TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/10 W259 2209380-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W259 2209380-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX auch XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Iran, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist ein iranischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Kurden. Er reiste ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass die iranische Regierung dem Volk den muslimischen Glauben aufzwingen wolle. Auf der Uni könne er nicht sagen, dass er Zardasht sei. Er würde nicht akzeptiert werden. Er würde eingesperrt und getötet werden oder man würde ihn verschwinden lassen. Im Iran seien alle arbeitslos. Er wolle sich in Österreich weiterbilden. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben, aber er wisse nicht genau, was ihm passieren würde (AS 9 f).

3. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge kurz "BFA") am 14.08.2018 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er wegen seiner Religion an der Universität gemobbt worden sei und er das Studium nicht beendet habe. Er habe auch eine Arbeitsstelle nicht erhalten, weil seine Religion ein Problem dargestellt habe. Er habe einen Bekannten gehabt dessen Brüder Mitglieder der kurdischen Partei gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe sich gut mit dem Computer ausgekannt und habe die Partei unterstützt. Er sei jedoch kein Mitglied gewesen (AS 38).

4. Mit Bescheid vom 16.11.2018 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. In der Beschwerdebegründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit Juli 2018 offizielles Mitglied der "Demokratischen Kurdenpartei im Iran" sei und bereits vorher diese Partei unterstützt habe (AS 447 ff).

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 01.08.2019 in Anwesenheit einer beeideten Dolmetscherin für die Sprache Farsi, im Beisein der rechtskundigen Vertreterin des Beschwerdeführers und eines Vertreters der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht und der Stellungnahme der rechtskundigen Vertretung, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer besitzt die iranische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Kurden an. Er ist Zorastrier. Er ist im erwerbsfähigen Alter. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Farsi.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX im Iran geboren.

Der Beschwerdeführer wuchs in der Provinz XXXX auf. Zu seiner Familie zählen seine Eltern und zwei Schwestern. Seine Eltern besitzen ein Haus im Heimatort des Beschwerdeführers und seine Familie wohnt in diesem Haus. Darüber hinaus leben noch Onkel und Tanten des Beschwerdeführers im Iran. Der Beschwerdeführer pflegt mit seiner Familie - außer mit seinem Vater - regelmäßigen Kontakt. Seiner Familie geht es finanziell gut.

Der Beschwerdeführer hat im Iran 12 Jahre die Schule besucht. Danach hat er 2 Jahre auf der Universität studiert.

Im Iran arbeitete der Beschwerdeführer zuletzt als Verkäufer in seinem eigenen Geschäft.

Der Beschwerdeführer hat den Iran illegal verlassen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und hatte darüber hinaus keine Probleme mit österreichischen Behörden. Er ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft

1.2. Zum Fluchtgrund:

Der Beschwerdeführer war im Iran nie einer individuellen konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer hat sich im Iran nicht politisch betätigt und wurde im Iran nicht aus politischen Gründen festgenommen. Der Vater des Beschwerdeführers hat diesen vor seiner Ausreise aus dem Iran nicht mit einer Waffe bedroht.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer hat keine konkrete Verfolgung oder Bedrohung im Falle seiner Rückkehr in den Iran zu befürchten. Im Falle einer Rückkehr in den Iran wäre der Beschwerdeführer nicht psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt.

Im Falle einer Rückkehr läuft der Beschwerdeführer nicht Gefahr, aufgrund einer vorgebrachten politischen Aktivität von den iranischen Behörden oder Dritten verfolgt zu werden.

Der Beschwerdeführer wird im Falle einer Rückkehr in den Iran aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter nicht bedroht.

Der Beschwerdeführer lebte zuletzt im Iran überwiegend in XXXX . Eine Rückkehr in seine Heimatregion über die Hauptstadt Teheran ist möglich. Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in seine Heimatregion kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Es kann ausgeschlossen werden, dass eine allfällige Rückführung des Beschwerdeführers in seine Heimatregion mit einer ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben verbunden ist.

Die Stadt Teheran ist über einen internationalen Flughafen erreichbar. Die Heimatregion des Beschwerdeführers ist mit dem Flugzeug oder auf dem Landweg erreichbar. Der Beschwerdeführer fuhr zuletzt von seiner Heimatregion mit dem Auto nach Teheran.

Der Beschwerdeführer läuft im Falle der Rückkehr in seine Heimatregion nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Es liegen keine außergewöhnlichen Gründe vor, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers in die Herkunftsregion ausschließen. Der Beschwerdeführer kann dort seine Existenz- zumindest anfänglich - mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Seine Familie kann ihn im Falle einer Rückkehr in die Herkunftsregion unterstützen, sodass ihm eine Unterkunft und Versorgung zur Verfügung stehen.

1.4. Zum Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer hält sich seit November 2015 in Österreich auf. Der Beschwerdeführer hat bereits Deutschkurse besucht. Er verfügt über ein Deutschzertifikat des Niveau A2 und kann sich entsprechend auf Deutsch artikulieren. Da der Beschwerdeführer über keine Arbeitserlaubnis verfügt, war er bisher in Österreich nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer hat in Österreich Saisontätigkeiten übernommen. Ferner verfügt er über keine Einstellzusage in Österreich. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein. In seiner Freizeit trifft er sich mit seiner Freundin und betreibt Sport. Er lebt seit Mai 2019 mit seiner Freundin in einer gemeinsamen Wohnung und trägt einen Teil der Mietkosten. Mit seiner Freundin geht er schwimmen und spazieren. Er trifft mit ihr auch Freunde und sie besuchen gemeinsam eine Bar. Es besteht aktuell keine konkrete Heiratsabsicht. Es konnten keine substanziellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens festgestellt werden. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ein besonders intensives Abhängigkeits- oder Naheverhältnis in Österreich pflegt. Es leben keine nahen Angehörigen des Beschwerdeführers in Österreich.

1.5. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten aktuellen Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.5.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 14.06.2019:

Sicherheitslage:

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 11.6.2019).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 11.6.2019, vgl. AA 11.6.2019b). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 11.6.2019b).

Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 11.6.2019). Iran verfügt über einen internationalen Flughafen Imam-e Khomeini (AA 12.1.2019).

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).

Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 23 wegen "Beleidigung des Islam" und 21 wegen "Korruption auf Erden" (US DOS 15.8.2017).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Kurden

Die Kurden (überwiegend Sunniten) sind hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Dennoch werden sie in größerer Zahl in hohe Ämter der Provinzverwaltungen und zunehmend auch in der Ministerialbürokratie berufen (so wurde 2017 erstmals eine kurdischstämmige Frau Vize-Innenministerin). Der iranische Staatsrundfunk sendet stundenweise kurdischsprachige Sendungen auf dem Regionalsender IRIB Kurdistan (AA 12.1.2019). Die Regierung schränkt kulturelle und politische Aktivitäten der Kurden ein (HRW 17.1.2019). Problematisch sind vor allem kulturelle Aktivitäten, die politisch werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Seit dem Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden im September 2017 wurde die Präsenz von Militär und Revolutionsgarden deutlich erhöht (AA 12.1.2019, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Das Erdbeben von Kermanshah im November 2017, dessen Auswirkungen fast ausschließlich in den von Kurden bewohnten Gebieten zu spüren sind, hat die Präsenz der Sicherheitskräfte noch verfestigt, ca. 5.800 Freiwillige der Revolutionsgarden sollen bis zum Ende der Aufräumarbeiten vor Ort bleiben. Nach mehreren Scharmützeln im Grenzgebiet ist es im Sommer 2018 zu einem Raketenangriff auf kurdische Einrichtungen in Irak gekommen (AA 12.1.2019). In der iranischen Provinz Kurdistan gibt es auch militärische und geheimdienstliche Präsenz, die nicht immer sichtbar ist. Die Überwachung in diesem Gebiet ist nicht systematisch, aber strukturiert und auch nicht zufällig, sondern gezielt (DIS/DRC 23.2.2018).

Kurdischen Aktivisten werden in vielen Fällen von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet (AA 12.1.2019). Unter den politisch Verfolgten sind daher verhältnismäßig viele Kurden. Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen - insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK (partiya jiyana azad a kurdistane, "Partei für ein freies Leben in Kurdistan", Schwesterorganisation der PKK in Iran), der kommunistischen Komala-Partei, oder der KDP-Iran - und das oftmals unverhältnismäßig hohe Strafausmaß. Zuletzt wurden im September 2018 drei angebliche Komala-Mitglieder wegen Terrorismus nach unfairen Verfahren und trotz internationaler Proteste hingerichtet, zeitgleich fanden Raketenangriffe auf einen Stützpunkt der KDP-Iran in Nord-Irak statt. Derzeit sollen etwa 100 Kurden auf ihre Hinrichtung warten. Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Kurdish Democratic Party of Iran (KDPI/PDKI) und Komala(h) (Kurdistan Organization of the Communist Party of Iran, Komala, SKHKI)

Neben der PJAK zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (KDPI) zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran (AA 12.1.2019). Letztere wird von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft (AA 9.12.2015, vgl. BMI 2015).

Die kurdischen Oppositionspartien, insbesondere die KDPI, sind in Iran nicht sehr stark durch Mitglieder repräsentiert, sondern am ehesten durch Sympathisanten (ACCORD 7.2015). Die KDPI wurde 1945 gegründet und vom Schah im Jahr 1953 verboten und dadurch in den Untergrund verbannt. Die KDPI fordert kurdische Autonomie (TRAC o.D.) innerhalb eines demokratischen Iran (MERIP o.D.). Das Hauptquartier der KDPI, die sich in ihrer Geschichte mehrmals gespalten hat, befindet sich im Irak (MERIP o.D., vgl. ACCORD 7.2015).

Komalah (SKHKI) hat ihre Zentrale in der Autonomen Kurdischen Region Irak. Es gibt Parteimitglieder und -sympathisanten. Organisiert ist sie in einzelnen Zellen, die von Mitgliedern geführt werden. Die Mitglieder einer Zelle teilen sich die Arbeit auf, aber nur eine Person nimmt Kontakt zur Zentrale auf. Sympathisanten hören das Parteiradio, schauen Komala TV und beteiligen sich an Aktivitäten, die von Komala empfohlen werden. Die Zellen fungieren als eine Art Schirmorganisation, die eine große Anzahl an Sympathisanten abdecken. Geheime Aktivitäten der Partei in Iran werden von der Einheit "Takesh" durchgeführt. Komala erlaubt ihren Mitgliedern in Iran nicht, sich in größeren Gruppen als zwei oder drei Personen zu treffen (DIS/DRC 30.9.2013). Komala ist in Iran verboten (BMI 2015) und erscheint momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018). Zuletzt wurden im September 2018 drei angebliche Komala-Mitglieder wegen Terrorismus nach unfairen Verfahren und trotz internationaler Proteste hingerichtet, zeitgleich fanden Raketenangriffe auf einen Stützpunkt der KDPI in Nord-Irak statt (ÖB Teheran 12.2018).

Grundversorgung

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 14 Mio. IRR im Monat (ca. 97 Euro). Das durchschnittliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 388 Euro (AA 12.1.2019).

Von 2016-2017 konnte sich die iranische Wirtschaft mit Wachstumsraten von 4-4,5% jährlich erholen. Das weitere Wachstum ist angesichts der im August 2018 in Kraft getretenen US-Sanktionen gegen Iran (Edelmetalle, Automobilsektor, Flugzeuge), des dramatischen Währungsverfalls und der importierten Inflation stark gefährdet. Mit den US-Sanktionen u.a. auf Ölexporte seit November 2018 ist mit einer weiteren Verschlechterung der Lage zu rechnen. Die Weltbank erwartet in den Jahren 2018-2021 eine anhaltende Rezession, der IWF einen Rückgang des BIP um 1,5% im Jahr 2019 und 3,6% im Jahr 2020. Das Budget wird durch die sinkenden Erdölexporte erheblich belastet werden, weshalb ein Sinken der öffentlichen Ausgaben zu erwarten ist (ÖB Teheran 12.2018).

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund 1 Mio. Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger "brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen wird (ÖB Teheran 12.2018). Ende Dezember 2017 entstanden Proteste aufgrund der schlechten ökonomischen Lage in einigen Städten (FH 4.2.2019).

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle. So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen, auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe. Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin staatlich subventioniert ist, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hob er den Benzinpreis an oder begrenzte die ausgegebenen Rationen, führte das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 3.2019b).

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads. Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company (GIZ 3.2019b).

Sozialbeihilfen

Dem Gesundheitsministerium ist auch die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten "Hohen Versicherungsrat" (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die "Organisation für Sozialversicherung" (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen (ÖB Teheran 12.2018). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Einzahlungsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von 1.111.269 IRR (ca. 7,70 Euro) pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3.10 Euro, sog. Yarane). Dabei handelt es sich jedoch um ein auslaufendes System, das keine Neuaufnahmen zulässt. Angesichts drängender Wirtschaftsnöte wurde im September 2018 zusätzlich die Ausgabe von 10 Millionen elektronischen Lebensmittelkarten beschlossen, ergänzt durch Nahrungsmittelpakete für die am meisten von Armut betroffenen Familien (AA 12.1.2019).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 12.1.2019).

Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber angeboten werden (IOM 2018).

Eine staatliche Arbeitslosenhilfe gibt es nicht, es sei denn der Rückkehrer oder dessen Arbeitgeber haben monatliche Beiträge an eine entsprechende Versicherungsfirma gezahlt. Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialsicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und FreiberuflerInnen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Sfufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2018).

Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, alten Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme) ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem Sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2018).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die sadeqe, die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, das der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 3.2019b).

Rückkehr

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren (AA 12.1.2019).

Zum Thema Rückkehrer gibt es kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 12.2018). Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird wohl nichts geschehen (DIS/DRC 23.2.2018).

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (AA 12.1.2019). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 12.1.2019).

Zurückgeführte unbegleitete Minderjährige werden vom "Amt für soziale Angelegenheiten beim iranischen Außenministerium" betreut und in Waisenheime überführt, wenn eine vorherige Unterrichtung erfolgt (AA 12.1.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Farsi. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren (AS 1 und 183; Seite 6 f des Verhandlungsprotokolls).

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburts- und Aufenthaltsort, den Eigentumsverhältnissen, Vermögensverhältnissen, seinem Gesundheitszustand, seinem Familienstand, seinen Familienangehörigen und deren Aufenthaltsort und finanziellen Situation sowie zu seinem beruflichen und schulischen Werdegang sind chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen im Iran plausibel. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang getätigten Angaben waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei. Insbesondere konnte der Beschwerdeführer zu seinen beruflichen Tätigkeiten gleichbleibende Angaben tätigen (AS 1, 3 und 185 f, Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Zudem gab der Beschwerdeführer einheitlich an, dass er den Iran illegal verlassen habe (AS 5 und 185). Es konnten somit insgesamt die gegenständlichen Feststellungen getroffen werden.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer unbescholten ist und keine Probleme mit den österreichischen Behörden hatte, ergibt sich durch Einsichtnahme in einen aktuellen Strafregisterauszug. Der Beschwerdeführer gab zuletzt in der mündlichen Verhandlung an, dass er im Herkunftsstaat nicht strafrechtlich verurteilt worden sei (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls).

2.2. Zum Fluchtgrund und zur Rückkehr:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Iran nie einer individuellen Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt war und auch nicht im Falle einer Rückkehr in den Iran eine konkrete Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten hätte, ergibt sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen in Zusammenschau mit den Länderfeststellungen. Der Beschwerdeführer vermochte weder in seiner Einvernahme vor dem BFA noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Bedrohung oder Verfolgung seiner Person im Iran nachvollziehbar und schlüssig darzulegen.

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er im Falle einer Rückkehr eine Bedrohung durch die iranische Regierung befürchte. Dies begründete er damit, dass dieses Regime all jene Personen verfolgen würde, die sich, wenn auch nur auf sehr einfache Weise dagegen stellen würden oder ihre Meinung über das Regime frei äußern würden. Der Nachrichtendienst überwache das Internet und auch alle anderen Medien. Jene Personen, die sie als Gegner identifizieren würden, würden entweder verhaftet oder hingerichtet (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls).

Auf Nachfrage, ob er von der iranischen Regierung in Österreich kontaktiert worden sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass er ein oder zwei Mal auf Instagram bedroht worden sei. Er habe diese Drohungen auch bei seiner Einvernahme vor dem BFA gezeigt. Im Protokoll der Niederschrift des Beschwerdeführers vor dem BFA findet sich jedoch kein Hinweis auf ein entsprechend vorgelegtes Beweismittel. Vielmehr ist im gegenständlichen Protokoll vermerkt, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA sein Handy mit seinen derzeitigen Aktivitäten gegen das Regime gezeigt habe und wurde ausdrücklich festgehalten, dass es vom Iran keine Eintragungen gebe. Diese seien laut Beschwerdeführer gehackt und gelöscht worden. In diesem Zusammenhang führte der Beschwerdeführer selbst an, dass nachdem er verhaftet worden sei, "sie" sein Profil gehackt hätten (AS 190; Seite 14 des Verhandlungsprotokolls). Dem erkennenden Gericht konnte der Beschwerdeführer die dargestellten Bedrohungen durch die iranische Regierung ebenfalls nicht zeigen. Dies begründete er wiederum damit, dass ihm sein früheres Handy gestohlen worden sei. In diesem Zusammenhang ist jedoch den Ausführungen des Vertreters der belangten Behörde zu folgen, insoweit dieser anführte, dass Nachrichten auf Instagram nicht von einem Handy abhängen würden, sondern auf einem zentralen Server liegen würden. Die Begründung des Beschwerdeführers erscheint daher nicht nachvollziehbar. Daran vermag auch die weitere Rechtfertigung des Beschwerdeführers nichts zu ändern, indem er vorbrachte, die Zugangsdaten seines Instagram - Kontos vergessen zu haben und sich deshalb nicht mehr einloggen hätte können. Nachdem bereits die Aussage des Beschwerdeführers, er habe die Bedrohungen durch die iranische Regierung vor dem BFA vorgelegt nicht den Tatsachen entspricht, konnte den weiteren Darstellungen über Bedrohungen des Beschwerdeführers durch die iranische Regierung aufgrund vorgebrachter Aktivitäten in den sozialen Medien nicht geglaubt werden. Vielmehr vermittelte der Beschwerdeführer den Eindruck, nicht immer bei der Wahrheit zu bleiben (AS 184 und 190f; Seite 14, 20 und 22 des Verhandlungsprotokolls).

Dieses Aussageverhalten setzt sich in der mündlichen Verhandlung weiter fort und vermochte der Beschwerdeführer insgesamt kein einheitliches Vorbringen zu seinem Fluchtgrund vorzubringen.

Führte der Beschwerdeführer vor dem BFA im Rahmen seines Fluchtvorbringens noch an, aufgrund seiner Religion und seiner Tätowierungen diskriminiert worden zu sein, wird dies in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, was er im Falle einer Rückkehr befürchte, nicht mehr thematisiert. Erst auf ausdrückliche Nachfrage gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, wegen seines Glaubens sowohl an seinem früheren Wohnort als auch später auf der Universität diskriminiert worden zu sein. Er sei auf der Universität belästigt worden und habe deshalb das Studium abgebrochen und sei arbeiten gegangen. Er hätte nicht angestellt werden dürfen, deshalb sei er selbstständig geworden und habe ein Geschäft eröffnet. Erst danach sei es zur Festnahme gekommen, dies betreffe jedoch seine politische Einstellung (AS 187; Seite 13 bis 15 des Verhandlungsprotokolls). Bereits aus diesen Angaben geht somit hervor, dass der Beschwerdeführer nach Eröffnung seines Geschäftes keinen Diskriminierungen aufgrund seiner Religion mehr ausgesetzt war, weshalb eine Verfolgung aufgrund seiner Religionszugehörigkeit nicht nachvollziehbar geltend gemachte werden konnte. Zudem brachte er eine konkrete Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit auf die wiederholte Frage, ob er jemals aufgrund seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit selbst verfolgt worden sei, nicht vor (Seite 14 und 15 des Verhandlungsprotokolls). Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

Auch im Zusammenhang mit seiner vorgebrachten politischen Aktivität für die demokratische Partei Kurdistan war der Beschwerdeführer in einer Gesamtschau seiner diesbezüglichen Angaben nicht in der Lage, eine nachvollziehbare Verfolgung durch die iranische Regierung geltend zu machen. So brachte der Beschwerdeführer einerseits vor dem BFA ausdrücklich vor, dass er im Iran jung und Angst gehabt habe, aktives Mitglied zu werden (AS 189). Andererseits gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung wiederum an, dass er Mitglied der politischen Partei Hezb-e Demokratik Kurdistan gewesen sei. So führte er aus, dass er im Iran kein offizielles Mitglied der Partei habe seien können und als er nach Österreich gekommen sei, sei er in das Büro dieser Partei gegangen und habe sich als offizielles Mitglied dieser Partei aufnehmen lassen. Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, ob er schon im Iran ein Mitglied dieser Partei hätte werden wollen, gab der Beschwerdeführer ausdrücklich an: "Ja, mit Sicherheit". Ergänzend führte er an, dass er bereits mit seiner Volljährigkeit begonnen habe, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und bereits damals den Wunsch gehabt habe, ein offizielles Mitglied der Partei zu werden (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Somit war der Beschwerdeführer bereits in diesem Zusammenhang nicht in der Lage, einheitliche Angaben über seine Einstellung zu einer Parteimitgliedschaft vorzubringen.

Auch die Darstellung des Beschwerdeführers zu seinen politischen Aktivitäten in Österreich vermittelten den Eindruck, dass er seinen politischen Einsatz intensiver darzustellen versuchte, als dieser tatsächlich ist. So gab der Beschwerdeführer auf die Frage, wie bzw. in welcher Weise er seine Mitgliedschaft aktiv ausübe, an, dass er seine Mitgliedschaft in Österreich aktiv ausübe und an Veranstaltungen teilnehme, die von der Partei organisiert werden würden. Manchmal gebe es Demonstrationen oder andere Treffen, bei denen für die Unabhängigkeit Kurdistans demonstriert werde. Er sei auch in sozialen Medien wie Facebook oder Instagram aktiv. Zugleich schwächte er seine Aussage wiederum ab und führte aus, dass seitdem sein Vater im Iran aufgrund seiner Aktivitäten in den sozialen Medien festgenommen worden sei, der Beschwerdeführer versucht habe, seine Aktivitäten etwas einzuschränken. Er habe auf Instagram und Facebook nicht mehr viel veröffentlicht. Nach Aufforderung des erkennenden Gerichts, entsprechende Einträge auf Facebook oder Instagram vorzuzeigen, war der Beschwerdeführer lediglich in der Lage einen Eintrag eines stark verpixelten Videos, dass in englischer und in persischer Sprache zum "kämpfen" animierte, vorzuweisen. Nachdem ein konkreter Zusammenhang zwischen diesem Video und einer politischen Tätigkeit für die Kurdische demokratische Partei nicht erkennbar war, führte der rechtskundige Vertreter des Beschwerdeführers ergänzend aus, dass in dem Video ein iranisches Gebäude zu erkennen sei, zudem schreibe der Beschwerdeführer in seinem persönlichen Beitrag zu dem Video, dass sich die Kurden für das Blutvergießen rächen würden und habe der Beschwerdeführer auch den Khomeni - damit meine er den jetzigen "Diktator Khamenei" erwähnt. Dieser Eintrag stammte vom 05.08.2018 und handelt es sich auch um den letzten aktuellen Eintrag des Beschwerdeführers. Weiter Einträge in den sozialen Medien zu seiner politischen Aktivität in Österreich wurden nicht vorgezeigt. Der Beschwerdeführer brachte in diesem Zusammenhang vor, dass er noch weitere Einträge verfasst habe, er habe diese jedoch gelöscht, nachdem sein Vater festgenommen worden sei und habe damit aufgehört (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Somit ist nicht von einer aktiven politischen Tätigkeit des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen. Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen vermögen eine besonders exponierte Stellung als politischer Aktivist in Österreich nicht darzustellen (OZ 13 und 14). Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen und konnte der Beschwerdeführer auch nicht nachvollziehbar vorbringen, dass er von den iranischen Behörden kontrolliert wurde bzw. wird.

Den Darstellungen über seine politischen Aktivitäten im Iran konnte ebenfalls kein Glaube geschenkt werden. Es erscheint unplausibel, dass der Beschwerdeführer einerseits wie bereits oben angeführt vor dem BFA anführte, dass er jung gewesen sei und Angst gehabt habe, aktives Mitglied zu sein, und anderseits Antiregierungsaktivitäten gesetzt habe und bestimmte Texte veröffentlich habe. In diesem Zusammenhang führte er an, dass er Instagram-Veröffentlichungen gemacht habe und so Leute motivieren habe wollen, für die Freiheit zu kämpfen. Man habe seinen Namen sehen können und sein User Name habe " XXXX " gelautet. Es kann nicht nachvollzogen werden, dass der Beschwerdeführer sich einerseits über die Gefahr bewusst war und Angst gehabt habe, aktives Mitglied zu werden und andererseits ein öffentliches Profil mit seinem Namen anlegt und dort regierungskritische Texte veröffentlicht (AS 189 f).

Des Weiteren stellte der Beschwerdeführer seine politischen Aktivitäten im Iran in der mündlichen Verhandlung im Vergleich zu seinen Angaben vor dem BFA unterschiedlich dar. Der Beschwerdeführer brachte vor dem BFA noch vor, auf Instagram Veröffentlichungen vorgenommen zu haben. Dies habe er in seinem Geschäft mit seinem Laptop gemacht. Sie hätten offene Seiten auf Facebook gehabt und deshalb habe die Regierung ihn sehen können (AS 190). In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer nunmehr vor, dass er sich auch manchmal mit Freunden und Bekannten in Cafés, Restaurants oder Bars getroffen habe. Sie hätten über die Partei ebenfalls gesprochen. Ergänzend führte er aus, dass er seine Freunde und Bekannte dahingehend motiviert habe, dass sie sich für ein freies Kurdistan einsetzen sollten. Sie hätten auch für die Unabhängigkeit demonstrieren sollen. Der Beschwerdeführer habe vor allem gewollt, dass die junge Generation ihre Stimme erhebe, damit sie eines Tages ihr Ziel erreichen könnten. Nachgefragt, seit wann er sich für dieses Ziel im Iran eingesetzt habe, antwortete der Beschwerdeführer das er nachdem er sich selbstständig gemacht habe, sich mit jemanden angefreundet habe, der aktives Mitglied der Partei gewesen sei. Mit der Zeit hätten sie begonnen kleine Veranstaltungen zu organisieren und Mitglieder anzuwerben, sie hätten auch politische Berichte gepostet (Seite 15 f des Verhandlungsprotokolls). Diese Darstellungen stellen jedoch eine Steigerung zu seinem bisherigen Vorbringen vor dem BFA dar. Dass der Beschwerdeführer sich auch außerhalb seines Geschäftes mit anderen Personen getroffen habe und ebenfalls begonnen habe Mitglieder anzuwerben, wurde zu keinem Zeitpunkt in seiner Einvernahme vor dem BFA angeführt. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer nicht bereits vor dem BFA diese politischen Aktivitäten schilderte. In der Beschwerdeschrift finden sich dazu ebenfalls keine Ausführungen. Es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, bereits im behördlichen Verfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH).

Auch der Beginn seiner politischen Aktivitäten im Iran wurde vom Beschwerdeführer unterschiedlich vorgebracht. Führte er vor dem BFA noch ausdrücklich an, dass er 3 bis 4 Monate bevor er verhaftet worden sei begonnen habe mit einem Freund zu arbeiten, gab er in der mündlichen Verhandlung an, dass er etwa 8 oder 9 Monate vor seiner Festnahme begonnen habe, mit seinem Freund aktiv zusammenzuarbeiten (AS 189; Seite 16 des Verhandlungsprotokolls).

Des Weiteren führte der Beschwerdeführer vor dem BFA noch ausdrücklich auf die Frage, ob nur er verhaftet worden sei oder auch andere Personen, an, dass er es nicht wisse, an diesem Tag hätten sie nur ihn verhaftet. In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer dazu vor, dass von seinen Freunden auch welche verhaftet worden seien. Auf Nachfrage, wann diese Personen verhaftet worden seien führte er an, dass einige seiner Bekannten nach ihm verhaftet worden seien. Jener Freund, mit dem er zusammen gearbeitet habe würde sich seit zweieinhalb Jahren in Haft befinden. Dies hätte er von dessen Bruder erfahren. In diesem Zusammenhang wurde der Beschwerdeführer befragt, wann er davon erfahren habe, und antwortete, dass er diese Information ungefähr Anfang 2017 erhalten habe (AS 190; Seite 17 des Verhandlungsprotokolls). Somit vermittelte der Beschwerdeführer mit diesem Aussageverhalten den Eindruck, dass er seine Situation im Iran schlechter darstellen wollte, als sie tatsächlich war. Es kann nicht nachvollzogen werden, warum der Beschwerdeführer nicht bereits vor dem BFA die Festnahme anderer Personen bzw. seines Freundes anführte, nachdem er von dieser Anfang 2017 erfahren habe und die Einvernahme vor dem BFA am 14.08.2018 stattgefunden hat.

Insoweit der Beschwerdeführer anführte, dass vor dem BFA ein Dolmetscher für die Sprache Farsi/Dari bestellt worden sei, ist festzuhalten, dass aus dem Protokoll des BFA hervorgeht, dass der Dolmetscher für die Sprache Farsi bestellt und beeidet wurde. Zudem wurde der Beschwerdeführer am Ende der Einvernahme ausdrücklich gefragt, ob er den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden habe, und wurde diese Frage vom Beschwerdeführer bejaht. Des Weiteren bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit und Vollständigkeit der Protokollierung und hatte keine Einwände gegen die Niederschrift nach erfolgter Rückübersetzung (AS 181,193 und 194; Seite 6 des Verhandlungsprotokolls).

Der Darstellung des Beschwerdeführers aufgrund einer politischen Tätigkeit im Iran einer Verfolgung ausgesetzt zu sein konnte somit kein Glaube geschenkt werden. Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

Die Angaben des Beschwerdeführers, dass ihn sein Vater verfolge, waren nicht schlüssig. Auch wenn der Beschwerdeführer behauptet nach dem vorgebrachten Angriff des Vaters nicht mehr zu Hause gelebt zu haben, sondern bei seiner Großmutter übernachtet zu haben, indiziert sowohl die örtliche als auch familiären Nähe, dass der Beschwerdeführer offensichtlich keine Angst vor einer Verfolgung durch den Vater hatte. In diesem Zusammenhang führte der Beschwerdeführer selbst aus, dass der Vater die Großmutter wiederholt besucht habe, weshalb sich der Beschwerdeführer unter Tags nicht bei seiner Großmutter aufgehalten habe. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich der Beschwerdeführer einer allfälligen Gefahr durch seinen Vater wissentlich über mehrere Monate hinweg ausgesetzt hätte, wenn tatsächlich eine Verfolgungsgefahr in der beschriebenen Intensität durch seinen Vater vorliegen würde. Somit kann auch diesem Vorbringen nicht geglaubt werden. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA noch anführte, dass er die letzten drei Monate nicht in seinem Geschäft arbeiten habe können, weil sein Vater das Geschäft mit Gewalt übernommen habe. In der mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer eine gewaltsame Übernahme durch den Vater von sich aus nicht an. Zudem führte der Beschwerdeführer auf die Frage, was er befürchten würde bzw. was ihm konkret passieren könnte, wenn er jetzt wieder in den Iran zurückkehren müsse, eine Furcht vor Verfolgung durch seinen Vater nicht an (Seite 13 f des Verhandlungsprotokolls). Eine Bedrohung des Beschwerdeführers durch seinen Vater konnte daher nicht nachvollziehbar dargestellt werden. Es waren somit insgesamt die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

2.4. Zur Rückkehr in die Heimatregion:

Für eine existenzielle Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seine Heimatregion bestehen ebenfalls keine Hinweise. Der Beschwerdeführer führte wiederholt an, dass er in XXXX gelebt und aufgewachsen ist, somit konnte XXXX als seine Heimatregion festgestellt werden. Der Beschwerdeführer war vor der Ausreise aus dem Iran in der Lage, einer selbstständigen Beschäftigung nachzugehen (AS 183 und 186, Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Es gibt keinen Anhaltspunkt, wieso der Beschwerdeführer in seiner Heimatregion nicht in der Lage sein sollte, seine Existenz - etwa auch durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten oder mit Unterstützung seiner Familie - erneut zu sichern und eine einfache Unterkunft zu finden. Auch ergibt sich unter Zugrundelegung der Länderberichte unter dem Aspekt der Sicherheitslage im Iran keine besondere Gefährdungssituation für den Beschwerdeführer. In diesem Zusammenhang gab der Beschwerdeführer auch selbst an, dass es unabhängig von den vorgebrachten Fluchtgründen, keine anderen Gründe gebe, weshalb er nicht in den Iran zurückkehren könne. Zudem ist eine finanzielle Unterstützung durch seine im Iran lebende Mutter nicht ausgeschlossen (Seite 12 und 18 des Verhandlungsprotokolls).

Die dargestellten Umstände rechtfertigen aus Sicht des erkennenden Gerichtes im Lichte einer Gesamtbetrachtung die Annahme, dass sich der Beschwerdeführer in seiner Heimatregion eine Existenz aufbauen und sichern kann. Dafür spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in der Lage war, über ihm unbekannte Länder die Flucht bis nach Österreich zu meistern, wobei er sicherlich ein überdurchschnittliches Maß an Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit unter Beweis stellen musste.

Im Übrigen konnte der Beschwerdeführer darüber hinausgehende außergewöhnliche Gründe, die einer Rückkehr in seine Heimatregion entgegenstehen, nicht nennen. Es waren somit insgesamt entsprechende Feststellungen zu treffen.

Aus den Länderberichten ergibt sich, dass die Stadt Teheran über einen internationalen Flughafen verfügt (Flughafen Imam-e Khomeini; vgl. Pkt.1.5.1). Der Beschwerdeführer gab zudem nachvollziehbar an, dass er zuletzt überwiegend in XXXX gelebt habe und bereits nach Teheran mit dem Auto gefahren sei. Teheran sei von XXXX aus mit dem Flugzeug oder auf dem Landweg zu erreichen (Seite 9 und 10 des Verhandlungsprotokolls). Somit konnte eine Rückkehr in seine Heimatregion festgestellt werden.

2.5. Zu seinem Leben in Österreich:

Die Feststellungen zu seinem Leben in Österreich ergeben sich aus den widerspruchsfreien Angaben des Beschwerdeführers sowie aus den vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Verfahren (AS 192 ff; Seite 18 ff des Verhandlungsprotokolls). Der Beschwerdeführer führte in diesem Zusammenhang auch nachvollziehbar an, dass er in Österreich keine Kinder habe. Zwar gab der Beschwerdeführer an, dass er eine Freundin in Österreich habe und mit dieser zusammenwohne, jedoch vermochte er in diesem Zusammenhang keine schlüssigen Angaben zu tätigen, die auf eine intensive Beziehung schließen lassen. Der Beschwerdeführer kenne seine Freundin seit Februar 2019 und lebe mit ihr seit Mai 2019 in einer Wohnung. Er trage zur Miete ? 190,- bei und seine Freundin zahle ? 240,-. Zudem verwende er sein Geld für den Einkauf von Lebensmitteln. Seine Freizeitaktivitäten mit seiner Freundin beschränken sich auf schwimmen und spazieren gehen sowie den Besuch von gemeinsamen Freunden und einer Bar. Der Beschwerdeführer führte zudem ausdrücklich an, dass sie nicht verlobt seien und keine gemeinsamen Kinder hätten (Seite 7 f und 19 des Verhandlungsprotokolls). Ein besonderes ausgeprägtes Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Freundin konnte er somit nicht nachvollziehbar darstellen, weshalb insgesamt die entsprechenden Feststellungen zu treffen waren. Zudem konnte der Beschwerdeführer befragt nach seinem Leben in Österreich keine intensiven Freundschaften vorbringen (Seite 20 des Verhandlungsprotokolls).

2.3. Zu den Länderfeststellungen:

Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Iran ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht maßgeblich geändert haben.

In der Verhandlung wurden die gegenständlichen Länderinformationen eingebracht und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu Stellungnahme eingeräumt. Die gegenständlichen Länderfeststellungen wurden nicht substantiiert bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen (zulässigen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 201

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten