TE Vfgh Beschluss 1996/2/27 B104/95

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Oö GemeindeO 1990 §43
Oö GemeindeO 1990 §56 Abs2 Z6
Oö GemeindeO 1990 §60

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde (gegen die Neufestsetzung der zu entrichtenden Körperschaftsteuer) mangels Vorliegen eines innerhalb der Beschwerdefrist gefaßten Beschlusses des zuständigen Gemeinderates zur Beschwerdeerhebung bzw mangels Vorliegen der Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung in Form einer Notanordnung seitens des Bürgermeisters

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 14. Oktober 1994 wurde der Berufung der Gemeinde Pasching gegen einen Bescheid des Finanzamtes Linz betreffend die Vorschreibung von Körperschaftsteuer für das Jahr 1993 teilweise Folge gegeben und die Höhe der zu entrichtenden Abgabe neu festgesetzt.

2. Mit der vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde macht die Gemeinde Pasching geltend, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des Privatstiftungsgesetzes, verletzt worden zu sein und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der einschreitende Rechtsanwalt beruft sich auf die ihm erteilte Vollmacht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §43 iVm §56 Abs2 Z6 der Oö Gemeindeordnung 1990 ist für die Einbringung von Beschwerden der Gemeinde an den Verfassungsgerichtshof der Gemeinderat zuständig.

2. Aus der Beschwerde ging nicht hervor, ob ihre Einbringung auf einem entsprechenden Beschluß des Gemeinderates beruht. Die Gemeinde wurde daher vom Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen, daß ein Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Gemeinderates, in der die Einbringung der gegenständlichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde beschlossen wurde, fehlt. Gleichzeitig erging unter Androhung der Säumnisfolgen die Aufforderung, diesen Mangel binnen vier Wochen zu beheben.

Innerhalb dieser Frist wurde von der Gemeinde Pasching ein Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der betreffenden Gemeinderatssitzung, die am 2. Februar 1995 stattfand, vorgelegt.

Die wesentlichen Passagen des Protokolles lauten wie folgt:

   "Der Bgm. berichtet ... darüber, daß gegen den Bescheid der

Finanzlandesdion für O.ö. vom 14.10.1994 ... am 11.1.1995 von der

Gemeinde Pasching Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben wurde.

In der GR Sitzung vom 17.12.1994 wurde seitens des Bürgermeisters der Gemeinderat zwar darüber informiert, jedoch kein ausdrücklicher Beschluß gefaßt, obwohl sich der Gemeinderat dazu zustimmend äußerte. Da nun vom Verfassungsgerichtshof ein ausdrücklicher Beschluß über die Beschwerdeführung gefordert wird, ist demnach ein entsprechender Beschluß zu fassen.

Der Bgm. stellt daher den Antrag, die Beschwerdeführung vom

11.1.1995 zu genehmigen... Es ergeht einstimmig mittels

Handzeichen der Beschluß: Der Beschwerdeführung der Gemeinde

Pasching gegen den Bescheid der Finanzlandesdion für O.ö. vom

14.10.1994 ... beim Verfassungsgerichtshof wird vom Gemeinderat

der Gemeinde Pasching die Zustimmung erteilt."

Die Beschwerde wurde am 11. Jänner 1995 zur Post gegeben. Das o. e. Protokoll des Gemeinderates wurde dem Verfassungsgerichtshof mit Schreiben vom 27. Februar 1995 zugemittelt. Es ist hier am 28. Februar 1995 eingegangen.

3.a) Aus den Beschwerdeangaben geht hervor, daß der angefochtene Bescheid der Gemeinde Pasching am 30. November 1994 zugestellt wurde. Der letzte Tag der (sechswöchigen) Beschwerdefrist war sohin der 11. Jänner 1995.

Der in Rede stehende Gemeinderatsbeschluß wurde (wie oben erwähnt) am 2. Februar 1995 - also nach Ablauf der Beschwerdefrist - gefaßt.

b) Gemäß §60 Oö Gemeindeordnung 1990 kann zwar der Bürgermeister, wenn bei Gefahr im Verzug der Beschluß des zuständigen Kollegialorganes nicht ohne Nachteil für die Sache oder ohne Gefahr eines Schadens für die Gemeinde eingeholt werden kann, diese Maßnahmen anstelle des sonst zuständigen Kollegialorganes treffen. Im vorliegenden Fall läßt sich jedoch nicht erkennen, daß Gründe vorgelegen wären, die den Bürgermeister verpflichtet hätten, hinsichtlich der Beschwerdeerhebung beim Verfassungsgerichtshof eine Notanordnung im Sinne des §60 Oö Gemeindeordnung 1990 zu treffen; insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen zwischen dem Tag der Zustellung des Bescheides und dem letzten Tag der Beschwerdefrist die Möglichkeit der Einberufung einer Sitzung des Gemeinderates nicht bestanden hätte (vgl. VfSlg. 10646/1985, 13161/1992, VfGH 20.6.1994 B567/94, VfGH 6.3.1995 B2798/94).

4. Da nach dem unter Pkt. 3 Gesagten der Beschwerde kein (innerhalb der Beschwerdefrist gefaßter) Beschluß des hiefür zuständigen Gemeinderates zugrundeliegt und die Voraussetzungen für eine Beschwerdeerhebung in Form einer Notanordnung seitens des Bürgermeisters nicht gegeben waren, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (in diesem Sinne auch VfSlg. 10646/1985, VfSlg. 12385/1990, VfSlg. 13161/1992, VfGH 20.6.1994 B567/94, VfGH 6.3.1995 B2798/94).

III. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Gemeinderecht, Vertretung nach außen (Gemeinderecht), Gemeinderecht Organe, Bürgermeister, Gemeinderat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B104.1995

Dokumentnummer

JFT_10039773_95B00104_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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