Entscheidungsdatum
12.03.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W172 2187707-1/39E
Schriftliche Ausfertigung des am 21.10.2019 mündlich verkündeten Beschlusses und Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin MORITZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX 1999, StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20/5, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2018, Zl. 1094212610-151745309, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.06.2018, 19.07.2018, 05.10.2018 und 21.10.2019
A)
- beschlossen:
I. Das Verfahren über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
- zu Recht erkannt:
II. Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 Abs. 2 und Abs. 3 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 i.V.m. § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: "BF") stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX 2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 I.d.g.F. (im Folgenden auch: "AsylG 2005").
Am XXXX 2015 erfolgte die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch die LPD Niederösterreich.
2. Der Beschwerdeführer wurde am 14.08.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden auch: "BFA") niederschriftlich einvernommen.
3. Mit oben im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 26.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und es wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (im Folgenden auch: "BFA-VG") eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden auch: "FPG") erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) sowie dass die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
4. Gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde mit oben im Spruch genannten Schriftsatz vom 21.02.2018 erhoben.
5. Am 12.06.2018, 19.07.2018, 05.10.2018 und am 21.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden auch: "BVwG") eine mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter als Partei teilnahmen. Das BFA verzichtete auf die Teilnahme an den Verhandlungen.
In der Verhandlung vom 19.07.2018 wurde ein mündliches Gutachten des in diesem Verfahren bestellten Sachverständigen vom 22.05.2018 zur Frage der politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers in dessen Herkunftsstaat erstattet.
In der Verhandlung vom 21.10.2019 wurde der Zeuge XXXX einvernommen.
Weiters wurde in diese Verhandlungen Unterlagen und darauf aufbauende aktuelle Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur politischen und menschenrechtlichen Situation in Afghanistan eingeführt.
In der Verhandlung vom 21.10.2019 wurde vom Beschwerdeführer nach Rechtsberatung die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides zurückgezogen.
Am Schluss dieser Verhandlung wurde die gegenständliche Entscheidung mündlich verkündet.
6. In das Verfahren wurden neben den vom BFA und vom Bundesverwaltungsgericht eingeführten (s. weiter unten) u.a. folgende entscheidungsrelevante Bescheinigungsmittel bezüglich des Beschwerdeführers vorgelegt, nämlich, zu:
- Vorbringen zu den Flucht- bzw. Verfolgungsgründen (diverses Bildmaterial);
- Deutschsprachkursen (Teilnahmebestätigung betreffend Sprachniveau B1 vom 04.06.2018);
- schulische Ausbildung und/oder sonstige berufsqualifizierende Maßnahmen (Lehrvertrag mit der Fachmarktzentrum XXXX samt einer Vielzahl von Verdienstnachweisen, Bestätigungen vom Hotel & Restaurant - XXXX betreffend Einstellungszusage und Lehre des Beschwerdeführers, Zeugnis des Bundesgymnasium XXXX und Schulbesuchsbestätigung der Landesberufsschule XXXX );
- gemeinnützigen bzw. ehrenamtlichen Tätigkeiten (Bestätigung der Stadtgemeinde XXXX );
- sonstigen Integrationsmaßnahmen und -bemühungen (diverse Unterstützungsschreiben, Fotos vom Schulbesuch des Beschwerdeführers und Teilnahmebestätigung bezüglich verschiedener Kurse).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer führt den oben im Spruch wiedergegebenen Namen, ist am XXXX 1999 in der Provinz Kandarhar in Afghanistan geboren, Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Paschtunen sowie dem sunnitischen Glaubensbekenntnis an. Sein Familienstand ist ledig. Seine Muttersprache ist Paschtu. An Schulausbildung weist er acht Jahre Grundschulausbildung in Afghanistan auf. Er hat keine Berufsausbildung sowie übte in Afghanistan keinen Beruf aus. In seinem Herkunftsstaat lebte er zuletzt in der Provinz Kandarhar bis zu seiner Ausreise in der zweiten Jahreshälfte 2015. An Familienangehörigen leben in Afghanistan ein Onkel sowie Tanten des Beschwerdeführers. Zu diesen hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen.
Der Beschwerdeführer lebt seit dem XXXX 2015 in Österreich und wohnt aktuell in einer privaten Wohnung mit einem Freund in der Steiermark.
In Österreich hat der Beschwerdeführer nachfolgende Deutschkurse besucht bzw. Deutschsprachkurse abgelegt:
- hausinterner Deutschkurs der Caritas (21.03.2016 bis 01.07.2016)
- ÖSD Zertifikat A2 (03.04.2017)
- Deutschkurs "A1 vertieft" des Vereins "DA in der Region - Deutsch für Asylwerbende" (08.08.2016 bis 16.09.2016)
- Deutschunterricht im Welcome XXXX (Sprachniveau B1) (10.07.2017 bis 30.03.2018)
Zudem hat der Beschwerdeführer die Übergangsklasse des Bundesgymnasium XXXX erfolgreich absolviert. Das Fach "Deutsch als Fremdsprache (Niveau B1)" hat der Beschwerdeführer mit der Beurteilung "Gut" erfolgreich absolviert. Auch wenn die Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht, um etwaige Missverständnisse zu vermeiden, in der Muttersprache des Beschwerdeführers erfolgte, so war es dem Beschwerdeführer möglich, die Fragen auch auf Deutsch zu beantworten. Zudem befindet sich der Beschwerdeführer seit ca. einem Jahr in einem Lehrverhältnis (Gastronomiefachmann) zur Fachmarktzentrum XXXX (Hotel & Restaurant - XXXX ) und besucht die Landesberufsschule XXXX . Zudem war der Beschwerdeführer auch als Volontär in der Küche des Hotel & Restaurant - XXXX tätig. Darüber hinaus besuchte der Beschwerdeführer den Workshop "Ich tu's-Energiesparen für AsylwerberInnen" und den Einführungskurs für "Erste Hilfe" des österreichischen Jugendrotkreuzes.
Der Beschwerdeführer hat österreichische Freunde in seiner Schule sowie in seiner Nachbarschaft. Er verbringt auch seine Freizeit mit diesen.
Der Beschwerdeführer ist sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch strafgerichtlich unbescholten und hat keine relevanten gesundheitlichen Beschwerden.
2. Beweiswürdigung
2.1. Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akteninhalten des Beschwerdeführers. Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Muttersprache und Herkunft des Beschwerdeführers beruhen auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Glaubwürdig ist auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen in seinem Herkunftsstaat sowie in Österreich, da keine hinreichenden Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Ausführungen hervorkamen. Weiters weist er entsprechende Orts- und Sprachkenntnisse auf (zur Bedeutung des persönlichen Eindrucks, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Rechtsmittelinstanz im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vom Asylwerber gewinnt, s. für viele z.B. VwGH 20.05.1999, 98/20/0505, 24.06.1999, 98/20/0435). Auch der in der oben angeführten mündlichen Verhandlung einvernommene Zeuge bestätigt die Angaben des Beschwerdeführers zu dessen erfolgreichen Integration in Österreich mit seinem dortigen Lehrverhältnis. Seiner Aussage konnte gefolgt werden, da aufgrund seines seriösen und ernsthaften Auftretens sowie seines persönlichen vertrauensbildenden Gesamtbildes keine seiner Glaubwürdigkeit entgegensprechende Anhaltspunkte hervorkamen. Aus amtlicher Informationslage ergibt sich weiters, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist. Im Ergebnis war daher dem betreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers zu folgen (vgl. allgemein zu den - hier beim Beschwerdeführer vorliegenden - Grundanforderungen, dass sein Vorbringen glaubwürdig bzw. darüber hinaus auch glaubhaft ist: Materialien zum Asylgesetz 1991, RV 270 BlgNR 18. GP, zu § 39).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anzuwendenden Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 I.d.g.F. entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 I.d.g.F. entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 I.d.g.F. (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg. cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg. cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat gemäß Abs. 2 leg. cit. über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 I.d.g.F. (AsylG 2005) ist mit 01.01.2006 in Kraft getreten und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und FPG bleiben unberührt. Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Die gegenständliche Beschwerde wurde fristgerecht bei der belangten Behörde eingebracht. Sie ist somit rechtzeitig und auch zulässig.
3.2. Zu Spruchpunkt A.I.) betreffend
die Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss eine Verfahrenseinstellung bei einer rechtswirksam erklärten Beschwerdezurückziehung vorzunehmen (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047-11).
§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, u.v.m.).
Durch den unmissverständlich formulierten Parteiwillen, welcher auf Zurückziehung der Beschwerde gerichtet war, ist einer Sachentscheidung durch das Gericht die Grundlage entzogen. Aufgrund dieser Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides im Rahmen der oben angeführten mündlichen Verhandlung vom 21.10.2019 sind diese Spruchpunkte rechtskräftig geworden und es war daher das gegenständliche Verfahren einzustellen.
3.3. Zu Spruchpunkt A.II.) betreffend
die Stattgebung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung §§ 382b oder 382e EO, BGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen im Beschwerdefall nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, und der Beschwerdeführer auch nicht Opfer von Gewalt i.S.d. § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Solche Gründe im Ermittlungsverfahren sind nicht hervorgekommen, auch wurden solche vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Der Beschwerdeführer ist zudem kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.
3.3.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:
- die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1),
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2),
- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3),
- der Grad der Integration (Z 4),
- die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5),
- die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6),
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7),
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und
- die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens i.S.d. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
3.3.3. Vom Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben i.S.d. Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Der Begriff des Familienlebens ist sohin nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de-facto-Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR 13.06.1979, Fall Marckx). Ehen, die nicht nationalem Recht entsprechen, sind kein Hindernis für ein Familienleben (EGMR 28.05.1985, 15/1983/71/107-109, Abdulaziz, Cabales und Balkandali). Ebensowenig reicht das Eheband allein nicht aus, um die Anwendbarkeit des Art. 8 EMRK auszulösen. Reine Scheinehen sind deshalb nicht geschützt (VwGH 29.06.2010, 2006/18/0484).
Wie oben in den Feststellungen (s. Pkt. II.1.1.) angeführt, hat der Beschwerdeführer keine Verwandten oder sonstige im oben wiedergegebenen Sinne maßgebliche Beziehungen in Österreich. Die Ausweisung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens. Im Übrigen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im bekämpften Bescheid verwiesen.
3.3.4. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva u.a., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 m.w.H.).
Der Beschwerdeführer hält sich im vorliegenden Fall für einen nicht überaus langen Zeitraum von ca. vier Jahren im Bundesgebiet seit seiner Antragstellung in Österreich auf. Diesen Zeitraum hat der Beschwerdeführe wie oben in den Feststellungen (s. Pkt. II.1.1.) angeführt, sinnvoll zur Integration genutzt. Der Beschwerdeführer hat inzwischen viele Deutschkurse besucht und Sprachzertifikate erhalten (s. Pkt. II.1.1.) sowie erfolgreich die Übergangsklasse eines Bundesgymnasiums absolviert. Er verfügt über derart gute Deutschkenntnisse, dass der Beschwerdeführer der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht überwiegend auf Deutsch auch hätte folgen können und auch die Fragen überwiegend auf Deutsch hätte beantworten können. Der Beschwerdeführer befindet sich zudem in einer Ausbildung (Lehre zum Gastronomiefachmann). Dies zeigt dessen nachhaltigen Willen, seinen Lebensunterhalt aus Eigenem zu bestreiten.
Zudem lebt der Beschwerdeführer mit einem Freund in einer privaten Wohnung und ist durch private Kontakte in die österreichische Gesellschaft eingebunden und dort auch akzeptiert.
Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten.
Zwar ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen. Das Interesse eines Asylwerbers an der Aufrechterhaltung privater Kontakte in Österreich ist dadurch geschwächt, dass er sich bei seinem Aufenthalt im Bundesgebiet stets seines unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Dies hat jedoch nach der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während des unsicheren Aufenthaltes erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung (bzw. Rückkehrentscheidung) führen kann (vgl. VwGH 23.02.2017, 2016/210325 mwN).
Folglich stellt eine Ausweisung des Beschwerdeführers jedenfalls einen schwerwiegenden Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar.
3.3.5. Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (z.B. VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).
Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch strafgerichtlich unbescholten. Er hat sich in der Zeit des Aufenthaltes in Österreich wohlverhalten und sich darum bemüht, sich zu integrieren. Der Beschwerdeführer stellt als Einzelperson keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit Österreichs dar.
Im Lichte dieser Sachlage und bei einer Abwägung der sich widerstreitenden Interessen ist jedoch im gegenständlichen konkreten Einzelfall von einem überwiegen der privaten Interessen des Beschwerdeführers, im österreichischen Bundesgebiet zu verbleiben, vor dem öffentlichen Interesse, diesen Aufenthalt zu beenden, auszugehen.
3.3.6. Nach § 9 Abs. 3 2. Satz BFA-VG ist die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
Die Rückkehrentscheidung würde sohin eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers nach Art 8 EMRK nach sich ziehen und erweist sich, aufgrund des nicht nur vorübergehenden Wesens der dieser Verletzung zugrundeliegenden Umstände, als im Sinne des § 9 Abs. 2 und Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig.
3.3.7. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 leg. cit. nur von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens i.S.d. Art. 8 EMRK geboten ist (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, wonach nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht komme). Sofern nur die Voraussetzung i.S.d. Abs. 1 Z 1 erfüllt ist, ist gemäß Abs. 2 leg. cit. eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" müssen zudem die Voraussetzungen nach Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG 2005 kumulativ vorliegen. Es ist daher nicht nur zu prüfen, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Beschwerdeführer zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, sondern auch, ob der Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz erfüllt.
Gemäß der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a leg. cit. in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.
Gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG dient das Modul 1 dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 der Integrationsvereinbarung der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.
Gemäß § 14a Abs. 4 NAG i.d.F. BGBl. I Nr. 38/2011 (d.h. vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017) ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,
2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 leg. cit. vorlegt,
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht oder
4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 leg. cit. besitzt.
Gemäß § 7 Abs. 1 IV-V ist Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. bildet den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.
Gemäß § 9 Abs. 1 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung, IV-V, BGBl. II Nr. 449/2005, gelten als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 14a Abs. 4 Z 2 und § 14b Abs. 2 Z 2 NAG allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere von folgenden Einrichtungen:
(1) Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;
(2) Goethe-Institute.V.;
(3) TelcGmbH.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 NAG IV-V Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen [...].
Der Beschwerdeführer ist aktuell selbsterhaltungsfähig und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG sind erfüllt sind. Daher war gemäß § 55 Abs. 1 leg. cit. vorzugehen.
3.3.8. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer den jeweiligen Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen. Der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
3.4. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der Begründung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Bezüglich der näheren Begründung mit Judikatur-Hinweisen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen (s. zu Spruchpunkt A).
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus Deutschkenntnisse Integration Interessenabwägung Privatleben Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Teileinstellung teilweise BeschwerderückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W172.2187707.1.00Im RIS seit
07.09.2020Zuletzt aktualisiert am
07.09.2020