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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §275;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Gemeinde X, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, Templstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 4. Juli 1997, Zl. RV/059-05/02/97, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gemeinde erhob mit Eingabe vom 17. August 1995 Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1994. Das Finanzamt ging davon aus, daß der Berufung eine Begründung sowie die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde, mangle. Es trug der Beschwerdeführerin daher mit Bescheid vom 10. Oktober 1995 gemäß § 275 BAO die Behebung dieser inhaltlichen Mängeln der Berufung mit dem Hinweis auf, daß die Berufung nach fruchtlosem Ablauf der gleichzeitig bestimmten Frist - diese lief am 20. Oktober 1995 ab - als zurückgenommen gelte.
Den zur Behebung der Mängel verfaßten, mit 10. Oktober 1995 datierten Schriftsatz reichte die Beschwerdeführerin am 20. November 1995 beim Finanzamt ein.
Mit Bescheid vom 14. Februar 1996 erklärte das Finanzamt die Berufung als zurückgenommen, weil dem Mängelbehebungsauftrag bis zum 20. Oktober 1995 nicht entsprochen worden sei.
Mit Eingabe vom 10. Mai 1996 beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 308 BAO. Der Mängelbehebungsauftrag sei am 11. Oktober 1995 zustellt worden und habe die Mängelbehebungsfrist bis zum 20. Oktober 1995 festgesetzt. Es sei "vereinbart" gewesen, Poststücke der Finanzverwaltung an R, den Dienstnehmer des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin - er sei Mitglied des Gemeinderates der Beschwerdeführerin - , zur weiteren Veranlassung zu übergeben. R sei seit Beginn des Jahres 1996 im Krankenstand und "erwarte seinen Pensionsbescheid". In den Ende April 1996 abgeschlossenen Erhebungen sei festgestellt worden, daß die Gemeindesekretärin S den Mängelbehebungsauftrag nicht wie vereinbart direkt an R habe weiterleiten können. R sei nämlich wegen einer lebensbedrohlichen und plötzlich akut gewordenen Herzmuskelentzündung vom 5. Oktober 1995 bis Ende Oktober 1995 im Krankenstand und für niemanden erreichbar gewesen. Dispositionen hinsichtlich allfälliger Post hätten wegen des schlechten Gesundheitszustandes von R nicht mehr erfolgen können. Die für R "gedachten" Schriftstücke hätten daher in der Gemeinde hinterlegt werden müssen und seien dort liegengeblieben.
Das Finanzamt wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Am 20. November 1995 sei zwar die versäumte Handlung nachgeholt worden, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei jedoch erst mit dem Schreiben vom 10. Mai 1996 gestellt worden. Die in § 308 Abs. 3 BAO vorgesehene Monatsfrist sei daher nicht eingehalten worden.
Die Beschwerdeführerin berief gegen den Abweisungsbescheid. Wie bereits im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt, hätten die zur Klärung des Sachverhaltes notwendigen Erhebungen aufgrund der lebensbedrohlichen Erkrankung von R erst Ende April 1996 abgeschlossen werden können. Vorher hätte der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gestellt werden können. Der Antrag vom 10. Mai 1996 sei daher rechtzeitig eingebracht worden.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Der Mängelbehebungsauftrag sei der Beschwerdeführerin, vertreten durch den Bürgermeister J, ordnungsgemäß zugestellt worden. Ein dem Vertreter einer juristischen Person widerfahrendes Ergebnis stelle nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen und unabwendbar gewesen sei. Ein diesbezügliches Vorbringen betreffend den Bürgermeister sei nicht erstattet worden. Hinsichtlich der Frist des § 308 Abs. 3 werde darauf verwiesen, daß die versäumte Handlung am 20. November 1995 nachgeholt worden sei. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin seien nach Ansicht des Finanzamtes spätestens zu diesem Zeitpunkt die notwendigen Erhebungen zur Klärung des Sachverhaltes abgeschlossen gewesen. Damit sei die Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages möglich gewesen. Die Frist des § 308 Abs. 3 BAO sei daher nicht gewahrt.
Nachdem die Beschwerdeführerin die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt hatte, wies die belangte Behörde die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe geltend gemacht, der zu Handen des Bürgermeisters adressierte Mängelbehebungsauftrag sei wegen einer schweren Erkrankung von R, einem Mitglied des Gemeinderates und Angestellten ihres steuerlichen Vertreters, im Gemeindeamt hinterlegt worden und dort liegengeblieben. Damit zeige sie aber keinen Wiedereinsetzungsgrund auf, weil der Mängelbehebungsauftrag weder an R adressiert noch für diesen bestimmt gewesen sei und daher nicht vorgebracht worden sei, weshalb dessen Erkrankung den Bürgermeister oder den steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin daran gehindert hätte, rechtzeitig den Mängelbehebungsauftrag zu erfüllen. Nach der Darstellung im Wiedereinsetzungsantrag sei für die Versäumung der Frist der Umstand kausal gewesen, daß der an den Bürgermeister gerichtete Mängelbehebungsauftrag im Gemeindeamt liegen geblieben sei, anstatt entweder vom Bürgermeister selbst oder von einer von ihm bestimmten Person bearbeitet zu werden. Es werde nicht behauptet, daß es an R in seiner Funktion als Gemeinderat gelegen gewesen wäre, über die an den Bürgermeister gerichteten Poststücke zu disponieren. Im übrigen sei der Mängelbehebungsauftrag zu einem Zeitpunkt zugestellt worden, als sich R bereits seit einer Woche im Krankenstand befunden habe. Der Wiedereinsetzungsantrag enthalte sohin keine schlüssige Begründung dafür, warum der Mängelbehebungsauftrag keiner Bearbeitung zugeführt, sondern im Gemeindeamt liegengeblieben sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 308 Abs. 3 BAO muß der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde, bei der die Frist wahrzunehmen war, eingebracht werden.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist nur rechtzeitig, wenn er innerhalb eines Monates ab Wegfall des Hindernisses, spätestens ab Erkennen der Fristversäumnis gestellt wurde.
Im Zeitpunkt der Nachholung der versäumten Handlung, also am 20. November 1995, spätestens aber ab der - nach dem Beschwerdevorbringen am 16. Februar 1996 erfolgten - Zustellung des Bescheides vom 14. Februar 1996, mit welchem die Berufung als zurückgenommen erklärt worden ist, ist die Frist des § 308 Abs. 3 BAO in Gang gesetzt gewesen. Aus diesem Grund wäre der Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen gewesen. Bei der gegenständlichen Konstellation wurde die Beschwerdeführerin nicht dadurch in Rechten verletzt, daß ihr Antrag von der belangten Behörde im Instanzenzug abgewiesen anstatt zurückgewiesen worden ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997140106.X00Im RIS seit
11.07.2001