchmal auftretende Probleme beim Gehen mit den Gelenksschmerzen, sonst habe er sich an viel gewöhnt in den letzten 12 Jahren, Sturzereignisse seien seit dem letzten Mal nicht mehr aufgetreten.
Im Rahmen der Untersuchung bei der Prüfung der Hüftgelenksbeweglichkeit erinnert sich der AW, dass er sich vor einigen Jahren an der rechten Hüfte verletzt habe, er wollte sich damals nicht operieren lassen, beim Gehen bereite ihm das keine Probleme, aber beim Fußballspielen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Pentasa, Imurek, dzt. Teilnahme an einer Studie (verblindete Studie mit placebokontrolliertem Arm)
Sozialanamnese:
Student (Bauingenieurwesen), ledig, keine Kinder
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
CRP 2,09, Ferritin unter 15
20171201 Ambulanzbesuch - Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Schmerzen: 0, Stühle gef.: 1 - 2, Fistel: Nein, Gelenksschmerzen: Nein, Abdomen: keine Resistenz, Immunsuppressiva: Imurek, akutes Problem: vor 3 - 4 Wochen Stress mit Bauchschmerzen, ad lleocoloskopie mit Rutgeerts Score wegen V. a. Rezidiv, Pentasa 3 g, ev. Stelara
20171116 Calprotectin im Stuhl 1538
20170416 Entlassungsbericht Universität Wien Chir. - Dg.: Morbus Crohn, ED 2006, Z. n. Stammzellentransplantation 2010, Z. n. 40 cm Dünndarmresektion 2011, Imurek seit 2011, Epiduralhämatom und Trepanation nach Sturz 10/2016; Dg. bei Entlassung: Crohnerkrankung; durchgeführte Maßnahmen: Segmentresektion Jejunum, lleozökalresektion offen
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut
Ernährungszustand: reduziert
Größe: 177,00 cm Gewicht: 57,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus: Kopf, Hals:
rechtstemporal ist ein kleines Bohrloch tastbar, Narbe von der behaarten Kopfhaut bedeckt
Stamm:
der Thorax symmetrisch, seitengleich belüftet, Eupnoe, die Herztöne leise, die Herzaktion rhythmisch, normfrequent, im Bereich der Pectoralregion links findet sich eine etwas verbreiterte, jedoch reizlose Narbe bei Z. n. PAC-Implantation und -Explantation, mehrere reizlose Narben im Bereich des Bauches (mediane Oberbauch- und
Unterbauchlaparotomie), querverlaufende Narbe im Unterbauch sowie punktförmige
Narbe rechter Mittelbauch, die Bauchdecken selbst weich, Druckschmerz im rechten Untermittelbauch wird angegeben, Défense keine, Resistenzen keine, Darmgeräusche vorhanden und unauffällig
obere Extremitäten:
Rechtsdominanz, die Schultern stehen gerade, der Schürzen- Nackengriff problemlos ausführbar, der Muskelmantel symmetrisch seitengleich kräftig ausgeprägt, der
Faustschluss komplett und kräftig, die Daumenopposition bis zum Kleinfinger möglich, die Beweglichkeit in den Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken altersentsprechend unauffällig
Untere Extremitäten:
das Becken steht gerade, Zehen- und Fersengang problemlos möglich, Einbeinstand bds sicher, der Muskelmantel symmetrisch mäßig kräftig ausgeprägt, vor allem im USCH-Bereich, die Beweglichkeit in den Hüft-, Knie- und Sprunggelenken altersentsprechend unauffällig, die Kniegelenke bandstabil, ohne Erguss, die Zehenbeweglichkeit frei, die Durchblutung oB
Wirbelsäule:
die Achse im Lot, Kopfrotation nach beiden Seiten 70°, KJA 0/22 cm, Reklination flüssig, Rumpfdrehung und –seitneigung nicht eingeschränkt, FBA etwa 15 cm, Schober 10/15, Lasegue negativ, paravertebrale Muskulatur in allen Abschnitten symmetrisch kräftig ausgeprägt, keine Myogelosen, kein Hartspann, kein Druckschmerz ? Neurologie:
die MER seitengleich lebhaft auslösbar, sensomotorische Defizite nicht feststellbar, Eudiadochokinese, Stand- und Tretversuch flüssig, Finger-Nase-Versuch flüssig, zielgerichtet
Gesamtmobilität – Gangbild:
trägt Konfektionsschuhe, das Barfußgangbild harmonisch, flott, frei, mit unbehinderter Abrollbewegung, An- und Auskleiden zügig und selbstständig, Bewegungsabläufe flüssig
Status Psychicus: allseits orientiert, Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, erreicht das Ziel, Mnestik unauffällig, Stimmung ausgeglichen, Antrieb im Normbereich, Affekt stabil, gute Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
chronisch entzündliche Darmerkrankung
Wahl dieser Richtsatzposition mit dem oberen Rahmensatz, berücksichtigt die chronische Erkrankung mit Notwendigkeit zur immunmodulatorischen Therapie, Berücksichtigung finden der Zustand nach Stammzellentransplantation sowie die stattgehabten
Operationen, mäßiggradige Einschränkung des Ernährungszustandes,
Anämie, extraintestinale Manifestationen bestehen nicht
07.04.06
60
Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Zustand nach Epiduralhämatom, da folgenlos abgeheilt
Schmerzen rechte Hüfte, da keine funktionellen Defizite objektivierbar sind
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: in diesem Verfahren liegen keine Vorgutachten vor.
Hinsichtlich des 2016 durchgeführten Gutachtens zur erhöhten Familienbeihilfe, haben sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben, da durch Wahl der Positionsnummer und des Richtsatzes, die oben angeführten leidenstypischen Folgen, sowie typisch schubhafter Krankheitsverlauf ausreichend berücksichtigt sind.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
?
Dauerzustand
?
Nachuntersuchung -
Herr XXXX kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
? JA ? NEIN
Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:
Ja
Nein
Nicht geprüft
Die / Der Untersuchte
?
?
?
ist überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen
?
?
?
ist blind (entsprechend Bundespflegegeldgesetz)
?
?
?
ist hochgradig sehbehindert (entspr. Bundespflegegeldgesetz)
?
?
?
ist gehörlos
?
?
?
ist schwer hörbehindert
?
?
?
ist taubblind
?
?
?
ist Epileptikerin oder Epileptiker
?
?
?
ist Trägerin oder Träger eines Cochlea-Implantates
?
?
?
Bedarf einer Begleitperson
?
?
?
ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial
?
?
?
ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger
?
?
?
ist Orthesenträgerin oder Orthesenträger
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Leiden 1 führt nicht zu einer Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der derart ausgeprägt wäre,
dass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das selbstständige Überwinden von
Niveauunterschieden oder der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel in nachgefragter Weise beeinträchtigt wäre. Die angeführten gehäuften Stuhlgänge haben nicht grundsätzlich Einfluss auf die oben nachgefragten Fertigkeiten, wobei typischerweise starke Schwankungen in der Defäkationsfrequenz auftreten können, wie auch aus der Differenz zwischen anamnestischen Erhebungen und Befundlage ersichtlich ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Die durchgeführte Therapie hat Einfluss auf das Immunsystem. Dieser ist jedoch nicht derart ausgeprägt, dass durch die regelhafte Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels eine erhebliche Infektionsgefahr resultieren würde. Gehäufte Infekte werden nicht beklagt und sind nicht dokumentiert.
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
Ja
Nein
Nicht geprüft
?
?
?
Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.
?
?
?
Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit
?
?
?
Erkrankungen des Verdauungssystems GdB: 60 v.H.
4. Mit Schreiben vom 16.7.2018 übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 1.7.2018 und räumte ihm die Möglichkeit ein, binnen drei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben bzw. auch neue Beweismittel vorzulegen.
5. In seiner Stellungnahme vom 3.8.2018 äußerte der Beschwerdeführer, dass der Sachverständige sich nicht ausreichend mit den Auswirkungen der Erkrankung Morbus Crohn auseinandergesetzt hätte und auch nicht damit, ob das Absetzen von Stuhl beeinflussbar oder vorhersehbar sei und etwa eine Geruchsbelästigung damit einhergehe.
Es wurde ausdrücklich vorgebracht, dass die Erkrankung des Beschwerdeführers mit „permanenten starken Entzündungen“ einhergehe und nicht mit den üblicherweise nur schubweise auftretenden Beschwerden einer Morbus-Crohn-Erkrankung vergleichbar sei.
2010 sei eine Stammzellentransplantation erfolgt, 2011 und 2017 haben Resektionen des Darms stattgefunden und es komme infolgedessen unter imperativ auftretenden mehrfach täglichen Stuhlgängen. Er leide unter massiver Blutarmut und herabgesetztem Ernährungs- und Allgemeinzustand, es sei mehr zu mehrfachen Stürzen und Kreislaufzusammenbrüchen gekommen.
6. Daraufhin wurde die Stellungnahme Dris. XXXX vom 29.9.2018 abgegeben. Darin wird festgehalten, der Beschwerdeführer habe in der Anamnese eine Einlagenversorgung negiert, die Blutarmut und der herabgesetzte Ernährungs- und Allgemeinzustand wären ausreichen berücksichtigt worden und Kreislaufzusammenbrüche mit einhergehenden Stürzen seien nicht dokumentiert. Der Beschwerdeführer habe über regelmäßige Sportausübung berichtet. Über erhöhte Infektanfälligkeit sei nichts dokumentiert und kam es daher insgesamt zu keiner Änderung zum Gutachten vom 1.7.2018.
7. Im vorgelegten Fremdakt liegt auch ein Schreiben der Mutter des BF an den KOBV ein. Zusammengefasst berichtet die Mutter darin, dass der BF seit dem 10. Lebensjahr krank ist und welcher Unbill er etwa beim Weg aus dem Waldviertel zum Studienort Wien ausgesetzt war und dass der BF in einem schlechten allgemeinen körperlichen und kreislaufmäßigen Zustand sei. Darin ging die Mutter auch auf die Vorgehensweise bei der Untersuchung durch Dr. XXXX ein und wurde moniert, dass in dem Gutachten nicht alles niedergeschrieben worden sei.
8. Mit Bescheid vom 1.10.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. Diesem Bescheid wurde das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens zu Grunde gelegt (Bescheid Seite 2). In der Beilage des Bescheids wurde dem BF lediglich die Stellungnahme Dris. XXXX vom 29.9.2018 übermittelt.
9. Im vorgelegten Fremdakt liegt eine mit 18.10.2018 datierte Email eines Mitarbeiters des Büros eines Mitgliedes der Niederösterreichischen Landesregierung an die Bundesbehörde Sozialministeriumservice ein, worin um Prüfung ersucht wird, ob die Zusatzeintragung nicht doch erfolgen könne und wird um kurze Information über das Ergebnis der Prüfung ersucht. Daraufhin wurde seitens der belangten Behörde mit Email vom 19.10.2018 über den Bescheid vom 3.10.2018 informiert und mitgeteilt, dass der BF bis 20.11.2018 bei der belangten Behörde das Rechtsmittel der Beschwerde einbringen könne.
10. Gegen den Bescheid vom 1.10.2018 richtete sich die Beschwerde vom 25.10.2018. Verwiesen wurde darin auf höchstgerichtliche Judikatur sowie auf den Befund Dris. XXXX vom 8.8.2018, wonach der Beschwerdeführer an unplanbaren und imperativen Stuhlgängen leide. Der Beschwerdeführer leide täglich an fünf bis zehn Stuhlgängen über Tags und ein bis zwei Stuhlgängen nachts, immer flüssig, meistens auch mit Schleim.
Zu Kreislaufzusammenbrüchen und einhergehenden Stürzen wurde auf den EEG-Befund des LK Horn vom 1.8.2017 hingewiesen: „Z. n. Sturz mit Epiduralhämatom im Oktober 2016“ und werde dieser in der Anamnese Dris. XXXX vom 1.7.2018 auch wiedergegeben.
Nunmehr treibe der Beschwerdeführer (177 cm Größe, 57 kg und Hämoglobin-Wert von 8,8g/dl) keinen Sport mehr, dies sei nicht korrekt wiedergegeben im Gutachten Dris. XXXX vom 1.7.2018.
Der Beschwerdeführer nehme an einer Medikamentenstudie des XXXX (Etrolizumab) teil. Es wurde unter anderem die Einholung eines gastroenterologischen Gutachtens beantragt.
11. Mit Erledigung vom 15.4.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert,
a) im Falle, dass die Studie bereits abgeschlossen ist, medizinische Unterlagen über den den Ausgang dieser Studie betreffend seine Person zu übermitteln;
b) im Falle, dass diese Studie noch andauert, ein Schreiben des Studienleiters / behandelnden Arztes des XXXX betreffend den bisherigen Verlauf dieser Studie betreffend Ihre Person und nähere Angaben zur Dauer dieser Studie bzw zur beabsichtigten Dauer Ihrer Teilnahme an dieser Studie zu übermitteln.
12. Der Beschwerdeführer übermittelte daraufhin
? das Beweismittel „Ärztliche Begutachtung“ des XXXX , Abt. für Gastroenterologie / Hepatologie, vom 11.5.2019, worin Dr. XXXX , zum Krankheitsverlauf und zur Studienteilnahme des Beschwerdeführers ausführt und mitteilt, für weitere Fragen zur Verfügung zu stehen;
? das Beweismittel „Routinebefund“ des XXXX , Klinisches Institut für Labormedizin vom 8.3.2019.
13. Mit Gutachtensauftrag vom 16.8.2019 wurde der Sachverständigen DDr. XXXX – welche Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin in Personalunion ist – sowohl der gesamte Fremdakt des SMS als auch der gesamte Akt des Bundesverwaltungsgerichts übermittelt und unter Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung des § 46, 3. Satz BBG, ein Gutachten erbeten.
(Auszug aus dem Gutachtensauftrag):
Es möge nach persönlicher Untersuchung des BF ein
Sachverständigengutachten
erstellt werden unter Berücksichtigung der im Akt einliegenden medizinischen Beweismittel und unter Berücksichtigung der oben unter Punkt 6. genannten vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel über Folgendes:
a) Sind in den im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten Beweismitteln unwillkürliche Stuhlabgänge dokumentiert, welche das Alltagsleben des Beschwerdeführers beeinträchtigen?
b) Wie viele imperative Stuhlabgänge tagsüber und nachtsüber gibt der Beschwerdeführer am Tag der Untersuchung in der Anamnese an?
c) Wie beschreibt der Beschwerdeführer am Tag der Untersuchung die Beschaffenheit dieser: Luft? Schleim? Flüssiger Stuhl? Geformter Stuhl?
d) Ist in den vorgelegten Beweismitteln der Schweregrad seiner Stuhlinkontinenz nach dem SCORE-System bewertet?
e) Lässt sich der Schweregrad seiner Stuhlinkontinenz nach dem SCORE-System bewerten? Bejahendenfalls – welche Zahl in dem Zahlensystem nach SCORE ist dafür vorzusehen?
f) Sind in den im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten Beweismitteln Fistelbildungen, die den Schließmuskel nachhaltig schädigen, dokumentiert?
g) Lassen sich am Tag der Untersuchung Fistelbildungen, die den Schließmuskel nachhaltig schädigen, objektivieren?
h) Wie viele Stürze und / oder Kreislaufbeschwerden gibt der Beschwerdeführer am Tag der Untersuchung in der Anamnese an?
i) Im Falle, dass der Beschwerdeführer Stürze (aufgrund von Kreislaufbeschwerden oder allenfalls anderer bitte zu dokumentierenden Ursachen) angibt: Wir aufgrund der Sturzgefahr das Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln, das sichere Ein- und Aussteigen und ein sicherer Transport in einem solchen vereitelt?
j) Leidet der Beschwerdeführer an „massiver Blutarmut“ (wie in der Stellungnahme vom 3.8.2018 angegeben) und bejahendenfalls, welche Auswirkung hat diese auf seinen Ernährungs- und seinen Allgemeinzustand?
k) Welche Produkte gibt der Beschwerdeführer am Tag der Untersuchung an, mit welchen er seine Inkontinenz versorgt (Markenname und Typenbezeichnung der Einlagenversorgung bitte in der Anamnese notieren).
l) Es möge bitte mitgeteilt und begründet werden, ob aus allgemeinmedizinischer Sicht die Einholung eines gastroenterologischen Gutachtens indiziert ist.
Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des VwGH entwickelten Beurteilungskriterien zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind Funktionseinschränkungen relevant, welche die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Nach der Judikatur des VwGH zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse: 300 m bis 400 m) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert.
m) Ist dem Beschwerdeführer das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300m bis 400m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und allenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln möglich?
n) Sind allenfalls für die Zurücklegung einer Wegstrecke benötigte Behelfe für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwerend?
o) Werden bei Beschwerdeführer Gleichgewichtsprobleme und / oder Gangunsicherheit objektiviert bzw sind solche in den im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten Beweismitteln dokumentiert? Wenn ja – haben diese Einfluss auf seine Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen?
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein-und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen.
p) Ist es dem Beschwerdeführer möglich, Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen zu überwinden?
q) Sind aufgrund der bei dem Beschwerdeführer festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt zu befürchten?
Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen.
Therapiefraktion – das heißt, keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes ist nicht ausreichend.
Zur Zumutbarkeit eventueller therapeutischer Maßnahmen möge bitte Stellung genommen werden.
r) Es wird ersucht auszuführen, in welchem Ausmaß die Funktionseinschränkungen sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken.
s) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor? (Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bänder an, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen).
t) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?
u) Es möge bitte durch Einsichtnahme in die im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten Beweismitteln bzw durch Befragung am Tag der Untersuchung erhoben werden, ob darin etwa Schmerzen vorgebracht werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch Beeinflussung der Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers oder durch Beeinflussung seiner cardiopulmonalen Belastbarkeit erheblich erschweren und auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Einfluss haben. Es ist hierbei auf die Entscheidung des VwGH vom 20.10.2011, 2009/11/0032, hinzuweisen, wo das Höchstgericht ausgesprochen hat, dass im behördlichen Ermittlungsverfahren Art und Ausmaß von Schmerzen und der Umstand, inwieweit ein Beschwerdeführer dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gehindert ist, zu erheben sind, um feststellen zu können, ob einem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich zumutbar ist.
v) Es möge durch Einsichtnahme in die im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten Beweismitteln und durch Befragung des Beschwerdeführers erhoben werden, ob der Beschwerdeführer Schmerzmittel einnimmt und gegen welches seiner Leiden diese Analgetika Linderung verschaffen sollen. Auch die Häufigkeit der Einnahme dieser Schmerzmittel möge erhoben werden.
w) Es möge durch Einsichtnahme in die im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten Beweismitteln und durch Befragung des Beschwerdeführers erhoben werden, welche Medikamente in welcher Häufigkeit der Beschwerdeführer gegen seine Morbus-Crohn-Erkrankung einnimmt und ob durch diese imperativen Stuhlabgänge entgegengewirkt wird.
x) Liegt beim Beschwerdeführer eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor?
Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständigen aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachten werden, so wird ersucht, dies dem Gericht mitzuteilen. Sollte auf die Beiziehung weiterer Sachverständigen aus anderen Teilbereichen der Medizin aus gutachterlicher Sicht verzichtet werden, so möge dies bitte kurz begründet werden.
14. Am 14.1.2020 langte das Sachverständigengutachten der DDr. XXXX vom 13.12.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein und lautet dieses nach persönlicher Untersuchung am 17.10.2019 in der Zeit von 9.55 Uhr bis 10.30 Uhr wie folgt:
(Auszug aus dem Gutachten):
Vorgeschichte:
05/2006 Diagnose eines Morbus Crohn des Ileocolon
07/2010 autologe Stammzelltransplantation wegen Therapieresistenz
05/2011 Ileumresektion wegen Stenose, 90 cm
03/2013 generalisierter Krampfanfall
04/2017 Resektion von 2 Dünndarmstenosen, Restdünndarm 300 cm
Zustand nach Therapie mit Imurek, Methotrexat, Remicade, Humira ohne Erfolg
Seit 11/2017 wieder Imurek
8.5.2018 Rezidiv im Ileum, flüssige Diarrhoe mit imperativem Stuhldrang und Schwäche
wegen Anämie bei Hämoglobin 8,8
Zwischenanamnese seit 29.9.2018:
Keine Operation, kein stationärer Aufenthalt.
Befunde:
Befund Abteilung für Gastroenterologie XXXX 11.5.2019 (Erstdiagnose Morbus Crohn 2006, bisher 2 operative Eingriffe mit Ileumteilresektion 2011 bei Stenose und
Ileozäkalresektion Jejunum Segmentresektion 04/2017 bei Stenose. Bisherige Therapie:
Immunsupressiva (Azathioprin, Methotrexat), Biologika, trotzdem keine Remission.
2010 autologe Stammzelltransplantation. Studienteilnahme ab Oktober 2018, trotz initialer klinischer Besserung nach wie vor Entzündung, ausgeprägte Anämie. Studienabbruch
03/2019, weitere Therapie mit zugelassenen Biologica ab 04/2019)
Labor vorn 8. 3. 2019 (ausgeprägte Eisenmangelanämie, CRP im Normbereich)
Befund Koloskopie 26. 3. 2019 (Analkanal bis Colon ascendens unauffällig, im Anastomosenbereich im terminalen Ileum Ulcera, der Rest unauffällige Schleimhaut)
PET MR-Enterographie 10. 1. 2019 (Ileocolonischer Befall, derzeit mäßige Diarrhö, Unterbauchschmerzen. Zusammenfassung: gering entzündliche Veränderungen im Anastomosenbereich, keine Fisteln oder Abszesse)
Bericht Dr. XXXX Facharzt für Innere Medizin 8. 8. 2018 (seit 2005 schwer verlaufender Morbus Crohn, flüssige Diarrhoe mit imperativem Stuhldrang und Schwäche wegen Anämie, weshalb ihm die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel kaum zumutbar ist)
Befund Coloskopie 8. 5. 2018 (Analkanal bis Colon ascendens unauffällig, im neoterminalen Ileum einige Ulcera, das Colon völlig unauffällig)
Labor vom 23. 3. 2018 (Hämoglobin 8,8)
Bericht Ambulanzbesuche 16.3.2017-20.9.2018 (06/2018 Besserung durch Anaerobex, möchte an Studie teilnehmen, Evaluierung. Befund 13.4.2018: akutes Problem: viel Blähungen-hart, stuhlgeformt breiig flüssig 2 bis dreimal flüssig pro Tag, kein Blut.
Befund 20. 9. 2018: Re Screening, Stühle 5 bis 6x täglich, flüssig, selten Blut im Stuhl, selten Schleim im Stuhl, Bauchschmerzen Unterbauch moderat, keine Fistel)
Befund 20. 9. 2018 (Calprotectin 832 mg/Kg)
Ambulanzbericht 12. 1. 2018, 13. 4. 2018 Gastroenterologie XXXX
Befund gastroenterologische Ambulanz Universitätsklinikum XXXX 25. 7. 2016 (Morbus Crohn immunnnodulatorische Dauermedikation mit lrnurek. Seit Jänner 2016 keine spezifischen Symptome. 57 kg, 178 cm, Allgemeinzustand gut, arbeitet momentan am Bau, wo er auch physisch sehr gut belastbar ist. Aktuell keine relevante Krankheitsaktivität)
Histologischer Befund 13.4.2017 (Segmentresektion Jejunum CED vom Typ eines Morbus Crohn, aktive Phase mit Ulcera und Granulomen, keine Dysplasie)
Befund chirurgische Abteilung XXXX 16. 4. 2017 (Segmentresektion Jejunum,
Ileozäkalresektion mit Anastomose)
Befund EEG 2. 8. 2017 (Zustand nach Sturz mit Epiduralhämatom rechts frontal 10/2016 mit osteoblastischer Kraniotomie, EEG im Rahmen der Norm)
Labor vom 1. 9. 2017 (Hämoglobin 14,0, CRP 0,7)
Ambulanzbericht 1. 12. 2017 (Stühle geformt, 1 bis 2)
Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde: keine.
Sozialanamnese: ledig, keine Kinder, lebt in WG in Wohnung im 2. Stockwerk mit Lift.
Berufsanamnese: Student, Bauingenieurwesen, 7. Semester, 10 h Berufstätigkeit als Techniker, Bürotätigkeit
Medikamente: Stelara, Imurek, Elidel Creme
Allergien: 0
Nikotin: 0
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , Arbesbach
Derzeitige Beschwerden:
„Seit 3 Jahren lebe ich in Wien, es ist sehr kompliziert, mit öffentlichen Verkehrsmittel vom Waldviertel nach Wien zu fahren. Ich vermeide öffentliche Verkehrsmittel, und fahre immer mit dem Auto.
Habe immer Durchfälle und Blähungen und Angst vor dem Benützen öffentlicher Verkehrsmittel.
Der Stuhl ist flüssig bis breiig, fest ist er ganz selten, etwa einmal im Monat. Habe 7x täglich Stuhlgang, teilweise nur 5x. Immer wieder Luft. Heute war ich bereits dreimal am WC, zuletzt um 10:00 Uhr, flüssig, kein Blut. Letzte Nacht hatte ich keinen Stuhl, nachts habe ich etwa einmal Stuhlgang, eher selten, immer Winde. Zu Hause ist es kein Problem, im Hörsaal sitze ich am Rand.
Eine Stuhlinkontinenz hatte ich vor einem dreiviertel Jahr im Zug, sonst schaffe ich es rechtzeitig aufs Klo zu gehen. Inkontinenzvorlagen trage ich heute nicht, trage sie abhängig von der Situation, nicht täglich. Die Inkontinenzeinlagen kaufe ich im Internet, bestelle eine dreißiger Packung, Level 2, den Namen weiß ich nicht, damit komme ich 2 Monate aus.
Vorlagen verwende ich nicht täglich, zu Hause nicht, auf der Uni eigentlich immer, habe auch Reservevorlagen mit, diese wechsle ich unterschiedlich oft, meistens einmal.
Vor etwa 5 Jahren hatte ich eine Fistel, bisher einmal, die Haut ist geschlossen.
Ich parke heute etwa 100 m entfernt in einer Parkgarage.
Ein weiteres Problem ist, wenn ich im Zug keinen Sitzplatz habe, da ich dann
Kreislaufprobleme wegen meiner Blutarmut bekomme, bekomme Atemnot, wenn bei Menschenansammlungen die Luft schlechter ist. Bekomme regelmäßig Eiseninfusionen, dann ist es kurzfristig besser.
Habe Gelenkbeschwerden und Muskelschmerzen wegen des niedrigen Hämoglobins.
Bin 2016 einmal gestürzt und hatte eine Gehirnblutung.
Das Gewicht ist etwa konstant bei 60 kg, +/-2 kg. Seit 2017 hatte ich keine Operation.
Sport mac ich derzeit nicht, spazierengehen, Übungen im Sitzen."
STATUS:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 178 cm, Gewicht 60 kg, BMI 18,9, RR 137/88 // 78, Alter: 23 Jahre
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, Bauchdecke weich,
geringgradige Defense, durchtastbar, Narbe median Oberbauch.
Integument: unauffällig
Anus: Sphinkter unauffällig, 2 kleine punktförmige Erosionen, sonst unauffällig, keine Noduli,
keine chronischen Entzündungszeichen. Wäsche: unauffällig, keine Spuren von Blut,
Schleim oder Stuhl. Einlagen werden nicht getragen.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Links infraklavikulär Narbe bei Zustand nach Port-ä-Cath.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarrndrehung, Handgelenke, Daumen
und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt
durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe
Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten
und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als
ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Geringgradig Senkspreizfuß beidseits
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei
beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte
Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich
Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
E3WS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen frei beweglich
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität — Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen, Schuheinlagen werden heute nicht getragen,
das Gangbild hinkfrei und unauffällig.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig;
Stimmungslage ausgeglichen.
STELLUNGNAHME:
ad a) Sind in den im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten
Beweismitteln unwillkürliche Stuhlabgänge dokumentiert , welche das Alltagsleben des Beschwerdeführers beeinträchtigen?
Nein. In sämtlichen vorliegenden Beweismitteln ist kein unwillkürlicher Stuhlabgang dokumentiert. Festgehalten wird, dass der Stuhl unterschiedlicher Konsistenz ist, von fest bis flüssig, teilweise imperativer Stuhldrang, jedoch sind keine unwillkürlichen Stuhlabgänge dokumentiert.
ad b) Wie viele imperative Stuhlabgänge tagsüber und nachtsüber gibt der
Beschwerdeführer am Tag der Untersuchung in der Anamnese an?
Derzeit werden etwa 5-7 Stuhlgänge pro Tag angegeben, nachts eher selten Stuhlgang, teilweise einmal.
Imperative Stuhlabgänge im Sinne eines unwillkürlichen Verlusts von Darminhalt und vorzeitigen Entleerens vor Erreichen des WCs werden in letzter Zeit nicht angegeben. Vor einem dreiviertel Jahr kam es im Zug zu einer Stuhlinkontinenz und Stuhlabgang. Sonst schaffe er es, rechtzeitig ein WC zu erreichen.
ad c) Wie beschreibt der BF am Tag der Untersuchung die Beschaffenheit dieser: Luft? Schleim? Flüssiger Stuhl? Geformter Stuhl?
Beschaffenheit der Stuhlgänge:
Luft, Winde: immer wieder, vör allem bei Stuhlabgang
Schleim: selten
flüssiger Stuhl: flüssig bis breiig
geformter Stuhl: fest ganz selten, einmal im Monat
ad d) Ist in den vorgelegten Beweismitteln der Schweregrad seiner Stuhlinkontinenz nach dem SCORE-System bewertet?
Ein Score wurde bei der Erfassung des Schweregrads einer Stuhlinkontinenz nicht angewendet. In sämtlichen vorliegenden Beweismitteln ist kein unwillkürlicher Stuhlabgang dokumentiert.
Beschrieben werden in den vorgelegten Befunden mehrfach eine jeweils unterschiedliche Stuhlfrequenz und Stuhlkonsistenz, jedoch keine Stuhlinkontinenz.
ad e) Lässt sich der Schweregrad seiner Stuhlinkontinenz nach dem SCORE-System bewerten? Bejahendenfalls - welche Zahl in dem Zahlensystem nach SCORE ist dafür vorzusehen?
Für die Bewertung des Schweregrades einer Stuhlinkontinenz werden SCORE-Systeme angewendet, in denen die Stuhlinkontinenz nach Art und Häufigkeit der Ereignisse klassifiziert werden.
Nach dem Jorge-Wexner Incontinence Score würde die Zahl 6 von 20 erreicht werden:
fester Stuhl 0, flüssiger Stuhl 1, Gas 2, Vorlagen 2, Lifestyle Alteration 1.
ad f) Sind in den im Akt einliegenden und in den unter Punkt 6. genannten
Beweismitteln Fistelbildungen, die den Schließmuskel nachhaltig schädigen,
dokumentiert?
Es werden keine Fistelbildungen beschrieben. Laut Anamnese ist vor 5 Jahren einmal eine Fistel vorgekommen, seither ist die Haut geschlossen.
ad g) Lassen sich am Tag der Untersuchung Fistelbildungen, die den Schließmuskel nachhaltig schädigen, objektivieren?
Nein. Es konnten weder eine Fistelbildung noch eine Schwäche des Schließmuskels festgestellt werden.
ad h) Wie viele Stürze und/oder Kreislaufbeschwerden gibt der Beschwerdeführung am Tag der Untersuchung in der Anamnese an?
2016 kam es zu einem Sturz mit Gehirnblutung, ein Monat Spitalsaufenthalt, davor zuhause zweimal Sturzereignisse. Seit 2016 kam es zu keinem Sturz mehr, immer wieder Kreislaufbeschwerden, er würde sich rechtzeitig hinsetzen.
ad i) Im Falle, dass der Beschwerdeführer Stürze (aufgrund von Kreislaufbeschwerden oder allenfalls anderer zu dokumentierender Ursachen) angibt:
Wird aufgrund der Sturzgefahr das Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln, das sichere Ein- und Aussteigen und ein sicherer Transport in einem solchen vereitelt?
Nein.
Stürze haben sich in den letzten Jahren nicht geeignet. Angegeben wird, dass immer wieder Kreislaufprobleme auftreten und er sich rechtzeitig hinsetzen würde. Eine Gangunsicherheit und Sturzgefahr, welche das Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren oder vereiteln könnte, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet.
Die in Zusammenhang mit der Blutarmut stehenden Kreislaufbeschwerden sind nicht in erheblichem Maß ausgeprägt. Es konnte bei der Begutachtung keine Schwäche oder Unsicherheit festgestellt werden.
ad j) Leidet der BF an „massiver Blutarmut" (wie in der Stellungnahme vom 3. 8. 2018 angegeben) und bejahendenfalls, welche Auswirkung hat diese auf seinen Ernährungs- und seinen Allgemeinzustand?
Der BF leidet an ausgeprägter Eisenmangelanämie. Festzuhalten ist, dass es bei länger anhaltender Anämie zu einer Gewöhnung kommt, sodass der Allgemeinzustand, wie bei der Begutachtung festzustellen, nicht wesentlich und dauerhaft beeinträchtigt ist.
Der Ernährungszustand ist konstant. BMI 18,9 bedeutet zwar Untergewicht, jedoch nahe bei Normalgewicht (ab 20,0).
Eine erhebliche Beeinträchtigung und körperliche Schwäche ist aus dem BMI nicht ableitbar.
ad k) Welche Produkte gibt der BE am Tag der Untersuchung an, mit welchen er seine Inkontinenz versorgt (Markenname und Typenbezeichnung der Einlagenversorgung bitte in der Anamnese notieren)
Der Name des Produkts kann nicht angegeben werden, laut Anamnese handelt es sich um Level 2. Bei der Begutachtung werden keine Vorlagen getragen, die Wäsche ist unauffällig.
ad I) Es möge mitgeteilt und begründet werden, ob aus allgemeinmedizinischer Sicht die Einholung eines gastroenterologischen Gutachtens indiziert ist.
Aufgrund der ausreichenden Befundlage und aufgrund des aktuellen Untersuchungsergebnisses ist die Einholung weiterer Gutachten nicht indiziert.
ad m) Ist dem BF das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 m bis 400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und allenfalls unter Verwendung von Hilfsmitteln möglich?
Ja. Das Zurücklegen kurzer Wegstrecken von 300-400 m ist aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe nicht erheblich erschwert.
Eine Gehhilfe wird nicht verwendet.
ad n) Sind allenfalls für die Zurücklegung einer Wegstrecke benötigte Behelfe für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwerend?
Es werden keine Behelfe verwendet.