Entscheidungsdatum
03.02.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W192 2225788-1/17Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Ruso über den Antrag des XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung, auf eine einstweilige Anordnung unmittelbar aufgrund des Unionsrechts:
A) Der Antrag wird zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
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Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Antragsteller stellte am 23.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheid vom 09.11.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Dem Antragsteller wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Antragstellers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise des Antragstellers bestehe (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerdegegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
Mit Schriftsatz vom 21.11.2019 erhob der Antragsteller im Wege seiner Rechtsvertretung gegen den Bescheid vom 09.11.2019 in vollem Umfang fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Am 02.12.2019 unterfertigte der Antragsteller ein Antragsformular für unterstützte freiwillige Rückkehr.
1.2. Mit Erkenntnis vom 02.12.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde vom 21.11.2019 gegen den Bescheid vom 09.11.2019 betreffend die Spruchpunkte I. bis V. als unbegründet ab, während die Spruchpunkte VI. und VII. dieser Entscheidung behoben und dem Antragsteller die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt wurden. Diese Entscheidung erwuchs durch die Zustellung am 05.12.2019 in Rechtskraft.
Zu einem an den Verwaltungsgerichtshof gestellten Antrag auf Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen dieses Erkenntnis ist bisher keine Entscheidung bekanntgeworden. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 30.01.2020 den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab.
1.3. Mit Schreiben vom 14.01.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 16.01.2020 eingelangt, beantragte der Antragsteller die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz in Form einer einstweiligen Anordnung unmittelbar aufgrund des Unionsrechts, weil seine unionsrechtlich gewährleisteten Rechte anderenfalls aufgrund der bevorstehenden Abschiebung verletzt würden und ein schwerer Schaden drohe. Der Antragsteller befinde sich in Schubhaft und die Abschiebung sei am 04.02.2020 beabsichtigt
Es sei aus Sicht des Unionsrechts in der Regel ausreichend, wenn im innerstaatlichen Recht ein Rechtsbehelf vor einem Gericht vorgesehen sei, sofern sich aus dem zu Art. 47 GRC akzessorischem Recht nichts Anderes ergebe. Weder aus der GRC noch aus den Vorgaben der Rückführungsrichtlinie ergebe sich die Überprüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch eine zweite Gerichtsinstanz. Die Schaffung von zwei Rechtszügen unterliege der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, wobei im Anwendungsbereich des Unionsrechts den Grundsätzen der Effektivität und der Äquivalenz Rechnung zu tragen sei. Der VwGH sei als letztinstanzliches Gericht vorlagepflichtig im Sinne des Art. 267 AEUV, weswegen eine effektive Ausgestaltung des Revisionsverfahrens geboten sei. Es sei daher derart auszugestalten, dass der vollen Wirksamkeit von Vorabentscheidungsverfahren Rechnung getragen werden könne. Auch das Präsidium des VwGH habe im Rahmen der Schaffung der zweigliedrigen Verwaltungsgerichtsbarkeit darauf hingewiesen, dass aufgrund der fehlenden automatischen aufschiebenden Wirkung der Grundsatz der faktischen Effizienz unterlaufen werde, wenn für eine Person, die auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe angewiesen sei, keine Möglichkeit bestehe, vorläufigen Rechtsschutz vor dem Vollzug der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu erlangen, wodurch der Zugang zu einer effektiven zweigliedrigen Verwaltungsgerichtsbarkeit gänzlich unterlaufen werde.
Auch aus Art. 6 und Art. 13 EMRK sei kein unmittelbarer Anspruch auf ein zweistufiges Beschwerdesystem abzuleiten, es ergebe sich aus der Judikatur des EGMR aber, dass bei Schaffung einer zweiten Rechtsschutzinstanz sichergestellt sein müsse, dass Rechtsschutzsuchenden vor sämtlichen Gerichten die Garantien des fairen Verfahrens gewährleistet würden. Die Bestimmung des Art. 6 EMRK entspreche im Wesentlichen Art. 47 GRC und diese Regelung beziehe sich auch auf das Verfahren über die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz. Dabei sei auch zu beachten, dass Art. 47 Abs. 3 GRC ein Recht auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vorsehe. Die Wirksamkeit dieses Grundrechts sei durch eine innerstaatliche Ausgestaltung des Verfahrensrechts zu wahren. Nach § 30 Abs. 2 VwGG komme die Gewährung von aufschiebender Wirkung allerdings erst mit Erhebung der Revision in Betracht. Zwischen dem Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe, der diesbezüglichen Entscheidung und der Ausfertigung und Einbringung einer Revision könnten mehrere Wochen vergehen, in denen die zu bekämpfende Entscheidung bereits vollstreckt werden könne.
Die Effektivität des österreichischen Verfahrenshilfesystems werde durch den Umstand unterlaufen, dass das VwGG in diesem Stadium des Verfahrens keine Möglichkeit der Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz vorsehe. Dadurch werde das Verfahrenshilfesystem zum einen dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz nicht gerecht, zum anderen werde dadurch das Grundrecht auf Prozesskostenhilfe unterlaufen. Es ergebe sich nach Judikatur des EuGH, dass ein einstweiliger Rechtsschutz auch dann zu gewähren sei, wenn es keine entsprechenden Regelungen im staatlichen Recht gebe. Der Antrag sei daher zulässig.
Die einstweilige Anordnung sei unter denselben Voraussetzungen zu erlassen, wie die Gewährung einer aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG. Dem ASt drohe bei einer Abschiebung aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage und seiner besonderen Vulnerabilität, der fehlenden Schulbildung und den fehlenden Chancen am Arbeitsmarkt eine erniedrigende und unmenschliche Behandlung, wobei es sich um einen nicht wiedergutzumachenden Schaden handle. Den Interessen des Antragstellers stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen, weswegen dem Antrag stattzugeben sei.
Die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz sei geboten, weil die Abschiebung bevorstehe und eine Verletzung der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte - Recht auf wirksame Prozesskostenhilfe nach Art. 47 Abs. 3 GRC und Hintanhaltung einer Verletzung von Art. 19 Abs. 2 GRC - sicherzustellen. Die beantragte Anordnung sei dringlich und es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des BVwG.
1.4. Am 20.01.2020 übermittelte das hierzu aufgeforderte BFA eine Stellungnahme zum Antrag, in dem es auf das Wesentlichste zusammengefasst ausführt, es könne dem Vorbringen des Antragstellers, dass das unionsrechtliche Effektivitätsgebot im vorliegenden Fall unterlaufen werde, nicht gefolgt werden, weil dem Antragsteller bereits ein wirksamer Rechtsbehelf - die von diesem auch erhobene Beschwerde an das BVwG - offen gestanden habe. Dass das Recht auf Prozesskostenhilfe zugleich einen Verbleib im Bundesgebiet zwingend rechtfertige, sei im Hinblick auf den Charakter der Revision als außerordentlicher Rechtsbehelf nicht vorgesehen. Es werde daher beantragt, den Antrag zurück- in eventu abzuweisen.
2. Der Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie aus dem vorliegenden Antrag.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 29.10.2014, Ro 2014/04/0069, festgehalten, dass zur Bestimmung der Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren von der "sachnächsten" Zuständigkeit auszugehen ist. "Sachnächstes Gericht" für die Prüfung der Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren ist das Verwaltungsgericht. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher für die Erlassung unzuständig, woran auch die Vorlage der Revision durch das Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof nichts zu ändern vermag (siehe auch VwGH 25.02.2019, Ra 2018/19/0611). Dies begründet der VwGH in dem genannten Beschluss im Wesentlichen damit, dass die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen ist, das nach § 30a VwGG über die aufschiebende Wirkung unverzüglich zu entscheiden habe. Dieses habe daher als erstes Kenntnis von der Revision und dem Antrag auf einstweiligen Rechtschutz. Es habe daher zu diesem Zeitpunkt die genaueste Kenntnis über die der Revision zugrundeliegende Fallkonstellation und könne daher am raschesten die erforderliche Interessenabwägung im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes vornehmen. Das Verwaltungsgericht könne daher auch schneller und effektiver über die Notwendigkeit eines unionsrechtlich gebotenen einstweiligen Rechtsschutzes in Form einer einstweiligen Anordnung entscheiden, zumal eine solche neben dem Umstand der Dringlichkeit die Prüfung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris) sowie gegebenenfalls die Abwägung aller bestehenden Interessen voraussetze.
Nichts Anderes kann auch im vorliegenden Fall gelten, zumal die einstweilige Anordnung nicht nur in Bezug auf die Frage der Verfahrenshilfe beantragt wurde, sondern dadurch insbesondere die Durchsetzbarkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Hauptsache, also in der Frage der Nichtzuerkennung von internationalem Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung und der damit zusammenhängenden Abschiebung, vorläufig gehemmt werden soll. Auch hier hat das Verwaltungsgericht die genaueste Kenntnis über die zugrundeliegende Fallkonstellation, weil aktuell noch keine Revision eingebracht wurde, vielmehr die Revisionsfrist noch läuft und sich die Akten mangels Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof noch im Bundesverwaltungsgericht befinden. Folglich kann das Bundesverwaltungsgericht am raschesten die erforderliche Interessenabwägung vornehmen.
II.2. In der Sache
Die Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht kann mangels einer innerstaatlichen Vorschrift nur in unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht erfolgen. So hat der Verwaltungsgerichtshof - der Rechtsprechung des EuGH folgend - bereits mehrmals ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht - über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus - einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069; 13.10.2010, 2010/12/0169).
Nach der Rechtsprechung des EuGH können die nationalen Gerichte einstweilige Anordnungen nur unter den Voraussetzungen treffen, die für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Gerichtshof gelten. Zu diesen Voraussetzungen gehören die Glaubhaftmachung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris), das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens beim Antragsteller und gegebenenfalls die Abwägung aller bestehenden Interessen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen fehlt (VwGH 13.10.2010, 2010/12/0169).
Auch nationale Gerichte sind für den Erlass einstweiliger Anordnungen zuständig. Sie können vorläufig die Vollziehung eines nationalen Verwaltungsaktes aussetzen, der Unionsrecht vollzieht. Da dadurch gleichzeitig indirekt auch das zugrundeliegende Unionsrecht ausgesetzt wird, ist der Erlass einer einstweiligen Maßnahme nur dann zulässig, wenn das nationale Gericht erhebliche Zweifel an der Gültigkeit des Unionsrechtsaktes hat und ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV einleitet. Weiters muss die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes dringlich sein und dem Antragsteller ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden drohen. Schließlich müssen das Interesse der Union am Vollzug des Unionsrechts und die Rechtsprechung des EuGH angemessen berücksichtigt werden. Die Kriterien stimmen weitgehend mit den Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch den EuGH überein und sollen eine einheitliche Anwendung des Unionsrechts sichern (Lengauer/Richter in: Mayer/Stöger, EUV/AEUV, Art. 279 AEUV Rz 11 mN aus der Rsp des EuGH).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung unzulässig:
Der Antragsteller begründet seinen Antrag vorrangig damit, dass sein Recht auf Prozesskostenhilfe ins Leere laufen würde. Damit macht der Antragsteller nicht geltend, dass er durch die bevorstehende Abschiebung in seinen Rechten verletzt würde, sondern hebt hervor, dass er seinem Grundrecht auf Prozesskostenhilfe verlustig ginge beziehungsweise dieses nicht effizient ausnützen könnte.
Inhalt des Art. 47 Abs. 3 GRC ist die Gewährung einer Prozesskostenhilfe, wenn mangels einer solchen Hilfe die Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs nicht gewährleistet wäre. Es bedarf daher auch in Verfahren über zivilgerichtliche Ansprüche einer Möglichkeit im nationalen Recht, einer Partei einen Verfahrenshelfer beizustellen, wenn dies im konkreten Fall für den effektiven Zugang zum Gericht unentbehrlich ist. Der Zugang zu einem Gericht darf nicht bloß theoretisch und illusorisch sein, sondern muss effektiv gewährleistet sein (VwGH 11.09.2019, Ro 2018/08/0008; 03.09.2015, Ro 2015/21/0032; VfGH 25.06.2015, G 7/2015). Über Verfahrenshilfeanträge des Antragstellers wurde - wie auf telefonische Anfragen des BVwG mitgeteilt - vom VfGH mit Beschluss vom 30.01.2020 abweisend und vom VwGH noch nicht entschieden. Art. 47 Abs. 3 GRC ist darüber hinaus kein weiteres Recht dahingehend zu entnehmen, dass der Antragsteller während des Verfahrens nicht abgeschoben werden dürfte.
Soweit der Antragsteller vorbringt, sein Recht auf Prozesskostenhilfe würde ins Leere laufen, ist das nicht zutreffend, da selbst bei einer Abschiebung des Antragstellers während des Revisionsverfahrens ein solches nicht einzustellen, sondern weiterzuführen wäre (siehe etwa VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0241). Eine Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit käme dagegen nur dann in Betracht, wenn durch das Verhalten (objektiv) zum Ausdruck gebracht wurde, dass an der Erledigung der Revision kein Interesse mehr besteht (zB VwGH 11.06.2019, Ra 2019/18/0044). Auch das zeigt, dass der Zugang zu einem Gericht durch die Bewilligung der Verfahrenshilfe bereits effektiv gewährleistet würde und dieses Recht selbst bei Abwesenheit des Antragstellers nicht ins Leere laufen wird.
Soweit die Ausführungen des Antragstellers auch dahingehend zu verstehen sind, dass auch die fehlende Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes während des Verfahrenshilfeverfahrens beziehungsweise der Zeit zwischen Bewilligung der Verfahrenshilfe und Einbringung der Revision dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz widerspricht, führen auch diese Überlegungen nicht zum Erfolg.
Art. 46 RL 2013/32/EU, der das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf regelt, lautet auszugsweise:
"(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Antragsteller das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht haben gegen [...]
a) eine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutzes , einschließlich der Entscheidung, i) einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaftund/oder den subsidiären Schutzstatus zu betrachten; [...]
(3) Zur Einhaltung des Absatzes 1 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der wirksame Rechtsbehelf eine umfassende Ex-nunc-Prüfung vorsieht, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt und bei der gegebenenfalls das Bedürfnis nach internationalem Schutz gemäß der Richtlinie 2011/95/EU zumindest in Rechtsbehelfsverfahren vor einem erstinstanzlichen Gericht beurteilt wird. [...]
(5) Unbeschadet des Absatzes 6 gestatten die Mitgliedstaaten den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. [...]"
Der EuGH hat dazu in seinem - auch im vorliegenden Antrag verwiesenen - Urteil vom 26.09.2018, C-180/17, ausgeführt:
"23 Somit verpflichten die Bestimmungen der Richtlinien 2013/32 und 2008/115 die Mitgliedstaaten zwar, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen abschlägige Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz und gegen Rückkehrentscheidungen vorzusehen; keine dieser Bestimmungen sieht jedoch vor, dass die Mitgliedstaaten internationalen Schutz beantragenden Personen, deren Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags und die Rückkehrentscheidung abgewiesen wurde, ein Rechtsmittel gewähren müssen, und erst recht nicht, dass ein solches Rechtsmittel kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung haben muss.
24 Solche Anforderungen lassen sich auch nicht aus der Systematik und dem Zweck dieser Richtlinien ableiten. Deren Hauptziel ist nämlich, wie aus dem zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 2013/32 hervorgeht, die Weiterentwicklung der Normen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung internationalen Schutzes im Hinblick auf die Einführung eines gemeinsamen Asylverfahrens in der Union und, wie sich aus den Erwägungsgründen 2 und 4 der Richtlinie 2008/115 ergibt, die Einführung einer wirksamen Rückkehr- und Rückübernahmepolitik unter vollständiger Achtung der Grundrechte und der Würde der Betroffenen (vgl. zur Richtlinie 2008/115 Urteil vom 19. Juni 2018, Gnandi, C-181/16, EU:C:2018:465, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung). Den Erwägungsgründen dieser Richtlinien lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass diese die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines zweiten Rechtszugs verpflichten sollen.
25 Ferner bezieht sich, was die Richtlinie 2013/32 betrifft, die Vorgabe, dass der Rechtsbehelf wirksam sein muss, nach Art. 46 Abs. 3 dieser Richtlinie ausdrücklich auf "Rechtsbehelfsverfahren vor einem erstinstanzlichen Gericht". Soweit danach eine umfassende Ex-nunc-Prüfung erforderlich ist, die sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckt, betrifft diese Vorgabe ausschließlich den Ablauf des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens. Sie kann daher nicht mit Blick auf das Ziel dieser Richtlinie dahin ausgelegt werden, dass die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines zweiten Rechtszugs verpflichtet wären oder dass dieser in bestimmter Weise auszugestalten wäre.
26 Somit hindert das Unionsrecht, wie das Wort "zumindest" in Art. 46 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32 in Bezug auf Entscheidungen, mit denen ein Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt wird, bestätigt, die Mitgliedstaaten zwar nicht daran, für Rechtsbehelfe gegen abschlägige Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz und gegen Rückkehrentscheidungen einen zweiten Rechtszug vorzusehen. Die Richtlinien 2013/32 und 2008/115 enthalten jedoch keine Vorschriften über die Schaffung und Ausgestaltung eines solchen Rechtszugs. Insbesondere lassen, wie der Generalanwalt in Nr. 41 seiner Schlussanträge ausführt, weder der Wortlaut noch die Systematik oder der Zweck dieser Richtlinien den Schluss zu, dass, wenn ein Mitgliedstaat einen zweiten Rechtszug gegen derartige Entscheidungen vorsieht, das damit geschaffene Rechtsmittelverfahren dem vom Antragsteller eingelegten Rechtsmittel zwingend kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung verleihen muss.
27 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2008/115 ebenso wie die Richtlinie 2013/32, wie sich aus dem 24. Erwägungsgrund der Ersteren und dem 60. Erwägungsgrund der Letzteren ergibt, unter Beachtung der insbesondere in der Charta anerkannten Grundrechte und Grundsätze auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2018, Gnandi, C-181/16, EU:C:2018:465, Rn. 51).
28 Wenn ein Staat entscheidet, eine Person, die internationalen Schutz beantragt, in ein Land abzuschieben, bei dem ernsthafte Gründe befürchten lassen, dass tatsächlich die Gefahr einer Art. 18 der Charta in Verbindung mit Art. 33 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der durch das entsprechende Protokoll geänderten Fassung oder Art. 19 Abs. 2 der Charta widersprechenden Behandlung dieser Person besteht, verlangt das in Art. 47 der Charta vorgesehene Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der Antragsteller über einen Rechtsbehelf mit kraft Gesetzes aufschiebender Wirkung gegen den Vollzug der Maßnahme verfügt, die seine Abschiebung ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2018, Gnandi, C-181/16, EU:C:2018:465, Rn. 54).
29 Der Gerichtshof hat ferner präzisiert, dass bei einer Rückkehrentscheidung und einer etwaigen Abschiebungsentscheidung der mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und dem Grundsatz der Nichtzurückweisung verbundene Schutz dadurch zu gewährleisten ist, dass der Person, die internationalen Schutz beantragt hat, das Recht zuzuerkennen ist, vor mindestens einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat. Außerdem haben die Mitgliedstaaten zu gewährleisten, dass der Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrags auf internationalen Schutz seine volle Wirksamkeit entfaltet, indem sie während der Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs und, falls er eingelegt wird, bis zur Entscheidung über ihn alle Wirkungen der Rückkehrentscheidung aussetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2018, Gnandi, C-181/16, EU:C:2018:465, Rn. 56, 58 und 61 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 5. Juli 2018, C u. a., C-269/18 PPU, EU:C:2018:544, Rn. 50).
30 Allerdings schreibt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Art. 47 der Charta im Licht der in ihrem Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 enthaltenen Garantien ebenso wenig wie Art. 46 der Richtlinie 2013/32 und Art. 13 der Richtlinie 2008/115 vor, dass es zwei Rechtszüge geben muss. Denn allein entscheidend ist, dass es einen Rechtsbehelf vor einem Gericht gibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Juli 2011, Samba Diouf, C-69/10, EU:C:2011:524, Rn. 69, und vom 19. Juni 2018, Gnandi, C-181/16, EU:C:2018:465, Rn. 57).
31 In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass mit Art. 52 Abs. 3 der Charta, soweit diese Rechte enthält, die den durch die EMRK garantierten Rechten entsprechen, die notwendige Kohärenz zwischen den in der Charta verankerten Rechten und den entsprechenden, durch die EMRK garantierten Rechten geschaffen werden soll, ohne dass dadurch die Eigenständigkeit des Unionsrechts und des Gerichtshofs der Europäischen Union berührt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Februar 2016, N., C-601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 47, und vom 14. September 2017, K., C-18/16, EU:C:2017:680, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nach den Erläuterungen zu Art. 47 der Charta stützt sich dessen Abs. 1 auf Art. 13 EMRK. Der Gerichtshof muss daher darauf achten, dass seine Auslegung von Art. 47 Abs. 1 der Charta ein Schutzniveau gewährleistet, das das in Art. 13 EMRK in seiner Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte garantierte Schutzniveau nicht verletzt (vgl. entsprechend Urteile vom 15. Februar 2016, N., C-601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 77, und vom 20. März 2018, Menci, C-524/15, EU:C:2018:197, Rn. 62).
32 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verlangt Art. 13 EMRK aber selbst dann, wenn geltend gemacht wird, dass die Abschiebung den Betroffenen einer echten Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung aussetzt, von den Hohen Vertragsparteien weder, zwei Rechtszüge zu schaffen, noch gegebenenfalls das Rechtsmittel mit kraft Gesetzes aufschiebender Wirkung auszustatten (vgl. in diesem Sinne EGMR, 5. Juli 2016, A. M./Niederlande, CE:ECHR:2016:0705JUD002909409, Rn. 70).
33 Daraus folgt, dass sich der Schutz, den Art. 46 der Richtlinie 2013/32 und Art. 13 der Richtlinie 2008/115 in Verbindung mit Art. 18, Art. 19 Abs. 2 und Art. 47 der Charta einer internationalen Schutz beantragenden Person gegen eine Entscheidung gewährt, mit der ihr Antrag abgelehnt und ihr eine Rückkehrverpflichtung auferlegt wird, auf einen einzigen gerichtlichen Rechtsbehelf beschränkt.
34 Die Schaffung eines zweiten Rechtszugs gegen abschlägige Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz und gegen Rückkehrentscheidungen sowie die Entscheidung, ihn gegebenenfalls mit kraft Gesetzes aufschiebender Wirkung auszustatten, sind - entgegen dem in Rn. 17 des vorliegenden Urteils angeführten Vorbringen der belgischen Regierung - Verfahrensmodalitäten zur Umsetzung des in Art. 46 der Richtlinie 2013/32 und Art. 13 der Richtlinie 2008/115 vorgesehenen Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen solche Entscheidungen. Solche Verfahrensmodalitäten unterliegen nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten zwar ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsordnung, müssen aber, wie der Gerichtshof hervorgehoben hat, die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität wahren (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juli 2014, Sánchez Morcillo und Abril García, C-169/14, EU:C:2014:2099, Rn. 31, 36 und 50 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 16. Juli 2015, Sánchez Morcillo und Abril García, C-539/14, EU:C:2015:508, Rn. 33).
35 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs dürfen die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte schützen sollen, nicht weniger günstig sein als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 2014, Kone u. a., C-557/12, EU:C:2014:1317, Rn. 25, und vom 6. Oktober 2015, Târsia, C-69/14, EU:C:2015:662, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
36 Bei der Prüfung der Frage, ob die Anforderungen in Bezug auf die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität erfüllt sind, sind die Stellung der betroffenen Vorschriften im gesamten Verfahren, dessen Ablauf und die Besonderheiten dieser Vorschriften vor den verschiedenen nationalen Stellen zu berücksichtigen (Urteile vom 1. Dezember 1998, Levez, C-326/96, EU:C:1998:577, Rn. 44, und vom 27. Juni 2013, Agrokonsulting-04, C-93/12, EU:C:2013:432, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).
37 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Äquivalenzgrundsatz die Gleichbehandlung auf einen Verstoß gegen das nationale Recht gestützter Rechtsbehelfe und entsprechender, auf einen Verstoß gegen das Unionsrecht gestützter Rechtsbehelfe, nicht aber die Gleichwertigkeit nationaler Verfahrensvorschriften, die für Streitsachen unterschiedlicher Natur gelten (Urteil vom 6. Oktober 2015, Târsia, C-69/14, EU:C:2015:662, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[...]
43 Was den Effektivitätsgrundsatz betrifft, so verlangt dieser hier nicht mehr als die Wahrung der Grundrechte der Charta, insbesondere des Rechts auf einen wirksamen Rechtsschutz. Da sich aus Rn. 30 des vorliegenden Urteils ergibt, dass Art. 47 im Licht der Garantien in Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta nur verlangt, dass eine internationalen Schutz beantragende Person, deren Antrag abgelehnt wurde und gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, ihre Rechte vor einem Gericht wirksam geltend machen kann, lässt der bloße Umstand, dass ein im nationalen Recht vorgesehener zusätzlicher Rechtszug nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat, nicht den Schluss zu, dass der Effektivitätsgrundsatz verletzt wurde.
44 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 46 der Richtlinie 2013/32 und Art. 13 der Richtlinie 2008/115 im Licht von Art. 18, Art. 19 Abs. 2 und Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die zwar ein Rechtsmittel gegen ein erstinstanzliches Urteil, das eine Entscheidung bestätigt, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt wird, vorsieht, diesen Rechtsbehelf jedoch nicht mit kraft Gesetzes aufschiebender Wirkung ausstattet, obwohl der Betroffene die ernsthafte Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung geltend macht."
Es ist daher im Sinne dieser Ausführungen zu prüfen, ob der Äquivalenz- oder der Effektivitätsgrundsatz durch die vorgesehenen Regelungen im VwGG verletzt wird.
Dass der Äquivalenzgrundsatz verletzt wird, wurde vom Antragsteller nicht behauptet. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern dieser verletzt werden könnte, zumal die hier kritisierten Regelungen für alle Verfahren gleichermaßen gelten.
Der Antragsteller behauptet mit Blick auf Art. 6 EMRK beziehungsweise Art. 47 Abs. 3 GRC eine Verletzung des Effektivitätsgrundsatzes dadurch, dass ein Antrag auf aufschiebende Wirkung erst mit Erhebung der Revision in Betracht komme (etwa VwGH 10.10.2017, Ra 2017/20/0321) und im derzeitigen Verfahrensstand zwischen Beantragung beziehungsweise Bewilligung der Verfahrenshilfe und Erhebung der Revision keine Möglichkeit bestehe, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.
Wie sich insbesondere aus RN 43 des zitierten EuGH-Urteils ergibt, erfordert der Effektivitätsgrundsatz jedoch nicht mehr als die Wahrung der Grundrechte der Charta, insbesondere des Rechts auf einen wirksamen Rechtsschutz. Da Art. 47 im Licht der Garantien in Art. 18 und Art. 19 Abs. 2 der Charta nur verlangt, dass eine internationalen Schutz beantragende Person, deren Antrag abgelehnt wurde und gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, ihre Rechte vor einem Gericht wirksam geltend machen kann, lässt der bloße Umstand, dass ein im nationalen Recht vorgesehener zusätzlicher Rechtszug nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat, nicht den Schluss zu, dass der Effektivitätsgrundsatz verletzt wurde.
Wenn nun bereits eine Regelung, wonach einem zusätzlichen Instanzenzug nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zukommt, nicht dem Effektivitätsgrundsatz widerspricht, muss das erst recht dafür gelten, wenn bei einem derartigen zusätzlichen Instanzenzug die aufschiebende Wirkung gewährt werden kann, auch wenn das erst nach Beantragung und Bewilligung der Verfahrenshilfe geschehen kann. Die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte wird dadurch nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert. Das ergibt sich wiederum aus dem Umstand, wonach es dem Antragsteller durchaus zuzumuten ist, innerhalb der - normalerweise - vierzehntägigen Frist zur freiwilligen Ausreise, einen Verfahrenshilfeantrag zu stellen. Über diesen - und die danach eventuell erhobene Revision - ist selbst im Falle der unfreiwilligen Ausreise, also im Regelfall der Abschiebung eines Antragstellers durch den Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden. Auch dadurch wird somit die effektive Überprüfung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht verletzt beziehungsweise nicht der Zugang zu einer effektiven zweigliedrigen Verwaltungsgerichtsbarkeit gänzlich unterlaufen, sondern vielmehr vollständig gegeben.
Auch der Verweis auf § 505 Abs. 3 ZPO führt zu keinem anderen Ergebnis. Dort wird nämlich nur einer ordentlichen Revision die Hemmung des Eintritts der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit zugeschrieben. Abgesehen davon, dass selbst in diesem Fall eine Exekution zur Sicherstellung nach §§ 371 Z 1, 371a EO ohne Gefahrenbescheinigung geführt werden kann und die nicht rechtskräftige Entscheidung daher auch auf diesem Weg relativ leicht vollstreckt werden kann, kommt einer außerordentlichen Revision auch im Zivilverfahren nur eine den Eintritt der Rechtskraft hemmende Funktion zu, während die Vollstreckbarkeit der Entscheidung durch Erhebung einer solchen nicht gehemmt wird (siehe auch Zechner in Fasching/Konecny² § 505 ZPO, Rz 38f).
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat, wurde dem Verwaltungsgericht nicht ohne Grund die Prüfung übertragen, ob die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (VwGH 29.10.2014, Ro 2014/04/0069). Das korreliert auch mit der Regelung für das Berufungsgericht nach § 500 Abs. 2 Z 3 ZPO. Auch insofern ist daher im hier vorliegenden Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision kein Unterschied zur zivilrechtlichen Regelung gegeben. Vielmehr ist insofern in asylrechtlichen Fällen sogar eine Besserstellung eines Revisionswerbers gegeben. Dieser hat nämlich - grundsätzlich - noch eine vierzehntätige Frist zu freiwilligen Ausreise, während derer er daher vom BFA nicht abgeschoben werden darf, es ihm jedoch offensteht, Verfahrenshilfe zu beantragen, über die der Verwaltungsgerichtshof - selbst im Fall der zwischenzeitigen Abschiebung des Revisionswerbers - in weiterer Folge zu entscheiden hat. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich daher auch daraus nicht, dass eine effektive Überprüfung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht möglich ist. Vielmehr wird durch die Frist zur freiwilligen Ausreise eine solche jedenfalls ermöglicht und damit auch dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz entsprochen.
Darüber hinaus würde das BFA in Anlehnung an die Bestimmungen zur Wiedereinreise im AsylG (§ 14 AsylG 2005) für den Fall, dass die Entscheidung des BVwG vom 01.12.2019 von einem der beiden Höchstgerichte in weiterer Folge allenfalls behoben werden sollte, dafür Sorge zu tragen haben, dass der Antragsteller zB für eine etwaig durchzuführende Verhandlung zeitnah wiederum nach Österreich einreisen kann.
Vor diesem Hintergrund ist die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz für den Antragsteller zur Sicherstellung der Wirksamkeit des Unionsrechts nicht geboten. Er hat die Notwendigkeit der Erlassung der beantragten einstweiligen Anordnung nicht glaubhaft gemacht und insbesondere nicht dargelegt, dass die anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften nicht dem Unionsrecht entsprechen. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Regelungen des VwGG nicht dem Unionsrecht beziehungsweise dem Effektivitätsgrundsatz entsprechen könnten. Über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe durch Gewährung von Verfahrenshilfe für das Revisionsverfahren wurde seitens des VwGH bislang noch nicht abgesprochen.
Sein Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen. Der Vollständigkeit halber wird weiters auf folgende Umstände hingewiesen:
Wie bereits oben festgestellt wurde, hat das BVwG bereits in seiner verfahrensabschließenden Entscheidung vom 02.12.2019 die vom Antragsteller selbst behauptete Bedrohung im Herkunftsstaat als nicht bestehend festgestellt und war vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte zum Schluss gelangt, dass ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus diesem Grund keine Verfolgung oder unmenschliche Behandlung in Afghanistan droht. Auch ist aktuell nicht zu erkennen, das durch den Vollzug der Abschiebung ein nicht wiedergutzumachender Schaden durch eine maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers entsteht. Auch haben sich in Bezug auf die Sicherheitslage keine maßgeblichen Veränderungen im Sinne einer Verschlechterung in Bezug auf die Städte Mazar-e Sharif und Herat im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vom 02.12.2019 ergeben. Dies wurde vom Antragsteller auch gar nicht behauptet.
Auch sind von Amts wegen zum Entscheidungszeitpunkt keine Gründe erkennbar, welche "das Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintritts eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens beim Antragsteller" nahelegen würden. Letztlich wird auch durch den Umstand, dass der Antragsteller am 02.12.2019 einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr gestellt hatte, deutlich, dass eine Gefährdung im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat auch nach dessen damaliger Einschätzung nicht besteht. Es ergibt sich somit, dass auch bereits aufgrund des Nichtvorliegens dieser genannten Voraussetzung der Antrag nach der Rechtsprechung des VwGH zurückzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde oben in der Entscheidung bereits wiedergegeben.
Schlagworte
Abschiebung einstweilige Anordnung EuGH Unionsrecht ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W192.2225788.1.00Im RIS seit
07.09.2020Zuletzt aktualisiert am
07.09.2020