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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)Norm
ABGB §1090Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der G-Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch die Consultatio Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG in 1210 Wien, Karl-Waldbrunner-Platz 1, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, 1.) vom 31. Mai 2011, Zl. RV/0935-W/08, und 2.) vom 1. Juni 2011, Zl. RV/0936-W/08, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 668,00 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine gemeinnützige Wohnungserrichtungsgesellschaft, ist Eigentümerin einer Liegenschaft in Wien. Sie schloss hinsichtlich dieser Liegenschaft am 24. Juli 2007 zwei Mietverträge mit der Stadt Wien, Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund, als Mieterin betreffend einerseits ein Geriatrie-Pflegeheim und andererseits Lokalflächen zu diesem Pflegeheim.
Der erstgenannte Mietvertrag (betreffend das Pflegeheim) lautet:
"I.
SACH- UND RECHTSLAGE
Die Vermieterin ist grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft (...) und beabsichtigt auf dieser Liegenschaft die Errichtung eines multifunktionalen Zentrums für Wohnen, betreutes Wohnen, einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke sowie Lokalen, (...) .
(...)
II.
MIETOBJEKT UND MIETVORGANG
(1) Gegenstand dieses Mietvertrages ist ausschließlich das vorgenannte Pflegeheim (also die Pflegeanstalt für chronisch Kranke mit nach derzeitigem Planungsstand 308 Betten) (...).
III.
VERTRAGSDAUER
(1) Das Mietverhältnis beginnt mit dem Entstehen der Übernahmeverpflichtung der Mieterin gemäß dem nachfolgenden Punkt IV. (2) und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
(2) Beide Vertragsparteien sind berechtigt das Mietverhältnis unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Jahres zu kündigen, die Vermieterin jedoch nur aus einem wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des Mietrechtsgesetzes (MRG) in der jeweils geltenden Fassung.
(3) Die Mieterin verzichtet ihrerseits zunächst für sechzehn Jahre nach Mietvertragsbeginn auf die Ausübung ihres Kündigungsrechtes. Die Mieterin ist sohin berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ablauf des 192-ten Monats nach Mietvertragsbeginn zu kündigen. Macht die Mieterin von diesem Kündigungsrecht keinen Gebrauch gilt dies als Kündigungsverzicht für weitere neunzehn Jahre.
(...)
V.
FINANZIERUNGSBEITRAG/MIETZINS
(1) Die Mieterin hat einen Finanzierungsbeitrag zu leisten und zwar
a) einen Grundkostenbeitrag
im Betrage von € 235,40 pro m² der im Punkt II./1. genannten Gesamt-Nutzfläche von 22.374,11m², sohin gemäß den vorgenannten derzeitigen Planmaßen
€ 5.266.900,00
b) einen Baukostenbeitrag in Höhe von 12,5 % der gemäß WWFSG förderbaren Gesamtbaukosten des Mietobjektes, sohin gemäß den derzeitigen Berechnungsgrundlagen (gewerksweise Kostenschätzung vom 11.5.2007, Beilage ./4)
€ 2.953.508,00
insgesamt sohin
€ 8.220.408,00
(...)
(3) Sonderkosten:
Ferner hat die Mieterin die Kosten für die allein ihrem Pflegeanstaltbetrieb dienenden Sonderausführungen und -ausstattungen des gegenständlichen Mietobjektes zu bezahlen.
(...)
Diese Sonderkosten gelten als Mietzinsvorauszahlung für eine Mietdauer von 35 Jahren und werden daher verrechnungstechnisch ab Mietzinszahlungsbeginn mit 1/420-stel des vorgenannten Gesamtbetrages aufgelöst. Macht die Mieterin von ihrem erstmaligen Kündigungsrecht gemäß Punkt III. Abs. (3) Gebrauch, so hat ihr die Vermieterin den bis dahin noch nicht aufgelösten Anteil von 228/420-stel dieser vorgenannten Sonderkosten rückzuerstatten, und zwar unverzinst. Ansonsten sind diese Sonderkosten nicht rückzahlbar (also auch nicht bei einer etwaigen, ohnehin nur bei Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes gemäß MRG möglichen, Vermieterkündigung) und unterliegen auch nicht den 'Verwohnungs'- Rückzahlungsbestimmungen des WGG bzw. des WWFSG.
(4) Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist der Finanzierungsbeitrag gemäß Punkt V. (1) a) und b) (nicht aber die Sonderkostenzahlung gemäß Abs. (3)) binnen acht Wochen nach ordnungsgemäßer Rückstellung des Mietobjektes an die Mieterin zurückzuzahlen, und zwar vermindert um 1% pro Jahr, gerechnet ab Fertigstellung des Mietobjektes (sohin der Fertigstellungsanzeige gemäß § 128 BO für Wien) oder bei einem allfälligen früheren Bezug des Mietobjektes ab diesem Zeitpunkt.
(5) Ab dem der im Punkt IV. (2) gennannten Übernahmeverpflichtung nächstfolgenden Monatsersten hat die Mieterin ferner bis zum 5. eines jeden Monates im vorhinein als laufendes monatliches Entgelt zu leisten:
a)
ein Mietzins von EUR 3,02/m², sohin auf der Basis der in Punkt II. (1) genannten Mietfläche von 22.374,11m²
EUR
67.569,81
b)
an Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag EUR 0,22/m², sohin
EUR
4.922,30
c)
an Verwaltungskosten EUR 0,10/m², sohin
EUR
2.237,41
d)
an vorläufigen Betriebs- und Nebenkosten (siehe den nachgenannten Absatz (5) a) á conto EUR 0,25/m², sohin
EUR
5.593,53
Zwischensumme
EUR
80.323,05
e)
20 % USt auf die 1%/Jahr 'Verwohnung' des im Punkt V. (1) genannten Finanzierungsbeitrages EUR 0,06/m², sohin
EUR
1.342,45
f)
20 % USt aus den Positionen a) bis d) EUR 0,72/m²
EUR
16.064,61
monatliches Gesamtentgelt daher
EUR
97.730,11
(...)
VI.
MIETZWECK UND BENÜTZUNG DES MIETOBJEKTS
(1) Die Vermietung erfolgt ausschließlich zum Betrieb eines Pflegeheims, und zwar einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke (...)."
Der zweitgenannte Mietvertrag betreffend die Lokalflächen unterscheidet sich von diesem Vertrag hinsichtlich des Vertragsgegenstandes, des Mietzwecks und des Bestandzinses.
Als Mietobjekt wird unter seinem Punkt II. genannt:
"(1) Gegenstand dieses Mietvertrages sind ausschließlich die zur vorgenannten Pflegeanstalt gehörenden Lokalflächen (...)."
Punkt V. Abs. 5 des zweitgenannten Mietvertrages lautet:
"(5) Ab dem der im Punkt IV. (2) gennannten Übernahmeverpflichtung nächstfolgenden Monatsersten hat die Mieterin ferner bis zum 5. eines jeden Monates im vorhinein als laufendes monatliches Entgelt zu leisten:
a)
ein Mietzins von EUR 4,03/m², sohin auf der Basis der in Punkt II. (1) genannten Mietfläche von 2.443,10 m²
EUR
9.845,69
b)
an Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag EUR 0,22/m², sohin
EUR
537,48
c)
an Verwaltungskosten EUR 0,10/m², sohin
EUR
244,31
d)
an vorläufigen Betriebs- und Nebenkosten (siehe den nachgenannten Absatz (5) a) á conto EUR 0,25/m², sohin
EUR
610,77
Zwischensumme
EUR
11.238,25
e)
20 % USt auf die 1%/Jahr 'Verwohnung' des im Punkt V. (1) genannten Finanzierungsbeitrages EUR 0,07/m², sohin
EUR
171,02
f)
20 % USt aus den Positionen a) bis d) EUR 0,92/m²
EUR
2.247,65
monatliches Gesamtentgelt daher
EUR
13.656,92
(...)"
Der Mietzweck lautet in Punkt VI. folgendermaßen:
"(1) Die Vermietung erfolgt ausschließlich zum Betrieb von Lokalen einer Pflegeanstalt (...)."
Mit Gebührenbescheid vom 8. November 2007 setzte das damalige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien eine Bestandvertragsgebühr für den "Mietvertrag (Geriatrie-Lokalflächen)" auf der Grundlage von § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG in der Höhe von € 78.726,27 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest.
Mit Bescheid vom 12. November 2007 setzte das damalige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für den "Mietvertrag (Geriatrie-Pflegeheim)" auf Grundlage von § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG eine Gebühr in der Höhe von € 513.957,13 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest.
Die belangte Behörde wies mit den angefochtenen Bescheiden die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen als unbegründet ab. Sie führte in beiden Bescheiden im Wesentlichen gleichlautend aus, die Mieterin habe nach den beiden Bestandverträgen zunächst für die Dauer von sechzehn Jahren ab der Übernahmeverpflichtung keine Kündigungsmöglichkeit. Sie habe aber die Option auf Verlängerung der Verträge auf weitere 19 Jahre für den Fall, dass die Mieterin nach diesen ersten sechzehn Jahren ihr einmaliges Kündigungsrecht nicht ausübe. Diese Option sei im Ergebnis eine Potestativbedingung, deren Eintritt oder Nichteintritt vom Willen eines Vertragspartners abhänge und deren Wirksamkeit gemäß § 17 Abs. 4 GebG für die Entstehung der Gebührenschuld unbeachtlich sei.
Die für die Vermieterin denkmöglichen Kündigungsgründe beschränkten sich auf solche Gründe des § 30 Abs. 2 MRG, die in einem negativen Verhalten der Mieterin begründet seien. Die Mieterin habe bei Vertragsabschluss derart hohe Belastungen auf sich genommen (beispielsweise die Entrichtung der "Sonderkosten" für die Sonderausstattungen und -ausführungen) als Mietzinsvorauszahlungen verbunden mit dem Verzicht auf eine zumindest aliquote Rückzahlung derselben im Falle der Kündigung durch die Vermieterin und die Entrichtung eines Finanzierungsbeitrages), dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, dass eine Mieterin bei einem derart hohen finanziellen Nachteil im Falle der Kündigung durch die Vermieterin kein Verhalten setzen werde, welches der Vertragspartnerin die Möglichkeit der Kündigung biete. Auch seitens der Vermieterin gebe es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, wonach die Verwirklichung eines Kündigungsgrundes als wahrscheinlich angesehen werden könnte. Es sei deswegen davon auszugehen, dass die inhaltlich eingeschränkten Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG kaum verwirklicht würden.
Aus gebührenrechtlicher Sicht lägen daher Bestandverträge, die auf eine bestimmte Vertragsdauer, nämlich 35 Jahre abgeschlossen worden seien, vor. Da keine Anmietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, welche überwiegend zu Wohnzwecken dienten, vorliege, sei auch die Begünstigung nach § 33 TP 5 Abs. 3 letzter Satz GebG nicht anzuwenden. Daher sei die Bemessung der Rechtsgebühr in Ansehung des § 33 TP 5 Abs. 3 erster Satz GebG mit dem 18-fachen des Jahreswertes der wiederkehrenden Leistungen zu Recht erfolgt.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf "eine rechtsrichtige bedeutend niedrigere Festsetzung von Rechtsgeschäftsgebühren vom Dreifachen des Jahreswertes in Höhe von € 9.284,05 (...) bzw. € 62.340,11 (...)" verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten vor, erstattete Gegenschriften und stellte den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) ist für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen eine Gebühr von 1 v.H. zu entrichten.
Bei unbestimmter Vertragsdauer sind gemäß Abs. 3 leg. cit. die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem 18-fachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen.
Strittig ist im Beschwerdefall, ob für die gegenständlichen Mietverträge die Bemessungsgrundlage der Rechtsgeschäftsgebühr rechtmäßig ermittelt wurde.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Vorgangsweise der Abgabenbehörde, den Abgabenvorschreibungen zwei Bestandverträge von bestimmter Dauer (jeweils 35 Jahre) zu Grunde zu legen, mit dem Vorbringen, diese seien ausdrücklich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Es sei auch ein nur einseitiger Kündigungsverzicht vereinbart worden. Der Gebührenbemessung sei daher lediglich der dreifache Jahreswert gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG zu Grunde zu legen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 5. März 2009, 2007/16/0149, mwN).
Das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen besteht darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, steht der Beurteilung dieses Vertrages als einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege. Jedoch ist ein (seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener) Bestandvertrag im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG als ein Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG stellt jedoch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1990, 90/15/0034, mwN).
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist in jenen Fällen, in denen sich nur ein Vertragsteil für eine bestimmte Zeit (durch Kündigungsverzicht) bindet, der andere hingegen in der Ausübung des Kündigungsrechtes nicht beschränkt ist, trotzdem eine bestimmte Vertragsdauer anzunehmen, sofern eine auf die bestimmte Vertragsdauer geleistete Mietzinsvorauszahlung nicht zurückgefordert werden kann bzw. wenn die Kündigung des nichtgebundenen Vermieters eine Zahlungspflicht des Mieters für die gesamte vertraglich fixierte Dauer auslöst, während der er an den Vertrag gebunden ist. Eine bloß einseitige Beendigungsmöglichkeit rechtfertigt die Annahme eines Vertrages auf unbestimmte Dauer nur dann, wenn die nur einem Vertragsteil zustehende Möglichkeit, den Vertrag aufzulösen, die Befreiung beider Vertragsteile von ihren Verpflichtungen für die Zeit nach der Vertragsauflösung nach sich zieht (vgl. das Erkenntnis vom 29. Jänner 1997, 97/16/0001, mwN, dem ebenfalls eine Vereinbarung zugrunde lag, wonach nur die Leasingnehmerin auf die Kündigungsmöglichkeit verzichtet hat und im Falle der Beendigung des Bestandsverhältnisses verpflichtet war, sämtliche Leasingraten bis zum Ablauf einer "Grundmietzeit" zu entrichten).
Im Beschwerdefall ist unstrittig lediglich die Mieterin durch ihren Kündigungsverzicht für 16 Jahre an den Vertrag gebunden. Aus Punkt V. Abs. 3 und 4 der Verträge ergibt sich aber, dass die als "Sonderkosten" bezeichneten Mietzinsvorauszahlungen nur im Falle der 16 Jahre nach Mietvertragsbeginn erfolgten Kündigung durch die Mieterin anteilsmäßig zurückzuzahlen sind. Ansonsten (also auch im Falle einer Kündigung durch die Vermieterin) sind diese Kosten nicht rückzahlbar. Auch wenn dies nicht für den "Finanzierungsbeitrag" gemäß Punkt V. Abs. 3 des Vertrages gilt (dieser ist im Falle der Vertragsbeendigung vermindert um 1 % pro Jahr gerechnet ab Fertigstellung zurückzahlen), kann nach der vorliegenden Vertragsgestaltung keine Rede davon sein, dass im Falle der Beendigung des Bestandsverhältnisses beide Vertragsteile von ihren Verpflichtungen für die Zeit nach der Vertragsauflösung befreit werden.
Daraus folgt aber, dass die Beurteilung der belangten Behörde, wonach die Verträge auf bestimmte Dauer abgeschlossen worden sind, nicht als rechtswidrig erkannt werden kann.
Die Beschwerdeführerin vertritt überdies die Auffassung, dass der Gebührenbemessung auch aufgrund des § 33 TP 5 letzter Satz GebG nur das Dreifache des Jahreswertes zugrunde zu legen gewesen wäre. Die Zurverfügungstellung von Gebäuden oder Gebäudeteilen in Pflegeheimen diene unzweifelhaft "Wohnzwecken". Der Gesetzgeber stelle nämlich auf den "Endnutzer" (also auf die pflegebedürftige Person) ab. Es gehe in einer multifunktionalen Einrichtung, wie im vorliegenden Fall, "primär um dauerhaftes, menschengerechtes und soziales Wohnen in einem privaten Umfeld."
Die Materialien zu § 33 TP 5 Abs. 3 GebG (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 1471 der Beilagen XX. GP, 27) führen dazu aus:
"Wohnzwecken dienen Gebäude oder Räumlichkeiten in Gebäuden dann, wenn sie dazu bestimmt sind, in abgeschlossenen Räumen privates Leben, speziell auch Nächtigung, zu ermöglichen. Unter die Höchstgrenze fällt nicht nur die Vermietung oder Nutzungsüberlassung der eigentlichen Wohnräume, sondern auch der mitvermieteten Nebenräume wie Keller- und Dachbodenräume. Auch ein gemeinsam mit dem Wohnraum in Bestand gegebener Abstellplatz oder Garten ist, wenn nicht eine andere Nutzung dominiert, als zu Wohnzwecken vermietet anzusehen.
Übersteigt das zu Wohnzwecken jenes zu anderen Zwecken benützte Ausmaß, ist überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken gegeben."
Die Begünstigung des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG ist jedenfalls nicht auf den Vertrag über die Vermietung der Lokalräumlichkeiten anwendbar, weil diese Räumlichkeiten unzweifelhaft nicht Wohnzwecken dienen und auch keine Nebenräume zu Wohnungen darstellen.
Hinsichtlich des Bestandvertrages betreffend das Pflegeheim ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendbarkeit von § 33 TP 5 Abs. 3 letzter Satz GebG das Überwiegen des Wohnzweckes voraussetzt. Der Vertrag nennt in Punkt II. als Vertragsgegenstand "ausschließlich das vorgenannte Pflegeheim (also die Pflegeanstalt für chronisch Kranke mit nach derzeitigem Planungsstand 308 Betten)". Verfahrensgegenständlich sind demnach weder Gebäudeteile, die ausschließlich dem Wohnen dienen (etwa Personalwohnungen), noch solche für sog. "betreutes Wohnen". Vielmehr geht es um Gebäudeteile, die der stationären Pflege von pflegebedürftigen Personen dienen sollen. Die pflegebedürftigen Personen haben mit der Pflegeanstalt aber in der Regel keine Bestandverträge, sondern "Pflegeverträge" abgeschlossen. Diese sind gemischte Vertragsverhältnisse, die neben der Unterbringung der pflegebedürftigen Personen vor allem auch deren Pflege, Verköstigung, allenfalls medizinische Behandlung und sonstige Betreuung beinhalten. In solchen Fällen ist aber davon auszugehen, dass die Betreuungskomponente im weiteren Sinn die bestandsrechtlichen Elemente vollkommen überlagert (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, Tz 377 zu § 6, sowie das hg. Erkenntnis vom 22. November 1968, 637/67, VwSlg. 3814 F, und auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 202 der Beilagen XXII. GP, 6 betreffend § 27 b Abs. 2 KSchG, der zivilrechtliche Verträge zwischen den Trägern und den Bewohnern von Altenheimen, Pflegeheimen und anderen Einrichtungen von der Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 GebG ausnimmt). Daraus ergibt sich aber, dass die von der Beschwerdeführerin zum Betrieb eines Pflegeheimes in Bestand gegebenen Räumlichkeiten auch aus der Sicht der zu pflegenden Personen nicht überwiegend Wohnzwecken dienen. Die Begünstigung des § 33 TP 5 Abs. 3 letzter Satz GebG findet daher keine Anwendung.
Da im Beschwerdefall die Behörde zu Recht das Überwiegen der Wohnzwecke verneint hat, kann es auch nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn der Gebührenbemessung das 18-fache des Jahreswertes zugrunde gelegt wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 16. Oktober 2014
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2011160169.X00Im RIS seit
08.09.2020Zuletzt aktualisiert am
08.09.2020