TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/8 L516 2220487-2

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Veröffentlicht am 08.08.2019
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Entscheidungsdatum

08.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L516 2220487-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Bangladesch, vertreten durch Mag. Nikolaus RAST, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.07.2019, Zahl 1019425203-14644875/BMI-BFA_WIEN_AST_01, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 18 Abs 1 Z 3 BFA-VG ersatzlos behoben.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und stellte am 22.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit gegenständlich angefochtenem Bescheid hinsichtlich (I.) der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG sowie (II.) des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG, erließ (IV.) eine Rückkehrentscheidung gem § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte (V.) fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach (VI.) aus, dass für die freiwillige Ausreise keine Frist bestehe.

Mit Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

Die Beschwerde richtet sich gegen den gesamten Bescheid und langte samt Verwaltungsakten des BFA am 01.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.1 Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat.

2. Beweiswürdigung

2.1 Das BFA hat festgestellt, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Das BFA hat auch festgestellt, dass der Beschwerdeführer Dokumente vorgelegt hat, um seine Identität zu belegen, die jedoch als Fälschung klassifiziert wurden (Bescheid, S 19). Das BFA ist jedoch nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass das BFA von einer anderen wahren Identität des Beschwerdeführers ausgeht, als dieser angegeben hat. Damit hat das BFA auch nicht dargelegt, dass der Beschwerdeführer das BFA über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat. Auch aus dem übrigen Akteninhalt ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich über eine andere Identität verfügt, als er selbst angegeben hat.

Soweit das BFA zudem feststellte, dass der Beschwerdeführer "gefälschte Dokumente" vorgelegt habe (Bescheid, S 19) und dazu in der Beweiswürdigung ausführte, dass es sich (auch) bei dem vorgelegten internationalen Führerschein um eine Totalfälschung handle (Bescheid, S 58), erweist sich dies als aktenwidrig, da das Bundeskriminalamt in seinem im Verwaltungsverfahrensakt des BFA befindlichen Untersuchungsbericht vielmehr zu der Beurteilung gelangte, dass die die Authentizität des fraglichen Formularvordrucks nicht entschieden werden konnte, auch keine Beurteilung der Ausstellungsmöglichkeiten möglich war und keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Verfälschung gefunden werden konnten (AS 43).

Im Übrigen ist noch darauf zu verweisen, dass sich zwar im vorgelegten Verwaltungsverfahrensakt des BFA im Anschluss an das Protokoll der Erstbefragung die Kopie einer Geburtsurkunde befindet ("Birth Certificate", AS 21), es jedoch aufgrund der unterlassenen Dokumentation nicht nachvollziehbar ist, ob diese vom Beschwerdeführer bereits ursprünglich als Kopie vorgelegt wurde und diese dem Bundeskriminalamt zur Untersuchung übermittelt wurde oder als Originaldokument.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Rechtsgrundlage

3.1 Gemäß § 18 Abs 1 Z 3 BFA-VG in der geltenden Fassung BGBl I Nr 56/2018 kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.2 Zunächst ist festzustellen, dass das BFA im Rahmen der rechtlichen Beurteilung eine falsche Gesetzesbestimmung heranzog, nämlich eine Fassung des § 18 Abs 1 Z 3 BFA-VG, die bereits mit 31.08.2018 außer Kraft getreten ist, und nach der die aufschiebende Wirkung aberkannt werden konnte, "wenn der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat".

Die Anwendbarkeit des § 18 Abs 1 Z 3 BFA-VG in der tatsächlich bereits seit 01.09.2018 geltenden Fassung BGBl I Nr 56/2018 setzt hingegen voraus, dass der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat.

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde damit, dass der Beschwerdeführer versucht habe, die Behörde, trotz mehrfacher Belehrung über die Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht, hinsichtlich seiner Identität zu täuschen, indem er eine Totalfälschung einer Geburtsurkunde und eines internationalen Führerscheins vorgelegt habe.

Eine Täuschung bzw ein Täuschungsversuch setzt jedoch voraus, dass das BFA eine andere Identität annimmt, als der Beschwerdeführer behauptet hat. Das BFA ist jedoch nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass das BFA von einer anderen wahren Identität des Beschwerdeführers ausgeht, als dieser angegeben hat. Damit hat das BFA auch nicht dargelegt, dass der Beschwerdeführer das BFA über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat, ist es doch möglich, auch mit falschen Dokumenten seine Identität nachweisen zu wollen. Auch aus dem übrigen Akteninhalt ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich über eine andere Identität verfügt, als er selbst angegeben hat.

Die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 18 Abs 1 Z 3 BFA-VG in der geltenden Fassung liegt somit fallbezogen nicht vor.

3.3 Der Spruchteil VII des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß ersatzlos zu beheben.

3.4 Der Beschwerde kommt somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu. Dem Beschwerdeführer ist daher vom BFA auch eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen (§ 51 AsylG).

Zu den übrigen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides

3.5 Im gegenständlichen Verfahren war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VII spruchreif war und die Trennung - auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen - auch zweckmäßig ist.

3.6 Über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zu B)

Revision

4. Die Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 29.09.2016, Ra 2016/05/0091).

5. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren aufschiebende Wirkung ersatzlose Teilbehebung Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2220487.2.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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