TE Vwgh Beschluss 2020/7/31 Ra 2020/10/0078

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Veröffentlicht am 31.07.2020
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Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
94/01 Schiffsverkehr

Norm

B-VG Art133 Abs4
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z5
NatSchG Tir 2005 §6 lite
SchFG 1997 §2 Z25
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Tulln gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 7. Mai 2020, LVwG-AV-1301/001-2019, betreffend Aufhebung und Zurückverweisung i.A. des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 7. Mai 2020 hob das Verwaltungsgericht einen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Oktober 2019 (im Umfang dessen Spruchpunktes 1.) gemäß § 28 Abs. 3 (zweiter Satz) VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück, wobei es die Revision nicht zuließ; die belangte Behörde hatte einen auf § 35 Abs. 2 NÖ Naturschutzgesetz 2000 - NÖ NSchG 2000 gestützten Antrag der NÖ Umweltanwaltschaft auf Entfernung sämtlicher Einrichtungen einer bestimmten Bogenparcours-Anlage abgewiesen.

2        Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Belang - im Wesentlichen aus, der (u.a. aus einem Hinweisschild am Eingang des Parcours, einem mobilen Aufenthaltscontainer im Startbereich, einem abgegrenzten Einschießplatz und einem ausgeschilderten Parcours mit diversen Tierfiguren bestehende) Bogenparcours sei - im Gegensatz zu der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung - eine Sportanlage im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 5 NÖ NSchG 2000, deren Errichtung und Betrieb außerhalb des Ortsbereichs nach dieser Bestimmung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfe. Die in der genannten Bestimmung „insbesondere“ genannten Sportanlagen stellten eine bloß demonstrative Aufzählung dar; diese demonstrative Aufzählung umfasse etwa auch „Modellflugplätze“.

3        Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu der vergleichbaren Bestimmung des § 6 lit. e Tiroler Naturschutzgesetz 2005 - TNSchG 2005 ausgeführt habe, komme es für den Begriff einer Sportanlage im Wesentlichen darauf an, ob eine der Sportausübung dienende Einrichtung vorliege, welche den in der Bestimmung beispielsweise aufgezählten Anlagen - insbesondere was ihre räumliche Ausdehnung betreffe - vergleichbar sei (Hinweis auf VwGH 31.3.2009, 2007/10/0270, sowie 6.7.1999, 98/10/0382). Diese Voraussetzungen seien auf § 7 Abs. 1 Z 5 NÖ NSchG 2000 übertragbar und hinsichtlich des gegenständlichen Bogenparcours gegeben.

4        Da die belangte Behörde ausgehend von ihrer Rechtsauffassung, es liege gar keine bewilligungspflichtige Sportanlage im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 5 NÖ NSchG 2000 vor, sämtliche weiteren Ermittlungen - insbesondere auch zur Frage, ob die Sportanlage bewilligungsfähig sei - unterlassen habe, lägen die Voraussetzungen einer Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor.

5        Die Nichtzulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht im Kern (unter Hinweis auf die zitierte Rechtsprechung) mit einer klaren und eindeutigen Rechtslage (Hinweis auf VwGH 15.5.2019, Ro 2019/01/0006).

6        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        3. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision der belangten Behörde richten sich ausschließlich gegen die dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegte Auslegung des Begriffs der „Sportanlage“ im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 5 NÖ NSchG 2000 und die in diesem Zusammenhang durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Übertragung von hg. Rechtsprechung zu § 6 lit. e TNSchG 2005.

10       Die belangte Behörde vermag allerdings eine grundsätzliche Rechtsfrage in diesem Zusammenhang nicht aufzuzeigen:

11       Zunächst ist dem Verwaltungsgericht darin beizupflichten, dass sowohl die Formulierung „Sportanlagen wie insbesondere...“ (§ 7 Abs. 1 Z 5 NÖ NSchG 2000) als auch die Wendung „Sportanlagen, wie ... und dergleichen“ (§ 6 lit. e TNSchG 2005) eine bloß demonstrative Aufzählung signalisieren. Wenn das Verwaltungsgericht angesichts der demonstrativen Nennung etwa auch von „Modellflugplätzen“ in § 7 Abs. 1 Z 5 NÖ NSchG 2000 mit der von ihm zitierten hg. Rechtsprechung zu § 6 lit. e TNSchG 2005 (welcher beispielhaft etwa „Fußball- und Tennisplätze“ nennt) für den Begriff der Sportanlage neben dem der Sportausübung gewidmeten Zweck (lediglich) eine gewisse räumliche Ausdehnung verlangt, ist dies nicht zu beanstanden.

12       Der von der belangten Behörde im Rahmen der Zulässigkeitsausführungen vorgenommene Verweis auf die Definition der „Sportanlage“ in § 2 Z 25 des Bundesgesetzes über die Binnenschifffahrt - Schifffahrtsgesetz geht schon deshalb ins Leere, weil jene Bestimmung den Begriff der Sportanlage lediglich für den Anwendungsbereich gerade des Schifffahrtsgesetzes definiert - welcher die Schifffahrt auf öffentlichen Gewässern und Privatgewässern (vgl. §§ 3 und 4 leg. cit.) betrifft - und daher auf bestimmte Schifffahrtsanlagen abstellt.

13       4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. Juli 2020

Schlagworte

Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100078.L00

Im RIS seit

23.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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