TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/7 W192 1423353-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.2020
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Entscheidungsdatum

07.02.2020

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch

W192 1423353-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2019, Zahl: 13-810922210-170202735, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. und VII. wird gemäß den §§ 9 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, 8 Abs. 4, 57 AsylG 2005 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG 2005 i.d.g.F. iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG i.d.g.F. auf Dauer unzulässig ist. Gemäß §§ 54 und 55 Abs. 1 AsylG 2005 i.d.g.F. wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 21.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz ein, zu welchem er am gleichen Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 18.11.2011 vor dem Bundesasylamt einvernommen wurde. Seine Flucht aus dem Herkunftsstaat begründete er mit einer ihm drohenden Blutrache durch die Angehörigen eines vom Beschwerdeführer im Zuge eines Autounfalls getöteten Mannes.

1.2. Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2014 wurde eine Beschwerde gegen den diesen Antrag auf internationalen Schutz vollumfänglich abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2011 im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Darüber hinaus wurde der Beschwerde stattgegeben, dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Die Abweisung der Beschwerde im Umfang der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das Bundesverwaltungsgericht mit der Unglaubwürdigkeit des vorgebrachten Verfolgungssachverhalts und hielt desweiteren fest, dass der dargelegte Fluchtgrund auch bei Wahrunterstellung keinen Konnex zu einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Verfolgungsmotiv erkennen ließe. Der Beschwerdeführer habe nicht das Vorliegen von Sippenhaftung geltend gemacht, sondern vorgebracht, Verfolgung durch Mitglieder einer Familie zu befürchten, weil er (selbst) ein Mitglied dieser Familie getötet hätte, womit der Beschwerdeführer diesbezüglich keiner sozialen Gruppe zurechenbar sei (vgl. etwa VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde erwogen, es handle sich beim Beschwerdeführer zwar um einen arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Demgegenüber müsse aber maßgeblich berücksichtigt werden, dass der Genannte aus der Provinz Laghman stamme und vor seiner Ausreise dort gelebt hätte. Der Beschwerdeführer verfüge zwar in Afghanistan in der Provinz Laghman über familiäre Anknüpfungspunkte, jedoch müsse berücksichtigt werden, dass die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers mittlerweile zu den am meisten umkämpften Provinzen Afghanistans zähle und das Bedrohungspotential in der Provinz nach allgemein zugänglichen Informationen und den Erhebungen der Staatendokumentation beträchtlich sei, dies schon aufgrund von Aktivitäten der Taliban und der Hezb-e Islami Gulbiddin, welche diese Provinz als Durchzugsgebiet in andere Provinzen nützen würden. Im vorliegenden Fall müsse mit maßgebender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass es dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich und zumutbar sei, von der Hauptstadt Kabul aus in seinen Heimatort in der Provinz Laghman zu gelangen. Einer Neuansiedlung des Beschwerdeführers in der Stadt Kabul stehe neben seiner familiären Situation auch seine fehlende Kenntnis der dortigen örtlichen Gegebenheiten entgegen, zumal er sich bis zu seiner Ausreise sein ganzes Leben nur in seiner Herkunftsprovinz und deren näheren Umgebung aufgehalten habe. Die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan erscheine daher derzeit als unzumutbar. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt sein, in seinen durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden.

1.3. Die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter wurde in der Folge wiederholt verlängert, zuletzt mit - gemäß § 58 Abs. 2 AVG nicht näher begründetem - Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2017 für den Zeitraum bis 28.04.2019.

1.4. Mit schriftlicher Eingabe vom 11.03.2019 beantragte der Beschwerdeführer abermals die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

2.1. Mit Aktenvermerk vom 16.07.2019 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten infolge geänderter Verhältnisse im Herkunftsstaat ein und gewährte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom gleichen Datum schriftliches Parteiengehör zur beabsichtigten Aberkennung seines Schutzstatus sowie seinem aktuellen Familien- und Privatleben im Bundesgebiet.

Im Rahmen einer durch den damals bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebrachten schriftlichen Stellungnahme vom 31.07.2019 wurde zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Familienangehörigen; er befinde sich seit dem Zeitpunkt seiner Asylantragstellung durchgehend legal im Bundesgebiet und habe in diesen nunmehr knapp acht Jahren die deutsche Sprache erlernt, unverzüglich nach Zuerkennung des Schutzstatus eine Beschäftigung aufgenommen und sich seitdem mit lediglich kurzfristigen Unterbrechungen in unselbständigen Vollzeitbeschäftigungsverhältnissen befunden. Dadurch sei der Beschwerdeführer selbständig für seinen Lebensunterhalt aufgekommen und habe zu keinem Zeitpunkt Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer habe den Besuch von diversen Deutschkursen und beruflichen Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen selbständig finanziert. Der Genannte habe einen Freundeskreis im Bundesgebiet und habe sich von dem in Afghanistan weiterhin vorherrschenden, in sämtlichen Lebensbereichen diskriminierenden, Weltbild distanziert. Der Beschwerdeführer habe bereits einen Antrag gestellt, welcher die Einreise seiner Ehegattin und des gemeinsamen vier Monate alten Sohnes ins Bundesgebiet ermöglichen solle. Die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt habende Gefahrensituation sei für den Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der aktuellen Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat weiterhin gegeben.

Der Stellungnahme beiliegend wurden ein Konvolut an Nachweisen über die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, dessen Mietvertrag, seine Heiratsurkunde, sowie Unterstützungsschreiben aus dessen privaten Umfeld übermittelt.

Am 14.10.2019 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll, er sei gesund und habe bis dato immer wahrheitsgemäße Angaben erstattet. Der Beschwerdeführer sei seit etwa 13 Jahren mit einer afghanischen Staatsangehörigen verheiratet, welche bei ihrem Vater in Afghanistan lebe. Im Jahr 2018 hätte er seine Frau in Pakistan getroffen und während dieses Aufenthaltes den gemeinsamen, nunmehr sechs Monate alten, Sohn gezeugt. Seinen Sohn habe er bisher nur auf Fotos gesehen; er unterstütze seine Frau von Österreich aus mit 200,- bis 300,- Euro im Monat. In Österreich habe er keine Angehörigen, jedoch zwei sehr gute Freunde. Er bemühe sich, die deutsche Sprache zu erlernen. Der Beschwerdeführer habe sich ab dem Jahr 2014 in unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen befunden, sein derzeitiges Einkommen liege zwischen 1.380,- und 1.450,- Euro. Sonstige Unterstützungsleistungen beziehe er nicht. Der Beschwerdeführer bewohne gemeinsam mit einem Freund eine Mietwohnung und komme selbst für die diesbezüglichen Kosten auf. Er habe Ersparnisse in Höhe von etwa 6.000,- Euro. Der Beschwerdeführer sei in Österreich mit einigen afghanischen Staatsangehörigen befreundet. In Afghanistan hätte er unter normalen Lebensumständen gelebt; er sei verheiratet gewesen und habe als Taxifahrer seinen Lebensunterhalt verdient. Er habe in einem näher bezeichneten Ort in der Provinz Laghman mit seinen zwischenzeitlich verstorbenen Eltern, seinem Bruder sowie seiner Ehegattin im familieneigenen Haus zusammengelebt. In Afghanistan hielten sich noch seine Schwiegereltern, seine Frau, sein Kind sowie mehrere Onkel auf. Der Beschwerdeführer stünde in Kontakt zu seinen Angehörigen, beherrsche Paschtu und Dari und sei mit den Gepflogenheiten seiner Heimat vertraut. Auf die Frage, was aus aktueller Sicht gegen seine Rückkehr nach Afghanistan spreche, gab der Beschwerdeführer an, er habe private Probleme gehabt, welche unverändert bestehen würden. Außerdem habe er in Österreich die Sprache erlernt und arbeite. Er möchte auch seine Frau und sein Kind hierherholen. Die Sicherheitslage sei nirgendwo innerhalb Afghanistans ruhig. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass die Sicherheitslage in den Provinzen Balkh und Herat laut den vorliegenden Länderinformationen als vergleichsweise stabil gelte, wozu er anmerkte, er sei schon lange in Österreich und wolle nicht zurück nach Afghanistan. In Herat würden sie eine andere Sprache sprechen. Auf Vorhalt, dass Rückkehrer in Afghanistan mittlerweile von verschiedenen Organisationen Unterstützung erhalten könnten, gab der Beschwerdeführer an, nicht zu verstehen, weshalb ihn die österreichischen Behörden nunmehr nach Afghanistan zurückschicken würden, zumal er hier arbeite und sich nichts zu Schulden habe kommen lassen. Nach seinen Erwartungen für den Fall einer Abschiebung nach Afghanistan, konkret in eine der angesprochenen Provinzen, gefragt, erklärte der Beschwerdeführer, für ihn sei es schwer, nach Afghanistan zurückzukehren. Er sei hier integriert, arbeite und wolle auch seine Frau und sein Kind herholen. Die privaten Probleme in Afghanistan bestünden immer noch, man würde ihn finden und töten, wenn er zurückkehrte. Der Beschwerdeführer verzichtete auf die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu den von der Behörde herangezogenen Länderberichten.

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2014 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die ihm erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.), ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.). Der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 13.03.2019 wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt VII.).

Begründend wurde im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, die Lage des gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführers habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, insofern geändert, als nunmehr eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative bestehe und der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt in Herat, Mazar-e Sharif oder Kabul bestreiten könne. Alle der Städte seien auf dem Luftweg sicher erreichbar. Weiters habe der Beschwerdeführer im Gegensatz zum Zeitpunkt der Schutzgewährung massiv an Ausbildung und Arbeitserfahrung dazu gewonnen, was ihm bei einer Neuansiedlung von Nutzen sei. Dieser habe sich im Laufe seines Aufenthalts in Österreich hin zur vollständigen Selbständigkeit und Selbsterhaltungsfähigkeit entwickelt, habe einschlägige Berufserfahrung in verschiedenen Branchen gesammelt und bewiesen, dass er äußerst anpassungs- und lernfähig sei. Dessen berufliche Tätigkeit in Österreich hätte ersichtlich gemacht, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine Person mit einer raschen Auffassungsgabe und Flexibilität handle, zumal es ihm möglich gewesen wäre, sich in einem Land mit einer für ihn fremden Kultur und Sprache zurechtzufinden. Der Beschwerdeführer werde seinen Lebensunterhalt in Mazar-e Sharif, Herat oder Kabul auch ohne dortiges familiäres Netz selbständig erwirtschaften können und werde im Bedarfsfall zudem auf diverse Unterstützungsnetzwerke in Form von internationalen und nationalen Rückkehrorganisationen und NGOs zurückgreifen können. Anfängliche Schwierigkeiten werde der Beschwerdeführer zudem durch Unterstützung seiner in Afghanistan aufhältigen Familienangehörigen sowie mithilfe seiner Ersparnisse bewältigen können. Auch bestehe nunmehr für sämtliche relevanten staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen die übereinstimmende Einschätzung, dass alleinstehende, arbeitsfähige Männer in gewissen Regionen Afghanistans jedenfalls ein zumutbares Leben führen können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne einem gesunden Mann im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Landes grundsätzlich vertraut ist und die Möglichkeit hätte, sich durch Gelegenheitsarbeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in bestimmten Gebieten Afghanistans zugemutet werden. Den Länderfeststellungen sei zu entnehmen, dass sich die Lage in Laghman, der Heimatprovinz des Beschwerdeführers, nicht nachhaltig verbessert hätte. Die Situation in den Provinzen Herat und Balkh habe sich seit der Zuerkennung des Status jedoch erheblich und nachhaltig verbessert, diese würden zu den stabilsten Provinzen Afghanistans zählen. Zudem sei die Sicherheitslage auch in Kabul zufolge der vorliegenden Länderberichte nicht dergestalt, dass sie die Möglichkeit einer Neuansiedelung in dieser Stadt unzumutbar machen würde, sodass die Ansicht des UNHCR in den Richtlinien vom 31.08.2018 zum allgemeinen Nichtbestehen einer Schutzalternative nicht geteilt werden könne. Gegenständlich habe daher eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG zu erfolgen, zumal im Falle des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vorliegen würden. Sein Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung sei folglich abzuweisen und die Aufenthaltsberechtigung zu entziehen gewesen.

Der Beschwerdeführer halte sich seit etwas mehr als acht Jahren rechtmäßig in Österreich auf, doch sei sein Aufenthaltsstatus stets zeitlich befristet gewesen. Der Beschwerdeführer habe nur rudimentäre Deutschkenntnisse, sei in keinen Vereinen Mitglied und verkehre hauptsächlich mit afghanischen Staatsangehörigen. Der Beschwerdeführer sei über längere Zeiträume hinweg verschiedenen Tätigkeiten als Arbeiter nachgegangen, doch sei seine Erwerbstätigkeit des Öfteren durch den Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen worden. Angesichts des Fehlens familiärer oder sonstiger enger Bindungen im Bundesgebiet sowie der nicht stark ausgeprägten Integration des Beschwerdeführers würden keine Hinderungsgründe gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidungen vorliegen.

2.3. Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 22.10.2019 zugestellten, Bescheid richtet sich die vorliegende, durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation mit Schriftsatz vom 13.11.2019 eingebrachte, Beschwerde, in welcher ausgeführt wurde, es sei entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht keine wesentliche, nicht nur vorübergehende, Änderung der Umstände eingetreten, welche eine Aberkennung des Schutzstatus rechtfertigen würde.

Der Beschwerdeführer könne nach wie vor weder lesen noch schreiben und habe zudem aufgrund der mit seiner Schichtarbeit einhergehenden unregelmäßigen Arbeitszeiten seine Deutschkenntnisse noch nicht verfestigen können. Die familiäre Situation des Beschwerdeführers in Afghanistan sei gegenüber dem Zeitpunkt der Statuszuerkennung unverändert, sein Bruder wäre aufgrund der Sorgepflicht für dessen eigene Familie nicht zur Unterstützung des Beschwerdeführers in der Lage. Kenntnisse des Beschwerdeführers der Sprachen Paschtu und Dari sowie eine Vertrautheit mit den kulturellen Gegebenheiten seines Herkunftsstaates hätten bereits zum Zeitpunkt der Schutzgewährung vorgelegen. Eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage sei von der Behörde ebensowenig aufgezeigt worden, die hierzu angeführten Länderberichte würden sich zudem als nicht hinreichend aktuell erweisen. Aus dem Bericht von EASO aus Juni 2019 ginge hervor, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan heute noch mehr in Gefahr wäre, als Zivilist Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In Afghanistan gebe es keine dauerhaft sicheren Orte mehr, weshalb der Beschwerdeführer auf keine innerstaatliche Fluchtalternative verwiesen werden könne. Im EASO-Bericht aus April 2019 werde überdies festgehalten, dass in ganz Afghanistan Nahrungsmittelknappheit und Hunger herrschen würden. Diese unabhängig von der Dürre landesweit bestehende Nahrungsmittelknappheit betreffe IDPs und Rückkehrer noch stärker, da diese kaum Arbeit finden und sich daher die teuren Nahrungsmittel nicht leisten könnten. In ganz Afghanistan herrsche Wasserknappheit, die Wohnsituation von Rückkehrern und IDPs sei in allen drei Städten äußerst schlecht; der ohnehin schon angespannte Arbeitsmarkt gerate durch die Vielzahl an Binnenvertriebenen noch mehr unter Druck, auch in Mazar-e Sharif und Herat gebe es lediglich Arbeitsmöglichkeiten in prekären und temporären Verhältnissen. Der ACCORD-Bericht "Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif und Kabul 2010-2018" vom 07.12.2018 führe aus, dass sich die Lage in der Provinz Balkh verschlechtert hätte. Binnenvertriebene würden ganz überwiegend unter unzumutbaren Umständen leben, darunter mangelnde Rechtssicherheit, Gefahr der jederzeitigen Zwangsräumung oder erneuten Vertreibung, fehlender Schutz vor Wetter und Witterung, erhebliche Gesundheitsschädigungsgefahr, sowie Fehlen von Sanitäranlagen. Hinzukomme, dass die Situation von Rückkehrern in Bezug auf Wohnraum noch deutlich schlimmer sei als jene von Binnenvertriebenen und unter dieser Gruppe wiederum Rückkehrer aus Europa, unter diesen wiederum alleinstehende Männer, besonders benachteiligt seien. Der Zugang zu normalem Wohnraum sei für alleinstehende Männer ohne soziales Netzwerk außer bei erheblichem Reichtum nahezu ausgeschlossen. Die UNHCR-Richtlinien würden zeigen, dass die Aufnahmekapazitäten der Provinzhauptstädte wie Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif stark überbelastet seien, dem raschen Zuwachs an Rückkehrern und Binnenvertriebenen nicht nachkommen könnten und der Zugang zu Grundversorgung nicht gewährleistet sei.

Die belangte Behörde habe im Aberkennungsbescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 im Lichte des Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus geführt hätten, nicht dargelegt. Lediglich eine andere rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhaltes vermöge die Aberkennung eines rechtskräftig zuerkannten subsidiären Schutzstatus nicht zu rechtfertigen. Auch eine Judikaturänderung könne eine Aberkennungsentscheidung nicht rechtfertigen. Da es weder zu einer Änderung hinsichtlich der Sicherheits- und Versorgungslage, noch hinsichtlich der Gründe, weshalb eine innerstaatliche Schutzalternative nicht zumutbar sei, gekommen wäre, sei der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers zu verlängern.

Zudem sei die Rückkehrentscheidung als rechtswidrig zu beurteilen, zumal der Beschwerdeführer seit mehr als acht Jahren in Österreich aufhältig sei, auf dem hiesigen Arbeitsmarkt integriert wäre und demgegenüber nur mehr wenig Anknüpfungspunkte zu seinem Heimatland aufweise.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger, welcher der Volksgruppe der Paschtunen angehört und sich zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung bekennt. Der Beschwerdeführer wuchs in der afghanischen Provinz Laghman im Familienverband auf und erwirtschaftete seinen Lebensunterhalt dort im Vorfeld der Ausreise durch eine Tätigkeit als Taxifahrer. Im Elternhaus des Beschwerdeführers in der genannten Provinz lebt derzeit noch ein Bruder des Beschwerdeführers, welcher durch Arbeit in einem Getreidelager für den Lebensunterhalt seiner Familie aufkommt. Zudem halten sich die traditionell angetraute Ehegattin des Beschwerdeführers und der im Jahr 2019 geborene gemeinsame Sohn nach wie vor in der Herkunftsprovinz auf, wo sie im Haushalt der Schwiegereltern des Beschwerdeführers leben und zusätzlich durch finanzielle Zuwendungen des Beschwerdeführers aus Österreich unterstützt werden.

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2010 aus Afghanistan über Pakistan, die Türkei, Griechenland und eine unbekannte weitere Route illegal nach Österreich, wo er am 21.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2014, Zahl W123 1423353-1/7E, wurde die Beschwerde gegen den diesen Antrag vollumfänglich abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2011 im Umfang der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Dies wurde im Wesentlichen mit der prekären Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers sowie dem Nichtvorliegen einer innerstaatlichen Schutzalternative mangels eines unterstützenden familiären Netzes sowie mangels Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten in anderen Landesteilen begründet.

Die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter wurde in der Folge wiederholt verlängert, zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2017 für den Zeitraum bis 28.04.2019. Mit Schreiben vom 11.03.2019 beantragte der Beschwerdeführer abermals die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Er hat nach seiner Ausreise Berufserfahrung in Österreich erworben.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in Mazar-e Sharif oder Herat besteht für den Beschwerdeführer als gesunden, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine konkrete Gefahr, einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zu erleiden und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet keine familiären Bindungen.

Der unbescholtene Beschwerdeführer hält sich seit rund achteinhalb Jahren in Österreich auf, er war ab Juli 2014 bis zuletzt mit Ausnahme von wiederholten Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe im Gesamtausmaß von ca. 19 Monaten regelmäßig beschäftigt und dadurch zur eigenständigen Finanzierung seines Lebensunterhaltes in der Lage. Er hat seit Juli 2014 keine Leistungen des Grundversorgungssystems in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer bewohnt gemeinsam mit einem Freund eine Mietwohnung und kommt selbst für die Wohnkosten auf. Der Beschwerdeführer übt aktuell eine unselbständige Beschäftigung aus, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird und er verfügt über Ersparnisse in der Höhe von rund EUR 6.000,-. Der Beschwerdeführer hat sich noch keine fortgeschrittenen respektive fließenden Kenntnisse der deutschen Sprache angeeignet, jedoch beherrscht er die Sprache ausreichend, um seinen Alltag eigenständig zu bestreiten und sein Leben unabhängig von staatlichen Unterstützungsleistungen zu finanzieren. Er hat mehrere Deutschkurse sowie berufliche Weiterbildungskurse (Fachtraining KFZ-Rohbau im Jahr 2017, Basisausbildung Lager und Logistik im Jahr 2019, Ausbildung zum Staplerfahrer im Jahr 2019) absolviert und diese selbstständig finanziert. Der Beschwerdeführer hat einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich.

1.2. Zur Lage in Afghanistan:

1.2.1. Zur allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul, Mazar-e Sharif und Herat:

1.2.1.1. Sicherheitslage:

Die afghanische Regierung hat die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte, darunter Mazar-e Sharif und Herat, und die meisten Distriktzentren (LIB 11/2019, 19).

Die Provinz Balkh und deren Hauptstadt Mazar-e Sharif zählen zu den relativ stabilen und ruhigen Gebieten Nordafghanistans, in welchen die Taliban in der Vergangenheit keinen Fuß fassen konnte und die im Vergleich zu anderen Provinzen weniger Aktivität von Aufständischen zu verzeichnen haben. In Bezug auf die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif, in der geschätzt rund 469.000 Personen leben, wurden von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project, https://www.acleddata.com) im Beobachtungszeitraum des Jahres 2018 acht Todesopfer sowie in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 88 Todesopfer anlässlich sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (LIB 11/2019, 61f).

Herat ist eine der relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, welche terroristische Aktivitäten der Taliban in einigen abgelegenen Distrikten verzeichnet. Die Provinzhauptstadt Herat-Stadt gilt grundsätzlich als sicher, wenn auch zuletzt ein Anstieg an Kriminalität wahrgenommen wurde. In Bezug auf die Provinzhauptstadt Herat-Stadt, in welcher rund 556.000 Menschen leben, wurden von ACLED im Jahr 2018 100 Todesopfer sowie in den ersten drei Quartalen 2019 69 Todesopfer anlässlich sicherheitsrelevanter Vorfälle dokumentiert (LIB 11/2019, 105).

Die Anwesenheit im Stadtterritorium und die Verrichtung alltäglicher Geschäfte führt für zivile Bewohner von Mazar-e Sharif und Herat zu keinem konkreten Risiko, durch willkürliche Gewalt einen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit zu erleiden (EASO, Country Guidance 2019, 93, 99f, 126, 128). In unregelmäßigen Abständen stattfindende Anschläge richten sich vorwiegend gegen öffentlich wirksame Ziele.

Kabul zählt zu den Provinzen, die von willkürlicher Gewalt betroffen sind, dies allerdings nicht auf einem hohen Level. Sowohl die Taliban als auch ISKP und andere aufständische Gruppierungen sind in der Hauptstadt aktiv und führen in unregelmäßigen Abständen Anschläge auf hochrangige Ziele durch. Der Konflikt in Kabul ist durch asymmetrische taktische Kriegsführung charakterisiert, vorwiegend durch Selbstmord-Bombenanschläge und improvisierte Sprengkörper als Angriffsmittel. Die Anschläge zielen (auch) auf Zivilisten ab und richten sich hauptsächlich gegen Einrichtungen der Regierung, religiöse Stätten, Bildungseinrichtungen sowie Einrichtungen in Zusammenhang mit Wahlen. UNAMA dokumentierte im Jahr 2018 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) in Kabul-Stadt, was 41 zivile Opfer je 100.000 Einwohner und einen Anstieg von 2% gegenüber dem Vorjahr bedeute. Für das Jahr 2018 und die ersten drei Quartale 2019 wurden durch ACLED in Kabul-Stadt bei einer geschätzten Einwohnerzahl von rund fünf bis sechs Millionen Personen 698 Todesopfer bei sicherheitsrelevanten Vorfällen dokumentiert (LIB 11/2019, 36 ff; EASO, Country Guidance 2019, 101 ff; EASO, Security situation 2019, 67 ff; UNHCR 2018, 126 ff).

1.2.1.2. Erreichbarkeit:

Kabul, Mazar-e Sharif und Herat-Stadt sind über die jeweils nahe der Stadtzentren gelegenen internationalen Flughäfen auf dem Luftweg sicher zu erreichen (LIB 11/2019, 236 f; EASO, Country Guidance 2019, 126, 130.).

Die afghanische Rechtsordnung garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr (LIB 11/2019, 327; EASO, Country Guidance 2019, 130f), es besteht in Afghanistan kein Meldewesen und keine Verpflichtung für Rückkehrer, eine Niederlassung behördlich zu registrieren (LIB 11/2019, 328).

1.2.1.3. Grundversorgung:

Afghanistan zählt nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt; die Armutsrate betrug im Jahr 2016 55%, wobei ein eklatantes Gefälle zwischen urbanen und ländlichen Gebieten vorhanden ist. Die afghanische Wirtschaft stützt sich hauptsächlich auf den informellen Sektor (einschließlich illegaler Aktivitäten), der 80 bis 90% der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht. Lebensgrundlage für 80% der afghanischen Bevölkerung ist die Landwirtschaft. Die Situation am afghanischen Arbeitsmarkt ist angespannt, es existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB 11/2019, 333).

Kabul ist das wichtigste Handels- und Beschäftigungszentrum Afghanistans, zu den dort wesentlichen Arbeitgebern zählt der Dienstleistungssektor, darunter auch die öffentliche Verwaltung (LIB 11/2019, 335). Die Region Mazar-e Sharif ist regionales Handelszentrum für Nordafghanistan wie auch Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Die Provinz Herat gilt ebenfalls als relativ entwickelt; rund die Hälfte der dort beschäftigten Personen sind Tagelöhner. Arbeitsmöglichkeiten bestehen hier vor allem im Bereich des Handels, wie auch im Bergbau und in der Produktion (LIB 11/2019, 336). Personen, welche im Ausland Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt haben, stehen grundsätzlich mehr Möglichkeiten am afghanischen Arbeitsmarkt zur Verfügung als sonstigen Staatsbürgern (LIB 11/2019, 355).

Sowohl in Kabul als auch in Mazar-e Sharif und Herat existieren öffentliche und private Einrichtungen, welche grundlegende Gesundheitsdienste anbieten (LIB 11/2019, 346).

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Unterkunft sowie sanitären Einrichtungen ist in allen drei Städten, insbesondere für die Personengruppe der Binnenvertriebenen, angespannt, es liegen jedoch keine Berichte über eine aktuelle Hungersnot vor, ebensowenig ergibt sich aus der Berichtslage, dass Rückkehrer generell keinen Zugang zu einer Unterkunft sowie sanitären Vorrichtungen finden würden (EASO, Country Guidance 2019, 132 f). Im Jahr 2018 kam es unter anderem aufgrund einer Dürre in einigen Gebieten des Landes, darunter auch der Provinz Herat, zu Schwierigkeiten bei der Nahrungsversorgung. Die Lebensmittelversorgung in Kabul und Mazar-e Sharif war Stand Dezember 2018 "angespannt", das bedeutet, dass trotz humanitärer Unterstützung mindestens ein Fünftel der Haushalte einen minimal ausreichenden Lebensmittelkonsum aufweist, aber nicht in der Lage ist, notwendige Ausgaben abseits von Lebensmitteln zu bestreiten. Herat wurde in die Kategorie "Krise" klassifiziert, was bedeutet, dass trotz humanitärer Hilfe mindestens ein Fünftel der Haushalte Mängel in der Lebensmittelversorgung oder überdurchschnittliche Mangelernährung aufweist bzw. kaum in der Lage war, das Minimum des Lebensmittelbedarfes zu decken (EASO, Country Guidance 2019, 132). Im März 2019 kam es unter anderem in den Provinzen Balkh und Herat zu Überschwemmungen. Da sich viele Haushalte von der Dürre des Jahres 2018 erholen müssen, gilt die Ernährungslage für viele Haushalte im Zeitraum Oktober 2019 bis Jänner 2020 weiterhin als angespannt (LIB 11/2019, 337).

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückkehren, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. UNHCR und IOM leisten für Rückkehrer in der ersten Zeit Unterstützung. Sozialen, ethnischen und familiären Netzwerken kommt für Rückkehrer eine zentrale Bedeutung zu, ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen. Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer (LIB 11/2019, 356). § 52a BFA-VG sieht die Möglichkeit der Inanspruchnahme von finanzieller Rückkehrhilfe vor.

Angehörige der Personengruppe der alleinstehenden gesunden Männer im erwerbsfähigen Alter mit Kenntnissen der Verkehrssprachen Afghanistans Dari oder Paschtu können ihre Grundbedürfnisse in den Bereichen Nahrung, Unterkunft, Hygiene und grundlegender Gesundheitsversorgung sowohl in den als relativ sicher zu erachtenden Städten Mazar-e Sharif und Herat als auch in der Hauptstadt Kabul in der Regel auch im Falle des (anfänglichen) Fehlen eines lokalen Netzwerks, wenn auch eine Reintegration erschwert ist, eigenständig sichern (EASO, Country Guidance 2019, 137; UNHCR 2018, 125).

Rückkehrer aus Europa und dem westlichen Ausland werden innerhalb der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen, sie sind jedoch keinem maßgeblichen Risiko ausgesetzt, vor diesem Hintergrund Opfer von Gewalttaten zu werden.

1.2.2. Religion und Ethnien in Afghanistan:

1.2.2.1. In Afghanistan leben laut Schätzungen zwischen 32 und 35 Millionen Menschen. Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime. Die Sunniten werden auf 80 bis 89,7% und die Schiiten auf 10 bis 19% der Gesamtbevölkerung geschätzt. Andere Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen weniger als ein Prozent der Bevölkerung aus. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans (LIB 11/2019, 277).

1.2.2.2. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht. Schätzungen zufolge sind 40 bis 42% Pashtunen, 27 bis 30% Tadschiken, 9 bis 10% Hazara, 9% Usbeken, ca. 4% Aimaken, 3% Turkmenen und 2% Belutschen. Weiters leben in Afghanistan eine große Zahl an kleinen und kleinsten Völkern und Stämmen mit Sprachen aus unterschiedlichsten Sprachfamilien (LIB 11/2019, 287).

Quellen:

- EASO, Country Guidance: Afghanistan Guidance note and common analysis, Juni 2019, abrufbar unter https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Afghanistan_2019.pdf (zitiert: EASO, Country Guidance 2019)

- EASO, Afghanistan Security situation, Country of Origin Information Report, Juni 2019, abrufbar unter https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/Afghanistan_security_situation_2019.pdf (zitiert: EASO, Security situation 2019)

- EASO, Afghanistan: Sozioökonomische Schlüsselindikatoren mit Schwerpunkt auf den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat, April 2019, abrufbar unter https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/2019_04_EASO_COI_Afghanistan_Key_socioeconomic_indicators_DE.pdf (zitiert: EASO, April 2019)

- Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt zu Afghanistan, gesamtaktualisiert am 13.11.2019 (zitiert: LIB 11/2019)

- Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt zu Afghanistan, gesamtaktualisiert am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019; auszugsweise wiedergegeben im angefochtenen Bescheid, Seiten 23 bis 209 (zitiert: LIB 2018)

- UNAMA, Quarterly Report on the protection of civilians in armed conflict: 1 January to 30 September 2019, 17.10.2019, abrufbar unter: https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_-_3rd_quarter_update_2019.pdf (zitiert: UNAMA 10/2019)

- UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.08.2018, abrufbar unter https://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain/opendocpdf.pdf?reldoc=y&docid=5be58a5d4 (zitiert: UNHCR 2018)

- UNHCR, Afghanistan: Compilation of Country of Origin Information (COI) Relevant for Assessing the Availability of an Internal Flight, Relocation or Protection Alternative (IFA/IRA/IPA) to Kabul, Dezember 2019, abrufbar unter: https://www.ecoi.net/en/file/local/2021212/5def56204.pdf (zitiert: UNHCR, Kabul 2019)

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinen persönlichen und familiären Verhältnissen ergeben sich aus seinen dahingehenden Angaben vor dem BFA. Da seine behauptete Identität nicht durch entsprechende Dokumente belegt wurde, steht sie nicht fest.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft und Volksgruppenzugehörigkeit, seinem Reiseweg, seiner Ausbildung, seiner Berufserfahrung und zu seinem Gesundheitszustand gründen auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln. Mangels Erstattung eines dahingehenden Vorbringens respektive der Vorlage medizinischer Unterlagen konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aktuell an einer Erkrankung leidet, welche ihn in seiner Möglichkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen, einschränkt.

Die Feststellungen zu seinen privaten und familiären Verhältnissen, seinen beruflichen Tätigkeiten in Österreich, seinen Deutschkenntnissen sowie den im Bundesgebiet in Anspruch genommenen Bildungsangeboten, ergeben sich aus seinen eigenen Aussagen, von deren Richtigkeit bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgegangen ist, den in Vorlage gebrachten Unterlagen, insbesondere zum Beleg seiner beruflichen Tätigkeit und seines Einkommens, einem Versicherungsdatenauszug sowie dem Vorbringen in der Stellungnahme vom 31.07.2019 und der Beschwerde.

Die festgestellte strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.2. Zur relevanten Lage im Herkunftsstaat und der Situation des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr:

2.2.1. Die Feststellungen zur verfahrensmaßgeblichen allgemeinen Lage in den für eine Rückkehr des Beschwerdeführers in Frage kommenden urbanen Gebieten Afghanistans ergeben sich prinzipiell aus den im angefochtenen Bescheid ausgeführten Länderberichten der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie der Einsichtnahme in die angeführten ergänzenden Quellen, welche ein mit der im angefochtenen Bescheid dargestellten Berichtslage im Wesentlichen übereinstimmendes Bild zeigen. Soweit sich die Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand 04.06.2019 stützen, ist festzuhalten, dass sich das Gericht bezüglich der im gegenständlichen Verfahren relevanten Aspekte - insbesondere der Sicherheits- und Versorgungslage in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat - durch Einsichtnahme in das am 13.11.2019 gesamtaktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vergewissert hat, dass sich die Situation verglichen mit den im Bescheid getroffenen Feststellungen nicht wesentlich verschlechtert hat, sodass keine Veranlassung einer weiteren mündlichen Erörterung der allgemeinen Gegebenheiten in Afghanistan mit dem zuletzt im Jahr 2010 im Herkunftsstaat aufhältig gewesenen Beschwerdeführer bestand. Die Lage in den relevanten Provinzen wird unter Berücksichtigung der in der Beschwerde ergänzend angeführten Berichte und Einbeziehung aktuellerer Daten zu sicherheitsrelevanten Vorfällen im Wesentlichen gleichbleibend beschrieben; ebensowenig finden sich Anhaltspunkte auf eine gegenüber der im angefochtenen Bescheid dargelegten Berichtslage maßgeblich verschlechterten Versorgungslage in den genannten Gebieten. Demnach sind auch die Einschätzungen von EASO (insb. Country Guidance aus Juni 2019) und des UNHCR (Richtlinien aus August 2018) weiterhin als maßgeblich zu erachten.

Die Berichtslage zu sicherheitsrelevanten Vorfällen in Afghanistan zeigt auf, dass die Sicherheitslage in weiten Teilen des Landes zwar weiterhin volatil bleibt, das Ausmaß der Gewalt und die Betroffenheit von Zivilisten laut den vorliegenden Statistiken jedoch je nach Region unterschiedlich sind und willkürliche Gewalt in Afghanistan und insbesondere in den unter Kontrolle der Regierung stehenden urbanen Gebieten nicht in einem solchen Ausmaß stattfindet, als dass jeder Staatsbürger durch die bloße Anwesenheit im Stadtterritorium konkret gefährdet ist, einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zu erleiden:

Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Zahlen von UNAMA zeigen, dass im Hinblick auf das Ausmaß sicherheitsrelevanter Vorfälle und ziviler Todesopfer in den vergangenen Jahren keine maßgebliche Verschlechterung eingetreten ist. Im Zeitraum 1. Jänner bis 30. September 2019 dokumentierte UNAMA landesweit 8.239 zivile Opfer (2.563 Tote und 5.676 Verletzte). Diese Zahlen sind jenen im gleichen Zeitraum 2018 vergleichbar (UNAMA 10/2019, 1).

Der Bericht von EASO zur Sicherheitssituation in Afghanistan aus Juni 2019 bestätigt die im angefochtenen Bescheid getroffenen Ausführungen, demnach die Stadtgebiete von Kabul, Mazar-e Sharif und Herat - zufolge mehrerer übereinstimmender Quellen - unter Kontrolle der afghanischen Regierung stehen (vgl. EASO, Security Situation 2019, 99, 164, 152).

Die Zahlen über sicherheitsrelevante Vorfälle und Todesopfer in den Stadtgebieten von Kabul, Mazar-e Sharif und Herat beruhen auf den öffentlich abrufbaren Daten von ACLED (https://www.acleddata.com), die auch den Länderinformationen der Staatendokumentation zugrunde gelegt wurden und die eine - hier relevante - Aufschlüsselung der maßgeblichen Daten auf Distriktebene ermöglichen. Es wird nicht verkannt, dass die angeführten Daten über sicherheitsrelevante Vorfälle, insbesondere vor dem Hintergrund der generellen Schwierigkeiten einer lückenlosen Dokumentation relevanter Vorfälle in Afghanistan (deren weitgehende Vollständigkeit jedoch in Bezug auf unter Kontrolle der Regierung stehende urbane Gebiete angenommen wird) sowie der nicht enthaltenen Aussagen über den Anteil ziviler Todesoper und die Anzahl verletzter Personen, naturgemäß keinen exakten Rückschluss auf das individuelle Risiko eines Rückkehrers, in den relevanten Stadtgebieten Opfer willkürlicher Gewalt zu werden, zulassen; sie zeigen jedoch jedenfalls auf, dass willkürliche Gewalt - in Relation zur jeweiligen Einwohnerzahlt - nicht in einem solchen Ausmaß vorherrscht, als dass die bloße Anwesenheit im Stadtgebiet für den Einzelnen ein maßgebliches Risiko begründet, einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zu erleiden (in diesem Sinne auch die aktuelle Einschätzung in EASO, Country Guidance 2019, 128).

Aus der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Auflistung rezenter sicherheitsrelevanter Vorfälle im Berichtszeitraum 2017 bis 2019 wird weiters ersichtlich, dass Anschläge regierungsfeindlicher Gruppen in urbanen Gebieten, insbesondere in Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Regierungseinrichtungen, religiösen Stätten/Veranstaltungen, Bildungseinrichtungen, Einrichtungen internationaler Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnlichen Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren, verübt werden, in reinen Wohngebieten hingegen kein maßgebliches Risiko für Zivilisten besteht, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden.

Die Feststellungen zur ethnischen und religiösen Zusammensetzung der afghanischen Bevölkerung resultieren aus den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Auszügen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation.

2.2.2. Fallgegenständlich steht aufgrund der eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurden und denen auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, fest, dass dieser der Personengruppe der gesunden Männer im berufsfähigen Alter angehört und keine besonderen Vulnerabilitäten aufweist. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan geboren und hat dort bis zu seiner (laut seinen Ausführungen in der Erstbefragung am 21.08.2011) im Jahr 2010 und sohin im Alter von 24 Jahren erfolgten Ausreise im Familienverband gelebt, er spricht Paschtu und Dari auf muttersprachlichem Niveau und ist mit den Gepflogenheiten der afghanischen Gesellschaft vertraut. Der Beschwerdeführer verfügt aufgrund seiner Tätigkeit als Taxifahrer in Afghanistan sowie der Beschäftigungen in diversen Arbeitsverhältnissen in Österreich (insbesondere als Lagerarbeiter) über berufliche Erfahrungen, die er sich bei einer Ansiedelung in den angeführten urbanen Gebieten zu Nutze machen könnte, sodass die fehlende Schulbildung kein Wesentliches Hindernis für eine neuerliche Niederlassung in Afghanistan bildet. Der Beschwerdeführer ist wie der Großteil der afghanischen Bevölkerung Paschtune und sunnitischer Moslem, sodass fallgegenständlich ein allenfalls durch eine Zugehörigkeit zu einer religiösen oder ethnischen Minderheit erschwerter Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu Grundversorgungsleistungen nicht in Betracht zu ziehen ist. Zur Erleichterung einer Rückkehr könnte der Beschwerdeführer zudem eine finanzielle Rückkehrhilfe gemäß § 52a BFA-VG in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer ist den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur individuellen Möglichkeit einer Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat in der Beschwerde nicht konkret entgegengetreten und hat im Verfahren keine Aspekte aufgezeigt, vor deren Hintergrund trotz seiner Zugehörigkeit zur Personengruppe der leistungsfähigen jungen Männer ohne relevante Vulnerabilitätsaspekte eine Ansiedelung in einer der Städte und Bestreitung seiner Grundbedürfnisse in den Bereichen Unterkunft, medizinische Versorgung, Nahrung und Hygiene nicht auch ohne ein in diesen Städten vorhandenes soziales Unterstützungsnetzwerk möglich sein sollte. Der Beschwerdeführer erklärte anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, er habe sich nie in Mazar-e Sharif oder Herat aufgehalten, sorge sich jedoch aufgrund der dort - wie im gesamten Staatsgebiet - angespannten Sicherheitslage. Konkrete Befürchtungen hinsichtlich einer fehlenden Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu erwirtschaften, äußerte er darüber hinaus nicht. Der Beschwerdeführer war bereits im Vorfeld seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat in der Lage, in Laghman durch Arbeit als Taxifahrer eigenständig für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Während seines Aufenthalts in Österreich hat er erheblich an Berufserfahrung dazugewonnen und könnte sich diese Kenntnisse bei einer Eingliederung am Arbeitsmarkt in urbanen Gebieten Afghanistans zu Nutze machen. Der Beschwerdeführer ist seit dem Jahr 2010 mit einer nach wie vor in der Herkunftsprovinz lebenden Frau verheiratet und hat mit dieser einen gemeinsamen im Jahr 2019 geborenen Sohn. Die Frau und der Sohn des Beschwerdeführers wohnen in der Herkunftsprovinz im Familienverband im Haushalt der Schwiegerfamilie des Beschwerdeführers und sind demnach von einer finanziellen Unterstützung des Beschwerdeführers nicht zwingend abhängig (so war es der Ehefrau des Beschwerdeführers auch im Zeitraum seiner Ausreise im Jahr 2010 bis zu seiner beruflichen Eingliederung im Bundesgebiet möglich, mehrere Jahre unabhängig von dessen finanzieller Unterstützung zu leben). Zudem hat der Beschwerdeführer in Österreich Ersparnisse in der Höhe von rund 6.000,- Euro aufgebaut, welche er nach einer Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat ebenfalls anteilsmäßig dazu aufwenden könnte, den Lebensunterhalt für sich selbst zu finanzieren und seine Angehörigen in Laghman zu unterstützen. Insofern wurde im gegenständlichen Verfahren kein individueller Sachverhalt ersichtlich, vor dessen Hintergrund im Falle des Beschwerdeführers ein - verglichen mit anderen gesunden jungen männlichen afghanischen Staatsangehörigen - erschwerter Zugang zu Arbeit, Unterkunft und sonst relevanten Lebensgrundlagen in Mazar-e Sharif und Herat zu prognostizieren wäre. Gesamtbetrachtend wird daher die Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl geteilt, dass dem Beschwerdeführer bei einer Ansiedelung in Mazar-e Sharif oder Herat nach der Bewältigung von Anfangsschwierigkeiten in Relation zu den Lebensbedingungen der dort ansässigen Durchschnittsbevölkerung ein Leben ohne unbillige Härten möglich sein wird.

Insofern besteht für den Beschwerdeführer in Zusammenschau mit obigen Erwägungen zur allgemeinen Sicherheitslage sowie zu seiner grundsätzlichen Fähigkeit, sein wirtschaftliches Überleben in Mazar-e Sharif oder Herat eigenständig zu sichern, zum Entscheidungszeitpunkt kein konkret ersichtliches Gefährdungspotential im Fall seiner Rückkehr mehr.

Soweit der Beschwerdeführer anmerkte, sich unverändert aufgrund seines ursprünglichen Fluchtgrundes - einer ihm drohenden Blutrache durch Angehörige eines im Zuge eines Unfalls getöteten Mannes - einer Gefährdung ausgesetzt zu sehen, ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2014 als unglaubwürdig eingestuft worden war, sodass auch eine in diesem Zusammenhang bestehende aktuelle Rückkehrgefährdung nicht festzustellen war. Ungeachtet dessen berief sich der Beschwerdeführer auf Vorfälle, welche sich vor rund einem Jahrzehnt in seiner Heimatprovinz zugetragen haben. Auch bei Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen könnte keinesfalls prognostiziert werden, dass ihn die Privatpersonen, von welchen die damalige Bedrohung ausgegangen wäre, noch zehn Jahre später verfolgen und würden und den Beschwerdeführer auch in außerhalb der Heimatregion gelegenen urbanen Gebieten ausfindig machen und dorthin verfolgen würden. Engen Angehörigen des Beschwerdeführers war ein Verbleib im Heimatort bis dato weiterhin möglich, ohne von den angeblichen privaten Verfolgern belangt zu werden und es kann im Übrigen auch nicht davon ausgegangen werden, dass die in Laghman ansässigen Privatpersonen von einer Niederlassung des Beschwerdeführers in Mazar-e Sharif oder Herat überhaupt Kenntnis erlangen würden. Insofern bestünde für den Beschwerdeführer auch jedenfalls die Möglichkeit, sich allfällig befürchteten Übergriffen durch in seiner Heimatprovinz ansässige Privatpersonen durch Niederlassung in den genannten urbanen Gebieten zu entziehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Da sich die gegenständliche zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; 25.7.2019, Ra 2018/22/0270).

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde

3.2. Zur Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkte I., II. und VII. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Der von der Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogene § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 enthält zwei unterschiedliche Aberkennungstatbestände: Dem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) nicht oder nicht mehr vorliegen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfasst der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Konstellation, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat. § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 betrifft hingegen jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind (vgl. VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, Rn. 77; 14.8.2019, Ra 2016/20/0038, Rn 32).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen und die Aberkennung gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zu Recht erfolgt ist:

3.2.2. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen", so ist einem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde." Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß Abs. 3 leg.cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH sind vom subsidiären Schutz gemäß der Statusrichtlinie 2011/95/EU nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs im Sinn des Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden im Sinn des Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c) umfasst; nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK (EuGH 4.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova, Rn. 71f; 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 45f; VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461, Rn. 8; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, Rn. 41).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.5.2019, Ro 2019/19/0006, unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, festgehalten, dass jedoch eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Demnach hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 MRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 25.5.2016, Ra 2016/19/0036; 14.8.2019, Ra 2019/20/0347; 17.9.2019, Ra 2019/14/0160; 31.10.2019, Ra 2019/20/0309).

3.2.3. Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten ursprünglich mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.04.2014 zuerkannt, wobei begründend ausgeführt wurde, dass die allgemeine Sicherheitslage in Laghman, der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, als nicht ausreichend stabil zu bewerten sei und dieser nicht in der Lage sein würde, - auf sich alleine gestellt - in einem anderen Landesteil eine ausreichende Lebensgrundlage zu schaffen. Der Beschwerdeführer stellte am 11.03.2019 einen Antrag auf Verlängerung der ihm zuletzt mit Bescheid vom 22.05.2017 für den Zeitraum bis 28.04.2019 erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte demnach gemäß § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG das weitere Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes zu prüfen und führte in diesem Rahmen am 14.10.2019 eine Einvernahme des Beschwerdeführers durch.

Angesichts der aktuellen Judikatur zum Refoulementschutz von alleinstehenden, jungen, gesunden und arbeitsfähigen Männern betreffend Afghanistan war das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 AsylG 2005 bei einer diesbezüglich vorzunehmenden Grobprüfung als wahrscheinlich anzusehen, sodass das BFA in der Folge zu Recht ein Aberkennungsverfahren gemäß § 9 AsylG 2005 eingeleitet hat.

3.2.4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte den Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem angefochtenen Bescheid ab, da zum Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen für die Gewährung eines solchen Status nicht mehr vorliegen.

Das BVwG geht in Übereinstimmung mit den Erwägungen im angefochtenen Bescheid davon aus, dass sich die individuellen Umstände des Beschwerdeführers, die auf eine Mehrzahl von Faktoren abstellen, zu denen nicht nur die Volljährigkeit, sondern auch das Geschlecht, das Vorhandensein von Familienbeziehungen, die Berufserfahrung und Selbsterhaltungsfähigkeit, die Volksgruppenzugehörigkeit, das Vorhandensein von Kontakten vor Ort etc. zählen, wesentlich und nachhaltig geändert haben.

Ausgehend davon, dass sich diese Faktoren untereinander beeinflussen, kommt einem Zugewinn an Lebenserfahrung, an Berufserfahrung (aber etwa auch an Ersparnissen oder hilfreichen Kontakten) gefährdungsmindernde Wirkung zu. Der Vorgang, mit dem eine Person älter, erfahrener und selbständiger wird, ist kontinuierlich und eine fortschreitende Entwicklung. Aus diesem Grund entfaltet der Bescheid, mit denen die Behörde dem Beschwerdeführer die Aufenthaltsberechtigung verlängert hat - unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des VwGH vom 30.08.2017, Ra 2017/18/0155, vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0153 und vom 17.10.2019, Ra 2019/18/0353-7 -, wegen der Relevanz der inzwischen beim Beschwerdeführer eingetretenen Entwicklungen keine Rechtskraftwirkung in dem Sinn, dass die nachfolgende persönliche Entwicklung des Beschwerdeführers nicht mehr zum Entfall der Voraussetzungen des ihm zuerkannten Schutzes führen könnte. Dabei können auch vor der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung begangene Straftaten oder eine Änderung des Kenntnisstands hinsichtlich der persönlichen Situation der betroffenen Person im Rahmen einer Gesamtbeurteilung einfließen, sofern diese hinr

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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