Entscheidungsdatum
25.05.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
ZustG §13Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Mandl über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 29.04.2020, Zl. …, wegen Übertretung des § 3 Abs. 3 und § 2 COVID-19-Maßnahmengesetz,
zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Das Straferkenntnis wird ersatzlos aufgehoben.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Mit Straferkenntnis vom 29.04.2020 wurde A. B. für schuldig erkannt, er habe am 30.03.2020 um 16:30 Uhr in Wien, C.-gasse (Gehsteig), einen öffentlichen Ort betreten und gegenüber anderen Personen, mit denen er nicht im selben Haushalt lebt, den Mindestabstand von einem Meter eingehalten, obwohl zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 das Betreten öffentlicher Orte durch VO verboten wurde. Er habe dadurch § 3 Abs. 3 und § 2 Covid-19-Maßnahmengesetz in Verbindung mit § 1 der VO gem. § 2 Abs. 1 des Covid-19-Maßnahmengesetzes übertreten. Wegen dieser Übertretung wurde eine Geldstrafe von € 100,--, und keine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht per E-Mail (a.b.@gmail.com) eine Beschwerde eingebracht.
Im gegenständlichen Fall wurde A. B., geboren 2005, wohnhaft in Wien, D.-straße, von Organen der Landespolizeidirektion Wien am 30.03.2020 um 16:30 Uhr in Begleitung der Herren E. und F. in Wien, C.-gasse, angetroffen und nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz angezeigt. Die Strafverfügung wurde nach Abtretung der Anzeige an den Magistrat der Stadt Wien an „A. B.“, Wien, D.-straße, erlassen. Der fristgerechte Einspruch erfolgte von der E-Mail-Adresse a.g@gmail.com. Das nunmehr angefochtene Straferkenntnis wurde an „A. B.“ per Adresse Wien, D.-straße, zugestellt.
Das Verwaltungsgericht Wien hat in rechtlicher Hinsicht dazu erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss „aus der Bezeichnung des „Empfängers" einer Sendung […] zweifelsfrei erkennbar sein, für wen sie bestimmt ist. Fehlt eine solche hinreichende Individualisierung, weil zufolge Namensgleichheit und identer Anschrift die angeführten Merkmale auf mehrere Personen zutreffen, so hat weder die Hinterlegung einer solchen Sendung noch die Verweigerung ihrer Annahme die Wirkung einer Zustellung.“ (VwGH 06.05.1997, 97/08/0022 mwN).
Aus dem Akteninhalt geht eindeutig hervor, dass der minderjährige A. B. von Organen der LPD Wien angezeigt wurde. An der Wohnadresse des Minderjährigen wohnt auch A. B., geboren 1980. Es ist daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festzustellen, welcher der beiden möglichen Empfänger das Straferkenntnis tatsächlich übernommen hat. Nach der zit. Rechtsprechung ist demnach eine Verwechslungsfähigkeit gegeben, die Zustellung gilt daher als nicht bewirkt, weshalb das Straferkenntnis ersatzlos zu beheben war.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Straferkenntnis; Zustellung; EmpfängerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.074.5404.2020Zuletzt aktualisiert am
07.09.2020