TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 W176 2226842-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §69 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2226842-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2019, Zl. 1202800505-180859812, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 33/2013 (VwGVG), stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX .2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Dazu gab er im verwaltungsbehördlichen Verfahren (Erstbefragung am XXXX .2018, Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [im Folgenden: belangte Behörde] am XXXX .2018) im Wesentlichen an, er habe sich im Iran dem Christentum zugewandt und sei deswegen bedroht worden. In Österreich habe er sich für das katholische Christentum entschieden; er besuche Veranstaltung des Stiftes XXXX sowie der XXXX pfarre XXXX (wofür er entsprechende Bestätigungsschreiben vorlegte).

In der Einvernahme vor der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer zu den von ihm vorgebrachten Vorfällen im Iran befragt sowie ihm Fragen zum christlichen Glauben sowie zu seiner Motivation, Christ zu werden, gestellt.

Überdies legte der Beschwerdeführer einen von ihm auf Farsi verfassten und auf Instagram ( XXXX ) veröffentlichten (christliche Glaubensinhalte enthaltenden) Text mit dem Titel "Das Heilige Buch" vor, den die belangte Behörde in der Folge übersetzen ließ.

3. Mit (rechtskräftig gewordenem) Bescheid vom 20.11.2018 erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), den Status des Asylberechtigten zu und stellte zugleich gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 fest, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Begründend hielt sie (bloß) fest, dass aufgrund der Ermittlungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und dessen Vorbringen die behauptete Furcht vor Verfolgung als glaubhaft habe gewertet werden können. Da seinem Antrag vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei, könne gemäß § 58 Abs. 2 AVG eine nähere Begründung entfallen.

4. In einem als "Aktenvermerk betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" bezeichneten Schriftstück der belangten Behörde vom gleichen Tag (Verwaltungsakt AS 201 ff.) heißt es in den Ausführungen zur Beweiswürdigung, dass der Beschwerdeführer ein gutes Wissen über das Christentum zeige und auch Fragen zur christlichen Überzeugung beantworten habe können, sodass eine vollzogene Konversion als glaubhaft erscheine; er habe auf Instagram christliche Inhalte öffentlich gemacht (was vom Dolmetscher übersetzt worden sei). Weiters habe er durch vorgelegte Dokumente belegen können, im Iran als XXXX tätig gewesen zu sein, sodass auch aufgrund seiner exponierten Tätigkeit eine erhöhte Verfolgungsgefahr durch iranische Behörden bestehe.

5. Am 10.05.2019 übermittelte das Stadtpolizeikommando XXXX der belangten Behörde einen Abschlussbericht, demzufolge der Beschwerdeführer am XXXX .2019 der XXXX , Verkehrsamt, anlässlich seines Antrags auf Führerscheinaustausch einen internationalen Führerschein vorgelegt habe, bei dem es sich - wie Untersuchungen ergeben hätten - um ein Fantasiedokument handle.

6. Am 03.06.2019 teilte die Staatsanwaltschaft XXXX mit, dass sie im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen § 223 Abs. 2 Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974 (StGB), vorläufig von der Verfolgung zurückgetreten sei.

7. Am 12.06.2019 teilte die XXXX , Verkehrsamt, der belangten Behörde mit, dass dem Beschwerdeführer eine österreichische Lenkberechtigung ausgestellt worden sei.

8. Am 21.06.2019 wurde der Beschwerdeführer zunächst im Rahmen des Einreiseverfahrens seiner Familienangehörigen vor der belangten Behörde einvernommen. Darin wurde er zu den Personalien seiner Ehefrau und seiner Tochter, seinem Kontakt zu ihnen sowie seinen Lebensumständen in Österreich befragt, wobei er ua. seinen Taufschein vom XXXX .2019 vorlegte. Sodann wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass gegen ihn Anzeige wegen Urkundenfälschung erstattet worden sei, wobei die Staatsanwaltschaft vorläufig - unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr - von der Verfolgung zurückgetreten sei, und die belangte Behörde derzeit prüfe, ob ein Aberkennungsverfahren gegen ihn eingeleitet werde. Die Einreiseverfahren seiner Familienangehörigen unterlägen daher somit noch der Prüfung bezüglich seiner Person als Bezugsperson in Österreich.

9. Am gleichen Tag wurde der Beschwerdeführer zur Überprüfung des Status des Asylberechtigen vor der belangten Behörde einvernommen. Dabei wurde ihm nach kurzer Befragung zu Familienangehörigen, Lebensumständen in Österreich, Religionsbekenntnis sowie Rückkehrgefährdung im Wesentlichen mitgeteilt, es werde noch abgeklärt, ob in Hinblick auf den Tatvorwurf betreffend den XXXX .2019 ein Aberkennungsverfahren eingeleitet werde.

10. Mit Aktenvermerk vom 02.07.2019 (vgl. AS 7f. des - von der belangten Behörde vorgelegten - gesonderten Verwaltungsakt betreffend Aberkennung des dem Beschwerdeführer zuerkannten Status des Asylberechtigten ["ABE"]) hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer aus stichhaltigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle und davon auszugehen sei, dass der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 erfüllt sei. In weiterer Folge seien nachstehende Verfahrenshandlungen zu setzen: Anforderung relevanter Aktenteile (einschließlich Entscheidungen) aus dem gegenständlichen Strafverfahren, Anforderung von allfälligen relevanten Urteilen aus etwaigen vorherigen Strafverfahren, Anforderungen der weiteren Beweismittel, Sichtung der Beweismittel, Einvernahme der betroffenen Person und Einsichtnahme in die aktuellen Länderfeststellungen.

11. Mit Aktenvermerk vom gleichen Tag ("ABE", AS 9f.) hielt die belangte Behörde fest, dass die durchgeführten Ermittlungen (Einvernahme der betroffenen Person, Anforderung relevanter Aktenteile [einschließlich Entscheidungen] aus dem gegenständlichen Strafverfahren, Anforderung von allfälligen relevanten Urteilen aus etwaigen vorherigen Strafverfahren, Anforderungen der weiteren Beweismittel, Sichtung der Beweismittel sowie Einsicht in die Verfahrensakte der Familienangehörigen) ergeben hätten, dass die ursprünglich vermuteten Voraussetzungen zur Aberkennung des Status derzeit nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit vorlägen, da das Strafverfahren eingestellt worden sei bzw. es zu keiner rechtskräftigen Verurteilung gekommen sei, die (vermeintlich) begangene(n) Straftat(en) nicht als besonders schwere Verbrechen iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 zu werten sei(en) sowie die Gründe für die Annahme einer Gefährdung für die Sicherheit der Republik Österreich nicht ausreichend seien.

12. Am 06.08.2019 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde abermals zur Überprüfung des Status des Asylberechtigten einvernommen (AS 19 ff. "ABE"); dabei wurde er ua. erneut zu den relevanten Geschehnissen im Iran befragt sowie ihm (Wissens)Fragen zum christlichen Glauben gestellt.

13. Am gleichen Tag wurde P. XXXX , XXXX vor der belangten Behörde im Wesentlichen zu den Themen, wie er den Beschwerdeführer kennengelernt habe, wie ihre Beziehung beschaffen sei und was er über die dessen familiäre Anknüpfungspunkte wisse, als Zeuge befragt (AS 27 ff. "ABE"). Überdies wurde er gefragt, ob er wisse, dass gegen den Beschwerdeführer Anzeige erstattet worden sei - weshalb überprüft werde, ob ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt werden soll -, was der Zeuge verneinte.

14. Im als "ABE" bezeichneten Verwaltungsakt findet sich weiters ein mit dem unter Punkt 11. dargestellten Schriftstück im Wesentlichen übereinstimmender Aktenvermerk vom 13.08.2019, wonach das Aberkennungsverfahren eingestellt werde.

15. Mit Schreiben vom 19.07.2019 teilte P. XXXX , XXXX , der belangten Behörde ua. mit, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen jeden Sonntag den Gottesdienst mitfeiere und - sofern er nicht durch das XXXX verhindert sei - auch an den wöchentlichen Gebetsstunden teilnehme. Der Beschwerdeführer habe einen lebendigen Glauben und eine tiefe Überzeugung, dass Jesus Christus der Erlöser sei.

16. Mit dem angefochtenen Bescheid nahm die belangte Behörde das Verfahren über das rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren des Beschwerdeführers gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), wieder auf (Spruchpunkt I.), wies dessen Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.) ab, erteilte gemäß § 57 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt IV.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), gegen den Beschwerdeführer (Spruchpunkt V.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass dessen Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VII.).

In der Bescheidbegründung wurde zur Wiederaufnahme des Verfahrens festgestellt, dass der Beschwerdeführer in seinem Asylverfahren durch wissentlich falsche Angaben dem zur Entscheidung berufenen Organwalter der belangten Behörde einen für die Asylgewährung maßgeblichen Sachverhalt in der Absicht vorgetäuscht habe, diesen Status zu erlangen, und diesen Status somit erschlichen habe.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

"Ihre Asylberechtigung basiert auf Konversion. In Ihrer Einvernahme vom XXXX .10.2018 haben Sie erwähnt, dass Sie zwei Monate vor Ihrer Ausreise einen anonymen Anruf bekommen hätten. Der Anruf hätte sich als Freund vorgestellt. Er meinte, dass Sie über Ihren christlichen Glauben Bescheid wüssten. Aus diesem Grund wollte Ihnen auch die Föderation bei Ihrem Visa-Antrag Schwierigkeiten machen. Das Visum hätten Sie dann selbst geregelt.

Nach diesem Telefonanruf hätten die Drohungen begonnen. Sie hätten einen Instagram-Account, wo Sie über Gott, das Christentum und die Menschen schreiben. Ihr Account hieße XXXX . Sie haben Postings und Bilder aus diesem Account vorgelegt. Iranische Beamte hätten diesen Account wahrscheinlich gesehen und sie anonym wegen diesen Postings zur Rede gestellt. Sie hätten Sie und Ihre Familie bedroht. Man hätte Ihnen auch vorgeworfen, dass Sie wegen der XXXX tätigkeit viele Leute gekannt hätten, die Sie mit dem Christentum beeinflussen hätten können. Sie wären aufgefordert worden, Ihren Instagram-Account zu schließen. Ihr Wissen hätten Sie sich rein über das Internet angeeignet.

Sie wüssten nicht, wer diese anonymen Droh-Anrufer wären. Es wäre sicher eine religiöse Einheit, die mächtiger als die Politik wäre. Die Drohungen wären gesteigert worden. Sie hätten nicht mehr zugelassen, dass Ihre Tochter weiter zur Schule ginge, oder hätten Ihrer Frau etwas angetan.

In Ihrer Einvernahme vom XXXX .06.2019 zum Einreiseverfahren Ihrer Familienverfahren gaben Sie auf die Frage, ob Sie Probleme mit staatlichen Behörden in Ihrem Heimatland hätten, an, dass Sie bedroht worden wären, jedoch nicht wüssten, wer Sie bedroht hätte. Einen vermeintlichen Freund, oder iranische Beamte erwähnten Sie nicht. In der Erstbefragung [...] erwähnten Sie wiederum, dass Sie ein Freund angerufen hätte und Sie gewarnt hätte, dass man wüsste, dass Sie ohne Religion wären und Sie sich für eine andere Religion interessierten. Mit diesem Vorhalt wurden Sie in Ihrer Einvernahme vom XXXX .10.2018 konfrontiert. Sie rechtfertigten diese Angaben mitunter damit, dass Ihre Fähigkeiten in der Sprache Deutsch damals nicht so gut gewesen wären. Die Erstbefragung lag zu dem Zeitpunkt aber gerade etwas mehr als einen Monat zurück. Zudem steht diese Aussage im absoluten Widerspruch zur Zeugeneinvernahme von Pastor XXXX vom XXXX .08.2019. In dieser berichtete er, dass Sie Ihr 12. bis 14. Lebensjahr in Deutschland verbracht hätten und daher sehr gut Deutsch könnten. Sie wären dort zur Schule gegangen. Aus der Erstbefragung klingt zudem durch, dass der Freund immer noch davon ausgegangen wäre, dass Sie keine Religion hätten und sich für eine andere Religion interessiert hätten. Sie behaupteten jedoch unter anderem in Ihrer Einvernahme vom XXXX .06.2019, dass Sie bereits seit fünf Jahren für das Christentum geworben hätten.

Am XXXX .08.2019 behaupteten Sie in Ihrer Einvernahme zu einer etwaigen Wiederaufnahme des Verfahrens, dass Sie nicht wüssten, ob die iranischen Behörden von Ihrer Konversion wüssten, was sich mit der Aussage aus Ihrer Einvernahme am XXXX .10.2018 widerspricht, dass Sie von iranischen Beamten anonym bedroht worden wären. Wenn iranische Beamte Ihren Instagram-Account tatsächlich gekannt hätten, so ist die niederschriftliche Aussage vom XXXX .08.2019 nicht hinreichend nachvollziehbar, dass die Probleme möglicherweise von religiösen Gruppen, oder aber auch von Behörden ausgegangen wären. Zudem hätte Sie niemand zu Hause aufgesucht. Es ist davon auszugeben, dass Sie wegen den Postings auf dem Account und wegen der unterstellten Beeinflussung von Menschen auf Grund Ihrer XXXX kontakte ("Missionierung") im Iran Probleme bekommen hätten, sofern Ihre Aussagen der Wahrheit entsprächen, oder zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich gepostet wurde. Auf die Frage, ob Sie im Iran gepostet hätten und dadurch von staatlicher Seite Probleme gehabt hätten, erwiderten Sie, dass die Postings im Iran begonnen hätten und Sie durch religiöse Gruppen Probleme gehabt hätten. In der Erstbefragung vom XXXX .09.2018 erwähnten Sie, dass Sie aktuell an einem Digitalbuch schrieben und dieses dann auf Instagram öffentlich gemacht hätten.

In der Einvernahme vom XXXX .08.2019 gaben Sie wiederum niederschriftlich an, dass die Drohungen von religiösen Gruppen gekommen wären. Dass diese Leute von religiösen Gruppierungen wären, wäre Ihnen von diesen Gruppierungen am Telefon mitgeteilt worden. Sie behaupteten, dass die religiösen Gruppen mächtiger als die Politik wären. Dass diese dann nicht über die Behörden Ihre Festnahme veranlassen, sondern sie telefonisch bedrohen, ist nicht hinreichend plausibel nachvollziehbar.

Ein weiterer gravierender zeitlicher und inhaltlicher Widerspruch zwischen der Einvernahme vom XXXX .10.2018 und Ihrer Einvernahme vom XXXX .08.2019 ergibt sich zum Zeitpunkt und Umfang der vermeintlichen Bedrohungen. Am XXXX .08.2019 behaupteten Sie, dass diese ein oder zwei Jahre, bevor Sie den Iran verlassen hätten, begonnen hätten. Im Iran wären nur Sie bedroht worden. Am XXXX .10.2018 hätten die Drohungen etwa zwei Monate vor Ihrer Ausreise begonnen und es wäre auch die Familie bedroht worden. Die Drohungen gegen Ihre Frau und Tochter hätten vor zwei oder drei Monaten begonnen, so Ihre nunmehrige Aussage am XXXX .08.2019.

Sollten die behaupteten Drohungen rund 1 bis 2 Jahre vor Ihrer Ausreise begonnen haben, so ist es verwunderlich, dass Sie im Jahre 2016 von der Stiftung für Wissenschaft und Technik mit einer Art Doktortitel ausgezeichnet wurden und von der XXXX -Föderation der Islamischen Republik Iran bestätigt wurde, dass Sie XXXX 1. Grades sind. Am 11.11.2017 wurden Sie zudem von der Sportföderation der Veteranen und Behinderten der Islamischen Republik zum "Leiter des Komitees der Schiedsrichter des Verbandes für XXXX " ernannt. Sie selbst gaben an, dass Sie eine bekannte Person der Öffentlichkeit wären.

Es wird daher bereits an dieser Stelle von der Behörde konstatiert, dass der gesamte Fluchtgrund in Zweifel gezogen wird, wodurch auch etwaige christliche Aktivitäten im Iran nicht festgestellt und verifiziert werden können.

Ihr Interesse am Christentum wäre bei einem Sportwettbewerb in der XXXX im Jahre XXXX erweckt worden. Dort wären Sie auf deutsche Touristen gestoßen, denen Sie erzählt hätten, dass Sie Atheist wären. Die deutschen Touristen hätten Sie eingeladen, das Christentum auszuprobieren und kennenzulernen, doch hätten Sie bei Ihrer Rückkehr in den Iran die Gespräche vorerst vergessen. Als es Ihnen nach einiger Zeit schlecht gegangen wäre, hätten Sie sich an die Gespräche wieder erinnern können und hätten begonnen über das Christentum zu lesen und zu recherchieren. Sie hätten jahrelang eine Ehekrise durchlebt und hätte auch kein Kind haben wollen. Durch den Glaubenswechsel hätte sich Ihr Leben gewandelt.

In Ihrer Einvernahme vom XXXX .10.2018 erwähnten Sie, dass Sie sich für den Katholizismus entschieden hätten, weil der Protestantismus und der Islam unlogisch wären. Sie lebten Ihren Glauben unter anderem dadurch, dass Sie ständig Ihr Wissen erweitern wollen, damit Sie für andere Menschen ein Vorbild wären. Am Christentum gäbe es keine Kritik. Den Islam respektierten Sie. In dieser Einvernahme wurde Ihnen auch einige Fragen zum Alten Testament gestellt sowie die Frage, aus welchen großen Teile die Bibel bestünde. Sie antworteten, dass das Alte Testament aus 39 Büchern, das Neue aus 27 Büchern bestünde.

In Ihrer Einvernahme vom XXXX .08.2019 zur etwaigen Wiederaufnahme des Verfahrens wurden Sie erneut zu Ihrem Religionswechsel befragt. Dort steigerten Sie Ihre Kritik am Islam. Mit Unterdrückung und Verbrechen wären Muslime gemacht worden. Das Christentum hingegen wäre fortschrittlich und eine friedliche Religion. Diese Aussagen kann man als pauschal und dem Islam gegenüber herabwürdigend einstufen und entsprechen auch nicht der Geschichte des Christentums, mit der Sie sich ja laut Ihren Angaben etwas beschäftigt haben.

Mit der Bibel beschäftigten Sie sich dann, wenn Sie Fragen hätten. Sie suchten dann in der Bibel nach Antworten. Sie wüssten jedoch nicht, wie oft Sie in der Woche in der Bibel lesen. Es wäre mal mehr, mal weniger. Aus wie vielen Büchern das Alte Testament bestünde, konnten Sie in dieser Einvernahme nicht beantworten.

Im katholischen Kanon sind es 46 Bücher, im Protestantismus die von Ihnen am 17.10.2018 erwähnten 39.

Aus dem Alten Testament war Ihnen jedenfalls kein Buch geläufig, obwohl Sie zu den Büchern Moses gefragt wurden und Ihnen am XXXX .10.2018 Fragen zu Kain und Abel, Sintflut und Turmbau von Babel gestellt wurden.

Auch aus dem Neuen Testament waren Ihnen wesentliche Geschichten nicht geläufig, nämlich die Apostelversammlung aus der Apostelgeschichte sowie der Römerbrief.

Letztlich verstanden Sie die Frage nicht, wie viele Sakramente der Katholizismus hat. Das ist besonders erstaunlich, da die Taufvorbereitung Ihren Angaben nach nicht auf Farsi, sondern auf Deutsch gehalten wurde. Für jemanden, der Deutsch bereits in Deutschland gelernt hat, sollte es kein Problem sein, gewisse Begrifflichkeiten wie "Sakrament" zu verstehen.

Aus sämtlichen Einvernahmen und Schilderungen wird daher durch die Behörde der Schluss gezogen, dass keine intensive Beschäftigung mit dem Christentum, speziell mit dem Katholizismus, aus Ihren Aussagen und Aktivitäten abgeleitet werden kann und daher eine Konversion aus einer inneren Überzeugung nicht erkennbar ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geht daher von einer Täuschung der Behörde aus, was eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigt."

In rechtlicher Hinsicht wurde festgehalten, dass damit die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Asylverfahrens des Beschwerdeführers vorlägen.

Im Übrigen begründete die belangte Behörde die weiteren Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides.

17. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht vollumfänglich Beschwerde.

Darin bringt er u.a. vor, er habe entgegen der Ansicht der belangten Behörde den ihm gewährten Status des Asylberechtigten nicht erschlichen.

18. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verfahrensunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Verfahren wird der unter Punkt I. dargelegte Sachverhalt zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsunterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1.1.Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht oder ein Asylauschlussgrund gesetzt wurde.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 und 12 leg. cit. ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach Art. 9 Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) muss eine Verfolgungshandlung iSd GFK aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:

Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden, unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 2 Statusrichtlinie fallen und Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Der Begriff der Religion umfasst nach Art. 10 Statusrichtlinie insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst hat (vgl. E 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117; 24.10.2001, 99/20/0550; 17.09.2008, 2008/23/0675, je mwN) kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).

3.2.1.2. Gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist. Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 leg. cit. die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 leg. cit. stattfinden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein "Erschleichen" eines Bescheides vor, wenn dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht worden und diese Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt worden sind, wobei Verschweigen wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtige Angaben gleichzusetzen ist. Dabei muss die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und eine solche Lage bestehen, dass ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteienangaben als Erschleichen des Bescheides im Sinne des § 69 Abs. 1 Z1 AVG zu werten (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0346; 13.12.2005, 2003/01/0184; 08.06.2006, 2004/01/0470).

Mit Irreführungsabsicht hat die Partei dann gehandelt, wenn sie vorsätzlich, also wider besseren Wissens, falsche Angaben gemacht oder entscheidungsrelevante Umstände verschwiegen hat (VwGH 25.04.1995, 94/20/0779) und damit das Ziel verfolgt, daraus einen (vielleicht) sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen (VwGH 10.09.2003, 2003/18/062; 29. 01.2004,2001/20/0346; 08.06.2006,2004/01/0470). Die Behörde hat aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen freier Beweiswürdigung auf das eventuelle Vorliegen einer solchen Absicht zu schließen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 69 Rz 14).

Es müssen drei Voraussetzungen vorliegen, um von einem "Erschleichen" eines Bescheids auszugehen:

1. objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung,

2. ein Kausalzusammenhang zwischen der unrichtigen Angabe der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde und

3. Irreführungsabsicht der Partei, nämlich eine Behauptung wider besseren Wissens in der Absicht, daraus einen Vorteil zu erlangen (VwGH 25.04.1995, 94/20/0779; VwGH 27.04.1978, 2624/76).

3.2.2.1. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtshofes aus nachstehenden Gründen nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer den Bescheid, mit dem ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, iSd § 69 Abs. 1 Z 1 AVG erschlichen hätte:

Zu beurteilen zunächst, ob der Beschwerdeführer in Irreführungsabsicht Angaben gemacht hat, die die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat und die für ihren Entschluss, ihm Asyl zu gewähren, kausal waren.

Welche Umstände diesen Entscheidungsentschluss bewirkt haben, ist dabei - mangels Anhaltspunkten im angefochtenen Bescheid selbst - anhand des unter Punkt I.4. dargestellten, am gleichen Tag wie der Bescheid verfassten Aktenvermerks zu beurteilen. Aus diesem ergibt sich, dass zum einen die angenommenen guten Kenntnisse des Beschwerdeführers über das Christentum sowie die aus seinen Antworten abzuleitende Glaubensüberzeugung und zum anderen der Umstand, dass er auf Instagram christliche Texte veröffentlicht hat, im Zusammenhang mit seiner - in Hinblick auf seine Tätigkeit als XXXX - exponierte Position im Iran auschlaggebend waren, während dies etwa für seine Aussagen über Verfolgungsverhandlungen vor der Ausreise aus dem Iran nicht zutrifft.

Daher kann schon aus diesem Grund den von der belangten Behörde angenommenen Widersprüchen und Unplausibilitäten im betreffenden Vorbringen im gegebenen Zusammenhang keine Relevanz zukommen; im Übrigen treffen diese Vorwürfe entweder gar nicht zu - so sind bezüglich der Frage, wann die Verfolgungshandlungen begonnen hätten und ob sie nur den Beschwerdeführer selbst oder aber auch seine Familienangehörigen betroffen hätten, Aussagen, wonach er selbst mit Übergriffen gegen seine Frau bzw. seine Tochter bedroht worden sei, vom Vorbringen zu Drohungen gegen seine Frau nach seiner Ausreise zu unterscheiden - oder sind diese Abweichungen nicht von einem Gewicht, dass daraus auf eine Irreführungsabsicht des Beschwerdeführers geschlossen werden könnte.

Soweit sich die belangte Behörde aber auf mangelndes Wissen des Beschwerdeführers in Glaubensfragen stützt, ist Folgendes festzuhalten: Die ihm im Asylverfahren gestellten derartigen Fragen bezogen sich ganz überwiegend auf die Inhalte alttestamentarischer Erzählungen wie Kain und Abel, die Sintflut sowie den Turmbau zu Babel (vgl. Verwaltungsakt AS 76), die sich in ähnlicher Form auch im Koran finden (vgl. Sure 5, Vers 28-31, Sure 11 Vers 26-36 bzw. Sure 26 Vers 36) und dem Beschwerdeführer als "geborenen Moslem" somit auch aus diesem Kontext geläufig sein konnten. Wenn die Behörde im angefochtenen Bescheid nun ausführt, dem Beschwerdeführer fehle es an hinreichenden Kenntnissen über die Bücher des Alten Testaments sowie über - genuin christliche - Aspekte wie die Sakramente der katholischen Kirche, die Apostelgeschichte und den Römerbrief, muss sie sich daher entgegenhalten lassen, dass sie es verabsäumt hat, (schon) im Asylverfahren von den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung Gebrauch zu machen.

Somit war nicht anzunehmen, dass gegenständlich der Wiederaufnahmetatbestand des "Erschleichens" des Bescheides erfüllt ist, zumal das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen - da sie eine Durchbrechung der Rechtskraft und damit einen Eingriff in die Rechtssicherheit ermöglichen - streng zu prüfen ist (VwGH 26.04.1984, 81/05/0081).

3.2.2.2. Auch haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass das Asylverfahren aus anderen Gründen wiederaufzunehmen wäre.

3.2.3. Die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des mit dem unter Punkt I.3. dargestellten Bescheid rechtskräftig angeschlossenen Asylverfahren sind somit nicht erfüllt, sodass der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid (ersatzlos) zu beheben war.

3.2.4. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt schien und es sich bei der Einordnung, ob die Eignung eines vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt (vgl. VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159; Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 32 VwGVG Anm.9), konnte gemäß § 24 VwGVG iVm § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I 87/2012 (BFA-VG), die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/220/0017 und 0018; VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung (vgl. die oben unter Punkt 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); schließlich ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

3.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

amtswegige Wiederaufnahme Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Erschleichen Konversion Rechtskraft Rechtssicherheit Religion Wiederaufnahme Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W176.2226842.1.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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