TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/4 I416 2207641-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2020
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Entscheidungsdatum

04.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 2207641-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Kamerun, vertreten durch RA Dr. Peter LECHENAUER, RA Dr. Margit SWOZIL, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.05.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. wie folgt lautet:

"Eine ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

l. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt mit falschen Reisedokumenten in das Bundesgebiet ein und stellte am 20.01.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei sie die im Spruch angeführten Identitätsdaten angab. Begründend führte sie ihm Rahmen der Erstbefragung zusammengefasst aus, dass sie als Lehrer einen Streik organisiert hätten, da die Regierung französisch sprechende Lehrer in der Schule haben wollte und nicht welche die englisch sprechen bzw. unterrichten. Deshalb werde sie gesucht, zudem seien viele Lehrer verhaftet und umgebracht worden. Im Falle ihrer Rückkehr befürchte sie, verhaftet und umgebracht zu werden. Gefragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihr bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde, gab sie wörtlich an: "Die Schulgewerkschaft kann das beweisen, dass ich misshandelt oder getötet werde, wenn ich zurückgehe. Ich muss damit rechnen körperliche Gewalt zur Fahren und sogar getötet zu werden."

2. Am 02.02.2018 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen in deren Verlauf sie einen Mitgliedsausweis der "Baptist Teachers Trade Union of Cameroon", ein ÖSD Zertifikat A1 vom 06.09.2017, Bestätigungen über besuchte Deutschkurse vom 30.06.2017 und 10.01.2018, eine Arbeitsbestätigung der Gemeinde Seeham über gemeinnützige Hilfstätigkeiten in der Gemeinde vom 26.01.2018, eine Teilnahmeurkunde hinsichtlich der erfolgreichen Teilnahme an einem Klima- und Energie- Basisworkshop vom 06.09.2017, ein Empfehlungsschreiben der Koordinatorin der freiwilligen Gruppe "Seeham. Hilft" vom 21.01.2018, sowie diverse englischsprachige Internetausdrucke und Links zu Videos. Zu ihrer Reiseroute führte sie aus, dass sie von XXXX danach Douala gefahren und von dort mit dem Flugzeug nach Österreich gekommen sei, das Mitglied des Roten Kreuzes habe Ihre Unterlagen vorbereitet und habe dieser auch einen Reisepass für sie gehabt, den er ihr jedoch nach der Kontrolle am Wiener Flughafen wieder abgenommen habe. Zu ihren persönlichen Verhältnissen führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie am 21.01.1975 in XXXX in Kamerun geboren sei, dass sie ledig sei, zwei Töchter habe und dass sie dem katholischen Glauben angehöre. Ihre Kinder würden derzeit bei ihrem Onkel in einem Dorf etwa 1 Stunde von XXXX entfernt leben, ihre Mutter und ihre Geschwister würden in XXXX leben, Kontakt habe sie telefonisch sowohl zu ihren Kindern als auch zu ihrer Mutter. Sie gab weiters an, dass sie zusammen mit ihrer Mutter gewohnt hätte und ihren Lebensunterhalt im Heimatland zuletzt, seit 2010, als Lehrerin an der "Baptist High School" in XXXX in XXXX bestritten habe. Studiert habe sie an der "XXXX University of Science & Technology". Zu ihren Fluchtgründen befragt führte sie im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sie Kamerun verlassen habe, weil sie Lehrerin sei und der Lehrergewerkschaft angehören würde. Am 08.12.2016 seien sie auf eine Demonstration gegangen und habe das Militär alles getan, um den Protest zu unterdrücken, das Militär habe unrechtmäßige Mittel eingesetzt, Tränengas, echte Munition, sie hätten herumgeschossen, Menschen verletzt und getötet und Frauen vergewaltigt. Sie sei dann einfach in irgendeine Richtung losgelaufen und habe einen Freund aus früheren Zeiten getroffen, bei diesem habe sie sich versteckt und abgewartet, ob eine Normalisierung der Lage eintreten würde. Am 09.01.2017 habe sie ein Freund von Militär angerufen und gesagt, dass ihr Name auf einer Liste stehen würde, es wäre sehr gefährlich, sie könnten in der Nacht kommen und sie holen. Der Freund habe sie dann zum Roten Kreuz gebracht, wo sie eine Woche geblieben sei, während ihre Unterlagen vorbereitet worden seien, am 20.01.2017 sei sie dann mit dem Mann vom Roten Kreuz über Adis Abeba nach Wien geflogen. Gefragt, ob sie in Kamerun jemals Probleme aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder aufgrund ihrer Religion gehabt habe, verneinte sie dies und gab weiters an, dass sie auch nicht vorbestraft wäre, jedoch im Gefängnis gewesen sei. Auf Nachfrage gab sie dazu an, dass es 2008 soziale Unruhen aufgrund des Preisverfalls von Öl und anderen Rohstoffen gegeben habe, sie sei auch Mitglied des SCNC gewesen und sei im Zuge einer Demonstration verhaftet und für vier Monate im Zentralgefängnis in XXXX eingesperrt worden, sie sei jedoch nie vor Gericht gestanden. Gefragt, ob sie jemals politisch tätig gewesen sei, gab sie an, dass sie Mitglied des SCNC sei, sie sei Aktivistin und kämpfe gegen die Marginalisierung der Englischsprachigen. Gefragt was ihre Tätigkeit gewesen sei, gab sie wörtlich an: "Ich habe die Gemeinschaft mobilisiert."..." Ich habe mit anderen Gewerkschaftsmitgliedern auf Gemeindeebene gearbeitet. Ich habe Informationen erhalten und weitergegeben. Ich vertrat die Gemeinde bei Treffen. Ich habe Rückmeldungen aufgenommen, wir haben die Planung und Umsetzung vorgenommen." Nachgefragt gab sie an, dass die Planung und Umsetzung die allgemeinen Tätigkeiten der Gewerkschaften betroffen hätten. Sie sei im Jahr 2008 unter der Bedienung aus dem Gefängnis entlassen worden, dass sie sich verpflichtete, an keinen derartigen Tätigkeiten mehr teilzunehmen und sei ein Anwalt namens XXXX darin involviert gewesen. Im Falle ihrer Rückkehr befürchte sie getötet zu werden, viele ihrer Kollegen seien verschwunden, sie würden in der Nacht kommen und diese einfach mitnehmen.

3. Am 14.02.2018 wurden dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl weitere englischsprachige Unterlagen übermittelt. Dabei handelt es sich um drei als eidesstattliche Erklärung zur Unterstützung bezeichnete Schreiben einer "XXXX (Cousine), eines XXXX (Lehrer und enger Freund) und XXXX (Advocate).

4. Mit Schreiben vom 28.05.2018 wurde der Beschwerdeführerin eine aktuelle Kurzinformation der Staatendokumentation welche in das Länderinformationsblatt zu Kamerun aufgenommen wurde, eine Anfragebeantwortung durch die Staatendokumentation zum Thema Anglophone und frankophonen Bevölkerung Kamerun vom 18.10.2017 und eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation hinsichtlich der Beweiskraft von eidesstattlichen Erklärungen von kamerunischen Rechtsanwaltskanzleien vom 16.02.2018 zum Parteiengehör und Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt. Am 12.06.2018 wurde eine diesbezügliche Stellungnahme übermittelt. Zudem wurden ein Empfehlungsschreiben der Koordinatorin der freiwilligen Gruppe "Seham.Hilft" vom 11.06.2018, eine Arbeitsbestätigung des Tourismusverbandes Seeham vom 11.06.2018 über gemeinnützige Tätigkeiten in der Grundreinigung vor dem Saisonstart, eine Arbeitsbestätigung der Gemeinde Seeham vom 08.06.2018 über gemeinnützige Hilfstätigkeiten in der Gemeinde Seeham, eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses "Deutsch für Asylwerbende-A2/1, sowie eine Bestätigung über den Kursbesuch "Deutsch für Asylwerbende-A2/2 und eine Bestätigung der XXXX International Christian Church vom 10.06.2018 hinsichtlich der Teilnahme an den wöchentlichen Gottesdiensten vorgelegt.

5. Mit Schreiben vom 11.06.2018 wurde der Beschwerdeführerin weiteres Parteiengehör hinsichtlich einer aktuellen Kurzinformation der Staatendokumentation gewährt und wurde im Rahmen der Stellungnahme ausgeführt, dass diese ihren persönlichen Erfahrungen entsprechen würde.

6. Am 17.08.2018 wurde die Beschwerdeführerin ein weiteres Mal von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und legte die Beschwerdeführerin zwei Deutschkursbesuchsbestätigungen vom 25.07.2018 und 08.08.2018, zwei Unterstützungsschreiben, Ausdrucke englischsprachiger Zeitungsartikel, eine Arbeitsbestätigung der Gemeinde Seeham vom 20.08.2018, ein ärztliches Attest vom 21.08.2018 über die Behandlung wegen Gastritis, sowie eine Linkliste über Videodokumente hinsichtlich der aktuellen Situation in Kamerun vor. Zu ihrem Gesundheitszustand führte sie aus, dass es ihr bessergehe, sie jedoch Gastritis habe, Unterlagen dazu werde sie übermitteln. Sie führte weiters aus, dass sie seit zwei Wochen keinen Kontakt zu ihrer Mutter und ihren Kindern habe, bis dahin habe sie regelmäßigen Kontakt ca. einmal die Woche bzw. zweimal die Woche, wohnen würden diese zusammen mit ihrer Cousine in deren Haus, als sie das letzte Mal mit ihrer Tochter gesprochen habe, habe diese gesagt, dass sie Gewehrschüsse hören würde. Gefragt, ob sie noch Kontakt zu XXXX habe, führte sie aus, dass sie nicht wisse wo dieser sei, mit ihrer Cousine stehe sie über WhatsApp in Kontakt, die WhatsApp Nummer des Anwaltes würde sie nicht kennen. Auf Nachfrage führt sie aus, dass manche Leute eigene Nummern nur für WhatsApp verwenden würden. Zum Anwalt gab sie an, dass es sich um den Anwalt ihrer Cousine handeln würde und dieser den Akt ihrer Inhaftierung aus 2008 in seinem Büro habe. Auf die Frage, ob sie seit 2008 Kontakt mit dem Anwalt XXXX gehabt habe, antwortete sie wörtlich: "Wenn ich ihn auf der Straße traf, grüßte ich ihn. Ich hatte keinen Grund, zu ihm mit Büro zu gehen." Zu XXXX führte sie aus, dass sie ihn aus der High-School-Zeit kenne, er sei einige Klasse über ihr gewesen, getroffen hätten sie sich vor zehn Jahren wieder. Sie gab weiters an, dass dieser an keinen Protesten teilgenommen habe, da nicht alle Lehrer der Gewerkschaft angehören würden, auf Nachfrage, ob er nach wie vor unterrichten würde, gab sie zuerst an, dass sie nicht sicher sei, sie jedoch gehört habe, dass seine Schule niedergebrannt worden sei. Gefragt, woher sie ihre Nachrichten beziehen würde, gab sie an, dass sie diese Nachrichten über Facebook erhalten würde, sie sei jedoch nicht Mitglied der Facebook Facebook-Gruppe "The Federal Republic of XXXX", sondern erhalte nur Informationen von dieser. Hinsichtlich ihr Aktivitäten für die Lehrergewerkschaft führte sie aus, dass sie als "Community mobilizer" gearbeitet habe und als solche Gewerkschaftsinformationen an jene Lehrer überbracht habe, denen es sich nicht möglich gewesen sei, zu den Treffen zukommen und umgekehrt habe sie Probleme der Lehrer in die Gewerkschaftstreffen mit eingebracht. Zum Streik führte sie aus, dass sie gleichzeitig für die Gewerkschaft und den SCNC gearbeitet habe, als SCNC Mitglied sei sie hinausgegangen, um die Leute aufzuklären, sie habe diese über ihre Rechte als Südkameruner aufgeklärt und ihnen erklärt, dass die Geschichte vor ihnen verborgen worden sei. Zur Dauer des Streiks führte sie aus, dass dieser nur kurz hätte dauern sollen, nämlich bis sich die Regierung zu Themen geäußert hätte, wie etwa der Forderung nach Versetzung französischsprachigen Lehrer weg von den Schulen, da diese nicht englisch sprechen könnten und das Bildungssystem zerstören würden. Gehandelt hätte es sich um einen Streik mit unbestimmter Dauer einige Schulen (ca. 30 %) öffneten jedoch wieder, da die Regierung einige Mitglieder der Gewerkschaft bestochen hätte. Begonnen habe der Streik am 21.11. 2016, die Demonstration an der sie teilgenommen habe, sei am 08.12.2016 gewesen. Ihre Schule habe ca. ein Jahr später wieder geöffnet, nachgefragt gab sie an, dass die meisten Schulen in Kamerun wieder offen sein, es seien jedoch weniger Schüler und Lehrer da, die Regierung wolle das die Schulen offen seien, die Amba-boys hingegen wollen jedoch, dass die Schulen geschlossen bleiben, um Druck auf die Regierung auszuüben. Gefragt, ob sie von SCNC Mitgliedern oder Lehrern die verschwunden seien wüsste, gab sie wörtlich an: "Die Kommunikation ist ein Problem momentan. Wir wissen nichts über ihren Verbleib. In den Schulen sind die Lehrer nicht da. Sie sind verschwunden." Letztlich gab sie auf die Frage ob ihrer Ansicht nach englischsprachige Lehrer derzeit in Kamerun generell gefährdet sein wörtlich an: "Nein, nur jene, die sich an dem Streik beteiligt hatten. Iich glaube, einer wurde zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt." Dabei würde es sich um einen Lehrer handeln, der auch am Streik beteiligt gewesen sei, welches seine Rolle beim Streik gewesen sei, wisse sie nicht, sie kenne ihn als Lehrer, jedoch nicht persönlich.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.09.2018, Zahl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBI I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Kamerun gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen sie "gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBI Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBI I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt IV.) und "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass ihre Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für ihre freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 27.09.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen unwesentlicher Ermittlungsmängel und inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der Verfolgung nicht näher auseinandergesetzt habe zudem fehle eine genaue Begründung warum die Schilderungen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig seien und seien die umfangreichen Details zu den Fluchtgründen nicht entsprechend gewürdigt wurden. Die Beschwerdeführerin habe ihre Verfolgung glaubhaft vorgetragen, die seitens der belangten Behörde vorgebrachte innerstaatliche Fluchtmöglichkeit würde in der Praxis nicht vorliegen, es bestehe zudem die konkrete Gefahr, dass die Beschwerdeführerin unmittelbar bei ihrer Einreise am Flughafen oder zumindest innerhalb weniger Tage in Haft genommen werde, zudem wäre die Beschwerdeführerin bei einer Nichtgewährung von internationalem Schutz von einer problematischen Arbeitslosigkeit betroffen, da sie keine finanziellen Mittel und keine staatliche Unterstützung zu erwarten habe. Hinsichtlich des Privatlebens wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in Österreich ein umfassendes Privatleben habe und dieses gemäß Art. 8 EMRK zu schützen sei, die Beschwerdeführerin habe fortgeschrittene Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift und habe während ihres Aufenthalts zahlreiche Freundschaften begründet und sich einen Freundeskreis in Österreich aufgebaut. Die belangte Behörde hätte eine entsprechende sorgfältige Prüfung vornehmen müssen und sei es nicht nachvollziehbar, dass diese im gegenständlichen Fall gar keine ausreichende Integration sehe und diesbezüglich auch gar keine näheren Ermittlungen geführt habe, die Beschwerdeführerin sei strafrechtlich unbescholten und würde bei einer Ausreise eine Verletzung des Art. 3 und 8 EMRK drohen. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und dem bekämpften Bescheid vollinhaltlich aufheben und der gegenständlichen Beschwerde stattgeben, gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen, in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zu Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Der Beschwerde angeschlossen waren drei Empfehlungsschreiben vom 24.09.2018, 25.09.2018 und 14.09.2018, eine Arbeitsbestätigung der Gemeinde Seeham vom 25.09.2018 über gemeinnützige Hilfstätigkeiten, eine Arbeitsbestätigung des Tourismusverbandes Seeham vom 25.09.2018, ein Empfehlungsschreiben vom 25.09.2018, ein Schreiben der XXXX International Christian Church vom 27.09.2018 und diverse bereits im Administrativverfahren vorgelegte Unterlagen.

9. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 15.10.2018 vorgelegt.

10. Mit Urkundenvorlage vom 08.05.2019 wurde ein ÖSD Zertifikat A2 vom 18.12.2018, sowie die Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom 14.03.2019 übermittelt. Mit Urkundenvorlage vom 02.07.2019 wurden Aufenthaltsbestätigungen des Krankenhauses XXXX (XXXX) vom 15.03.2019 (ambulant), 27.03.2019 (ambulant) und 22.03.2019 (stationärer Aufenthalt vom 19.03.2019 bis 22.03.2019), sowie Laborwerte vom 25.02.2019, eine Überweisung an einen Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten vom 02.04.2019 und ein Rezept vom 22.03.2019 vorgelegt.

11. Am 20.05.2010 erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführerin eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht. In dessen Verlauf wurden seitens der Beschwerdeführerin folgende nachstehende Unterlagen vorgelegt: 2 Empfehlungsschreiben (Rotes Kreuz und XXXX), Stellungnahme Vertrauensperson Dipl. Päd. XXXX, Bestätigung FH XXXX über ein Hochschulprojekt (ohne Bezug/Nennung/Namen der Beschwerdeführerin) und englischsprachige Ausdrucke aus dem Internet. Im Laufe der Verhandlung wurde seitens des erkennenden Richters nach Recherche noch folgende Unterlagen in die Verhandlung eingebracht: Vereinsregisterauszug vom 20.05.2020 hinsichtlich des Vereines "XXXX XXXX", in welchem die Beschwerdeführerin als "President" aufscheint.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Kamerun und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005. Sie ist keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Die Beschwerdeführerin ist volljährig, nicht verheiratet, Mutter einer mj. Tochter und einer volljährigen Tochter und bekennt sich zum katholischen Glauben. Die Beschwerdeführerin gehört der Volksgruppe Ngenba an.

Die Beschwerdeführerin hat im Kamerun die Universität besucht, zwischen 2005 und 2010 als Buchhalterin in einer NGO und von 2010 bis November 2016 als Lehrerin gearbeitet und damit für sich und ihre Töchter den Lebensunterhalt bestritten.

In Kamerun leben noch ihre Mutter und ihre beiden Töchter im Haus ihrer Cousine. Die Beschwerdeführerin hat regelmäßigen Kontakt zu ihren Familienangehörigen in Kamerun.

Die Beschwerdeführerin hält sich seit 21.01.2017 in Österreich auf.

Die Beschwerdeführerin leidet seit 10 Jahren an Gastritis, nimmt jedoch keine Medikamente. Es konnte keine derart schwere, akut lebensbedrohliche und zudem in Kamerun nicht behandelbare gesundheitliche Beeinträchtigung festgestellt werden, die nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte. Die Beschwerdeführerin ist arbeitsfähig.

In Österreich verfügt die Beschwerdeführerin über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten der Beschwerdeführerin in Österreich.

Die Beschwerdeführerin bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Die Beschwerdeführerin hat hinsichtlich ihrer Integration Empfehlungsschreiben, Bestätigungen über die Leistung von gemeinnützigen Tätigkeiten des TVB Seeham und der Gemeinde Seeham, ÖSD Zertifikate A1 und A2, die Bestätigung über die Teilnahme am Werte- und Orientierungskurs, Bestätigung der XXXX International Christian Church hinsichtlich der Teilnahme an den wöchentlichen Gottesdiensten und eine Teilnahmeurkunde hinsichtlich der erfolgreichen Teilnahme an einem Klima- und Energie- Basisworkshop vorgelegt. Die Beschwerdeführerin verfügt im Bundesgebiet über soziale Kontakte

Die Beschwerdeführerin ist "President" des am 27.12.2019 gegründeten, aus 8 Mitgliedern bestehenden, Vereines "XXXX XXXX".

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Deutschkenntnisse aufweist, es wird aber auch festgestellt, dass sie während der gesamten Verhandlung auf einen Dolmetscher angewiesen war.

Eine entscheidungsrelevante Teilnahme der Beschwerdeführerin am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in Österreich kann schon in Bezug auf ihre Aufenthaltsdauer von knapp 3 Jahren nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin in strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden, dass sie in ihrem Herkunftsland Kamerun einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder der politischen Gesinnung oder einer sonstigen asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

Entgegen ihrem Fluchtvorbringen kann mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Bezug auf ihre berufliche Tätigkeit als Lehrerin bzw. ihrer Teilnahme an einer Demonstration von staatlichen Organen ihres Herkunftslandes verfolgt wird, bzw. dass sie ihr Heimatland aufgrund staatlicher Verfolgung verlassen hat.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat eine Position in der Lehrergewerkschaft innehatte, oder sie Mitglied beim SCNC in Kamerun gewesen ist. Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in Österreich kein Mitglied des SCNC ist.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Kamerun und der individuellen Rückkehrsituation:

Der Beschwerdeführerin wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kamerun übermittelt. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Kamerun ist eine Präsidialrepublik. Zwar kann die Staatsform als semipräsidentiell bezeichnet werden, d.h. es gibt neben dem Präsidenten als zweite Exekutivgewalt den Regierungschef (Premierminister), dessen Regierung dem Parlament verantwortlich ist, aber die Verfassung sichert dem Staatspräsidenten - seit 1982 ist dies Paul Biya - eine überragende Stellung. Die seit 1996 geltende Verfassung ist eine Präsidialverfassung nach französischem Vorbild. Der in der Verfassung vorgesehene Verfassungsrat (Conseil Constitutionnel) wurde im Januar 2018 eingerichtet. Das politische System Kameruns ist auf den Präsidenten ausgerichtet, der die verschiedenen politischen, ethnischen und regionalen Kräfte im Lande so an der Macht beteiligt, dass sie in einer effizient austarierten Balance verharren. Dezentralisierungsbemühungen wurden von der Regierung Kameruns bislang nur halbherzig durchgeführt.

Das Land wird seit 1966 von der Partei "Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais" (RDPC, bis 1985 "Union Nationale Camerounaise") regiert. Staatspräsident Paul Biya regiert seit 1982. Nach Einführung des Mehrparteiensystems fanden 1992 zum ersten Mal Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Diese und nachfolgende Wahlen verliefen nicht ganz regulär. Biya wurde bei den Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 erneut für weitere sieben Jahre in seinem Amt bestätigt. Die jetzt gültige Verfassung ist die 3. seit dem Erlangen der Unabhängigkeit im Jahr 1960. Diese 3. Verfassung wurde unter Biya inzwischen dreimalig einer Revision unterzogen: 1984, in der Phase der Machtkonsolidierung Biyas, wurde der Staat in "Republik Kamerun" umbenannt und die Provinzgrenzen neu gezogen. 1996 wurden die Weichen für eine moderate Dezentralisierung gestellt. So wurde die Einrichtung einer zweiten Parlamentskammer (Senat) beschlossen und die Amtszeit des Staatspräsidenten auf sieben Jahre, mit einmaliger Möglichkeit der Wiederwahl, festgesetzt. 2008 kam es zur vorläufig letzten Verfassungsänderung: die RDPC /CPDM nutzte ihre breite Parlamentsmehrheit und beschloss sowohl eine unbeschränkte Amtszeit des Präsidenten, als auch dessen Immunität über die Zeit der Präsidentschaft hinaus.

Parlaments- und Kommunalwahlen werden zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen abgehalten und wurden von der Regierungspartei RDPC gewonnen. Die über 200 Parteien bieten kaum politische Alternativen: Die meisten Oppositionsparteien, so auch die SDF, kranken an ähnlich überkommenen Strukturen wie die Regierungspartei RDPC. Parteigründer sind oftmals gleichzeitig ewige Vorsitzende (in einigen Fällen inzwischen deren Söhne) und führen ihre Partei in autokratischem Stil. Zudem stützen sich die meisten Oppositionsparteien auf eine regionale Hochburg (meist der Herkunftsort des Vorsitzenden). So auch die SDF: 13 ihrer 18 Parlamentssitze errang sie in der anglophonen Region Nordwest, aus der Parteigründer und Vorsitzender John Fru Ndi (77 Jahre) stammt.

Zur Sicherheitslage ist auszuführen, dass es im Kamerun keine Bürgerkriegsgebiete gibt. Allerdings gibt es seit Ende 2017 gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppen in den beiden anglophonen Regionen North West und South West. Die Konflikte zwischen Staatssicherheitskräften und Separatisten haben sich 2018 in den anglophonen Regionen verschärft. Vor Reisen in die englischsprachigen Regionen Nordwest und Südwest wird aufgrund der angespannten Sicherheitslage gewarnt. Immer wieder kommt es zu politisch bedingten Unruhen, vor allem in XXXX. Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppierungen mit Toten und Verletzten dauern in beiden Regionen an. Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und den Sicherheitskräften sowie bewaffnete Überfälle auf Sicherheitskräfte haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert. Zudem muss aufgrund der allgemein sehr schwierigen Lebensbedingungen der Bevölkerung mit Straßenprotesten gerechnet werden. Ausschreitungen und gewalttätige Zusammenstöße kommen vor. Zum Beispiel sind Ende Januar 2019 bei politischen Protesten in Douala mehrere Personen durch Schüsse verletzt worden.

Das Rechtssystem Kameruns ist uneinheitlich. Neben der traditionellen Rechtsprechung, die für jede Volksgruppe spezifisch ist, existiert das moderne Recht, das bis vor kurzem, sowohl von der britischen (common law) als auch von der französischen Rechtskultur (Code Napoléon) bestimmt worden war, bis das Parlament 2006 eine Harmonisierung des Strafgesetzbuchs verabschiedete. Moderne Gerichte gibt es auf Arrondissements-Ebene (tribunal de première instance) und Départements-Ebene (tribunal de grande instance), Berufungsgerichte auf Provinzebene (cour d¿appel). Militärgerichte können auch die Zuständigkeit für Zivilpersonen wegen Straftaten ausüben. Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor. Die Justiz wird jedoch oft vom Präsidenten, seinem Stellvertreter und/oder von der regierenden Partei kontrolliert. Die Justiz ist dem Justizministerium unterstellt und politischer Einfluss und Korruption schwächen die Gerichte. Die Verfassung und das Gesetz sehen das Recht auf eine faire und öffentliche Verhandlung vor. Es gilt die Unschuldsvermutung. Aber die Behörden respektieren dies nicht immer. Angeklagte haben das Recht einen Anwalt ihrer Wahl zu konsultieren, aber dieses Recht wird in den meisten Fällen nicht respektiert; insbesondere in Fällen von Komplizenschaft mit Boko Haram oder anglophonen Separatisten.

Die Einmischung der Exekutive kann das Gerichtsverfahren beeinflussen: Staatsanwälte wurden unter Druck gesetzt, die Verfolgung von Korruptionsfällen gegen einige hochkarätige Beamte einzustellen, während Kritiker behaupten, dass mit Korruptionsvorwürfen Beamte bestraft wurden, die beim Regime in Ungnade gefallen sind. Probleme bereiten der absolute Mangel an Gerichten, die Bestechlichkeit von Richtern, die Konzentration der Rechtsanwaltsbüros auf Douala und Yaoundé, die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte von der Exekutive und die Blockierung der Gerichte in Douala und Yaoundé aufgrund von Richtermangel. Sippenhaft ist nicht vorgesehen. Der Justizapparat ist in Kamerun schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft; dies gilt auch bei Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen.

Die gravierenden Schwächen des Rechtssystems betreffen alle Bürger gleichermaßen und sind vor allem in Korruption, mangelhafter Aus- und Fortbildung sowie Überlastung begründet. Das Justizsystem ist überlastet; manche Richter und Staatsanwälte sind unterqualifiziert und/oder bestechlich. Rechtsstaatliche Verfahren sind nicht durchgängig gewährleistet. Allerdings hat sich der Justizminister in den vergangenen Jahren mit Informationskampagnen und Fortbildungsseminaren um die Weiterbildung der Richter bemüht. In der Praxis wird das neue Strafprozessrecht jedoch von den Behörden zumeist nur angewendet, wenn die Betroffenen dies einfordern. Dies setzt einen gewissen Kenntnisstand der Gesetzeslage voraus, den jedoch nur eine Minderheit der Bevölkerung aufweist.

Die Gendarmerie Nationale hat militärischen Charakter und ist Teil der Streitkräfte. Sie interveniert im nichtstädtischen Bereich. Dagegen untersteht die Police Nationale dem Innenministerium. Verhaftungen werden von der Gendarmerie und den verschiedenen Untergliederungen der Polizei ausgeführt: allgemeine Polizei (Sécurité publique), Inlandsgeheimdienste (Renseignements Généraux, Surveillance du Territoire), Kriminalpolizei (Police Judiciaire), Grenzpolizei (Police des Frontières) sowie von der Spezialeinheit GSO (Groupement Spécial d'Opérations). Letztere ist eine Eliteeinheit der Polizei. Es gibt auch Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Straßenräubern, wie die im März 1998 gegründete Brigade Anti-Gang (auch: Groupement Mobile d'Intervention GMI, unités antigangs), das 2000 gegründete Commandement Opérationnel (CO, auch: special oder operational command) oder die seit 2006 im Einsatz befindliche Brigade d'Intervention Rapide (BIR). Auch die Militärpolizei darf Verhaftungen durchführen, wenn sie im Rahmen von Unruhen eingesetzt wird. Der Auslandsgeheimdienst DGRE, der auch im Inland eingesetzt wird, nimmt in Einzelfällen ebenfalls Verhaftungen vor.

Probleme der Polizeikräfte sind zunehmende Gewalt und Banditentum auf der einen, Korruption, willkürliche Verhaftungen und Folter auf der anderen Seite. Die Sicherheitskräfte sind zum Teil schlecht ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet. Zudem haben zivile Behörden zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte, einschließlich der Polizei und der Gendarmerie.

Das Gesetz vom 10.1.1997 hat den Straftatbestand Folter mit Todes- oder Gesundheitsfolgen in das Strafgesetzbuch eingeführt. Unmenschliche und erniedrigende Strafen sind weder im Strafgesetzbuch vorgesehen, noch werden sie verhängt bzw. vollstreckt. In der Praxis kommen Misshandlungen und Folter vor. Dabei handelt es sich meist um Schikanen durch Gefängniswärter, Polizisten oder Angehörige der Geheimdienste und der Gendarmerie. In schwer verifizierbaren Einzelfällen soll es zu Misshandlungen zwecks Erpressung von Geständnissen gekommen sein. Über ein derartiges systematisches Vorgehen der Sicherheitsbehörden oder des Gefängnispersonals liegen keine Erkenntnisse vor. Es kommt zu willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte. Übergriffe der Sicherheitskräfte werden in der Regel nicht angemessen verfolgt. Systematische Gewaltanwendung gegen bestimmte Gruppen ist allerdings nicht feststellbar. Auch wenn die Regierung einige Schritte ergriffen hat, um Täter zu verfolgen und zu bestrafen, so agieren diese auch weiterhin meist ungestraft. Die soziopolitische Krise, die Ende 2016 in den Regionen Nordwest und Südwest begann, entwickelte sich zu einem bewaffneten Konflikt zwischen Regierungstruppen und separatistischen Gruppen. Der Konflikt führte zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen durch Regierungstruppen und anglophone Separatisten. Sicherheitskräfte der Regierung haben außergerichtliche Hinrichtungen begangen, Eigentum verbrannt, willkürliche Festnahmen durchgeführt und Gefangene gefoltert. Eine Reihe von Misshandlungen auf beiden Seiten in den anglophonen Regionen, darunter Brandanschläge auf Häuser und Schulen, sind dokumentiert. Nach Angaben der International Crisis Group haben Regierungstruppen und bewaffnete Separatisten seit der Eskalation 2017 über 420 Zivilisten in den Regionen getötet. Ein im Juli 2018 in der Region Far North entstandenes Video zeigt, wie Männer in Uniform zwei Frauen und zwei Kinder hinrichten. Erst nach einer von Amnesty International durchgeführten Untersuchung, teilte die Regierung mit, dass die Soldaten verhaftet wurden.

Es existiert eine Vielzahl von unabhängigen kamerunischen Menschenrechtsorganisationen, die jedoch zumeist am finanziellen Tropf der internationalen Geber hängen. Gesetzlich sind Organisationen nicht zulässig, die sich gegen die Verfassung, die Gesetze, die Moral richten; oder sich gegen die territoriale Integrität, die nationale Einheit, die nationale Integration oder die Republik stellen. Die Bestimmungen zur Gründung einer NGO sind komplex und nicht alle Antragsteller werden gleich behandelt. Daher entscheiden sich die meisten Menschenrechtsorganisationen für die Gründung gemeinnütziger Vereine, wodurch sie sich in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Internationale Menschenrechtsbeobachter können weitgehend unabhängig agieren und ermitteln. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) konnte seiner Tätigkeit im Land nach den üblichen Standards nachgehen und auch unangekündigte Besuche in Gefängnissen durchführen. NGO-Vertreter berichteten wiederholt von Drohungen, willkürlichen Verhaftungen, vereinzelt auch von Folter und menschenunwürdiger Behandlung. Die Regierung kritisierte die Berichte von internationalen Menschenrechtsorganisationen.

Im Jahr 2010 hat sich mithilfe der EU-Mitgliedstaaten ein Netzwerk zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern zusammengeschlossen, im Jahr 2011 konnte dieses Netzwerk weitere Mitglieder gewinnen und sich auch regional stärker vernetzen. Mithilfe des United Nations Development Programme (UNDP) haben sich ebenfalls 2010 etwa 50 Menschenrechtsorganisationen zu einem nationalen Netzwerk der Menschenrechtsvereine zusammengeschlossen, das vor allem in der Hauptstadt präsent ist.

2018 wurde Kamerun mit Gewalt und schweren Menschenrechtsverletzungen konfrontiert. Das Bewusstsein für Menschenrechte und Menschenrechtsverletzungen ist in der Gesellschaft nur eingeschränkt ausgeprägt, obwohl sich zahlreiche Menschenrechtsorganisationen für eine Sensibilisierung von Bevölkerung und Regierung in diesem Bereich engagieren. Der Justizapparat ist schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft. Dies gilt auch bei Ermittlungen bezüglich Menschenrechtsverletzungen und beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern.

Dabei garantiert die Verfassung von 1996 die Grundrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948), der Charta der Vereinten Nationen (1945) und der Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (1981). Außerdem ist Kamerun an folgende Menschenrechtsabkommen gebunden: Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1966, ratifiziert 1971); Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966, ratifiziert 1984); Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966, ratifiziert 1984); Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1979, ratifiziert 1994); und Fakultativprotokoll (ratifiziert 2005); Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989, ratifiziert 1993); Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (1984, ratifiziert 1986).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme im Land sind Folter und Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte, vor allem von Häftlingen; Mangel an fairen und schnellen Gerichtsverfahren und lebensbedrohliche Haftbedingungen. Andere bedeutende Menschenrechtsmissachtungen sind willkürliche Festnahmen, überlange Untersuchungshaft und Verstöße gegen die Privatsphäre. Die Regierung belästigt Journalisten und Separatisten und schränkt die Bewegungs-, Meinungs- und Pressefreiheit ein.

Obwohl das Gesetz Meinungs- und Pressefreiheit vorsieht, schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Regierungsbeamte schikanieren Einzelpersonen oder Organisationen, die Kritik ausüben oder Ansichten äußerten, die im Widerspruch zur Regierungspolitik stehen. Personen, die die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, sehen sich häufig mit Vergeltungsmaßnahmen konfrontiert. Die Regierung versucht, Kritik zu verhindern, indem sie politische Treffen überwacht. Ein systematisches Vorgehen des Staates gegen die Pressefreiheit ist nicht festzustellen.

Trotzdem ist die kamerunische Medienlandschaft vielfältig. Regierungskritische und oppositionelle Meinungen werden veröffentlicht. Der staatliche Rundfunk und die über 70 lokalen privaten Radiosender sind von vorherrschender Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung. In den großen Städten laufen die drei privaten Fernsehsender dem staatlichen Fernsehsender CRTV den Rang ab. Sie befassen sich zunehmend mit sensiblen Themen wie Korruption und Arbeitslosigkeit, bei denen Versäumnisse der Regierung deutlich werden. Es gibt keine glaubwürdigen Berichte, dass die Regierung die private Online-Kommunikation ohne rechtliche Befugnisse überwacht. Die Regierung hat jedoch wiederholt den Zugang zum Internet unterbrochen. Die Behörden haben auch regelmäßig den Zugang zu sozialen Netzwerken blockiert oder verlangsamt, um Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen und die Mobilisierung von Oppositionskräften zu verhindern.

Die durch die Verfassung geschützte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird in der Praxis immer wieder eingeschränkt. Die Regierung nutzt ein Gesetz, welches Genehmigungen für Demonstrationen vorschreibt. Viele Organisationen der Zivilgesellschaft und der Politik berichteten von erhöhten Schwierigkeiten bei der Einholung der Genehmigung öffentlicher Versammlungen. Es kommt mitunter zu Verboten oppositionsnaher Veranstaltungen mit der Begründung, dass diese eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellten. Versammlungen werden zum Teil nicht genehmigt bzw. gewaltsam aufgelöst. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu vorübergehenden Festnahmen. Im Rahmen der anglophonen Krise ist es zu massiven Einschränkungen in diesem Bereich gekommen. Die Behörden unterdrückten auch 2018 die Proteste in den anglophonen Regionen weiter. Vor dem "Unabhängigkeitstag" der anglophonen Separatisten (1.10.) wurde in deren Regionen eine 48-stündige Ausgangssperre verhängt und Versammlungen von mehr als vier Personen waren verboten. Im November 2018 verhafteten die Behörden 20 Demonstranten in Yaoundé. Organisatoren von öffentlichen Versammlungen, Demonstrationen oder Prozessionen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Behördenvertreter vorab darüber zu informieren. Gesetzlich ist eine vorherige Zustimmung der Regierung jedoch nicht vorgesehen. Amtsträger behaupten dennoch regelmäßig, dass das Gesetz implizit eine behördliche Bewilligung von öffentlichen Veranstaltungen erfordert. Folglich verweigert die Regierung häufig die Bewilligung von Veranstaltungen bzw. wendet Gewalt an, um nicht genehmigte Veranstaltungen zu unterbinden.

Trotz Mehrparteiensystems - Kamerun weist einen außerordentlichen Parteienreichtum auf - und mehr oder minder ordentlichen Wahlen, wird die kamerunische Politik durch den Präsidenten und 'seine' Partei, die RDPC/CPDM, die ehemalige Einheitspartei, dominiert. Politische Auseinandersetzungen finden kaum im parlamentarischen Rahmen statt, da die Assemblée Nationale/National Assembly inzwischen weitgehend von der RDPC/CPDM beherrscht wird. Systematische politische Verfolgung findet aber nicht statt, jedoch können sich Oppositionsparteien nur schwer entfalten. Angesichts der Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 wurden Veranstaltungen regierungskritischer Organisatoren und politischer Parteien (Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen) in der Regel wegen des Vorwurfs der Gefährdung der öffentlichen Ordnung verboten und vereinzelt gewaltsam aufgelöst. Demonstrationen der Oppositionspartei MRC gegen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen wurden untersagt, Teilnehmer an diesen verbotenen Demonstrationen festgenommen. Einige Anhänger des zweit platzierten Präsidentschaftskandidaten und Vorsitzenden des Mouvement pour la Renaissance du Cameroun (MRC), wurden Ende Januar 2019 gemeinsam mit Maurice Kamto verhaftet. Etwa 50 von ihnen wurden am 27.1.19 wieder freigelassen. Kamerun hat seit Ende der deutschen Kolonialzeit einen anglophonen und einen frankophonen Teil. Die Frankophonen machen 80 % der Bevölkerung aus und dominieren die Regierung. 1994 wurde der separatistische Southern Cameroons National Council (SCNC) gegründet. Der SCNC setzt sich aus mehreren Splitterfraktionen zusammen, die das Ziel eint, den anglophonen Teil Kameruns vom frankophonen Teil abzuspalten. Gemeinsam mit der Cameroon Anglophone Civil Society (CACS) wurde er am 17.1.2017 für illegal erklärt.

Seit Oktober 2016 kommt es in der anglophonen Region zu verschiedensten Protestaktionen. Was mit Streiks von Rechtsanwälten und Lehrern begann, wuchs sich zu einer allgemeinen Bewegung von anglophonen Bürgerprotesten aus. Präsident Biya erklärte die anglophone Sezessionsbewegung kurzerhand zur "Terrorbande" und lieferte damit den Vorwand für ein noch härteres Vorgehen beider Seiten. Der Staat schickte Militär und Polizei, sperrte die Internetleitungen in den anglophonen Provinzen und verhängte Ausgangssperren. Seit Oktober 2016 kommt es in den beiden anglophonen Regionen Südwest und Nordwest immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppierungen, die zu hunderten von Todesopfern und Verletzten geführt haben. Seit Beginn der anglophonen Krise wird mit strafrechtlicher Verfolgung gegen Teilnehmer an den gewaltsamen Protesten und Mitglieder der verbotenen CACS und de SCNC vorgegangen. In einigen Fällen ist es vereinzelt und vorübergehend zu Festnahmen oder Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle, in der Regel im Zusammenhang mit der Planung bzw. Durchführung von nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Regierung, gekommen. Im französischsprachigen Teil Kameruns leben rund 500.000 Anglophone. In der Hauptstadt gibt es u.a. eine (anglophone) presbyterianische Kirchengemeinde. Es gibt außerparlamentarische Winkelzüge von staatlicher Seite gegen Versammlungen oder Aktionen der englischsprachigen Separatistenbewegung SCNC und deren Sympathisanten. Der kamerunische Staat widmet den Aktivitäten der Exilorganisationen wenig Aufmerksamkeit. Im Gefolge der anglophonen Krise interessiert sich der kamerunische Staat jedoch zunehmend für exilpolitische Aktivitäten der anglophonen Opposition. Eine staatliche Verfolgung kamerunischer Staatsangehöriger wegen oppositioneller Tätigkeit im Ausland ist aus den letzten Jahren nicht bekannt.

In Kamerun gibt es keine Staatsreligion. Die kamerunische Verfassung garantiert ihren Bürgern Religionsfreiheit und in aller Regel respektiert der Staat dieses Grundrecht. Die Verfassung verbietet zudem Schikanen oder Diskriminierungen aus religiösen Gründen. Es gibt keine Berichte über gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, dem Glauben oder der Religionsausübung. Das Verhältnis und der Umgang der Religionen untereinander war lange Zeit von gegenseitigem Respekt und Toleranz geprägt. Der interreligiöse Dialog funktionierte ganz gut. Zwar wurden Anhänger traditioneller Religionen im muslimischen Norden oft verächtlich angesehen, auch wurde vereinzelt von kleineren Konflikten zwischen Christen und Moslems berichtet, aber Kamerun kannte bisher, im Gegensatz zu den Nachbarländern, keine religiöse Gewalt.

In Kamerun leben etwa 250 bis 278 ethnische Gruppen mit unterschiedlichen Traditionen. Die Städte Kameruns bieten einen ethnischen Querschnitt, da dort alle Bevölkerungsgruppen des Landes anzutreffen sind. Über die Anzahl der in Kamerun lebenden Völker gehen die Zahlen auseinander. In diesem völkerreichen Land treffen somit unterschiedlichste Kulturen, Lebensformen, Sprachen und Religionen - deren Grenzen teilweise auch Ethnien-übergreifend verlaufen - aufeinander. Gegensätze und Interessenskonflikte zwischen verschiedenen Ethnien, Nomaden und Sesshaften bzw. Viehhaltern und Ackerbauern, allochthonen und autochthonen Bevölkerungsgruppen, Frankophonen und Anglophonen, Stadt- und Landbevölkerung, "Nordisten" und "Südisten", Christentum und Islam führten und führen manchmal auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die jedoch lokal begrenzt bleiben. Teilweise werden diese Konflikte auch von einzelnen Eliten oder politischen Parteien instrumentalisiert, auch wenn Kamerun bisher zu einem der vergleichsweise stabilsten Länder der Region zählte.

Frauen sind verfassungsrechtlich Männern gleichgestellt. Viele Gesetze benachteiligen aber Frauen nach wie vor und es besteht weiterhin eine deutliche Diskrepanz zwischen bestehenden Gleichstellungsrechten. Beispiele sind, die alleinige Verfügungsgewalt des Ehemanns über das eheliche Vermögen sowie dessen Recht, der Ehefrau eine Berufstätigkeit zu untersagen, die Zulässigkeit der körperlichen Züchtigung der Ehefrau. Die verbreitete Zwangsheirat ist zwar nach dem kodifizierten Strafrecht strafbar, aber in vielen Gegenden wird das staatliche Zivil- und Strafrecht faktisch durch traditionelles Recht ersetzt. Die aus der Anwendung des traditionellen Rechts folgenden Handlungen unterliegen keiner staatlichen Kontrolle. Auch in familiären Angelegenheiten gilt der Mann als Chef, was durch traditionelles und modernes Familien- und Eherecht bestätigt wird. Auf dem Social Institutions and Gender Index der OECD (Familienrecht, körperliche Unversehrtheit, bürgerliche Freiheiten, Bevorzugung von Söhnen und Eigentumsrechte) belegt Kamerun Platz 71 von 86.

Die Verfassung und weitere Gesetze gewährleisten die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Diese Rechte werden jedoch manchmal eingeschränkt. Sicherheitskräfte fordern an Straßensperren und Kontrollpunkten Bestechungsgelder und schikanieren Reisende. Die Polizei hielt häufig Reisende auf, um Identifikationsdokumente, Fahrzeugregistrierungen und Steuereinnahmen als Sicherheits- und Einwanderungsbekämpfungsmaßnahmen zu überprüfen.

Jedoch könnte nach Personen auch landesweit gefahndet werden, was im Regelfall aber nicht geschieht. Bürger, die auf Veranlassung lokaler Behörden hin verfolgt werden, können dem durch Umzug in die Hauptstadt oder in die Stadt eines entfernten Landesteils Kameruns entgehen.

Die Bewegungsfreiheit in den beiden anglophonen Regionen wurde durch die anhaltende Krise behindert. Als Reaktion auf separatistische Angriffe, verhängte der Gouverneur der Nordwest-Region im September 2018, eine Ausgangssperre. Die Ausgangssperre wurde Ende des Jahres vorübergehend aufgehoben. In den anglophonen Regionen wurde außerdem eine 48-stündige Ausgangssperre verhängt, die bis zum 1.10.2018, dem "Unabhängigkeitstag" der Separatisten andauert. Diese Bemühungen sollten die mit dem selbst erklärten Unabhängigkeitstag von XXXX verbundene Gewalt einschränken.

Hinsichtlich des Selbstversorgungsgrads mit Lebensmitteln liegt Kamerun weit unterhalb seiner Möglichkeiten. Die bäuerliche Landwirtschaft wird vernachlässigt. Trotzdem kann die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln als gesichert angesehen werden. Wer in soziale Not gerät, kann in Kamerun nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen; vielmehr werden Notlagen in der Regel von funktionierenden sozialen Netzen (Großfamilie) aufgefangen. Eine längere Abwesenheit gefährdet diese sozialen Netze. In ganz Kamerun gibt es karitative Einrichtungen, insbesondere Missionsstationen, die in besonderen Notlagen helfen. Die Idee, die soziale Absicherung der Bevölkerung hinsichtlich Gesundheits-, Altersversorgung etc. als staatliche Grundaufgabe aufzufassen, hat sich in Kamerun noch nicht wirklich eingebürgert. Zwar existiert eine Caisse Nationale de la Prévoyance Sociale (CNPS), die ihre Leistungen wie Rentenzahlung, Verletztengeld, Invalidenrente etc. aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen finanziert, aber die Mehrheit der Kameruner hat zu dieser öffentlichen Sozialversicherung keinen Zugang, weil viele entweder ohne Arbeitsvertrag, auf selbstständiger Basis und im informellen Sektors arbeiten oder aber arbeitslos sind. Zudem herrscht allgemein großes Misstrauen, ob man, trotz regelmäßiger Beitragszahlung, wirklich im Alter oder in einer Notlage von einer Leistung profitieren wird. Außerdem ist die Einrichtung immer wieder von größeren und kleineren Skandalen betroffen, was das Vertrauen ins System auch nicht fördert. Arbeitslosen- und Krankenversicherungsleistungen sowie Krankengeld werden von der CNPS nicht übernommen. Staatsbeamte dagegen sind über ihren Arbeitgeber versichert. Für sie existiert sogar eine staatliche Krankenversicherung; allerdings gibt es auch hier Probleme, sobald Gelder ausgezahlt werden sollen.

Unter den Staaten der zentralafrikanischen Regionalorganisation CEMAC ist Kamerun das wirtschaftlich stärkste Land. Das Bruttoinlandsprodukt erreichte 2015 geschätzte 38,4 Milliarden US-Dollar, pro Kopf ca. 1.545 US-Dollar. Dennoch müssen 25 % der Kameruner mit weniger als 1,90 US-Dollar auskommen. Bei den Armutsindikatoren wie die landesspezifische durchschnittlichen Schuljahre (12,2), die Lebenserwartung (58,6) oder die Müttersterblichkeit (569 Sterbefälle auf 100.000 Geburten), dürfen die großen regionalen Unterschiede nicht vergessen werden. Bei der aktuellen (2018) statistischen Fortschreibung der Human Development Indizes und Indikatoren erreicht Kamerun beim Gender Inequality Index Rang 141 von 160, beim HDI-Ranking 151 von 189. Zwar ist Kamerun nicht so stark vom Erdöl abhängig wie andere afrikanische Ölexporteure, trotzdem wirkt sich der Ölpreiseinbruch auch auf die Wirtschaft Kameruns aus. Aufgrund der Außenfinanzierung staatlicher Infrastrukturgroßprojekte steigt die Außenverschuldung stark an und beträgt (2017) ca. 30 % des BIP. Kamerun will bis 2035 den Status eines demokratischen und in seiner Diversität geeinten Schwellenlandes erreichen. Dieses langfristige Entwicklungskonzept "Vision 2035" beinhaltet eine Erhöhung des Wirtschaftswachstums, die Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens, Förderung von Investitionen und eine Senkung des Bevölkerungswachstums auf 2 %. Laut der Strategie für Wachstum und Beschäftigung soll die Wirtschaft zwischen 2010 und 2020 um durchschnittlich mindestens 5,5 % im Jahr wachsen, um Arbeitslosigkeit und Armut zu reduzieren. Weiterer Schwerpunkt ist die Verbesserung der Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Energie, Transport und Kommunikation. Außerdem haben die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft und die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse besondere Bedeutung. Makroökonomisch wurden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt: Kamerun erreichte 2017 ein Wirtschaftswachstum von ca. 3,2 % 2018 lag das Wachstum bei 4 %. Neben der Öl- und Gasförderung und den Infrastrukturinvestitionen ist der tertiäre Sektor eine treibende Kraft. Das derzeitige Wirtschaftswachstum reicht nicht aus, um Arbeitsplätze in größerem Umfang zu schaffen und die Armutsrate von circa 30 % nachhaltig zu senken.

Insbesondere der primäre und tertiäre Sektor tragen derzeit zum Wachstum bei. Rohöl, Holz und landwirtschaftliche Produkte sind die wichtigsten Exportprodukte. Einnahmen aus der Ölförderung konnte Kamerun zuletzt wieder steigern. In der Landwirtschaft wurde die Produktion von Schlüsselprodukten (Kakao, Kaffee, Bananen, Rohkautschuk) durch erleichterten Zugang zu Finanzierung, Ausbildung und Forschung gesteigert. In der Folge erwartet die Regierung künftig weitere Produktionssteigerungen. Weitere Impulse für das Wirtschaftswachstum kommen aus dem sekundären Sektor und basieren auf der beginnenden Umsetzung der Investitionsprogramme zur Verbesserung der Infrastruktur. Seriösen Vermutungen zufolge erwirtschaftet der informelle Sektor Kameruns mehr als der formelle. Besonders im urbanen Bereich hält sich ein Großteil der Bevölkerung (Schätzungen sprechen von weit über 50 %) mit Aktivitäten im informellen Sektor über Wasser. Besonders für Frauen und junge Leute bieten sich hier Chancen seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 75 % der Bevölkerung legen ihr Geld in informellen Sparvereinen (Tontines) an, die auch ein System sozialer Absicherung darstellen.

Die medizinische Versorgung ist in Yaoundé und Douala im Vergleich zum Landesinneren besser, entspricht jedoch bei weitem nicht dem europäischen Standard. In den Krankenhäusern kommt es immer wieder zu Engpässen bei der Versorgung mit Medikamenten, Verbands- und anderem medizinischen Verbrauchsmaterialien, die generell vom Patienten selbst beschafft werden müssen. Bei Aufnahme in ein Krankenhaus wird ausnahmslos Barzahlung im Voraus verlangt. In den Städten gibt es Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Seit den 90er Jahren befindet sich das staatliche Gesundheitssystem Kameruns in der Umstrukturierung. Ziele sind Dezentralisierung, Qualitätskontrolle und die Einbindung der Bevölkerung in Verwaltung und Finanzierung von Gesundheitseinrichtungen. Allerdings lassen die Ergebnisse der staatlichen Gesundheitspolitik weiterhin zu wünschen übrig. Es herrscht Ärztemangel und die wenigen verfügbaren Ärzte lassen sich vorwiegend in den städtischen Zentren nieder. Auch unzulängliche Infrastruktur und knappe Arzneimittel sind Missstände, welche die medizinische Versorgungslage Kameruns kennzeichnen. Verschärft wird die Situation durch die Abwanderung von Gesundheitspersonal ins Ausland. Nur wenige Kameruner sind krankenversichert, nichtsdestotrotz gibt es Bewegung auf dem Gebiet der Krankenversicherung; es existieren die unterschiedlichsten Modelle. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist möglich. Generell übernimmt die Familie medizinische Behandlungskosten. Die Versorgung mit Medikamenten erfolgt überwiegend aus Frankreich, Indien und Kamerun; grundsätzlich wird hierdurch ein weites Spektrum abgedeckt. Die gezielte Einfuhr von Medikamenten ist insofern problematisch, da Medikamente ohne französischen und englischen Beipackzettel nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Es sind keine Fälle bekannt, in denen kamerunische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr festgenommen oder misshandelt worden sind. Die Regierung geht zwar verstärkt strafrechtlich gegen Oppositionelle in den anglophonen Regionen vor. Es sind bislang jedoch keine Fälle bekannt geworden, dass eine politische Betätigung im Ausland zu einer Strafverfolgung in Kamerun geführt hätte. Eine staatliche Verfolgung allein wegen der Stellung eines Asylantrags erfolgt nicht. In Kamerun ist es möglich, sich einer Verfolgung durch die staatlichen Sicherheitsbehörden zu entziehen. Jedoch könnte nach Personen auch landesweit gefahndet werden, was im Regelfall aber nicht geschieht. Bürger, die auf Veranlassung lokaler Behörden hin verfolgt werden, können dem durch Umzug in die Hauptstadt oder in die Stadt eines entfernten Landesteils Kameruns entgehen.

Es gibt praktisch für jede Urkunde und jedes Dokument professionelle Fälschungen. Die Fälschung von Dokumenten wird in der Bevölkerung oft als Notwendigkeit betrachtet, die Dokumentenlage an die aktuelle Lebenssituation anzupassen. Von den Behörden geht keine Initiative aus, diese Praktiken einzudämmen. Auch bei echten Dokumenten kann nicht von der inhaltlichen Richtigkeit ausgegangen werden, da Dokumente auch bei offiziellen Stellen gekauft werden können. Personenstandsurkunden wie Geburtsurkunden können außerdem auf legalem Weg neu beschafft werden, wenn sich die betreffende Person an ein Gericht wendet und um eine Anordnung zur Nachbeurkundung nachsucht. Die Quote überhaupt nicht beurkundeter Geburten wird auf etwa 30 % geschätzt. Von den Behörden wird wenig Sorgfalt auf die formal korrekte Ausstellung von Urkunden und Dokumenten verwandt. Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden.

Zusammengefasst konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr mit einem gänzlichen Entzug ihrer Lebensgrundlage rechnen müsste oder in eine existenzbedrohende oder medizinische Notlage geraten würde, sie selbst hat hinsichtlich einer ihr drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle ihrer Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet.

Die Beschwerdeführerin ist gesund, arbeitsfähig und arbeitswillig. Sie verfügt über eine Schulausbildung und hat in Kamerun als Sekretärin, Buchhalterin und zuletzt als Lehrerin gearbeitet. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr wie zuvor in der Lage wäre, ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten. Zudem leben Familienangehörige der Beschwerdeführerin (Kinder, Mutter und Cousine) in ihrem Herkunftsland und könnte sie im Falle einer Rückkehr, im Haus ihrer Cousine, wo auch ihre Kinder und ihrer Mutter leben Unterkunft nehmen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Kamerun für die Beschwerdeführerin eine reale Gefahr einer Verletzung von Art, 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Es wurden auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 50 FPG idgF in ihren Heimatstaat Kamerun unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB Auskunftsverfahren wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weiters Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Kamerun, Accord-Anfrage vom 18.10.2017, sowie den seitens der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Ausdrucken aus dem Internet.

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Herkunft, Gesundheitszustand und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2020.

Da die Beschwerdeführerin entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht ihre Identität nicht fest.

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen und ihren Aussagen vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zur Dauer ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet ergibt sich aus dem Akt.

Die Feststellung zu ihren familiären Anknüpfungspunkten in Kamerun gründen sich auf ihre Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung und ihren niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin erwerbsfähig ist, ergibt sich aus dem Akt und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung, die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin Leistungen aus der Grundversorgung bezieht ergibt sich aus der Abfrage aus dem Betreuungsinformationssystem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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