Entscheidungsdatum
13.02.2020Norm
VwGG §25a Abs2 Z1Spruch
W271 2207168-1/25E
W271 2207168-2/22E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK betreffend den Antrag von XXXX , geb. XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Zlen. W271 2207168-1/11E und W271 2207168-2/10E, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, folgenden Beschluss:
Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Sachverhalt:
1. Der Revisionswerber wurde wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt auf 3 Jahre Probezeit, verurteilt; zudem wurde Bewährungshilfe angeordnet (welcher er nachgeht).
Der Revisionswerber hat in verabredeter Verbindung gemeinsam mit zwei weiteren jungen Männern am XXXX einer vierten Person, einem großen älteren Mann und polizeilich bekannten, zum Tatzeitpunkt alkoholisierten, Obdachlosen, mit mehreren gezielten Faustschlägen ins Gesicht und Fußtritten ("Karatetritten" und "Sprungtritten" aus dem Lauf) gegen den Oberkörper mehrere offene Wunden und Schwellungen im Gesichtsbereich zugefügt.
Im Zuge des Strafverfahrens und des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zeigte der Revisionswerber - trotz klarer Zeugenaussagen - keine Einsicht in sein strafrechtliches Fehlverhalten; er leugnete auch nach der Verurteilung die Tatbegehung und übernahm keine Verantwortung dafür.
2. Infolge der Verurteilung erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: "BFA") mit Bescheid vom XXXX dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I.), entzog die befristet erteilte Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt II.), erteilte keinen sonstigen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan unzulässig ist (Spruchpunkt V.) und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen fest (Spruchpunkt VI.). Mit Bescheid vom XXXX wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers auf Verlängerung des befristet erteilten subsidiären Schutzes ab. Gegen diese Entscheidungen erhob der Revisionswerber jeweils Beschwerde (am XXXX und am XXXX ).
3. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerden des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom XXXX ab.
4. Der Revisionswerber erhob im XXXX gegen die Entscheidung des BVwG eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Der Verfassungsgerichtshof gewährte dem Revisionswerber mit Beschluss vom XXXX gemäß § 85 Abs. 2 und 4 VfGG keine aufschiebende Wirkung, "weil dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen". Mit Beschluss vom selben Tag lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese am XXXX dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
5. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob der Revisionswerber eine Revision und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
6. Der Revisionswerber konkretisierte nicht, worin für ihn durch den Vollzug der angefochtenen Entscheidung ein unverhältnismäßiger Nachteil liegt.
II. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu I.1. bis I.5. ergeben sich aus den genannten Entscheidungen, den Einvernahmeprotokollen und den bisherigen Verwaltungs- und Gerichtsakten.
Die Feststellung zu I.6. ergibt sich aus dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen des Beschwerdeführers zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Er führte aus:
"Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des RW die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumte Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger verbunden wäre.
Im gegenständlichen Fall hat der RW mit Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet verloren. Der RW wurde am XXXX volljährig. Die Volljährigkeit wird mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass nunmehr die - als rechtmäßig festgestellte - Abschiebung des RW geprüft wird. Darüber hinaus bedeutet der Verlust des Aufenthaltsrechts Beschränkungen für den BF, etwa im Hinblick auf den Zugang zum Arbeitsmarkt und damit einen unverhältnismäßigen Nachteil.
Zwingende öffentliche Interessen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, liegen nicht vor. Der RW kommt den Anordnungen des LG für Strafsachen Wien, insbesondere der angeordneten Bewährungshilfe, regelmäßig nach und kann, unverändert, einen positiven Lebenswandel vorweisen. Eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht vom RW nicht aus."
Der Beschwerdeführer behauptet, seine Abschiebung sei als rechtmäßig festgestellt worden - dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Vielmehr entschied bereits das BFA, dass seine Abschiebung unzulässig ist und wurde dies auch vom BVwG nicht beanstandet (vgl. Spruchpunkt V. des Bescheids vom XXXX ).
Im weiteren verweist er nur kursorisch auf "Beschränkungen", etwa im Hinblick auf den Zugang zum Arbeitsmarkt, die sich für ihn aus dem Erkenntnis ergeben würden. Aus diesem Vorbringen ergibt sich weder ein konkret feststellbarer Nachteil, noch eine Unverhältnismäßigkeit desselben.
III. Rechtliche Beurteilung:
§ 30 Abs. 2 VwGG lautet:
"Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."
Die Voraussetzungen für die Gewährung von aufschiebender Wirkung sind nicht gegeben:
1. Entgegenstehen zwingender öffentlicher Interessen
Der Revisionswerber wurde 2018 wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, bedingt auf 3 Jahre Probezeit rechtskräftig verurteilt. Er sieht die Tat weiterhin nicht ein, leugnet die Begehung und übernimmt keine Verantwortung für sein strafrechtliches Fehlverhalten.
In Anbetracht des der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden gravierenden, sich im Besonderen gegen die körperliche Integrität anderer Menschen richtenden Fehlverhaltens sowie der daraus abzuleitenden Gefährlichkeit des Revisionswerbers stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen (vgl. dazu auch VwGH 30.08.2019, Ra 2019/14/0276-8; VwGH 28.02.2019, Ra 2019/14/0055).
Auch der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom XXXX , den Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Folge gegeben, weil dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen.
2. Kein (unverhältnismäßiger) Nachteil
Der Verwaltungsgerichtshof führt in ständiger Rechtsprechung zum Konkretisierungsgebot eines Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs. 2 VwGG aus (VwGH 02.09.2019, Ra 2019/10/0121):
"Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es erforderlich, dass der Revisionsweber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen."
Allgemeine Wendungen ("erhebliche Einbuße", "eine erhebliche Belastung", "evident", ...) erfüllen dieses Konkretisierungsgebot nicht (vgl. VwGH 06.06.2017, Ra 2017/05/0042 sowie VwGH 31.05.2016, Ra 2016/10/0043, mit Verweis auf VwGH [verstärkter Senat] 25.02.1981, 2680/80, VwSlg. 10381 A).
Das allgemein gehaltene Vorbringen des Revisionswerbers zu allfälligen "Beschränkungen" am Arbeitsmarkt erfüllt das dargelegte Konkretisierungsgebot ebenfalls nicht und sind (unverhältnismäßige) Nachteile auch nicht ohne Weiteres erkennbar.
Ein sonstiger Nachteil ist ebenfalls nicht erkennbar: Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts droht dem Revisionswerber - entgegen seinem Antragsvorbringen - keine Abschiebung; vielmehr erklärte bereits das BFA die Abschiebung nach Afghanistan für unzulässig. Auch ein zukünftiges, allfälliges neues Verfahren betreffend die Abschiebung nach Afghanistan, wogegen dem Revisionswerber wieder Rechtschutz zusteht, kann zum jetzigen Zeitpunkt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht rechtfertigen.
Es ist sohin nicht erkennbar, dass durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses dem Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG drohen würde.
- o -
Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall RevisionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W271.2207168.2.00Im RIS seit
07.09.2020Zuletzt aktualisiert am
07.09.2020