TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/14 W259 2222398-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.2020
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Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W259 2222398-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl XXXX zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, syrische Staatsangehörige und Zugehörige der Volksgruppe der Kurden, stellte am 04.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am selben Tag gab die Beschwerdeführerin an, zunächst im Jahr 2016 mit ihren Geschwistern illegal aus Syrien in die Türkei ausgereist zu sein. Ende 2018 sei sie über weitere unbekannte Länder schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Weiters gab sie an, dass es in Syrien keine Sicherheit gebe. Ihr Mann lebe bereits seit dem Jahr 2016 in Österreich und sie wolle bei ihm bleiben. In Syrien sei die Sicherheitslage katastrophal und dort herrsche Krieg (AS 204 ff).

2. Am 08.02.2019 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) im Beisein eines Dolmetschers für Kurdisch niederschriftlich einvernommen.

Die Beschwerdeführerin gab an, syrische Staatsangehörige, Zugehörige der Volksgruppe der Kurden und muslimisch-sunnitischen Glaubens zu sein. Sie sei in XXXX geboren, wo sie mit ihren Eltern und Geschwistern bis zum Jahr 2015 gelebt habe. Sie habe drei Jahre lang die Schule besucht und sei Hausfrau gewesen. Ihr Vater und ihr Bruder hätten für ihren Lebensunterhalt gesorgt. Im Sommer 2015 habe sie ihren Herkunftsstaat gemeinsam mit ihren Brüdern verlassen und habe sich bis Ende 2018 bei ihrem Bruder in der Türkei aufgehalten, bevor sie von dort nach Österreich ausgereist sei (AS 283 ff und 295 ff).

Ihre Eltern und ihre Schwester würden noch in Syrien im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX leben. Ihre sechs Brüder hätten Syrien verlassen, wovon fünf in der Türkei und einer in Deutschland wohnen würden. Sie habe selten Kontakt zu ihren Familienangehörigen in Syrien, da die Verbindung sehr schlecht sei (AS 293 ff).

Weiters gab die Beschwerdeführerin an, sowohl traditionell als auch standesamtlich verheiratet zu sein und keine Kinder zu haben. Zu ihrer Heirat näher befragt, führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie am 25. Tag im Jahr 2010 in XXXX geheiratet habe und sie angesichts des Todes ihres Großvaters eine Woche vor der Hochzeit im kleinen Familienkreis, mit ca. 25 Personen zu Hause bei ihrem Ehemann gefeiert hätten. Sie sei am Hochzeitstag mit ihrem Ehemann zusammengezogen und sie hätten bei den Schwiegereltern gewohnt (AS 287 ff).

Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Davon abgesehen habe sie keine Fluchtgründe. Sie habe nicht bei ihren Brüdern in der Türkei bleiben können, da sie zu ihrem Ehemann gewollt habe, der in Österreich lebe. Im Falle einer Rückkehr habe sie Angst um ihr Leben. In Syrien gebe es Bombardierungen und Menschen würden entführt werden (AS 299).

3. Am 01.03.2019 wurde XXXX , der vermeintliche Ehemann der Beschwerdeführerin, vor der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für Kurdisch als Zeuge niederschriftlich einvernommen.

Zur Heirat gab dieser im Wesentlichen an, dass die Eheschließung am 25.10.2010 in XXXX vor einem Scheich stattgefunden habe. Es seien nur Familienangehörige dabei gewesen, wobei sein Vater ferngeblieben sei, da seine Eltern mit der Heirat nicht einverstanden gewesen seien. Sie hätten bei den Eltern seiner Frau gefeiert und es hätten zwischen 25 und 30 Personen an der Feier teilgenommen (AS 337 f).

4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 18.07.2020 erteilt (Spruchpunkt III.).

Die belangte Behörde stellte neben allgemeinen herkunftsbezogenen Länderfeststellungen und der Verfahrensidentität der Beschwerdeführerin unter anderem fest, dass die Beschwerdeführerin illegal in das Bundesgebiet eingereist sei Die Beschwerdeführerin sei syrische Staatsangehörige, muslimisch-sunnitischen Glaubens und Angehörige der kurdischen Volksgruppe. Sie habe drei Jahre die Grundschule besucht und sei Analphabetin. Im Herkunftsstaat sei sie Hausfrau gewesen und nicht berufstätig. Ihr Vater und einer ihrer Brüder hätten für ihren Lebensunterhalt gesorgt. Weiters stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin ledig sei und keine Kinder habe. Es habe nicht festgestellt werden können, dass sie mit XXXX verheiratet sei. In Österreich lebe sie im gemeinsamen Haushalt mit XXXX . Sie habe im Herkunftsstaat von Geburt an bis zum Jahr 2015 in XXXX , Straße XXXX , gewohnt. Die Beschwerdeführerin sei gesund, arbeits- und selbsterhaltungsfähig. Sie sei strafrechtlich unbescholten und lebe von der Grundversorgung. Ferner wurde festgestellt, dass ihre Eltern und ihre Schwester im Dorf XXXX , wohnen würden. Fünf Brüder würden in der Türkei und ein weiterer Bruder in Deutschland leben. Sie habe in Österreich keine Familienangehörigen. Die belangte Behörde habe nicht feststellen können, dass die Beschwerdeführerin eine Ehe mit XXXX geschlossen habe. Es sei kein Familienverfahren zu führen. Die Beschwerdeführerin habe keine Gründe vorgebracht, welche eine individuell gegen Sie gerichtete Gefährdung nach sich ziehen würden (AS 487 f).

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass die Beschwerdeführerin nicht mit XXXX verheiratet sei, da dieser in seinem Asylverfahren zu seiner Ehefrau befragt, einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum als jene der Beschwerdeführerin angegeben habe. Ferner würden die konträren Ausführungen der Beschwerdeführerin zu ihren persönlichen Dokumenten ihre persönliche Glaubwürdigkeit in Frage stellen. Zudem habe sie Originaldokumente trotz Aufforderung nicht vorgelegt, obwohl diese in ihrem Besitz sein müssten. Auch habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass ihr Vater und ihr Bruder im Herkunftsstaat für sie gesorgt hätten, wobei nicht nachvollziehbar sei, dass nicht der Ehemann für den Lebensunterhalt seiner Ehefrau aufgekommen sei. Die Beschwerdeführerin habe in keiner Phase des Verfahrens eine individuelle Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe durch oder in ihrem Herkunftsstaat Syrien vorgebracht (AS 533 ff und 536).

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde daher abgewiesen, hingegen wurde der Beschwerdeführerin aufgrund der allgemeinen Lage in Syrien der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

5. Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte die Beschwerdeführerin unter anderem aus, dass die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen zur bestehenden Ehe der Beschwerdeführerin mit XXXX durchgeführt habe, da sie nicht versucht habe, die Originaldokumente der Beschwerdeführerin von der österreichischen Botschaft in XXXX zu beschaffen (AS 610). Darüber hinaus beruhe die Feststellung zur Unglaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung (AS 611 f).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist syrische Staatsangehörige, Zugehörige der kurdischen Volksgruppe und muslimisch-sunnitischen Glaubens. Sie stammt aus XXXX .

Sie trägt den im Spruchkopf angeführten Namen und hat das im Spruch genannte Geburtsdatum.

Die Beschwerdeführerin stellte am 04.12.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerin ist nicht mit XXXX , geb. am XXXX , verheiratet, der im April 2015 in das österreichische Bundesgebiet einreiste und dem mit Bescheid vom XXXX 2015 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Die Beschwerdeführerin war in Syrien nie einer individuellen konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt.

Die Beschwerdeführerin hat keine konkrete Verfolgung oder Bedrohung im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien zu befürchten.

Mit Bescheid vom XXXX wurde der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.07.2020 erteilt.

Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.2.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 13.05.2019, letzte Aktualisierung vom 04.07.2019:

Frauen

Frauen in Syrien haben eine relativ lange Historie der Emanzipation. Vor dem Konflikt war Syrien eines der vergleichsweise fortschrittlicheren Länder der Arabischen Welt in Bezug auf Frauenrechte (BFA 8.2017). Dennoch werden Frauen - teilweise aufgrund der Interpretationen der religiösen Gesetze - von verschiedenen Teilen des Familien- und Strafrechts und der Gesetze zu Personenstand, Arbeit, Erbschaft, Pensionierung, sozialer Sicherheit und Staatsbürgerschaft, diskriminiert (USDOS 13.3.2019).

Die Situation von Frauen verschlechterte sich durch den andauernden Konflikt dramatisch. Da Frauen immer wieder Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden, zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben. Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt (BFA 8.2017). Vor dem Konflikt nahmen 13% der Frauen am Arbeitsmarkt teil, verglichen mit 73% der Männer. Die Teilhabe sowohl von Männern als auch Frauen am Arbeitsmarkt hat durch Gewalt und Unsicherheit abgenommen. Zuletzt ist in einigen Gebieten, wie in Damaskus, Raqqa und Dara'a, die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt gezwungenermaßen wieder gestiegen, da viele Männer ihre Familien derzeit nicht unterstützen können (USDOS 13.3.2019).

Außerhalb der Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, unterscheiden sich die Bedingungen für Frauen sehr stark voneinander. Sie reichen von sexueller Versklavung und erdrückenden Kleidungsvorschriften in Gebieten unter Kontrolle von Extremisten einerseits, bis hin zu formaler Gleichberechtigung in den Gebieten unter Kontrolle der kurdischen Partei der emokratischen Union (PYD), wo Regierungssitze immer von einer Frau und einem Mann besetzt sind (FH 1.2018). In jenen oppositionellen Gebieten, welche von radikal-islamistischen Gruppen kontrolliert werden, sind Frauen besonders eingeschränkt. Es ist schwer für sie, für einfache Erledigungen das Haus zu verlassen. Die Situation hängt jedoch von der Region ab (BFA 8.2017).

Extremistische Gruppierungen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) oder Hay'at Tahrir al-Sham (HTS) setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z.B. strikte Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt (USDOS 13.3.2019, MRG 5.2018). Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein, im Speziellen jedoch in den von radikal-islamistischen Gruppierungen kontrollierten Gebieten, als prekär bezeichnet (BFA 8.2017).

Familienrecht, Personenstandsrecht, Ehe, Scheidung, Obsorge

Im muslimisch dominierten multireligiösen und multiethnischen Syrien haben die unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften seit Langem das Recht, bestimmte Angelegenheiten des Familienrechts entsprechend ihren jeweiligen religiösen Vorschriften zu regeln (Eijk 2013). Familienrechtliche Angelegenheiten der Muslime, die etwa 90% der Gesamtbevölkerung stellen, sind im syrischen Personalstatutsgesetz von 1953 geregelt. Vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes sind die Christen, die Juden und die Drusen, die ihren jeweiligen eigenen religiösen familien- und erbrechtlichen Bestimmungen unterliegen, ausgenommen. Auf alle Syrer anwendbar ist das Personenstandsgesetz, Dekret-Gesetz Nr. 26/2007 über den Personenstand. Formell besteht die Gesetzeslage von vor 2011 fort. Auch die gesetzlichen Regelungen auf dem Gebiet des syrischen Familienrechts sind weiterhin in Kraft. Der militärische und politische Zerfall Syriens hat allerdings auch Auswirkungen auf das Familienrecht, da die einzelnen politischen Gruppen in ihren Herrschaftszonen zum Teil eigene Normensysteme gebildet haben und anwenden (MPG 2018).

Das syrische Personenstandsgesetz basiert vorwiegend auf islamischen Rechtsquellen wie der Hanafitischen Rechtslehre. Es gilt für alle Syrer, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, sieht jedoch für die drusischen, jüdischen oder christlichen Gemeinden eine beschränkte juristische Autonomie in Personenstandsangelegenheiten wie Verlobung, Eheschließung, Anforderungen zur Gehorsamkeit der Ehefrau, Unterhalt für Ehefrauen und Kinder, Annullierung und Scheidung, Mitgift, Pflege und seit 2010 Erbe und Nachlass vor. Das Personenstandsrecht und die Scharia-Gerichte, die dieses Recht anwenden, haben jedoch klaren Vorrang gegenüber den nicht-muslimischen Gerichten. Nicht nur die verschiedenen Religionsgruppen, auch die unterschiedlichen Konfessionen haben eine eigene Gesetzgebung in bestimmten rechtlichen Angelegenheiten den Personenstand betreffend (Eijk 2013). So existiert kodifiziertes Familienrecht für Katholiken, Protestanten sowie für die armenisch-, griechisch- sowie syrisch-orthodoxe Kirche u.a. in verschiedenen Personenstandsgesetzen (MPG 2018).

Das syrische Eherecht kennt das Ehehindernis der Religionsverschiedenheit. So ist die Ehe einer muslimischen Frau mit einem nichtmuslimischen Mann nichtig (MPG 2018). Eine Ehe zwischen einem Muslim und einer nichtmuslimischen Frau, sofern diese dem Christentum oder Judentum angehört, ist gültig (MPG o.D.a; vgl. MPG 2018).

Das Ehemündigkeitsalter wird durch das Personenstandsgesetz bei Männern mit Vollendung des 18. und Frauen mit Vollendung des 17. Lebensjahres festgelegt. Es ist möglich, vor Erreichen dieser Altersgrenzen mit Genehmigung des Familiengerichts zu heiraten. Voraussetzungen dafür sind, dass ein Junge das 15. Lebensjahr und ein Mädchen das 13. Lebensjahr vollendet hat, sie die nötige körperliche Verfassung für einen Vollzug der Ehe aufweisen und der Vormund der Eheschließung zustimmt. Ein erwachsener Mann kann seine Ehe ohne einen Ehevormund schließen. In den unterschiedlichen Strömungen des islamischen Rechts ist es jedoch umstritten, ob eine erwachsene, voll geschäftsfähige Frau ihre Ehe ohne ihren Ehevormund schließen kann (MPG o.D.a).

Die Mitwirkung des Staates ist für die Wirksamkeit der Eheschließung nicht erforderlich. Vielmehr stellen die Eheschließung an sich und die Mitteilung bzw. Registrierung der Eheschließung bei Gericht oder einer anderen Behörde getrennte Vorgänge dar. Die Ehepartner sind grundsätzlich verpflichtet, dem Gericht die Eheschließung anzuzeigen. Dies kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschehen: Entweder wird dem Gericht vorab angezeigt, dass eine Eheschließung beabsichtigt ist, oder die Ehe wird nach der Trauung bei Gericht registriert oder es wird beantragt die Eheschließung bzw. ihren Bestand durch das Gericht festzustellen. Da eine Ehe grundsätzlich auch formlos zustande kommen kann, wird in der Praxis oftmals von einer vorherigen Anzeige der Eheabsicht bei Gericht abgesehen. Zudem können Nupturienten in vielen Fällen die erforderlichen Dokumente nicht beibringen. Ein Bedürfnis, die informell geschlossene Ehe zu registrieren, entsteht in der Praxis immer dann, wenn für ein Kind aus dieser Ehe Dokumente (z.B. eine Geburtsurkunde oder die Staatsangehörigkeitsurkunde) ausgestellt werden sollen. Das Gesetz bestimmt, dass eine Registrierung der bereits geschlossenen Ehe im Nachhinein erfolgen darf, wenn festgelegte Anforderungen erfüllt sind. Im Fall einer Schwangerschaft der Ehefrau oder des Vorhandenseins von Kindern aus dieser Ehe müssen jedoch für die Registrierung nicht alle Anforderungen erfüllt werden und die Ehe ist leichter nachweisbar. Können bestimmte Unterlagen zur Gültigkeit der außergerichtlichen Eheschließung nicht vorgelegt werden, besteht die Möglichkeit, eine einvernehmliche Feststellungsklage über das Bestehen der Ehe zu erheben. Bei der Feststellungsklage werden lediglich Tatsachen festgehalten, die von den Parteien selbst vorgebracht werden. Das Gericht überprüft die vorgebrachten Tatsachenbehauptungen nicht (MPG o.D.a).

Nicht registrierte Ehen werden oft als "traditionelle Ehen" oder "'urfi-Ehen" bezeichnet. Gründe für eine traditionelle Ehe können sein, dass das Paar unterschiedlichen islamischen Konfessionen angehört, dass es gegen die Wünsche der Familie heiratet, oder es sich um eine polygame Ehe handelt (mit oder ohne Wissen der ersten Ehefrau), die grundsätzlich im syrischen Personenstandsrecht erlaubt, jedoch strukturell beschränkt ist. Ein weiterer Grund ist, dass Männer, die in der Armee dienen, eine Genehmigung der Armee für eine Eheschließung benötigen. Ein Mann kann einer solchen Ehe auch zustimmen, um dem unehelichen Kind seiner Frau einen Vater und somit einen Familiennamen zu geben (Eijk 2013). Neben Männern, die in der Armee dienen und eine Genehmigung der Armee zur Eheschließung benötigen, benötigen auch Paare, bei denen ein Partner ausländischer Staatsbürger ist, eine Genehmigung, in diesem Fall von den Sicherheitsbehörden (MPG o.D.a).

Das Datum der Eheschließung wird bei einer nachträglichen Registrierung vom Gericht bestimmt. Wenn das Gericht die traditionelle Eheschließung als gültig anerkennt, ist das Datum der traditionellen Eheschließung das Datum der Eheschließung. Da es auch möglich ist Kinder ex post facto zu registrieren (oftmals gleichzeitig mit der Registrierung der Ehe) und Kinder im Kontext einer Ehe geboren werden sollten, sollte das Hochzeitsdatum hierbei jedenfalls vor dem Geburtsdatum der Kinder liegen. Daher würde es laut einer Expertin für syrisches Ehe- und Familienrecht, Sinn machen, dass das Gericht das Datum der traditionellen Eheschließung als das "echte Hochzeitsdatum" festlegt (Eijk 4.1.2018). Stellvertreterehen und die Registrierung einer Ehe durch einen Stellvertreter sind möglich, selbst wenn beide Ehepartner von einem Stellvertreter repräsentiert werden (Eijk 2.1.2018).

Das in wirksamer Ehe geborene Kind gilt als vom Ehemann abstammend, wenn seit der Eheschließung die Mindestdauer der Schwangerschaft verstrichen ist und der körperliche Kontakt der Ehegatten nicht unmöglich gewesen ist, also wenn nicht etwa einer der Ehegatten über die Dauer der Schwangerschaft hinaus abwesend war (z.B. Gefängnis). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so gilt das Kind dann als vom Ehemann abstammend, wenn er das Kind anerkennt oder seine Vaterschaft gerichtlich geltend macht (MPG o.D.b).

Das syrische Personenstandsrecht erkennt auf Basis des islamischen Rechts drei Arten der Scheidung an: einseitige Scheidung oder Verstoßung durch den Ehemann (talaq), Scheidung mit gegenseitigem Einverständnis (mukhala'a) und gerichtliche Scheidung (tafriq) (Eijk 2013). Das Scheidungsrecht steht grundsätzlich dem Ehemann zu und dieser kann ohne Angabe von Gründen die Scheidung verlangen bzw. seine Frau verstoßen (MPG o.D.a).

Die einseitige Verstoßung der Ehefrau durch den Ehemann ist die gängige Version der Scheidung, wobei der Ehemann die Scheidung verbal oder schriftlich aussprechen kann. Die Scheidung kann vor einem Richter oder außerhalb des Gerichtes ausgesprochen und im Nachhinein beim Gericht registriert werden. Diese relativ verbreitete Art der Scheidung führt jedoch zu Fällen, in denen Frauen das Gericht aufsuchen müssen, um zu erfahren, ob sich ihre Ehemänner von ihnen scheiden haben lassen. In einer Wartezeit von etwa drei Monaten kann der Ehemann eine Frau noch zurücknehmen (Eijk 2013). Ist die Ehe zwischen denselben Personen dreimal durch Verstoßung aufgelöst worden, dann entsteht ein Eheverbot zwischen den Geschiedenen. Eine Wiederheirat zwischen diesen Personen ist nur dann möglich, wenn die Ehefrau zuerst einen anderen Mann ehelicht und sich von diesem wieder scheiden lässt (MPG o.D.a)

Die Scheidung in gegenseitigem Einverständnis wird häufig von der Frau initiiert. Sie beinhaltet oftmals eine Vereinbarung, laut der der Ehemann sein Einverständnis für die Scheidung gibt und die Ehefrau im Gegenzug teilweise oder gänzlich auf Unterhalt verzichtet. Der entsprechende Vertrag kann im Gericht oder außerhalb des Gerichtes geschlossen und ex post facto registriert werden. Jedenfalls muss die Ehefrau bei Gericht erscheinen und ihren Verzicht auf Unterhalt bekannt geben (Eijk 2013). Frauen verzichten somit für die Einwilligung ihres Ehemannes in die Scheidung auf ihren Anspruch auf Unterhalt (USDOS 21.6.2019).

Eine Frau kann aus bestimmten, festgelegten Gründen auch eine gerichtliche Scheidung beantragen. So gibt es die Scheidung aufgrund von Krankheit oder Mangel ("defect") des Ehemannes, Abwesenheit oder Verschwinden des Ehemannes, Unterlassen der Unterhaltszahlungen des Ehemannes oder aufgrund von Eheproblemen. Bei dieser Art der Scheidung müssen jedoch bestimmte Beweise vorgelegt werden. Wenn beispielsweise eine Ehefrau aufgrund von Abwesenheit ihres Ehemannes die Scheidung einreichen will, muss sie diesbezüglich zweimal in drei verschiedenen nationalen Zeitungen eine Anzeige stellen (Eijk 2013; vgl. Emory o.D.). Es ist auch möglich ehevertragliche Vereinbarungen vor der Ehe zu treffen, aus deren Verletzung sich für die Frau ein Scheidungsrecht ergibt. Dabei kann der zukünftige Ehemann auch im Vertrag selbst der Frau eine Vollmacht zur Scheidung erteilen (MPG o.D.a).

Das Islamische Recht sieht zwei Konzepte des Sorgerechtes für Kinder vor: Erstens die Vormundschaft (wilaya), welche immer der Vater bzw. dessen Seite der Familie innehat, und zweitens die physische Personensorge bzw. Obsorge (hadana), welche bei der Mutter bzw. bei ihrer Seite der Familie liegt. Für die Personensorge steht eine Vergütung durch den Vormund zu, abhängig von dessen finanziellen Verhältnissen. Mit Vollendung des 15. Lebensjahres erlischt bei Mädchen und bei Buben mit 13 Jahren das Recht auf Personensorge mütterlicherseits (MPG o.D.b, vgl. BFA 8.2017). Im Falle einer Scheidung kann die Mutter die physische Obsorge über die Kinder bis zu dieser Altersgrenze erhalten (USDOS 21.6.2019), wobei die Altersgrenze hierbei von der Konfession abhängt (BFA 8.2017). Die Gesetze bezüglich Vormundschaft (wilaya) sind laut syrischem Personenstandsrecht fu¿r alle Religionen/Konfessionen anzuwenden, zur Obsorge (hadana) haben jedoch die jüdischen und christlichen Gemeinden eigene Regelungen (Eijk 2013).

Frauen können das Obsorgerecht auch verlieren. Etwa wenn die Mutter Christin, der Vater aber Muslim ist, könnte der Vater im Falle einer Scheidung argumentieren, dass die Mutter die Kinder nicht richtig erziehen kann (BFA 8.2017). Es gibt auch Fälle, in denen christliche Männer zum Islam konvertiert sind und vor Scharia-Gerichten das volle Sorgerecht, also Obsorge und Vormundschaft, für ihre Kinder eingefordert haben (Eijk 2013). Geht die Mutter eine neue Ehe ein, verliert sie ebenfalls das Recht auf Obsorge (MPG o.D.b).

Selbst wenn die Mutter die Obsorge innehat, besitzt der Vater stets die Vormundschaft über die Kinder und somit Entscheidungsgewalt über ihre Ausbildung oder Reisebewegungen der Kinder. Minderjährige Kinder können nicht ohne schriftliche Genehmigung ihres Vaters ins Ausland reisen, selbst wenn sie sich in Begleitung ihrer Mutter befinden. Auch nach dem Tod des Vaters geht die Vormundschaft nicht auf die Mutter, sondern auf die Familie des Vaters über (BFA 8.2017; vgl. MPG o.D.b). Kinder können so als Druckmittel benutzt werden, um die Frau dazu zu bringen, sich nicht scheiden zu lassen oder auf Unterhaltszahlungen zu verzichten. Im Falle einer Scheidung zeigen die Gerichtsdokumente der Scheidungsverhandlung, wem das Obsorgerecht zugesprochen wurde. Ein gesondertes Dokument über den Zuspruch der Obsorge ist nicht bekannt (BFA 8.2017).

Frauen, deren Ehemänner als vermisst gelten, können sich unter bestimmten Umständen weder scheiden lassen, noch gelten sie als Witwen, solange es keinen Beweis für den Tod des Ehemannes gibt. Wenn der Ehemann vermisst wird, bleibt er dennoch der Vormund der Ehefrau, und sie gilt rechtlich weiterhin als verheiratet. Gleichzeitig hat sie aber den Ernährer der Familie verloren und ist so von ihrer Verwandtschaft abhängig. Dies gilt auch für Frauen, deren Männer inhaftiert sind, und die nicht wissen, ob diese überhaupt noch am Leben sind. Es gibt keinen rechtlichen Schutzmechanismus, der diesem Problem entgegenwirken würde. Dies kann zur Vulnerabilität von Frauen führen und sie dem Risiko einer Ausbeutung aussetzen, welche auch von Verwandten ausgehen kann (BFA 8.2017).

Das Gesetz erlaubt die Weitergabe der Staatsbürgerschaft durch die Mutter nur, wenn das Kind in Syrien geboren wurde und der Vater "unbekannt" ist. In der Praxis wird betroffenen Kindern die Staatsbürgerschaft jedoch nicht immer zuerkannt. Wenn ein Kind im Ausland geboren wurde, kann es die syrische Staatsbürgerschaft nur erlangen, wenn der Vater syrischer Staatsbürger ist. Wenn eine Geburt nicht registriert wird, führt dies für das Kind zu bestimmten Einschränkungen im Zugang zu Leistungen, wie Abschlusszeugnissen, Zugang zu Universitäten, Zugang zu formaler Beschäftigung oder Dokumenten (BFA 8.2017).

In Bezug auf christliche Ehen werden vom Staat Ehen, die in einer Kirche geschlossen werden, als gültige Ehen anerkannt. Nach der Zeremonie sendet die Kirche die Unterlagen an das Zivilregisterbüro. Laut christlichem Familienrecht ist die Ehe ein Sakrament und es ist daher sehr schwierig sich scheiden zu lassen. Die katholische Kirche erkennt Scheidung nicht an, lediglich die Annullierung ist unter bestimmten Bedingungen möglich. Dies führt teilweise zu drastischen Maßnahmen wie einer Konversion zum Islam eines Ehepartners, um eine Scheidung zu erwirken (Eijk 2013; vgl. BFA 8.2017).

Kinderehen gab es in Syrien bereits vor dem Konflikt. Seit Ausbruch des Konflikts steigt die Zahl an Frühehen jedoch an. Oft sind diese eine Strategie um mit den Folgen des Konflikts umzugehen. Mädchen werden verheiratet, um ihre Versorgung sicherzustellen oder um sie vor sexueller Gewalt zu schützen (WB 6.2.2019, vgl. ÖB 7.2019). Oft werden sie auch an Angehörige der bewaffneten Gruppen verheiratet, um ihre Familie vor Gewalt zu schützen. Frühehen erhöhen allerdings die Gefahr für Mädchen innerhalb einer Ehe Opfer von Gewalt oder sexuellen Missbrauchs zu werden (WB 6.2.2019). Besonders bei vertriebenen Familien dürfte die Anzahl der Kinderehen höher sein (SAMS 12.2018). Auch Zeitehen werden immer häufiger (USDOS 13.3.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zum Namen, zur Staatsangehörigkeit und zu ihrem Geburtsdatum basieren auf den Angaben der Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung und bei der belangten Behörde, sie dient als Verfahrensidentität.

Die Herkunft und die Volksgruppenzugehörigkeit der Beschwerdeführerin wurden bereits von der belangten Behörde festgestellt. Für das Bundesverwaltungsgericht besteht nach derzeitigem Kenntnisstand kein Anlass, das diesbezüglich glaubwürdige Vorbringen der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen.

Die Feststellungen zum Zeitpunkt der Antragstellung und zur behördlichen Entscheidung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Dem Ermittlungsergebnis der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin keine gültige Ehe mit XXXX geschlossen hat, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Bei ihrer Einvernahme durch die belangte Behörde gab die Beschwerdeführerin an, dass sie von Geburt an bis zum Jahr 2015, in dem sie ausgereist sei, mit ihren Eltern, ihren sechs Brüdern und ihrer Schwester im Eigentumshaus ihres Vaters in XXXX gelebt habe (AS 283 f und 297). Im Gegensatz dazu behauptete sie im Rahmen derselben Einvernahme, dass sie nach ihrer Hochzeit, ab dem Jahr 2010 mit ihrem Mann bei ihren Schwiegereltern gewohnt habe (AS 291). Auf Vorhalt, dass sie zu einem früheren Zeitpunkt der Einvernahme gesagt habe, bis 2015 mit ihren Eltern und Geschwistern zusammengelebt zu haben, behauptete die Beschwerdeführerin, dass ihre Eltern und ihre Schwiegereltern in derselben Straße bzw. im Nachbarhaus wohnen würden (AS 291). Der Umstand, dass ihre Eltern und die Eltern ihres vermeintlichen Ehemannes nebeneinander gewohnt hätten, vermag aber den Widerspruch in den getätigten Angaben nicht aufzuklären. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin nicht einheitlich und schlüssig darlegen konnte, mit welchen Familienangehörigen sie im gemeinsamen Haushalt in Syrien lebte.

Ferner gab die Beschwerdeführerin im Rahmen der Einvernahme durch die belangte Behörde an, dass ihr Vater und ihr Bruder für sie gesorgt hätten (AS 285). Den Ausführungen der belangten Behörde, wonach es der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass ab dem Zeitpunkt der Hochzeit der Ehemann für den Lebensunterhalt seiner Ehefrau aufkomme und nicht deren Vater bzw. Bruder (AS 535 f), wurde in der Beschwerde mit der Erklärung entgegengetreten, dass sich diese Angaben auf die Versorgung in der Zeit beziehen würden, in der sich der Ehemann der Beschwerdeführerin bereits in Österreich befunden habe. Die Beschwerdeführerin habe immerhin noch drei Jahre lang im Heimatland gelebt und ihr Ehemann habe als Asylwerber keine finanziellen Möglichkeiten gehabt, sie zu versorgen (AS 612). Vor dem BFA führte sie im Gegensatz dazu ausdrücklich an, dass ihr Mann ca. drei bis vier Monate vor ihrer eigenen Ausreise in die Türkei aus Syrien geflüchtet sei (AS 297). Somit sind die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht mit den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde in Einklang zu bringen.

Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin im behördlichen Verfahren weder das Geburtsdatum ihres vermeintlichen Ehemannes noch das genaue Datum der Eheschließung angeben konnte (AS 289). Die Heirat sei nach ihren eigenen Angaben am 25. Tag im Jahr 2010 gewesen, wobei sie den Monat nicht mehr genau wisse (AS 289). XXXX führte bei seiner Einvernahme als Zeuge zwar den 25.10.2010 als konkretes Datum der Eheschließung an (AS 337). Dieses stimmt jedoch wiederum mit dem Datum, das die Beschwerdeführerin in ihrem Einreiseantrag bei der österreichischen Botschaft in XXXX angab (AS 11), nicht überein.

Den Angaben der Beschwerdeführerin zur Hochzeitsfeier ist zu entnehmen, dass es aufgrund des Todes ihres Großvaters eine Woche vor der Hochzeit nur eine kleine Hochzeitsfeier im Familienkreis gegeben habe. Sie hätten zu Hause bei ihrem Ehemann gefeiert, wo ca. 15 Personen anwesend gewesen seien (AS 289). Im Gegenteil dazu gab der Zeuge XXXX in diesem Zusammenhang an, dass seine Eltern mit der Eheschließung nicht einverstanden gewesen seien. Sein Vater sei bei seiner Hochzeit gar nicht dabei gewesen. Sie hätten bei den Eltern seiner Frau gefeiert, wo zwischen 25 und 30 Personen anwesend gewesen seien (AS 339). Den Tod des Großvaters erwähnte der Zeuge mit keinem Wort und stehen die Angaben der Beschwerdeführerin und des Zeugen zum Ort der Feier und zur Gästeanzahl im klaren Widerspruch.

Weiters behauptete die Beschwerdeführerin, sie habe als Hochzeitsgeschenk zwei Ringe, einen Goldring mit einem weißen Zirkon und einen goldenen Ehering, sowie eine Uhr von ihrem Mann erhalten (AS 289), während der Zeuge angab, dass er seiner Ehefrau kein Geschenk gemacht habe und sie nur die Ringe getauscht hätten (AS 339). Aus dem vorgelegten Ehevertrag ergibt sich wiederum, dass eine Morgen- und Abendgabe im Ausmaß von 300.000 SYP erbracht worden seien. Dies wurde weder von der Beschwerdeführerin noch vom Zeugen vorgebracht. Des Weiteren ergibt sich aus dem vorgelegten Ehevertrag der Vorname der Mutter der Beschwerdeführerin mit " XXXX ". Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Niederschrift vor dem BFA führte die Beschwerdeführerin den Vornamen ihrer Mutter mit " XXXX " an. Auch im vorgelegte Syrischen Reisepass der Beschwerdeführerin ist der Name der Mutter mit " XXXX " vermerkt (AS 133, 203, 219 und 293). Somit bestehen bereits vor dem Hintergrund des Aussageverhaltens der Beschwerdeführerin und des Zeugens im Zusammenhang mit den vorgelegten Dokumenten erhebliche Zweifel an der Echtheit der Heiratsurkunde und ist dem Ermittlungsergebnis des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu folgen, dass die Beschwerdeführerin eine registrierte Ehe nicht erfolgreich nachweisen konnte. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits ihren Angaben über eine traditionelle Ehe aufgrund zahlreicher Widersprüche und Unstimmigkeiten nicht geglaubt werden konnte.

Des Weiteren gab XXXX während seines Asylverfahrens einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum seiner Ehefrau an, was die Glaubhaftigkeit der behaupteten Eheschließung in Syrien ebenfalls besonders stark in Zweifel zieht. Dazu gab die Beschwerdeführerin an, dass der damals von XXXX angegebene Name XXXX ihr Spitzname sei. Kurden hätten mehrere Namen. Ihr Großvater heiße auch XXXX und alle Bekannte und Verwandte hätten sie so genannt. Des Weiteren sei ihr Mann auch Analphabet. Er könne nicht so gut Arabisch und kenne sich mit Geburtsdaten nicht so gut aus. Er habe ihren richtigen Namen gewusst, aber bei der Einvernahme wahrscheinlich nicht daran gedacht (AS 293). Zu diesem Widerspruch als Zeuge befragt, gab XXXX an, dass für seine Einvernahme im Jahr 2015 ein Dolmetscher für die Sprache Arabisch bestellt worden sei, den er nicht verstanden habe. Auf Vorhalt, dass er zu Beginn jener Einvernahme angegeben habe, dass er auch Arabisch spreche und er seit seinem Aufenthalt in Österreich nur zu Arabern Kontakt gehabt habe und dadurch Arabisch gelernt habe, erwiderte der Zeuge, dass seine Frau zwei Namen hätte und diese innerhalb der Familie XXXX genannt werde. Hinsichtlich des Geburtsdatums vermeinte er, dass er das genaue Geburtsdatum seiner Frau nicht gewusst und irgendein Geburtsdatum angegeben habe (AS 341). In weitere Folge behauptete er, dass er bei seiner Einvernahme als Asylwerber gesagt hätte, dass er nicht wisse, wann seine Frau geboren sei (AS 343). Das erkennende Gericht erachtet es für möglich, dass die Beschwerdeführerin einen Spitznamen hat und es wird nicht verkannt, dass Geburtsdaten in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Bedeutung bzw. Wertigkeit haben. Vor diesem Hintergrund ist es jedoch nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge XXXX bei den Einvernahmen im Zuge seines Asylverfahrens den Spitznamen seiner Ehefrau angeführt haben soll. Dies vor allem angesichts seiner eigenen Angaben, wonach er unter seinem rechten Daumen ein "S" tätowiert habe, welches für den Anfangsbuchstaben seiner Frau stehe (AS 337). Falls er die Beschwerdeführerin eher mit ihrem Spitznamen identifizieren würde, so würde auch seine Tätowierung einen entsprechenden anderen Buchstaben aufweisen. Da der Zeuge bei seinen Einvernahmen im Rahmen seines Asylverfahrens den XXXX als konkretes Geburtsdatum seiner Ehefrau angab, ist auch nicht glaubhaft, dass XXXX das Geburtsdatum seiner Ehefrau nicht gewusst haben soll (AS 341). Insgesamt kann somit der Ansicht der belangten Behörde gefolgt werden und ist davon auszugehen, dass es sich bei den beiden Identitäten um zwei verschiedene Personen handelt (vgl. AS 534 f).

Zusätzlich ist auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass XXXX am 11.06.2018 versuchte, eine syrische Staatsangehörige mittels Gebrauch eines fremden Konventionsreisepasses, welcher in der Türkei gekauft worden sei, bei ihrer Reise von XXXX nach Österreich zu unterstützen, weshalb er auch eine Strafe zahlen musste (AS 175 ff und 536). Daraus lässt sich ableiten, dass XXXX Bereitschaft zeigt, anderen syrischen Staatsangehörigen illegale Unterstützungshandlungen zur Einreise in Österreich auf sich zu nehmen, wodurch auch die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen gemindert wurde.

Schließlich war die Beschwerdeführerin im behördlichen Verfahren trotz Aufforderung nicht in der Lage, relevante persönliche Dokumente im Original vorzulegen. Unter Bedachtnahme auf das Antwortschreiben der Österreichischen Botschaft in XXXX vom 14.02.2019, wonach bei einer Antragstellung die vorgelegten Originaldokumente auf Echtheit überprüft werden würden, diese in weiterer Folge dem Antragsteller retour gegeben werden würden und demnach keine Originaldokumente der Beschwerdeführerin bei der Botschaft aufliegen würden, ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass sich ihre Dokumente bei der Österreichischen Botschaft in XXXX befinden würden, nicht glaubhaft (AS 317 und 535).

Aufgrund der aufgezeigten gravierenden Widersprüche und mangels Vorlage relevanter, unbedenklicher Beweismittel konnte festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin nicht mit dem in Österreich Asylberechtigen XXXX , geb. am XXXX , verheiratet ist.

Die Beschwerdeführerin gab als Fluchtgrund den in Syrien herrschenden Krieg an und führte explizit aus, dass es davon abgesehen keine Fluchtgründe bzw. irgendwelche Verfolgungshandlungen, die direkt gegen sie gerichtet gewesen seien, gebe (AS 299). Dies konnte sohin festgestellt werden und trat die Beschwerde der Beweiswürdigung der belangten Behörde diesbezüglich nicht entgegen (AS 533 und 610 ff).

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kann dementsprechend nicht darin entgegengetreten werden, dass es der Beschwerdeführerin im Laufe ihres Verfahrens nicht gelungen sei, glaubhaft darzulegen, dass sie und XXXX in Syrien eine Ehe eingegangen seien. Der belangten Behörde ist ebenfalls zu folgen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen eine konkrete und aktuelle Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der GFK taxativ aufgezählt, nicht vorgebracht habe.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass die belangte Behörde ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat und in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig beurteilt und festgestellt hat. Diesem Sachverhalt und der Beweiswürdigung der belangten Behörde trat die Beschwerde nicht bzw. mit bloß unsubstantiiertem Vorbringen entgegen. Der für eine abschließende rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes maßgebliche Sachverhalt steht anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens fest und ist nicht ergänzungsbedürftig.

2.2. Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Iran ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht maßgeblich geändert haben.

2.3. Soweit die rechtskundige Vertretung der Beschwerdeführerin in der Beschwerde die Aushebung und Übersendung der Originaldokumente von der Österreichischen Botschaft und die zeugenschaftliche Einvernahme des XXXX zum Beweis der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin bereits im Heimatland verheiratet gewesen sei, beantragt, ist festzuhalten, dass einerseits keine Originaldokumente bei der Österreichischen Botschaft in XXXX aufliegen und andererseits die sonstigen Ergebnisse des Beweisverfahrens aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ein hinreichend schlüssiges Gesamtbild ergaben, sodass im Rahmen des ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde und der freien Beweiswürdigung zu den getroffenen Feststellungen gelangt werden konnte und eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich war. Zudem wurde XXXX bereits als Zeuge zum oben angeführten Beweisthema vor der belangen Behörde einvernommen und ergeben sich aus der Beschwerdeschrift keine weiteren Angaben darüber, weshalb eine neuerliche Anhörung als Zeuge erforderlich wäre (AS 611). Diesen Anträgen war daher nicht stattzugeben.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Abweisung der Beschwerde betreffend Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass eine Furcht der Beschwerdeführerin, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht vorliegt. Dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass im gegenständlichen Fall keine persönliche gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungshandlung aus einem in der GFK taxativ aufgezählten Grund festgestellt wurde. Die Beschwerdeführerin gab an, Syrien wegen des dort herrschenden Krieges verlassen zu haben und konnte zusätzlich keine konkrete Bedrohung oder Verfolgung aufzeigen (vgl. Pkt. 2.1.). Eine denkbare Verfolgung ist nicht ausreichend. Vielmehr ist zu beachten, dass eine Verfolgungsgefahr erst dann anzunehmen ist, wenn eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185 mwN.). Im Verfahren haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.

§ 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11 f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchgeführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation an den VB für Syrien zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

In Syrien können auch außerhalb eines Gerichts abgeschlossene Ehen (sog. traditionelle Ehen) als gültig angesehen werden. Theoretisch kann eine Ehe überall und durch jedermann abgeschlossen werden, in der Praxis erfolgen diese Eheschließungen jedoch in der Regel vor einem Geistlichen (Sheich). Nach Abschluss einer traditionellen Ehe muss deren Gültigkeit zunächst durch den Richter (idR vor Sharia-Gerichten) bestätigt werden. Die Bestätigung der Gültigkeit der Ehe kann auch rückwirkend erfolgen. Gemäß Art. 40 Abs. 2 sPSG wird eine außerhalb des Gerichts geschlossene Ehe nur anerkannt, wenn die in Art 40 Abs. 1 sPSG genannten Voraussetzungen gegeben sind (Auflistung sh. blg Auszug aus der Loseblattsammlung von Bergmann/Ferid S. 13; im Wesentlichen geht es um die Vorlage bestimmter Dokumente).

Nach dieser Bestätigung durch einen Richter muss die Ehe im Zivilregister eingetragen werden; auch hier ist aber eine rückwirkende Eintragung zulässig. Erst mit dieser Eintragung im Zivilregister sind die Rechtsfolgen der Eheschließung durchsetzbar.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt im Falle einer Ehe, die vor der Ausreise der Bezugsperson lediglich muslimisch-traditionell geschlossen und erst nach der Ausreise der Bezugsperson behördlich nachregistriert worden sei, kein Verstoß gegen den ordre public vor, da sämtliche syrische staatliche Rechtsvorschriften eingehalten worden seien und somit die Ehe nicht auf der "parallelen Geltung" des Scharia Rechts fuße. Der bloße Umstand der Anerkennung einer traditionellen Eheschließung mit ihrer nachfolgenden staatlichen Registrierung bereits ab dem Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung im ausländischen Recht verstößt nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung (VwGH vom 06.09.2018, Zl. Ra 2018/18/0094-8).

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies Folgendes:

In Syrien (Personalstatut der Beschwerdeführerin und des angeblichen Ehemannes) gilt somit der Grundsatz der Zivilehe.

Die Beschwerdeführerin hat bereits eine traditionelle Eheschließung nicht glaubhaft machen können und es ist ihr auch in weitere Folge nicht gelungen, das Bestehen der behaupteten Ehe bzw. ihre Registrierung im Zivilregister nachzuweisen (vgl. Punkt 2.1.).

Die Beschwerdeführerin hat daher vor ihrer Einreise keine Ehe geschlossen und ist somit hinsichtlich ihres aktuellen Lebensgefährten nicht als Ehegattin iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 anzusehen, weshalb in weiterer Folge auch kein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 vorliegt und daher auch der Asylstatus des Lebensgefährten nicht abzuleiten war

3.1.2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Verfahren konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt und die Rechtsfrage nicht von besonderer Komplexität ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

Die Beschwerdeführerin stellte zwar einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (AS 616), doch war die Durchführung einer solchen von Amts wegen nicht erforderlich, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ. Es stand bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass die Beschwerde abzuweisen war. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte daher im gegenständlichen Fall unterbleiben.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B):

3.2. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung (vgl. die oben unter Punkt 3.1. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); schließlich ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

3.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Ehe Familienangehöriger Familienverfahren Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W259.2222398.1.00

Im RIS seit

08.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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