Entscheidungsdatum
29.05.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W173 2221232-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 7.2.2020, betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“, in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Herr XXXX , vormals XXXX , geb. am XXXX , (in der Folge BF) beantragte 2016 die Ausstellung eines Behindertenpasses. Es wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten auf Basis einer persönlichen Untersuchung eingeholt. Im Gutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 21.11.2016 wurde Nachfolgendes ausgeführt:
„…………………..
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB%
1
Gemischte Persönlichkeitsstörung nach ADHS im Kindesalter
03.04.02.
50
2
Cervico- und Lumboischialgie.
g.Z.
04.06.01.
20
3
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen.
02.01.01.
20
4
Zustand nach Schulteroperation links wegen rezidivierender Luxation
02.06.03.
20
Gesamtgrad der Behinderung
50 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:…………………
X Dauerzustand
Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine
2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
………………….“
Dem BF wurde in der Folge ein Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50% ausgestellt.
2. Am 3.5.2017 stellte der BF einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass. Es wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , FA für Neurologie, auf Basis einer persönlichen Untersuchung eingeholt. Im Gutachten vom 23.10.2017 führte die Sachverständige auszugsweise Nachfolgendes aus:
„………………………
VGA 28 10 2016:
gemischte Persönlichkeitsstörung nach ADHS im Kindesalter GdB 50%
Cervikolumbalgie GdB 20%
deg. WS Veränderungen GdB 20%
Z.n. Schulteroperation, Z.n. rez. Luxationen GdB 20%
Gesamt GdB 50vH
keine Zusatzeintragungen
Stellungnahme 27 01 2017 zur Begutachtung vom 28 10 2016 bzgl. Antrag auf
Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit‘
Aktengutachten 26 06 2017:
gemischte Persönlichkeitsstörung nach ADHS im Kindesalter GdB 50% Cervikolumbalgie GdB 20%
deg. WS Veränderungen GdB 20%
Z.n. Schulteroperation, Z.n. rez. Luxationen GdB 20%
Gesamt GdB 50vH
....kein Hinweis für Klaustrophobie in den Unterlagen... neues Attest Dr. XXXX 03 05 2017, in welchem nun Klaustrophobie angeführt ist......
keine Zusatzeintragungen
aktuell: Einwendungen zum Parteiengehör...neu vorgelegte Befunde
TE Seit der VS Zeit in Psychotherapie wegen Aggression
2006 Bandscheibenvorfall L5/ S1 links> re
2007 Schulteroperation links wegen rez. tägl. Luxationen,
chronischer Schmerzpatient
2014 Schulteroperation links
Er sei ab dem 22. LJ über den Weißen Ring in Behandlung
Derzeitige Beschwerden: Er habe Schmerzen von der Schulter bis zu 4.und .5 Finger links, da steche es auch und sie sind taub. Ab und zu werde auch der Daumen taub. Er habe tägliche Schmerzen in der LWS, es strahle aus in das linke Bein an der Rückseite des US bis zum seitliche Fußrand, der kleine Zeh ist immer taub.
Er habe Depressionen, Minderwertkeitskomplexe, Tics mit Nackenzuckungen. Er habe starke Klaustrophobie. Er könne nicht mit dem Aufzug und U Bahn fahren, schon seit Jahren nicht. Er brauche das gar in ein Einkaufszentrum zu gehen. Er habe auch Platzangst.
Er habe auch oft Kopfschmerzen
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Citalopram 1-0-1, Psychopax 30-40/Tag, Tramabene b. Bed: 20-25 ca. 3-4x/ Woche, Dronabinol tgl., Seractil ca. 3-4x/ Woche, Novalgin b. Bed., Er nehme täglich Schmerzmittel.
Neurofeedback, Psychotherapie 2x /Woche
Psychiater alle 3 Wochen
Sozialanamnese:
Vom 6. LJ bis 15. LJ im Heim aufgewachsen, viele Schulwechsel.
Ab 15. LJ lebte er beim Vater, der sei nie daheim gewesen, er habe die Wohnung für sich alleine gehabt.
VS, 2 verschiedenen Gymnasien 2 Klassen, dann diverse Hauptschulen, die 4. Klasse HS wurde nicht absolviert, dann Poly ohne positiven Abschluss. Dann Tapeziererlehre für 11/2 -2 Jahre - die Lehre sei wegen ‚des Verhaltens‘ beendet worden, anschließend BBRZ: Lehre Bürokaufmann mit LAP vor 6 Jahren.
Danach sei er lange zu Hause gewesen, habe viele Rehabs wegen Schulter gehabt.
Seit 4 Monaten Buchhaltungstätigkeit 15 Stunden/ Woche.
Einkünfte: Mindestsicherung, und Einkünfte aus der angestellten Tätigkeit
Rehabgeld wurde ca. 2015 für ein Jahr bezogen, dann aber aberkannt, auch gerichtlich wurde es nicht zuerkannt
Pflegegeldantrag habe er gestellt, die Untersuchung war schon, er habe aber noch keinen Bescheid
Ledig, alleine lebend, LG mit 2 Wohnsitzen, keine Kinder
Tagesablauf: Er stehe verschieden auf, habe Gleitzeit, fahre dann zur Arbeit
mit dem Auto.
Hobbies: ab und zu Fitnessstudio Cardiotraining, Physiotherapie, Musik produzieren
soziale Kontakte: kaum Familie, wenige Freunde-Kontakte vorhanden
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Zeitbestätigung AfA Dr. XXXX 28.07.2017: seit 2,3 Jahren u.a. in Behandlung wegen Angststörung (Claustrophobie)
Therapiebestätigung Verein Basis 28 08 2017: Herr XXXX befindet sich seit 01.09.2016 in unserer Einrichtung in der Therapie. Der Fokus der therapeutischen Einheiten liegt weiterhin auf der Stärkung der psychischen Stabilität sowie dem Erfassen von sozialen und beruflichen Reintegrationsmöglichkeiten und an der Aufarbeitung seiner Ängste wie z.B. Klaustrophobie, die gelegentlich zu Termin-Absagen führt.
Bericht Psychotherapeut Mag. Dr. XXXX (ohne Datum): Auf ausdrücklichen Wunsch von Herrn XXXX , geboren am XXXX
bestätige ich, dass sich Herr XXXX aufgrund seiner Panikattacken mit Agoraphobie und seinen motorischen Tics bei mir in kognitiver Verhaltenstherapie befindet.
bereits beim aktenmäßigen VGA 26 06 2017 angeführt: Bericht zur Vorlage Psychiater Dr. XXXX 03 05 2017: Bei dem Patienten findet sich eine depressive Störung, dzt. mittelschwer F32.1 und eine Klaustrophobie F40.2, sowie chronische Schmerzen aufgrund von WS-Erkrankungen. Hr. XXXX ist aufgrund seiner Klaustrophobie sehr häufig nicht in der Lage seine Wohnumgebung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu verlassen und deshalb im Alltag auf die Benutzung eines PKW angewiesen. Da er auch im Rahmen der Behandlungen seiner multiplen Erkrankungen regelmäßige ärztliche und therapeutische Termine wahrnehmen muss ist aus fachärztlicher Sicht die Benutzung seines PKW absolut notwendig, um seinen Gesundheitszustand nicht zu gefährden.
zur Untersuchung neu mitgebrachte Befunde:
psychologischer Befund Dr. XXXX 28 12 2016: Dg.: rez. depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode mit somatischen Syndrom, Angststörung gemischt, somatoforme Schmerzstörung, emotional instabile Persönlichkeit bei hyperkinetischem Syndrom Befund Neurologe Dr. XXXX 05 50 2016: Zusammenfassend bestehen motorische Tics sowie eine agitierte Depression
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: 29-jähriger in gutem AZ
Ernährungszustand: gut ………
Klinischer Status – Fachstatus:
Neurologisch:
Hirnnerven:
Geruch: anamnestisch unauffällig
Visus: gut
Pupillen mittelweit, rund isocor
Optomotorik frei, keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner
Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit
Sensibilität: unauffällig
Hörvermögen anamnestisch unauffällig,
Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich
Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch
Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig
OE: Rechtshänder, Kraft: links wechselnd dargeboten, kein eindeutiges Kraftdefizit, Trophik: unauffällig, muskulös, Tonus: unauffällig
Motilität: Nacken und Schürzengriff: links nicht ganz in Endstellung- Schmerzangabe
……………………….
UE: Kraft: kein eindeutiges Kraftdefizit, die in der Kraftprüfung in der Untersuchung teilweise nicht voll vorliegende Muskelkraft steht im Widerspruch und ist diskrepant zu der Motorik und Kraftentwicklung beim Gehen, Trophik: unauffällig, Tonus: unauffällig, Motilität: nicht eingeschränkt,
…………
Laseque: nicht prüfbar weil Schmerzangabe, Beinvorhalteversuch: nicht prüfbar weil Schmerzangabe, Sensibilität: links lat. US und seitl. Fußrand reduziert
Stand und Gang: unauffällig, Romberg: unauffällig, Unterberger Tretversuch: unauffällig, sicher, kein Abweichen, keine Falltendenz, Zehen- und Fersenstand: unauffällig
Sprache und Sprechen: unauffällig
Gesamtmobilität – Gangbild: Kommt alleine frei gehend zur Untersuchung
Führerschein: ja, kommt mit PKW der Freundin
An/ Auskleiden der Schuhe und Socken selbstständig
Status Psychicus: Kooperativ, gut auskunftsfähig, bewusstseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage dysphor, gibt mehrfach an, dass er nicht verstehe, dass seinem Antrag bislang nicht stattgegeben wurde, im Positiven reduziert affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd.Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionsstörungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden.
1 Rez. Depressive Störung, Persönlichkeitsstörung, Somatisierungsstörung, chronische somatoforme Schmerzstörung, Angststörung, Claustrophobie,
2 Cervic- und Lumboischialgie g.Z.
3 Degenerative Wirbelsäulenveränderungen
4 Zustand nach Schulteroperation links, Z.n. mehrfachen Luxationen
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Keine Änderung zum VGA
X Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Gutachterliche Stellungnahme:
Es liegt keine Klaustrophobie, Soziophobie, phobische Angststörung als Hauptdiagnose nach ICD 10 vor. Die vorherrschenden Hauptleiden und auch die Nebendiagnosen aus dem psychiatrischen Gebiet sind nach den vorliegenden Befunden und Vorgutachten seit 2015 mit anderen Diagnosen dokumentiert.
Die Diagnose einer Claustrophobie wird erstmals in einem Befund Psychiater Dr. XXXX 5/ 2017 angeführt aber liegt ebenfalls nicht als Hauptdiagnose vor. Auch die nun vorgelegten aktuellen Befunde die rückblickend eine Behandlung dieser und anderer psychiatrischer Erkrankungen seit längerem dokumentieren ergeben hier kein anderes Bild.
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und das Überwinden üblicher Niveauunterschiede sind zumutbar, der sichere Transport ist möglich.
Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Funktionen vor.
Insgesamt ist daher aus neuropsychiatrischer Sicht eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht objektivierbar.
……………………..“
Mit Bescheid vom 27.10.2017 wurde die vom BF am 3.5.2017 beantragte Zusatzeintragung abgewiesen. Die gegen den abweisenden Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 21.2.2018, Zl W266 2175585-1/5E, abgewiesen.
3.Am 1.3.2019 beantragte der BF neuerlich die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“. Er legte dazu den Bescheid zu seiner Änderung des Familiennamens vom 14.3.2019 vor. Ebenso war ein ärztlicher Befund von Dr. XXXX , MSC, FA für Neurologie und Psychiatrie, vom 28.1.2019 angeschlossen. In diesem war Nachfolgendes auszugsweise ausgeführt:
„…………………….
Psychopathologischer Status: Stimmung depressiv, agitiert, Antrieb gut, innere Anspannung, Affekt stabil, pos. und neg. affizierbar, Einschlafstörung (4-5 Stunden), dzt keine prod. Symptomatik, dzt keine suizidale Einengung, fühlt sich erschöpft.
Diagnose: Agitierte Depressio, Klaustrophobie, mot.Tics, anamnest. Discusprolaps L5/S1, St.p. 2x Schulterop li
Empfehle: 1x Seroquel Xr Ret Tbl 50mg 30ST 0-0-1-0
1x Seroquel Ftbl 25mg 60St 0-0-0-1
Ko 25.2…………………”
4.Die belangte Behörde holte ein medizinisches Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin ein. Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, führte im Gutachten vom 15.6.2019 auszugsweise nach einer persönlichen Untersuchung des BF Nachfolgendes aus:
„………………………………….
Anamnese: siehe Vorgutachten
agitierte Depressio, Klaustrophobie, mot.Tics, anamnest.DiscusprolapsL5/S1, St.p.2xSchulterop li
Derzeitige Beschwerden: Kann nicht in engen Räumen sein. Bin extrem erschöpft und ausgebrannt. Meine linke Schulter tut immer noch weh.
Mein linker Daumen ist immer noch taub. Ich werde auch immer dicker.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Psychopax, Dronabinol
Sozialanamnese: Ledig, keine Kinder
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2019-01-28, Dr. XXXX : Agitierte Depressio., Klaustrophobie, mot.Tics
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: altesentsprechend,
Ernährungszustand: gut
Größe: 180,00 cm, Gewicht: 110,00 kg, Blutdruck: 133/92
Klinischer Status – Fachstatus:
Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Hör- und Sehvermögen unauffällig, unauffällige Halsorgane
Thorax: Auskultatorisch unauffällig, Sonorer Klopfschall, vesikuläres Atmen,
keine Atemnot
……………………….
HWS: Kein Klopfschmerz. Keine Bewegungseinschränkung. Rotation und Seitenneigung normal. Ante- und Retroflexion frei, Kinn-Jugulum-Abstand normal
BWS/LWS: Deutlicher Klopfschmerz. Endagige Bewegungseinschränkung bei Rotation. Finger-Boden-Abstand: 25 cm
Obere Extremitäten: Diffuse Parästhesien linke Hand und linke Axilla
Keine relevante Bewegungsstörung objektivierbar, kein Tremor.
Rücken- und Schultergriff beidseits durchführbar.
Untere Extremitäten: Freie Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten bds.
Keine sensomotorischen Defizite. Die peripheren Pulse tastbar. Kein Ödem.
Gesamtmobilität – Gangbild: normales Gangbild, Zehenspitzengang nicht demonstrierbar, Fersengang möglich
Status Psychicus: vollständig orientiert, agitiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd.Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionsstörungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden.
1 Agitierte Depressio, Klaustrophobie, hyperkinetisches Syndrom
2 Cervic- und Lumboischialgie
3 Zustand nach Schulteroperation links, Z.n. mehrfachen Luxationen
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum Vorgutachten keine wesentliche Befunddynamik.
X Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Die nun vorgelegten aktuellen Befunde ergeben keine relevante Befunddynamik hinsichtlich der dokumentierten psychiatrischen Erkrankungen. Es liegen daher weiterhin keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Funktionen vor. Insgesamt ist daher eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht objektivierbar. Die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel‘ liegen daher nicht vor.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Derzeit liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
………………………“
Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen. In seiner Stellungnahme vom 3.7.2019 brachte der BF vor, die Ausführung im Sachverständigengutachten, wonach die neuen Befunde nicht aussagekräftig seien, nicht nachvollziehen zu können, da aus diesem Grund er seit acht Monaten im Krankenstand sei. Während im vorhergehenden Verfahren die Ablehnung mit angeblich „zu kurz“ begründet worden sei, werde nunmehr eine andere Begründung herangezogen.
5. Mit Bescheid vom 3.7.2019 wurde der Antrag des BF vom 1.3.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich in seiner Begründung auf das angeschlossene, eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, das einen Begründungsbestandteil bilde. Die Einwendungen im Rahmen des Parteiengehörs seien nicht geeignet gewesen, das Sachverständigengutachten zu entkräften.
6. Mit Schreiben vom 11.7.2019 erhob der BF gegen den abweisenden Bescheid vom 3.7.2019 Beschwerde. Der BF brachte vor, dass im vorhergehenden Verfahren die Eintragung abgelehnt worden wäre, da die Klaustrophobie-Erkrankung noch kein halbes Jahr bestanden habe. Im von ihm im gegenständlichen Verfahre vorgelegten Befund scheine jedoch diese Erkrankung neuerlich auf. Er sei bereits seit acht Monaten im Krankenstand, da ihm das Büro sehr eng sei und er es dort nicht mehr aushalte.
7. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.10.2019, W173 2221232-1/3E, wurde unter Behebung des Bescheids vom 3.7.2019 die Rechtssache zur Erlassung eines neues Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen, da verabsäumt worden sei, ein medizinisches Gutachten aus dem Bereich der Psychiatrie einzuholen.
8. Die belangte Behörde beauftragte Dr. XXXX , FÄ für Psychiatrie, mit der Erstellung eines Gutachtens. Im Gutachten vom 14.1.2020 wurde auf Basis einer persönlichen Untersuchung des BF auszugsweise Nachfolgendes ausgeführt:
„………………………………………………
Es liegt ein Vorgutachten von Dr. XXXX (05/2019), in welchem - bei fehlender
Befunddynamik hinsichtlich der dokumentierten psychiatrischen Erkrankung und fehlender erheblicher Einschränkung der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Funktionen - keine Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bestätigt wurde, vor.
Das Gutachten wurde beeinsprucht. Es erfolgte eine Rückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht.
Der Antragsteller berichtet, sich aufgrund von psychischer Instabilität und insb. rez. Panikattacken am Arbeitsplatz aufgrund von klaustrophoben Ängsten im Krankenstand zu befinden. Vor 2 Wochen habe er eine ambulante psychiatrische Reha am BBRZ Leopoldau
abgebrochen, da er ‚die Leute und die Enge nicht ausgehalten habe‘. Bezüglich der sonstigen FÄ-psychiatrischen Behandlung nennt der Antragsteller Dr. XXXX als seinen behandelnden Arzt, bei diesem sei er seit 10 J. in Behandlung. Ho. vorgelegt wird jedoch nur ein Befund von Dr. XXXX vom 01/2019 bzw. 03/2019.
Der Antragsteller gibt an, medikamentös auf Dronabinol, Seroquel sowie Tramal und
Psychopax bei Bedarf eingestellt zu sein. Auch diese Medikation deckt sich nicht mit den eingebrachten Befunden, in welchen von Dr. XXXX zuletzt Strattera 40mg 1-0-0 verordnet wurde (siehe Befund Dr. XXXX , 25.03.2019), jedoch keines der anderen angegebenen Medikamente. Psychotherapie werde derzeit nicht in Anspruch genommen. Der Antragsteller habe, laut eigenen Angaben, bereits mehrere psychotherapeutische Behandlungen absolviert, wobei die längste 4 Monate angedauert habe. Konkrete Angaben über Behandlungsrichtung, Behandlungsverlauf und behandelnde Psychotherapeuten sind nicht erhhebbar. Der Antragsteller gibt an, er habe „alles versucht“ inkl. Iranische Tees und Hypnose. Befragt nach der Suchtanamnese bei aktueller Einnahme multipler abhängigkeitsinduzierender Substanzen unklarer Verschreibung, gibt der Antragsteller an, dass ihm in der Vergangenheit suchtspezifische Behandlung empfohlen worden sei, er habe jedoch ‚kein Suchtproblem‘. Psychopax nehme er gelegentlich bedarfsorientiert vor wichtigen Terminen ein, Dronabinol werde medizinisch von Dr. XXXX verordnet (keine Befunde vorliegend), Tramal werde ebenfalls nur bei Bedarf eingenommen. Bislang keine stationär-psychiatrischen Aufenthalte.
Derzeitige Beschwerden:
Der Antragsteller berichtet über reduzierte körperliche und psychische Befindlichkeit, wobei einerseits bei St. p. multiplen Bandscheibenvorfällen Schmerzsymptomatik bestehe, andererseits, aufgrund von Panikattacken am Arbeitplatz im Rahmen einer Klaustrophobie, keine Arbeitsfähigkeit bestünde. Öffentliche Verkehrsmittel seien vom Antragsteller nur eingeschränkt benutzbar - ebenfalls aufgrund von Angstzuständen -, wobei der
Antragsteller angibt, 3-4 Stationen mit dem Bus zurücklegen zu können bevor er, aufgrund von Panikattacken, aussteigen müsse. Aus diesem Grund bestehe Vermeidungsverhalten. Zu Hause, in den eigenen 4 Wänden, bestünden keine Panikattacken. Befragt nach den körperlichen und psychischen Reaktionen im Rahmen von Panikattacken am Arbeitsplatz schildert der Antragsteller erhöhte psychovegetative Erregung im Sinne von Schwitzen und Zittern sowie ein massives Anspannungsgefühl, da das Büro, in welchem er als Buchhalter arbeiten müsse, zu eng sei. Angesprochen auf die fehlende psychovegetative Reaktion im Rahmen der ho. Begutachtung, welche ebenfalls in einem geschlossenen Raum durchgeführt wird, gibt der Antragsteller an, er habe hierfür keine Erklärung, es gäbe hier eben ein „angenehmes Raumgefühl“ und es seien weniger Personen anwesend.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Letzte dokumentierte FÄ-psychiatrische Behandlung Dr. XXXX am 25.03.2019.
Medikation laut ärztlichem Befundbericht Dr. XXXX (25.03.2019): Strattera 40mg 1-0-0.
Anamnestisch laut Antragsteller: Dronabinol, Seroquel, Tramal, Psychopax.
Keine psychotherapeutische Behandlung.
Sozialanamnese: Patient seit 1 Jahr im Krankenstand, um Reha-Geld angesucht.
Gelernter Buchhalter. Vor kurzem geheiratet, keine Kinder.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Psychologischer Befund Dr. XXXX (28.12.2016):
D: Rez. depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom, Angststörung gemischt, somatoforme Schmerzstörung, Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung bei hyperkinetischem Syndrom.
Im Vergleich zum Vorbefund vom 18.10.2013 stehen die im Rahmen der aktuellen Belastungen (Ablehnung des Reha-Geld-Bezugs) im Vordergrund: neuerliche reaktivierte depressive Störung sowie chronisch- therapieresistentes Schmerzerleben assoziiert mit Schmerzeinengung, eingeschränkter Entspannungs- und Erlebnisfähigkeit, Zuspitzung der hyperkinetischen Symptomatik, persönlichkeitsbedingte Affektlabilität, Intensivierung des Angsterlebens mit Einschränkung des Lebensradius und der Möglichkeit der Durchführung positiver Aktivitäten (Agoraphobie mit ausgeprägtem Vermeidungsverhalten).
FÄ-psychiatrischer Befundbericht Dr. XXXX (28.01.2019):
Pat. berichtet, dass er sich erschöpft und überfordert fühle. Er war auch schon bei Prof. XXXX und hat einen Aufnahmetermin im API für 12.02. bekommen. Herr XXXX möchte die Behandlung vorher aber ambulant ho. versuchen. Bei der Untersuchung zeigt sich das Bild einer aggitierten Depression mit massiver Einschlafstörung. Herr XXXX wird auf Seroquel eingestellt. Arbeitsfähigkeit ist zur Zeit nicht gegeben. PTS, Stimmungs depressiv, agitiert, Antrieb gut, innere Anspannung, Affekt labil, positiv und negativ affizierbar, Einschlafstörung, derzeit keine produktive Symptomatik, keine suizidale Einengung, fühlt sich erschöpft.
D: Agitierte Depressio, Klaustrophobie, Motorische Tics, Diskusprolaps st. p. Schulter OP 2x links.
M: Seroquel XR 50mg 0-0-1-0, Seroquel 25mg 0-0-0-1.
FÄ-psychiatrischer Befundbericht Dr. XXXX (25.03.2019):
Bei Kontrolle berichtet, dass Seroquel nicht vertragen, damit noch unruhiger geworden. Bei der heutigen Untersuchung starke Bewegungsunruhe. Bringt psychologischen Befund von Dez. 2016 wo ein hyperkinetsiches Syndrom diagnostiziert wurde. Diesbezüglich heute auf Strattera eingestellt. Aufgrund der starken Bewegungsunruhe und Neueinstellung auf Strattera ist Herr XXXX noch nicht arbeitsfähig.
D: Hyperkinetsiches Syndrom, Agitierte Depressio, Klaustrophobie, Motorische Tics
M: Strattera 40mg 1-0-0-0.
Allgemeinmed. Kurzbefund Dr. XXXX (28.11.2019):
D: Diskusprolaps mit diffusen Paresen und parästhesien (L5/S1). Diskusprolaps C6, C7, Depressio, Angststörung, Klaustrophobie, Migräne, Omalgie beidseits, Zustand nach OP Bankert.
Schriftlicher Bericht des Arbeitgebers (Hamidi GmbH, 27.11.2019):
(…...) Herr XXXX wurde aufgrund seiner 50% Behinderung bei uns aufgenommen, es stellte sich jedoch schnell heraus, dass er mit einigen Krankheiten akut und dauerhaft zu kämpfen hat. Unser Alltag mit Herrn XXXX gestaltet sich wie folgt: Zuspätkommen durch die abendliche Einnahme von Medikamenten und Zuspätkommen durch den Arbeitsweg (Herr XXXX muss mehrmals den Bus verlassen um ins Büro zu kommen, aufgrund seiner Klaustrophobie), mehrmals im Büro Panikattacken, ebenfalls ausgeprägte Klaustrophobie,
welche auch ärztlich attestiert ist. Alle 10-15 min braucht er eine Pause vom Bildschirmarbeitsplatz aufgrund seiner Schmerzen in der Lendenwirbelsäule (...).
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: altersentsprechend
…………….
Klinischer Status – Fachstatus: -
Gesamtmobilität – Gangbild: -
Status Psychicus:
In der Untersuchungssituation wenig kooperativ, teilweise Nutzung von unpräzisen Angaben sowie teilweise anlässig vulgärer Sprache. Konzentration unauffällig, Keine psychomotorische Unruhe. Duktus kohärent und zum Ziel führend bei unauffälligem Tempo. Keine Ich-Grenzstörung. Keine produktiv-psychotische Symptomatik explorierbar. Affekt unauffällig. Stimmungslage ausgeglichen bei negativ getönter Befindlichkeit. Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen erhalten, im Negativen jedoch verstärkt. Hohe subjektive Belastung bei verminderter Introspektionsfähigkeit. Tag-Nacht-Rhythmusstörung. Chronische Schmerzsymptomatik. Ho. keine Tics fassbar, ebenso ho. keinerlei Hinweise auf erhöhtes psychovegetatives Erregungsniveau. Illegale Substanzen verneint. Keine Suizidalität. Keine akute Selbst– oder Fremdgefährdung fassbar.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
LfdNr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden.
1.Agitierte Depressio, Klaustrophobie, Hpyerkinetisches Syndrom
2.Sensible und motorische Ausfälle leichten Grades, Cerviko- und Lumboischialgie
3.Zustand nach Schulteroperation links, St.p. mehrfache Luxation
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Keine Änderung im Vergleich zum Vorgutachten.
X Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine, da Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angst vor Kontrollverlust nicht führende Bestandteile des psychischen Leidens darstellen. Orientierung und Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum sind gegeben. Die Diagnose einer Klaustrophobie ist zwar in den vorgelegten Befundberichten von FÄ Dr. XXXX sowie im Kurzbefund vom Allgemeinmediziner Dr.
XXXX als Diagnose dokumentiert, es werden jedoch keinerlei Angaben zu den konkreten Symptomen und dem Ausmaß der Einschränkungen gemacht. Zusätzlich ist in den vorgelegten Befunden keinerlei spezifische Behandlung der Angststörung dokumentiert. In Zusammenschau mit den inkonklusiven anamnestischen Angaben des Antragstellers sowie im ho. Befund der FÄ-psychiatrischen Untersuchung ist keine psychische Störung in einem Ausmaß, welche die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel" bedingt objektivierbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
keine bekannt
Gutachterliche Stellungnahme: Keine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel, da Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angst vor Kontrollverlust nicht führende Bestandteile des psychischen Leidens darstellen. Orientierung und Gefahreneinschätzung im öffentlichen Raum sind gegeben.
Die Diagnose einer Klaustrophobie ist zwar in den vorgelegten Befundberichten von FÄ Dr. XXXX sowie im Kurzbefund vom Allgemeinmediziner Dr. XXXX als Diagnose dokumentiert, es werden jedoch keinerlei Angaben zu den konkreten Symptomen und dem Ausmaß der Einschränkungen gemacht. Zusätzlich ist in den vorgelegten Befunden keinerlei spezifische Behandlung der Angststörung dokumentiert. In Zusammenschau mit den inkonklusiven anamnestischen Angaben des Antragstellers sowie im ho. Befund der FÄ-psychiatrischen Untersuchung ist keine psychische Störung in einem Ausmaß, welche die Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel‘ bedingt objektivierbar.
…………………………….“
9. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten wurde mit Schreiben vom 14.1.2020 dem Parteiengehör unterzogen. Der BF brachte mit E-Mail-Mitteilung vom 24.1.2020 vor, es sei der Befund von Dr. XXXX , FA für Psychiatrie, nicht berücksichtigt worden. Daraus ergebe sich, dass er wegen seines Klaustrophobieleidens keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen könne, und er daher zwingend das Auto benötige. Seit zwei Jahren sei er beim ihm deswegen in Behandlung. Wenn er von A nach B fahre und dabei dreimal aussteige, um ans Ziel zu kommen, komme er oft nicht pünktlich zur Arbeit bzw. erreiche den Arbeitsplatz nicht.
10. Zu diesem Vorbringen des BF führte die beauftragte medizinische Sachverständige ergänzend in ihrer Stellungnahme vom 6.2.2020 auf Basis der Akten Nachfolgendes aus:
„…………………………..
Der Antragssteller argumentiert in seiner Stellungnahme zum Parteiengehör, dass ein
Befund von Psychiater Dr. XXXX nicht berücksichtigt worden wäre. Im Rahmen der
Untersuchung wurde mir jedoch kein rezenter Befund von Dr. XXXX vorgelegt. Zu einem
Befund von Dr. XXXX (3.5.2017), welcher mir nicht vorliegt, wurde bereits im GA von Dr.in XXXX (10/2017) ausführlich Stellung genommen. In den vom Antragssteller vorgelegten rezenten fachärztlich-psychiatrischen Befunden (Dr. XXXX ) werden keine für die
Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel" relevanten Hauptsymptome beschrieben, sondern eine im Vordergrund stehende depressive Symptomatik bzw. eine hyperkinetische Störung bestätigt.
Neue Befunde wurden durch den Antragssteller im Rahmen des Parteiengehörs nicht eingebracht.
Es kommt daher zu keiner Änderung meiner Einschätzung bezüglich der ‚Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel‘ im Vergleich zu meinem Gutachtem vom 1/2020.
……………………..“
11. Mit Bescheid vom 7.2.2020 wurde die am 1.3.2019 beantragte Vornahme der Eintragung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf die eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, die einen Bestandteil der Bescheidbegründung bilden würden. Gegen das übermittelte Sachverständigengutachten habe der BF im Parteiengehör Einwendungen vorgebrach, die jedoch nicht geeignet gewesen seien, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Der BF erfülle die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht.
12. Mit E-Mail-Mitteilung vom 20.2.2020 erhob der BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 7.2.2020 zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“. Begründend brachte der BF vor, die Sachverständige habe zwar sein Problem als schlimm bezeichnet, aber die Meinung vertreten, eine Stellungnahme seines Facharztes fehle dazu. Es liege kein Nachweis zum Ausmaß und zu einer Therapie vor. Dazu verweise der BF auf das Schreiben von Dr. XXXX , FA für Psychiatrie, vor zirka zwei Jahren. Dieser behandle ihn seit längerer Zeit in der Praxis wegen seiner Klaustrophobie. Er sei daher auf das Auto angewiesen. Weiters beziehe er sich auf das Schreiben seiner Firma. Darin werde auf seinen Alltag und die vielen Krankenstände sowie sein spätes Erscheinen am Arbeitsplatz wegen seines Buswechsels und sein Gehen wegen des engen Raums und der vielen Leute Bezug genommen. Das spreche plausibel gegen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.Feststellungen:
1.1. Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF hat seinen Wohnsitz im Inland. Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 50 v.H. Der BF verfügt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
1.2. Der BF leidet an agitierter Depressio, Klaustrophobie und an einem hyperkinetischen Syndrom (1.Leiden). Ein weiteres Leiden des BF sind sensible und motorische Ausfällen leichten Grades, Cerviko- und Lumbioschialgie (2.Leiden) sowie sein Zustand nach einer Schulteroperation links und nach mehrfachen Luxationen (Leiden 3). Er handelt sich um einen Dauerzustand.
1.3.Der BF hat keine erheblichen Einschränkungen der unteren oder oberen Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit. Dies gilt auch für seine psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen. Der BF leidet auch nicht unter einer schwer anhaltenden Erkrankung des Immunsystems. Der BF kann eine Gehstrecke von rund 300-400 Meter aus eigener Kraft ohne Unterbrechung bewältigen und Niveauunterschiede beim Ein- und Aussteigen in und aus dem öffentlichen Verkehrsmittel überwinden. Es ist auch sein sicherer Transport im öffentlichen Verkehrsmittel gewährleistet.
1.4. Dem BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
2.Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem vorliegenden Gerichtsakt.
Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen im Hinblick auf den beantragten Zusatzvermerk „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ wurde im oben wiedergegebenen schlüssigen Sachverständigengutachten vom 14.1.2020 von Dr. XXXX , FÄ für Psychiatrie, samt Ergänzung vom 6.2.2020, das von der belangten Behörde eingeholt wurde, ausführlich und nachvollziehbar Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF mit erhobenen klinischen Befunden und den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen. Sie entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Soweit sich der BF auf einen älteren Befund von Dr. XXXX , FA für Psychiatrie, der vor cirka 2 Jahren erstellt worden sei, berief, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser vom 3.5.2017 stammende Befund bereits im vorhergehenden Beschwerdeverfahren, das unter der Aktenzahl W266 2175585-1, protokolliert wurde, vorlag. Die Diagnose „Klaustrophobie“ wurde darin nicht als Hauptdiagnose geführt, worauf auch im zugrundeliegenden medizinischen Gutachten (Dr. XXXX ) hingewiesen wurde. Es konnte von der beauftragten Gutachterin aus neuropsychiatrischer Sicht keine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel objektiviert werden. Im dazu ergangenen, die Beschwerde des BF abweisenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.2.2018, W266 2175585-1/5E, zum Antrag betreffend Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ wurde dieser Befund auch gewürdigt und hat nicht zur begehrten Zusatzeintragung geführt. Das genannte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts blieb auch vom BF unbekämpft. Auffallend ist, dass der BF im Rahmen der damaligen persönlichen Untersuchung durch die von der belangten Behörde beauftragte Sachverständige Dr. XXXX angab, im Fitnessstudio Cardiotraining zu absolvieren. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass es sich auch bei Fitnessstudios um eingeschränkte Räumlichkeiten, die von mehreren Menschen besucht werden, handelt. Der Besuch einer solchen Sportstätte war dem BF ungeachtet der behaupteten Klaustrophobie offensichtlich ohne Probleme möglich.
In den aktuellen vom BF vorgelegten Befunden von Dr. XXXX , FÄ für Psychiatrie, vom 25.3.2019, und Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 28.11.2019 wurde zwar neben anderen Leiden auch als Diagnose Klaustrophobie genannt, es fehlte jedoch an Angaben zu den konkreten Symptomen und zum Ausmaß der dadurch bedingten Einschränkungen. Es fanden sich darin auch keine spezifischen Ansatzpunkte für eine Behandlung für Klaustrophobie. Soweit der BF Dr. XXXX als seinen Facharzt für psychiatrische Erkrankungen nannte, bei dem er seit 10 Jahren in Behandlung stehe, (siehe Gutachten von Dr. XXXX , FÄ für Psychiatrie, vom 14.1.2020) ist ihm entgegenzuhalten, dass er für diese Behandlung keinen aktuellen Befund vorlegte. Vielmehr hat der BF sogar bei der persönlichen Untersuchung durch die von der belangten Behörde beauftragte Sachverständige Dr. XXXX eine medikamentöse Behandlung angegeben (Dronabinol, Seroquel, Tramal und Psychopax bei Bedarf), die sich nicht mit dem Befund von Dr. XXXX vom 25.3.2019 (Strattera 40mg 1-0-0) deckte. Auffallend ist auch, dass der BF bei der persönlichen Untersuchung der genannten Sachverständigen am 3.12.2019, die in einem geschlossenen Raum stattfand, angab, ein „angenehmes Raumgefühl“ zu haben. Anders hingegen behauptete er, sei es ihm im Büro, in dem er als Buchhalter arbeiten müsse, „zu eng“.
Die Ausführungen seines Arbeitgebers vom 27.11.2019 zum BF vermögen auch insofern nicht zu überzeugen, da sie sich nicht in Zusammenhalt mit den aktuellen Befunden des BF aus dem Jahr 2019, die der BF zuletzt vorlegte (Dr. XXXX vom 28.1.2019 und 25.3.2019 sowie Dr. XXXX vom 28.11.2019), objektivieren lassen. Darin wurde nämlich nicht die konkrete Symptomatik in Verbindung mit dem Ausmaß der Einschränkungen, die in den Ausführungen des Abreitgebers aufschienen, bestätigt. Auch die von der belangten Behörde beauftragte medizinische Sachverständige, Dr. XXXX , verwies auf die fehlenden aktuellen medizinischen Befunde mit einer Beschreibung der Auswirkungen bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sowie der ergriffenen Therapiemaßnahmen zur Objektivierung seiner behaupteten Klaustrophobie in ihrem schlüssigen Gutachten vom 14.1.2020. Wie die genannte Sachverständige nachvollziehbar darlegte, konnte damit in Verbindung mit der Anamnese des BF die behauptete psychische Erkrankung nicht in einem Ausmaß objektiviert werden, die die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ rechtfertigt. Vielmehr stehen offensichtlich seine Depression und seine hyperkinetische Störung im Vordergrund. Das Leiden des BF erreichte damit nicht ein Ausmaß, das zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt.
Im Rahmen des Parteiengehörs zum eingeholten schlüssigen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 14.1.2020 hat es der BF auch unterlassen, neue aktuelle Befunde vorzulegen. Soweit der BF im Beschwerdevorbringen auf den älteren Befund von Dr. XXXX Bezug nimmt, lässt er außer Acht, dass dieser bereits im abgeschlossenen Beschwerdeverfahren, W266 2175585-1/5E, ihm nicht zum Erfolg verhalf. Zu den Ausführungen seines Arbeitgebers hat er damit zur Objektivierung keine aktuellen medizinischen Befunde vorgelegt.
Es lagen damit keine erhebliche Einschränkung der unteren und oberen Extremitäten oder körperlichen Belastbarkeit bzw. der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen vor, auf Grund derer der Schluss gezogen werden könnte, dass dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar wäre. Das nachvollziehbare medizinischen Sachverständigengutachten und die persönliche Untersuchung des BF haben keinen solchen Schluss zugelassen. Den schlüssigen Ausführungen im Gutachten vom 14.1.2020 und 6.2.2020 von Dr. XXXX ist der BF weder im Rahmen des Parteiengehörs und noch in seiner Beschwerde auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Das Vorbringen des BF in seiner Beschwerde vom 20.2.2020 kann daher nicht überzeugen.
3.Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).
3.1.Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 2 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wurde mit BGBl II Nr. 263/2016 novelliert. Gemäß § 5 Abs. 3 der Novelle ist § 1 dieser Verordnung mit Ablauf des 21.09.2016 in Kraft getreten.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:
1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;
2. die Versicherungsnummer;
3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
4. eine allfällige Befristung.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.