TE Bvwg Beschluss 2020/2/3 W278 2225559-2

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Veröffentlicht am 03.02.2020
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Entscheidungsdatum

03.02.2020

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch

W278 2225559-1/8E

W278 2225559-2/7E

Schriftliche Ausfertigung des am 03.12.2019 mündlich verkündeten Beschlusses:

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dominik HABITZL als Einzelrichter

1. über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2019, Zl. XXXX , sowie

2. über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2019, Zl. XXXX

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.12.2019 beschlossen:

A) I. Der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2019, Zl. XXXX , wird teilweise Folge gegeben. Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe bestätigt, dass dieser zu lauten hat:

"I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 23.10.2019 wird als unbegründet abgewiesen."

Spruchpunkt II entfällt.

II. Die Beschwerde vom 23.10.2019 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2019, Zl. XXXX , wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (infolge: BF), ein zum damaligen Zeitpunkt minderjähriger afghanischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 17.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (infolge: BFA) vom 01.12.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.), dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine bis 01.12.2018 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 06.08.2018, Zl. XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens des Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) zu einer Freiheitstrafe von zwei Wochen rechtskräftig verurteilt, wobei deren Vollzug unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Am 09.11.2018 stellte das Land Niederösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger und gesetzlicher Vertreter des damals minderjährigen BF für diesen einen Antrag auf Verlängerung seiner bis 01.12.2018 befristeten Aufenthaltsberechtigung und wurde diese in der Folge mit Bescheid des BFA vom 30.11.2018 bis 01.01.2020 verlängert.

Anlässlich einer gegen den BF erfolgten neuerlichen Anzeige wegen Diebstahls leitete das BFA mit Aktenvermerk vom 28.02.2019 ein Verfahren zur Aberkennung des dem BF zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten ein und erfolgte in diesem Zusammenhang am XXXX 2019 eine Einvernahme des BF vor dem BFA.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 17.07.2019, Zl. XXXX , wurde der BF neuerlich wegen des Vergehens des Diebstahls (§§ 127, 15) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen rechtskräftig verurteilt, wobei deren Vollzug unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen und für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet wurde.

Mit im Spruch genannten Bescheid vom 19.08.2019 wurde dem BF der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die mit Bescheid vom 30.11.2018 verlängerte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Mit Stellungnahme vom 05.11.2019 teilte XXXX , pädagogische Leiterin des ÖJAB-Haus XXXX mit, der BF habe am 14.10. persönlich das an ihn adressierte Schreiben des Landes Niederösterreich bezüglich der Entlassung aus der Grundversorgung erhalten. Bereits am 08.10. sei an die allgemeine E-Mail-Adresse ihrer Einrichtung ein E-Mail des Landes NÖ mit dem Betreff "Anschreiben" ergangen. Sie selbst sei an diesem Tag nicht im Büro gewesen und habe extern keinen Zugriff auf das allgemeine Postfach. Am 09.10. sei sie im Zeitausgleich gewesen und habe in ihrer Einrichtung eine Großveranstaltung der Produktionsschule stattgefunden, weshalb das E-Mail nicht bearbeitet worden sei. Am 10.10. habe sie einen Anruf von Herrn XXXX des BFA erhalten, der sich nach der Zustellanschrift des BF erkundigt habe. Über Nachfrage habe ihr dieser mitgeteilt, dass der BF aufgrund einer rechtskräftigen negativen Entscheidung aus der Grundversorgung entlassen worden sei. Sie habe daher am gleichen Tag Nachforschungen angestellt und die Angelegenheit aufklären können. Der BF sei nach wie vor in ihrer Einrichtung wohnhaft und auch gemeldet.

Mit Schriftsatz vom 22.10.2019 beantragte der BF die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, erhob gleichzeitig Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.08.2019 und führte im Wesentlichen aus, aufgrund der erfolgten Hinterlegungsanzeige habe der BF diesen vom darin angeführten Postamt abgeholt. Da er nicht gewusst habe, was der Bescheid bedeute, habe er ihn - wie für alle Bewohner seiner Unterkunft üblich - einem Sozialarbeiter gezeigt. Dem BF sei mitgeteilt worden, dass der "Brief" des BFA in Ordnung sei und er dagegen nichts unternehmen müsse. Anschließend sei der Bescheid - ebenso wie einige Tage zuvor der von der Niederösterreichischen Landesregierung übermittelte Asylakt - in den Akt des BF eingeordnet worden. Da der BF den Mitarbeitern seiner Unterkunft immer vertraut habe, die jugendlichen Bewohner alle behördlichen Schreiben mit den Sozialarbeitern besprechen und nach deren Vorschlägen handeln würden und der BF selbst erst einige Tage zuvor volljährig geworden sei, könne auch kein anderes Verhalten, als jenes seit Beginn seines Aufenthaltes im Heim XXXX von ihm erwartet werden. Auch sei der Spruch des Bescheides lediglich in deutscher Sprache verfasst gewesen und sei der BF daher noch weniger in der Lage gewesen, dessen Inhalt und Bedeutung zu erkennen.

Mit im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 28.10.2019 wurde der Wiedereinsetzungsantrag des BF gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde infolge von Verfahrensmängeln sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung, korrigierte sein bisheriges Vorbringen dahingehend, dass der Spruch des Aberkennungsbescheides auch in der Landessprache des BF verfasst gewesen sei und führte aus, das E-Mail, mit dem über die Entlassung des BF aus der Grundversorgung informiert worden sei, sei am 08.10.2019 an die allgemeine E-Mail-Adresse der Unterkunft des BF gesendet worden und hätten sowohl der Betreff als auch die Bezeichnung des E-Mails nicht vermuten lassen können, dass sich dahinter relevante Informationen im Hinblick auf einen rechtskräftigen Aberkennungsbescheid verbergen könnten. Bei Zweifeln über die erfolgten Darstellungen hätte das BFA den BF sowie Frau XXXX zum Sachverhalt befragen müssen und habe der BF zudem nicht auffallend sorglos gehandelt.

Am 03.12.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der BF ausführlich zur Rechtzeitigkeit seines Wiedereinsetzungsantrages, seinen Wiedereinsetzungsgründen sowie seiner Integration in Österreich befragt wurde.

2. Feststellungen:

Dem BF wurde mit Bescheid des BFA vom 01.12.2017 der Antrag auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine bis 01.12.2018 befristete Aufenthaltsberechtig erteilt, die über Antrag des BF vom 30.11.2018 bis 01.01.2020 verlängert wurde.

Anlässlich einer gegen den BF eingebrachten Anzeige wegen Diebstahls leitete das BFA ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten des BF ein.

Am XXXX 2019 erfolgte im Rahmen der Einleitung eines Aberkennungsverfahrens des subsidiären Schutzes im Beisein seiner damaligen gesetzlichen Vertreter und der pädagogischen Leiterin seiner Unterkunft, XXXX , als Vertrauensperson eine Einvernahme des damals minderjährigen BF vor dem BFA, wobei bereits in der Ladung als Grund die Prüfung der Einleitung des Aberkennungsverfahrens angegeben wurde und der BF in der Einvernahme auch darüber belehrt wurde, dass deren Gegenstand die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens bildet.

Der BF besuchte im Iran sechs Jahre die Volksschule und anschließend zwei Jahre die Mittelschule, verfügt über einen österreichischen Pflichtschulabschluss und hat am 21.06.2019 den Werte- und Orientierungskurs bestanden sowie die Sprachkompetenz Deutsch B1 nachgewiesen.

Das dem BF übermittelte Schreiben der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12.08.2019, mit welchem ihm sein Asylakt übermittelt und er darüber informiert wurde, dass die gesetzliche Vertretung aufgrund seiner Volljährigkeit nunmehr endet, holte der BF persönlich vom Postamt ab, verschaffte sich anschließend Kenntnis vom Inhalt des Schreibens und legte es in seiner Mappe ab.

Am 21.08.2019 erfolgte ein persönlicher Zustellversuch des im Spruch genannten Bescheides des BFA, Zl. XXXX , vom 19.08.2019, samt Beilagen. Der seit XXXX 2019 volljährige BF wurde vom Postbediensteten nicht angetroffen, weshalb am gleichen Tag die Hinterlegung am zuständigen Postamt vorgenommen wurde. Beginn der Abholfrist war der 22.08.2019.

Zum Zeitpunkt der Zustellung war der volljährige BF nicht vertreten.

Der BF holte persönlich in den darauffolgenden Tagen das Kuvert, das den gegenständlichen Bescheid, Zl. XXXX vom 19.08.2019, eine Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG, sowie eine Information über die Verpflichtung zur Ausreise enthielt, vom Postamt ab. Sämtliche Dokumente waren in deutscher Sprache verfasst. Der Spruch sowie die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid waren zusätzlich auch in DARI übersetzt, die Verfahrensanordnung sowie die Information über die Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise waren zur Gänze in DARI übersetzt.

Auf dem Weg vom Postamt zurück zu seiner Unterkunft öffnete der BF das Kuvert und nahm die darin enthaltenen Unterlagen heraus, wobei er weder den Bescheid noch die angefügten Beilagen selbst las. In seiner Unterkunft wandte sich der BF direkt an eine dort anwesende Betreuerin, die ihm mitteilte, dass er die Unterlagen aufgrund seiner Volljährigkeit bekommen habe. Der BF hinterfragte die Antwort seiner Betreuerin nicht weiter und sortierte die Unterlagen in seine Mappe ein.

Am 08.10.2019 übermittelte die Grundversorgung Niederösterreich ein Schreiben an die allgemeine E-Mail-Adresse der Unterkunft des BF und informierte darin über das Ausscheiden des BF aus der Grundversorgung.

Am 10.10.2019 erfuhr die pädagogische Leiterin der Unterkunft des BF im Zuge eines Telefonats mit dem BFA von der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und der damit zusammenhängenden Entlassung des BF aus der Grundversorgung, was sie dem BF umgehend mitteilte.

Am 23.10.2019 brachte der BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 19.08.2019 ein und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA, Zl. XXXX , vom 28.10.2019 zurückgewiesen und die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

3. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ergeben sich aus dem Bescheid vom 01.12.2017, die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ist dem Bescheid vom 30.11.2018 zu entnehmen, die Einleitung des Aberkennungsverfahrens geht aus dem Aktenvermerk des BFA vom 28.02.2019 hervor.

Die Feststellungen zur durchgeführten Einvernahme vor dem BFA und der im Zuge dessen erfolgten Belehrung über das eingeleitete Aberkennungsverfahren sind aus der Ladung vom 16.04.2019 sowie der Niederschrift vom XXXX 2019 ersichtlich.

Die Schulbildung des BF im Iran ist seinen glaubhaften Ausführungen in der Beschwerdeverhandlung zu entnehmen (vgl. VHS S. 5), die Sprachkompetenz Deutsch auf dem Niveau B1 sowie der bestandene Werte- und Orientierungskurs ergeben sich aus dem vorgelegten ÖSD-Zeugnis vom 21.06.2019, der Pflichtschulabschluss geht aus dem vorgelegten Zeugnis vom 27.06.2019 hervor.

Die Feststellungen zum Erhalt des Schreibens der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12.08.2019 sowie zur Kenntnisnahme dessen Inhalts und anschließenden Ablage ergeben sich aus den glaubhaften Ausführungen des BF in der mündlichen Verhandlung (vgl. VHS S. 7).

Der persönliche Zustellversuch, die Hinterlegung sowie der Beginn der Abholfrist ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt enthaltenen Zustellnachweis.

Die Feststellung, wonach der BF im Zeitpunkt der Zustellung volljährig und nicht vertreten war, ergibt sich einerseits aus der Mitteilung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12.08.2019, wonach die gesetzliche Vertretung des BF aufgrund der eingetretenen Volljährigkeit nunmehr beendet sei, andererseits aus den glaubhaften Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung, wonach er 18 Jahre alt sei (vgl. VHS S. 5) sowie der Ausführungen der Zeugin XXXX , die angab, dass sie vom BF nicht zu seiner Vertretung im Asylverfahren bevollmächtigt worden und ihre Einrichtung von der Bezirkshauptmannschaft lediglich mit der Pflege und Erziehung der darin untergebrachten Minderjährigen betraut sei (vgl. VHS S. 14).

Die Feststellungen zur Abholung des hinterlegten Bescheides ergeben sich aus den Angaben des BF in seinem Wiedereinsetzungsantrag in Verbindung mit den damit übereinstimmenden Schilderungen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. VHS S. 7). Die Tatsache, dass sämtliche Dokumente in deutscher Sprache verfasst waren, der Spruch sowie die Rechtsmittelbelehrung, die Verfahrensanordnung und Information zur freiwilligen Ausreise auch in Dari übersetzt wurden, ergibt sich einerseits aus der im Verwaltungsakt enthaltenen Ausfertigung des Bescheides, andererseits aus den berichtigten Schilderungen des BF in der Beschwerde vom 07.11.2019, wonach auch der Spruch in der Landessprache des BF verfasst gewesen sei.

Die Feststellungen zur Öffnung des Kuverts sowie dem weiteren Umgang des BF mit den erhaltenen Schriftstücken gehen wiederum aus seinen im gesamten Verfahren gleichgebliebenen Angaben hervor (vgl. VHS S. 7-8).

Die Übermittlung des Schreibens zur Entlassung aus der Grundversorgung ergibt sich aus der Stellungnahme der Zeugin vom 05.11.2019 sowie der damit übereinstimmenden Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (vgl. VHS S. 13). Die Kenntnisnahme von der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und Entlassung aus der Grundversorgung durch die pädagogische Leiterin der Unterkunft des BF sowie die daraufhin erfolgte Information an den BF ergeben sich aus den übereinstimmenden Ausführungen des BF (vgl. VHS S. 6) sowie der Zeugin XXXX in der Beschwerdeverhandlung (vgl. VHS S. 12) und deren Stellungnahme vom 05.11.2019.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einschließlich Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die dazu ergangene Entscheidung und die Erhebung der Beschwerde sind aus den im Verwaltungsakt enthaltenen Schriftstücken ersichtlich.

Rechtliche Beurteilung:

Zu 1.A.I.) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Die bloße Kenntnis von der "Existenz" eines abweisenden Bescheides ist dem Wegfall des Hindernisses iSd § 71 Abs 2 AVG dann nicht gleichzusetzen, wenn dem Wiedereinsetzungswerber dadurch die maßgebenden Umstände (die sich beispielsweise aus der Begründung des Bescheides ergeben) nicht zur Kenntnis gebracht worden sind, welche ihn erst in die Lage versetzt hätten, eine Berufung mit einem iSd § 63 Abs 3 AVG ausreichenden Inhalt zu erheben. Hat die Partei vom Inhalt des abweisenden Bescheides (einschließlich seiner Begründung) keine Kenntnis, ist sie idR gehindert, die versäumte Verfahrenshandlung durch Vornahme der dafür notwendigen rechtlichen Schritte nachzuholen, weshalb die Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags nicht zu laufen begonnen hat (VwGH 15. 9. 1994, 94/19/0393; vgl auch VwGH 21. 5. 1992, 92/09/0009; 16. 3. 1994, 94/01/0121 sowie Hengstschläger/Leeb, AVG § 71, Rz 102).

Der BF brachte im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung glaubhaft vor, dass er erst am 10.10.2019 von Frau GROSS erfahren hat, dass er aus der Grundversorgung aufgrund einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung entlassen wurde und erlangte er vom Inhalt des Bescheides vom 19.08.2019 daher erst zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Kenntnis. Das E-Mail der Grundversorgung Niederösterreich vom 08.10.2019 war an die Unterkunft des BF gerichtet. Da kein Vollmachtsverhältnis zwischen dem BF und dem ÖJAB-Haus XXXX besteht, kann das Mail vom 08.10.2019 an das Haus XXXX dem BF nicht zugerechnet werden, zumal dieses nicht an ihn persönlich, sondern an die allgemeine E-Mail-Adresse seiner Unterkunft übermittelt wurde. Die Stellungnahme von Frau XXXX und ihre Angaben im Zuge Ihrer Einvernahme als Zeugin in der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2019 stimmten mit den Angaben des BF zum Gespräch vom 10.10.2019 überein und gab der BF auch glaubhaft an, dass er den Bescheid zuvor nicht selbst gelesen hat, weshalb ihm dessen Inhalt nicht bekannt war. Da das der fristgerechten Erhebung der Beschwerde entgegenstehende Hindernis, nämlich die mangelnde Kenntnis vom Inhalt des gegen den BF erlassenen Bescheides, erst am 10.10.2019 weggefallen ist und die Frist zur Einbringung des Antrags auf Wiedereisetzung in den vorigen Stand sohin an diesem Tag zu laufen begann, wurde der vom BF in der Folge eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag vom 23.10.2019 innerhalb der vorgesehenen zweiwöchigen Frist - somit fristgerecht - gestellt.

Aus diesem Grund war der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 28.10.2019 betreffend die zurückweisende Entscheidung aufgrund von Fristversäumung teilweise Folge zu geben.

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass als Ereignis nicht nur tatsächliches, in der Außenwelt stattfindendes, sondern prinzipiell jedes, auch inneres, psychisches Geschehen, ein psychologischer Vorgang - einschließlich der "menschlichen Unzulänglichkeit" - anzusehen sei. Ein Ereignis kann iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG eine alltägliche Krankheit genauso wie eine Naturkatastrophe, eine eigene menschliche Unzulänglichkeit ebenso wie eine Gewaltanwendung von außen sein (Hengstschläger/Leeb, AVG §71 RZ 34; VwSlg 9024 A/1976).

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (VwGH 24.01.1996, 94/12/0179). Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht auch nicht erwartet werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).

Ein Verschulden der Partei bzw. des Vertreters hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z. B. VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230).

Im gegenständlichen Fall lag, zum Zeitpunkt des Zustellversuches am 21.08.2019 - wie festgestellt - keine Vollmacht vor. Beim BF handelt es sich seit seinem 18. Geburtstag am XXXX 2019 um eine voll handlungs- und geschäftsfähige Person. Die Hinterlegung des gegenständlichen Poststückes erfolgte am 21.08.2019. Der BF befindet sich seit 4 Jahren im Bundesgebiet. Er absolvierte in dieser Zeit einen österreichischen Pflichtschulabschluss und kann nachweisen, dass er die deutsche Sprache auf dem Niveau B1 beherrscht. Vor seiner Einreise in Österreich absolvierte der BF im Iran 6 Jahre die Volkschule und 2 Jahre die Mittelschule. Dem BF wurde von der NÖ Landesregierung - aufgrund seiner Volljährigkeit und der damit einhergehenden Auflösung der gesetzlichen Vollmacht - datiert mit 12.08.2019 sein Asylakt geschickt und insbesondere auf die Beendigung des gesetzlichen Vertretungsverhältnisses hingewiesen. Der BF wurde am XXXX 2019 vom BFA im Rahmen der Einleitung eines Aberkennungsverfahrens, im Beisein seiner gesetzlichen Vertreter sowie einer Vertrauensperson - Frau XXXX - einvernommen und wurde sowohl im Zuge der Ladung als auch während der Einvernahme auf die Einleitung des Aberkennungsverfahrens ausdrücklich hingewiesen. Der BF holte den gegenständlichen Bescheid innerhalb der Abholfrist persönlich von der Post ab. Die wesentlichen Inhalte des Bescheides (Spruch und Rechtsmittelbelehrung) waren in die Landessprache des BF übersetzt, ebenso die beiliegenden Schreiben betreffend Rechtsberatung und der Information zur Verpflichtung zur Ausreise. Obwohl der BF seine Landessprache DARI auf muttersprachlichem Niveau und Deutsch auf Niveau B1 beherrscht, hat er es unterlassen, den Inhalt des behördlichen Schreibens zu lesen oder sich über den Inhalt des Schreibens in geeigneter Weise zu informieren. Vor dem Hintergrund der dargelegten Sprachkenntnisse und vom BF erworbenen Schulbildung, der erfolgten Belehrung über die Einleitung des Aberkennungsverfahrens und der Mitteilung über die Beendigung der gesetzlichen Vertretung durch das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, wäre es dem BF aber jedenfalls zumutbar gewesen, die erhaltenen Schriftstücke durchzublättern und zumindest die in seiner Landessprache verfassten Teile zu lesen. Auch wäre es ihm zumutbar gewesen, Frau XXXX , die auch bei der Einvernahme zum Aberkennungsverfahren anwesend war und mit ihm in ständigem Kontakt stand, mit dem Inhalt des Bescheides zu kontaktieren, zumal er auch von dem eingeleiteten Aberkennungsverfahren bereits Kenntnis hatte.

Dem Vorbringen des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, er habe die Schriftstücke nicht gelesen, weil er ohnehin gewusst habe, dass er nicht alles verstehen würde, ist entgegenzuhalten, dass zum einen mangelnde Sprachkenntnisse ohne Hinzutreten besonderer Umstände keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellen (vgl. VwGH 16.01.2007, 2006/18/0369) und zum anderen gerade das Wissen des BF um seine mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache ihn in Bezug auf die Einhaltung von Fristen zu besonderer Sorgfalt veranlassen muss (vgl. VwGH 19.09.2007, 2007/08/0097). Im Übrigen stellt es einen den minderen Grad des Versehens übersteigenden Sorgfaltsverstoß dar, wenn dem BF im Zuge der Vernehmung deren Grund in verständlicher Weise - etwa unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers - bekanntgegeben wurde, sodass ihm bei der Übernahme des Bescheides bewusst sein musste, ein rechtlich bedeutsames Schriftstück zu erhalten, es der BF aber dennoch unterlässt, sich Kenntnis vom Inhalt des Bescheides zu verschaffen (vgl. VwGH 27.01.2004, 2003/21/0167).

Da der BF in der Beschwerdeverhandlung ausführte, dass er auf der letzten Seite der erhaltenen Schriftstücke etwas über den Verein Menschenrechte Österreich sowie darüber gesehen habe, dass er sich im Falle der freiwilligen Rückkehr an diesen wenden solle und von einem Freund, der ihn bei der Abholung des Schriftstückes begleitet habe, darauf angesprochen worden sei, warum er etwas vom Verein Menschenrechte Österreich erhalte, aber weder diesen Umstand noch den Inhalt des Bescheides als solchen näher hinterfragte, sondern sich ausschließlich auf die Auskunft einer anwesenden Betreuerin verließ, sind keine besonderen Umstände erkennbar, die geeignet wären, den vom BF geforderten Sorgfaltsmaßstab herabzusetzen. Dasselbe gilt für die vom BF vorgebrachte, erst kurz vor Zustellung des Bescheides eingetretene Volljährigkeit, weil der BF bereits vor Erhalt des Aberkennungsbescheides schriftlich darüber informiert wurde, dass seine gesetzliche Vertretung aufgrund der eingetretenen Volljährigkeit nunmehr beendet ist und ihm - entsprechend seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung - auch bekannt war, dass er nunmehr für sich selbst verantwortlich ist. Dementsprechend musste dem BF auch bewusst sein, dass behördlich bedeutsame Schriftstücke nunmehr in seine Verantwortung fallen. Daran vermögen auch die Angaben der Zeugin XXXX , wonach Minderjährige und Volljährige in der Unterkunft gleichbehandelt würden, nichts zu ändern, zumal diese auch ausführte, dass ihre Einrichtung ausschließlich mit der Pflege und Erziehung der dort untergebrachten minderjährigen Personen betraut sei. Der BF hätte sich dementsprechend jedenfalls mit dem Inhalt des erhaltenen Bescheides, etwa durch Lesen zumindest des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung oder Betrauung seiner bei der Einvernahme anwesenden Vertrauensperson, näher auseinandersetzen müssen.

Der BF hat somit seine ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen, weshalb ein wie in der Beschwerde vorgebrachter minderer Grad des Versehens, der im Sinn der leichten Fahrlässigkeit zu verstehen ist, im gegenständlichen Fall nicht vorliegt. Das Ereignis, das im vorliegenden Fall zur Fristversäumnis geführt hat, ist grundsätzlich nicht als Ereignis zu qualifizieren, das von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert hätte werden können oder dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte, zumal der BF gerade aufgrund der durchgeführten Einvernahme vor dem BFA und der in diesem Zusammenhang ergangenen Belehrung über die Einleitung des Aberkennungsverfahrens mit einer Entscheidung rechnen musste. Es handelt sich daher nicht um ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGVG.

Ob die Mitarbeiter des ÖJAB-Haus XXXX daran ein Verschulden trifft, das den minderen Grad des Versehens übersteigt, braucht nicht untersucht zu werden, weil diese Mitarbeiter unstrittig nicht als Vertreter des BF fungierten und ihr Verschulden daher nicht dem BF zuzurechnen ist (VwGH 07.06.2000, 99/01/0337). Aus diesem Grund sind auch eventuelle Unregelmäßigkeiten innerhalb der Unterkunft und die diesbezüglich in der Beschwerde beantragten zusätzlichen Zeugeneinvernahmen nicht zielführend.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 33 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Aufgrund der nunmehr ergangenen inhaltlichen Entscheidung ist die Absprache über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegenstandlos und Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides vom 28.10.2019 entfällt gegenstandslos.

Zu 2.A.II) Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung:

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt vier Wochen.

Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG iVm Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG beginnt die Beschwerdefrist, da der Bescheid dem BF zugestellt (und nicht mündlich verkündet) wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 21 AVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

§ 17 ZustellG lautet:

"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

[...]"

Die durch den dritten Satz des § 17 Abs 3 ZustG normierte Zustellwirkung wird nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052, mwN).

Der BF gab selbst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, dass er die Verständigung von der Hinterlegung persönlich erhielt und die Unterlagen anschließend persönlich beim Postamt abholte, sodass er vom Zustellvorgang jedenfalls rechtzeitig Kenntnis erlangte. Der Bescheid wurde daher mit Beginn der Abholfrist am 22.08.2019 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt und die Rechtsmittelfrist ausgelöst. Die vierwöchige Frist zur Beschwerdeerhebung begann daher am 22.08.2019 und endete am 19.09.2019. Die Beschwerde wurde allerdings erst gemeinsam mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand am 23.10.2019 beim BFA eingebracht.

Da die Beschwerde somit erst nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist beim Bundesamt eingebracht wurde, war die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen sowohl auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als auch auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Die Frage, ob im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGVG ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Versäumung der Frist geführt hat bzw. ob der Wiedereinsetzungsgrund ausreichend bescheinigt wurde, unterliegt aber grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (VwGH vom 25.11.2015, Ra 2015/06/0113).

Sofern die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Sofern die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur zur Bestimmung des § 71 AVG ergangen ist, so ist auch diese Judikatur auf den gegenständlichen Fall übertragbar. Das Instrument der Wiedereinsetzung ist aus dem § 71 AVG bekannt und wurde in das VwGVG übernommen. Da lediglich der IV. Teil des AVG gem. § 17 VwGVG nicht auf die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anwendbar ist, finden die zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze und Judikatur auf § 33 VwGVG Anwendung (vgl. VwGH vom 30.05.2017, Ra 2017/19/0113; Schrefler-König in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 33 VwGVG Anm 1).

Schlagworte

Fristversäumung Rechtsmittelfrist Sorgfaltspflicht Verschulden Wiedereinsetzung Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W278.2225559.2.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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