TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/27 LVwG-S-1416/001-2020

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Veröffentlicht am 27.07.2020
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Entscheidungsdatum

27.07.2020

Norm

WRG 1959 §32 Abs1
WRG 1959 §137 Abs2 Z5
VStG 1991 §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, vertreten durch B, C, Rechtsanwälte in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 09. Juni 2020, ***, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Wasserrechtsgesetz 1959, zu Recht erkannt:

I.   Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren hinsichtlich des darin enthaltenen Tatvorwurfs (mit dem Tatort am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Melk) eingestellt.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 32, 137 Abs. 2 Z 5 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F.)

§§ 27, 44 Abs. 1 und 2, 50 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I

Nr. 33/2013 i.d.g.F.)

§§ 25 Abs. 2, 44a, 45 Abs. 1 Z 1 VStG (Verwaltungsstrafgesetz 1991,

BGBl. Nr. 52/1991 i.d.g.F.)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F.)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F.)

Entscheidungsgründe

1.   Sachverhalt

1.1. Mit Straferkenntnis vom 09. Juni 2020, ***, bestrafte die Bezirkshauptmannschaft Melk (in der Folge: die belangte Behörde) den A (in der Folge: der Beschwerdeführer) wie folgt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit: 08.08.2019, 18:45 Uhr bis 19:00 Uhr

Ort: Bezirkshauptmannschaft Melk, ***, ***, ***

Tatbeschreibung:

Sie haben es als das gemäß § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) zur Vertretung nach außen berufene Organ der D AG (Reederei), ***, ***, Schweiz, in der Funktion als Präsident des *** zu verantworten, dass diese Gesellschaft beim Betrieb der Personenschifffahrt mit dem Motorschiff "***" auf der ***, bei Strom-km ***, linke Schleuse ***, bei der zu Berg Fahrt, eine mehr als geringfügige Einwirkung auf Gewässer (***) ohne die hiefür gemäß § 32 Wasserrechtsgesetz (WRG) 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung vorgenommen hat, da Küchenabwässer (Spülwässer und Abwässer der Geschirrspüler sowie zerkleinerte Speisereste, die mit Heißwasser abgespült werden) aus zwei Sammeltanks (großer Tank mit rund 20 m³ und Tank mit rund 3,5 m³) über Bord in das ***wasser abgepumpt wurden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 137 Abs. 2 Ziffer 5 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG) i.V. m. § 32 Abs. 1

Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von          falls diese uneinbringlich ist,  Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 3.000,00          138 Stunden                   § 137 Abs. 2 Einleitungssatz

Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG)

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der

Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                   300,00

Gesamtbetrag:         3.300,00“

Begründend legte die belangte Behörde den Verfahrensgang zusammengefasst dar, traf Feststellungen, nahm eine Beweiswürdigung vor und tätigte schließlich eine eingehende rechtliche Beurteilung. Dabei kommt die belangte Behörde zusammengefasst zum Ergebnis, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Einleitung von Abwässern aus einem Passagierschiff in die *** nach § 32 WRG 1959 bewilligungspflichtig gewesen wäre; auf den Eintritt eines bestimmten Erfolges sei es dabei nicht angekommen. Die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung hätte nicht bestanden. Für die Tat sei der Beschwerdeführer als nach außen vertretungsbefugtes Organ jener Gesellschaft, die das Motorschiff betrieben hatte, von dem aus die Einwirkung auf das Gewässer ausgegangen sei, verantwortlich. Der „Entlastungsbeweis“ im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, sodass er strafbar sei.

Weiters enthält das Straferkenntnis Ausführungen zur Strafzumessung.

1.2. Der Erlassung des Straferkenntnisses war ein Strafverfahren vorausgegangen, in dessen Zuge eine Aufforderung zur Rechtfertigung mit inhaltsgleichem Tatvorwurf insbesondere auch hinsichtlich des Tatortes erfolgt war.

1.3. Gegen das angeführte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers, worin er in der Sache begehrt, den ange-fochtenen Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Begründend wird unter anderem geltend gemacht, dass die angenommene Straftat nicht ausreichend konkretisiert sei, um eine Doppelbestrafung zu vermeiden, zumal das ihm vorgeworfene Verhalten „denkunmöglich“ an dem von der Behörde im Straferkenntnis angegebenen Tatort (Bezirkshauptmannschaft Melk) gesetzt worden sein könne.

2.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

2.1.     Feststellung und Beweiswürdigung

Der unter Punkt 1. wiedergegebene Verfahrensverlauf und Inhalt von Schriftstücken ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde und ist unbestritten; das Gericht kann dies seiner Entscheidung zugrunde legen, weiterer Feststellungen bedarf es, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird, nicht.

2.2.     Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

a)

die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,

b)

Einwirkungen auf Gewässer durch ionisierende Strahlung oder Temperaturänderung,

c)

Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

d)

die Reinigung von gewerblichen oder städtischen Abwässern durch Verrieselung oder Verregnung,

e)

eine erhebliche Änderung von Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkung.

f)

das Ausbringen von Handelsdünger, Klärschlamm, Kompost oder anderen zur Düngung ausgebrachten Abfällen, ausgenommen auf Gartenbauflächen, soweit die Düngergabe auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Gründeckung 175 kg Stickstoff je Hektar und Jahr, auf landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Gründeckung einschließlich Dauergrünland oder mit stickstoffzehrenden Fruchtfolgen 210 kg Stickstoff je Hektar und Jahr übersteigt. Dabei ist jene Menge an Stickstoff in feldfallender Wirkung anzurechnen, die gemäß einer Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen § 55p) in zulässiger Weise durch Wirtschaftsdünger ausgebracht wird.

(Anm.: lit. g aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2005)

(3) Einer Bewilligung bedarf auch die ohne Zusammenhang mit einer bestimmten Einwirkung geplante Errichtung oder Änderung von Anlagen zur Reinigung öffentlicher Gewässer oder Verwertung fremder Abwässer.

(4) Einer Bewilligung bedarf auch die künstliche Anreicherung von Grundwasser für Zwecke der öffentlichen Grundwasserbewirtschaftung.

(5) Auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, finden die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung.

(6) Genehmigungen oder Bewilligungen nach anderen Rechtsvorschriften befreien nicht von der Verpflichtung, die nach diesem Bundesgesetz zur Reinhaltung erforderlichen Vorkehrungen und die von der Wasserrechtsbehörde vorgeschriebenen Maßnahmen durchzuführen.

(7) Als ordnungsgemäß (Abs. 1) gilt die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlicher Anordnungen erfolgt.

§ 137. (…)

(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14 530 €, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer

(…)

5.

ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt;

(…)

VwGVG

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

(…)

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses hat überdies zu enthalten:

      1. im Fall der Verhängung einer Strafe die vom Verwaltungsgericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten;

      2. im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe.

(3) Jedes Erkenntnis hat einen Hinweis auf die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu enthalten.

VStG

§ 25. (…)

(2) Die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

(…)

§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

      1. die als erwiesen angenommene Tat;

      2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

      3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

      4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

      5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten

§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

Artikel 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

2.3.     Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung gemäß § 137 Abs. 2 Z 5 WRG 1959 bestraft, wobei hier die erste Variante („ohne Bewilligung“) des genannten Straftatbestandes von Relevanz ist. Der Beschwerdeführer hat unter anderem vorgebracht, dass der Tatort nicht hinreichend konkretisiert sei.

§ 44a Z 1 VStG stellt an den Spruch eines Straferkenntnisses die Anforderung, dass die als erwiesen angenommene Tat konkret umschrieben wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wenigstens seitdem grundlegenden Erkenntnis vom 03.10.1985, 85/02/0053, VwSlg 11894 A/1985, ist dieser Bestimmung dann entsprochen, wenn

– im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter

Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten
Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu wiederlegen und

– der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen

desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss die Tat nach Ort und Zeit, aber auch hinsichtlich der Umschreibung der anderen nach dem Tatbestand der übertretenen Rechtsvorschriften maßgeblichen Umständen konkret umschrieben sein. Diese Anforderungen müssen auch an die Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG gestellt werden (vgl. VwGH 26.06.2003, 2002/09/0005).

Der Spruch des Straferkenntnisses muss so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann (z.B. VwGH 17.09.2014, 2011/17/0210).

Einen allenfalls fehlerhaften Abspruch der Verwaltungsstrafbehörde kann (und muss) das mittels Beschwerde angerufene Gericht (wie vormals die Berufungsbehörde) richtigstellen oder ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn (innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist) eine alle der Bestrafung zugrundeliegende Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung durch die Behörde gesetzt wurde (zB VwGH 23.10.2014, 2011/07/0205 zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei diese Rechtsprechung jedoch ohne weiteres auf die derzeit geltende Rechtslage übertragbar ist). Wesentlich ist also, dass Mängel in der Tatumschreibung durch die Verwaltungsstrafbehörde im gerichtlichen Beschwerdeverfahren nur dann bzw. nur insoweit saniert werden können, wenn bzw. soweit es im Rahmen des verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren zu einer Verfolgungshandlung gekommen ist, die den oben beschriebenen Konkretisierungserfordernissen entspricht.

Freilich darf es im Zuge der Richtigstellung nicht zu einer Auswechslung der Tat kommen; Präzisierungen ohne Auswechslung der Tat (zB VwGH 15.04.2019, Ra 2018/02/0086) sowie Berichtigungen, die bloß auf einem für die Partei erkennbaren Versehen beruhen (vgl. VwGH 16.12.2015, Ro 2015/10/0013) sind zulässig.

Ohne Zweifel ist die Angabe des Tatortes ein wesentliches Element einer ausreichend konkreten Tatumschreibung.

Betrachtete man das vorliegende Straferkenntnis, erscheint dieses auf den ersten Blick widersprüchlich, da die Tatumschreibung eine örtliche Komponente (***, bei Strom-km ***, linke Schleuse ***) enthält, die nicht mit der expliziten Tatortangabe „Bezirkshauptmannschaft Melk, ***, ***, ***“, also der Adresse der belangten Behörde, korreliert. Dementsprechend meint der Beschwerdeführer, die Übertretung könne „denkunmöglich“ an der angegebenen Adresse, also dem Sitz der Behörde, begangen worden sein, wobei er offensichtlich die Beeinflussung des Gewässers *** im Blick hat. Der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ist keine Auseinandersetzung mit der Frage zu entnehmen, warum die belangte Behörde diesen Tatort gewählt hat. Ein bloßes Versehen ist dabei nicht offenkundig, vielmehr lässt die explizite Angabe des Tatortes mit dem Sitz der belangten Behörde sowohl in der Verfolgungshandlung als auch im Straferkenntnis den Schluss zu, dass die belangte Behörde vom Vorliegen eines Unterlassungsdeliktes ausgegangen zu sein scheint. Eine solche Unterlassung könnte im Nichterwirken der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung erblickt werden.

Allerdings handelt es sich bei einer Übertretung des § 32 Abs. 1 WRG 1959 dahingehend, dass eine bewilligungspflichtige Einwirkung ohne die erforderliche Bewilligung vorgenommen wird, zweifelsohne um ein Begehungsdelikt (vgl. bereits VwGH 29.10.1964, 896/64), das am Ort der Einwirkung auf das Gewässer begangen wird. Strafbar nach der in Rede stehenden Bestimmung ist also nicht das Unterlassen der Einholung der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung, sondern die Vornahme der Einwirkung ohne Vorliegen einer Bewilligung (vgl. VwGH 27.06.2002, 99/07/0047; s. auch VwGH 24.04.2018, Ra 2017/10/0203, zu einem vergleichbaren Delikt – Setzung einer anzeigepflichtigen Maßnahme ohne vorherige Anzeige).

Im Lichte dieser Überlegung erscheint eine Berichtigung des Straferkenntnisses hinsichtlich des explizit angeführten Tatortes im Beschwerdeverfahren nicht zulässig, da dies auf eine unstatthafte Auswechslung der Tat hinausläuft.

Da der Beschwerdeführer jedoch ohne Zweifel am Tatort „Bezirkshauptmannschaft

Melk, ***, ***, ***“ die in Betracht kommende Übertretung des Wasserrechtsgesetzes nicht begangen hat, war der Beschwerde Folge zu geben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Strafverfahren hinsichtlich des gegenständlichen Tatvorwurfes (mit dem inkriminierten Tatort) einzustellen. Diese Entscheidung steht nicht der Einleitung eines (weiteren) Strafverfahrens (innerhalb der gegenwärtig noch offenen Verfolgungsverjährungsfrist) und Bestrafung des Beschwerdeführers hinsichtlich einer auch hinsichtlich des Tatortes eindeutig und korrekt umschriebenen Übertretung (als Begehungsdelikt) nach § 137 Abs. 2 Z 5 erster Fall WRG 1959 entgegen.

Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte es trotz des Antrages des Beschwerdeführers nicht, da bereits aufgrund der Aktenlage der Beschwerde Folge zu geben war (vgl. § 44 Abs. 2 VwGVG).

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, handelt es sich doch um die Anwendung der durch die widerspruchsfreie Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärten Rechtslage auf den Einzelfall. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; Verwaltungsstrafe; Tatumschreibung; Tatort; Begehungsdelikt;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.1416.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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