TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/17 97/12/0396

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Veröffentlicht am 17.12.1997
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Index

64/03 Landeslehrer;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

LDG 1984 §12 Abs3;
PG 1965 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der C in G, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorferstraße 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Oktober 1997, Zl. K4-L-1191, betreffend Hinzurechnung von Jahren gemäß § 9 des Pensionsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Die mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 3. Februar 1997 mit Ablauf des 28. Februar 1997 als Landeslehrerin in den Ruhestand versetzte Beschwerdeführerin (Jahrgang 1954) steht ab diesem Zeitpunkt in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Land Niederösterreich. Im zitierten Bescheid sprach die Dienstbehörde erster Instanz auch aus, daß eine (von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. Jänner 1997 beantragte) Zurechnung von Jahren gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (PG) nicht stattfinde.

Nur gegen die Nichthinzurechnung gemäß § 9 Abs. 1 PG brachte die Beschwerdeführerin Berufung ein. Die Behörde erster Instanz begründe die Abweisung damit, daß auf Grund des amtsärztlichen Sachverständigenbeweises die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung nicht gegeben wären. Die Dienstbehörde gehe dabei von einer unzutreffenden Rechtsauffassung aus. Da dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Versetzung in den Ruhestand wegen ihrer Dienstunfähigkeit stattgegeben worden sei, seien auch die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 PG gegeben. Die Auffassung der Dienstbehörde, eine Zurechnung komme nur deshalb nicht in Frage, weil sie sich zu dem medizinischen Sachverständigen-Gutachten nicht geäußert habe, gehe ins Leere:

Die Nichtäußerung zu einem Gutachten, das die Beschwerdeführerin nicht verstehe, könne nicht als Zustimmung gewertet werden. Vielmehr hätte die Behörde bereits die aus Anlaß ihrer Ruhestandsversetzung vorgelegten medizinischen Gutachten von Amts wegen berücksichtigen müssen. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin, den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, daß die Zurechnung im Ausmaß von zehn Jahren ausgesprochen werde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Oktober 1997 wies die belangte Behörde diese Berufung ab. In der Begründung führte sie dazu im wesentlichen aus, bereits in dem der Ruhestandsversetzung zugrundeliegenden Gutachten vom 19. Dezember 1996 sei festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin zwar als Pädagogin und Lehrerin für Kinder nicht geeignet sei, wohl aber als Lehrperson in der Erwachsenenbildung und ab Umschulung eine Eignung für den Bürodienst bestehe. In einem ergänzend eingeholten Gutachten vom 4. Juni 1997 werde folgendes festgehalten: Das graduelle Ausmaß der durch die Krankheit verursachten Beeinträchtigung sei gering. Die funktionellen HWS-Beschwerden seien behandelbar. Bei Bedacht auf regelmäßige Abwechslung sei keine wesentliche Einschränkung in der Leistungsfähigkeit gegeben. Die Angstsymptomatik sei anamnestisch und klinisch derzeit überhaupt nicht vorhanden. Das zeitliche Ausmaß der durch die HWS-Veränderung verursachten Beeinträchtigung (Nackenschmerzen) könne bis zu einigen Stunden täglich betragen. Die HWS-Symptomatik bedeute keine wesentliche Einschränkung des täglichen Lebens, die Angstsymptomatik bestehe derzeit überhaupt nicht mehr. Dieses Gutachten sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden; sie habe dazu keine Stellungnahme abgegeben. Aus dem Zusammenhalt des Gutachtens und dem sonstigen Verfahren ergebe sich, daß zumindest keine Beeinträchtigung hinsichtlich der Ausübung eines Verweisungsberufes vorliege. Die Versetzung in den Ruhestand nach § 12 LDG 1984 sei von der möglichen Hinzurechnung von Jahren nach § 9 PG zu unterscheiden. Letztere könne nur erfolgen, wenn ein zumutbarer Erwerb (nicht nur im Lehrberuf) ausgeschlossen sei. § 12 LDG 1984 stelle hingegen ausdrücklich auf die dienstlichen Pflichten als Landeslehrer ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stimmt zwar nunmehr der Auffassung der belangten Behörde zur Abgrenzung des § 12 LDG 1984 von § 9 Abs. 1 PG zu, meint aber, die belangte Behörde übersehe, daß sich das von ihr eingeholte Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 1997 auf Befunde stütze, die bereits über ein Jahr alt gewesen seien. Insbesondere seien als Basis für dieses Gutachten die Befunde der Fachärzte Dr. A. (vom 5. November 1996), B. (vom 19. August 1996), C. (vom 4. Oktober 1996) und D. (vom 25. September 1996) herangezogen worden. Der Mangel bestehe darin, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, vor der konkreten Entscheidung neue Gutachten einzuholen. Dies sei deshalb notwendig, weil z.B. Dr. A. in ihrem Gutachten vom 5. November 1996 ausdrücklich festgehalten habe, daß sich ihre Stellungnahme auf den derzeitigen Zeitpunkt beziehe. Daraus folge aber schlüssig, daß das Gutachten Dris. A. nicht ohne weiteres für die Beurteilung eines Krankenbildes ein Jahr später herangezogen werden könne, zumal Dr. A. in einem neuerlichen Gutachten vom 25. November 1997 (dieses wurde der Beschwerde angeschlossen) den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin schlechter beurteilt habe als bei ihrem Erstgutachten. Ähnliches gelte bezüglich des Gutachtens Dris. C., der gleichfalls in seinem (weiteren) Gutachten vom 13. November 1997 (auch dieses Gutachten wurde der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde beigelegt) einen wesentlich schlechteren Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin bestätige als noch vor einem Jahr. Da der derzeitige Gesundheitszustand nicht klinisch beurteilt worden sei, sei die Entscheidung zwingendermaßen unrichtig.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Gemäß § 106 Abs. 1 Z. 2 LDG 1984, LGBl. Nr. 302, gilt für das Besoldungs- und Pensionsrecht (von Landeslehrern; vgl. dazu § 1 leg. cit.) das Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340.

Nach § 9 Abs. 1 PG (in der Fassung der 8. PG-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985, hat die Dienstbehörde (deren Zuständigkeit ergibt sich nach § 106 Abs. 2 LDG 1984 in Verbindung mit dem Niederösterreichischen Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz) dem Beamten, der ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist, aus Anlaß der Versetzung in den Ruhestand den Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenußbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch zehn Jahre, zu seiner ruhegenußfähigen Landesdienstzeit (Umstellung gemäß § 106 Abs. 2 Z. 1 LDG 1984) zuzurechnen.

Gemäß § 12 Abs. 1 LDG 1984, BGBl. Nr. 302, ist der Landeslehrer von Amts wegen oder auf seinen Antrag u.a. in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Landeslehrer dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß Dienstunfähigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 und 3 LDG 1984 nicht gleichbedeutend mit Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 PG ist, wovon die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung aber offenbar ausgegangen ist. Der Begriff der Dienstunfähigkeit ist bezogen auf die dienstlichen Aufgaben bzw. die Frage der Möglichkeit der Zuweisung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes zu sehen. Demgegenüber ist der Begriff der Erwerbsfähigkeit wesentlich umfassender. Er bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch, in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 8. Juni 1994, 93/12/0150, vom 16. November 1994, 94/12/0162 und 91/12/0025, sowie vom 25. Jänner 1995, 94/12/0142).

Soweit die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfahrensrüge zum Ausdruck bringt, maßgeblich sei ihr derzeit (gemeint ist offenbar zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides Ende Oktober 1997) bestehender Gesundheitszustand, verkennt sie die Rechtslage: Maßgebend für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 PG ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob diese zur Zurechnung berechtigende Tatbestandsvoraussetzung zur Zeit der Versetzung in den Ruhestand gegeben ist oder nicht (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Dezember 1968, 1016/68;

vom 27. Februar 1976, 1702/75; vom 19. März 1986, 84/09/0155;

vom 22. Juni 1987, 87/12/0033; vom 29. Februar 1988, 87/12/0170; vom 16. November 1994, 94/12/0162; vom 25. Jänner 1995, 94/12/0142, sowie vom 31. Mai 1996, 96/12/0091). Der Vorlage von weiteren Gutachten vom November 1997 zum derzeitigen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin kommt daher schon deshalb keine Rechtserheblichkeit zu.

Soweit die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfahrensrüge aber darauf abzielen sollte, das von der belangten Behörde eingeholte Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 1997 habe ihre im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zu prüfende Erwerbsunfähigkeit fehlerhaft beurteilt, weil es sich auf die im Ruhestandsverfahren der Dienstbehörde erster Instanz eingeholten Gutachten gestützt habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß sie sich trotz gebotener Gelegenheit dazu im Verwaltungsverfahren nicht geäußert hat. Die Beschwerdeführerin hat nämlich in ihrer Beschwerde nicht die Angabe der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid über die Wahrung des Parteiengehörs zum Ergänzungsgutachten und die Unterlassung der Abgabe einer Stellungnahme dazu bestritten. Ihr erstmals in der Beschwerde erstattetes Vorbringen ist - sofern es in die oben angegebene Richtung überhaupt deutbar ist - daher als gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung anzusehen.

Da die Beschwerde schon ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie - wodurch der Beschwerdeführerin auch weitere Kosten erspart werden - ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997120396.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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