TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/21 L525 1432090-3

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Veröffentlicht am 21.08.2019
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Entscheidungsdatum

21.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L525 1432090-3/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , alias XXXX geb. XXXX , StA: Bangladesch, vertreten durch DDr. Rainer LUKITS, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, dieser substituiert durch Dr. Gerhard MORY, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8.7.2019, Zl. 821409203-1560165, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird Folge gegeben und Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer - ein bengalischer Staatsbürger - stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 5.10.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer brachte - im Wesentlichen - vor, er gehöre der BNP an und werde von Mitgliedern der Awami League verfolgt. Gegen ihn sei eine falsche Anzeige wegen Mordes erstattet worden.

Das Bundesasylamt wies den Antrag in weiterer Folge mit Bescheid vom 22.10.2012 ab und verfügte die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Bangladesch.

Der Beschwerdeführer berief gegen den Bescheid.

Das Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerde mit hg Urteil vom 9.4.2015, GZ W114 1432090-1 statt, behob den Bescheid mit näherer Begründung und verwies das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheides an das mittlerweile zuständig gewordene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Das Bundesverwaltungsgericht bemängelte insbesondere, dass es die belangte Behörde unterlassen habe nähere Ermittlungen über das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers anzustellen.

Mit Bescheid des BFA vom 23.11.2016 wurde der Asylantrag neuerlich abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch verfügt.

Das Bundesverwaltungsgericht behob den angefochtenen Bescheid mit dem hg Erkenntnis vom 6.3.2017, GZ L506 1432090-2 und verwies das Verfahren abermals zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurück. Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, die belangte Behörde habe es entgegen dem Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes unterlassen geeignete Ermittlungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers anzustellen. Der Beschwerdeführer habe einen FIR, einen Charge-Sheet und ein den Beschwerdeführer betreffendes Urteil vorgelegt. Die belangte Behörde habe keine Recherchen vor Ort durchgeführt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.8.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab, erließ eine Rückkehrentscheidung und verfügte die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch. Einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt VII. aus, die mittlerweile durchgeführten Ermittlungen durch den beauftragten Vertrauensanwalt hätten ergeben, dass die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers eben nicht der Wahrheit entsprechen würde und die vorgelegten Dokumente aus Bangladesch gefälscht seien. Das Fluchtvorbringen würde daher offenkundig nicht den Tatsachen entsprechen.

Der Beschwerdeführer erhob abermals Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und wurde mit Mail vom 19.8.2019 darüber informiert, dass die Beschwerde am 16.8.2019 in Wien und am 19.8.2019 in der Außenstelle Linz eingelangt ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

§ 18 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF lautet:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

Die belangte Behörde stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG und führt im Wesentlichen aus, die durchgeführten Ermittlungen in Bangladesch hätten ergeben, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht stimme und die vorgelegten Dokumente offenbar gefälscht seien. Die Beschwerde hält dem mit näherer Begründung im Wesentlichen entgegen, die durchgeführten Vorortrecherchen seien mangelhaft geblieben und sei daher die Anwendbarkeit der Ziffer 5 nicht gegeben.

Damit zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit auf.

Der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 (nunmehr § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG) kann nur dann als erfüllt angenommen werden, wenn Umstände vorliegen, die besonders deutlich die Unrichtigkeit der erstatteten Angaben vor Augen führen. Es muss unmittelbar einsichtig ("eindeutig", "offensichtlich") sein, dass die abgegebene Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich quasi "aufdrängen", der (die) dazu führende(n) Gesichtspunkt(e) muss (müssen) klar auf der Hand liegen, sei es allenfalls auch deshalb, weil nach einem Ermittlungsverfahren "Hilfstatsachen" (zB. fehlende Kenntnis der behaupteten Stammessprache) substantiell unbestritten bleiben. Im Ergebnis setzt die erforderliche "qualifizierte Unglaubwürdigkeit" somit voraus, dass es weder weitwendiger Überlegungen noch einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht. Insoweit stellt die Regelung des Gesetzgebers, der (u.a.) für die Fälle offensichtlich unbegründeter Asylanträge ein abgekürztes Berufungsverfahren vorsieht (§ 32 AsylG 1997), eine adäquate Reaktion dar, weil es dann bei der Entscheidung über die Asylgewährung typischerweise nur um die Klarstellung einfacher Fragen, nicht aber um diffizile Beweiswürdigungsprobleme gehen kann. Dem entspricht - bezogen auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes - die Rechtsprechung des VwGH, wonach das Erfordernis einer Beurteilung komplexer asylrechtlicher Zusammenhänge die Abweisung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet ausschließt (vgl dazu grundlegend VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0214).

Gegenständlich kann das erkennende Gericht nicht erkennen, dass das Fluchtvorbringen offensichtlich/eindeutig, also qualifiziert, unglaubwürdig ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass ja auch das Bundesverwaltungsgericht es zwei Mal für notwendig hielt, dass die Behörde Vorortrecherchen durchführt und kann auch nicht gesprochen werden, dass die belangte Behörde in ihrer fast zehnseitigen Beweiswürdigung davon ausging, dass tiefergehende Überlegungen nicht notwendig wären um den Wahrheitsgehalt des Vorbringens des Beschwerdeführers zu ergründen. Das erkennende Gericht hält fest, dass nicht jeder Widerspruch im Vorbringen eines Asylwerbers zu dessen qualifizierter Unglaubwürdigkeit und damit zu einer Anwendbarkeit des § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG führen kann. Soweit die belangte Behörde die Anwendbarkeit maßgeblich auf die Ermittlungsergebnisse aus Bangladesch stützt, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Beschwerde zumindest Kritikpunkte aufzeigt, die einer näheren Untersuchung bedürfen. Dies hätte die belangte Behörde im Übrigen auch bereits durch eine Beschwerdevorentscheidung entkräften können. Das erkennende Gericht hält aber auch fest, dass die Beschwerde nicht nachvollziehbar emotionalisiert der Behörde willkürliches und eklatant gesetzwidriges Verhalten vorwirft. Die Ausführungen der belangten Behörde zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sind allerdings grundsätzlich übersichtlich und nachvollziehbar dargelegt, dass das erkennende Gericht zu einer anderen Einschätzung kommt, macht die Verfügung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung noch nicht willkürlich und eklatant gesetzwidrig. Derartige, schwere Vorwürfe sind gegenständlich völlig unbegründet.

Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuzuerkennen.

Im Übrigen gilt es darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten ist; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren aufschiebende Wirkung ersatzlose Teilbehebung Spruchpunktbehebung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.1432090.3.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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