TE Bvwg Beschluss 2020/4/9 W123 2195684-1

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Veröffentlicht am 09.04.2020
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Entscheidungsdatum

09.04.2020

Norm

AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AVG §62 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W123 2195581-1/13Z

W123 2195679-1/16Z

W123 2195681-1/13Z

W123 2195684-1/11Z

W123 2195688-1/15Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über den Antrag

1. der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, 1100508903-152076014/BMI-BFA_STM_RD (W123 2195688-1),

2. des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, 1100508707-152075999/BMI-BFA_STM_RD (W123 2195679-1),

3. des mj. XXXX , geb. XXXX , auch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, 1100509301-152076065/BMI-BFA_STM_RD (W123 2195581-1),

4. des mj. XXXX , geb. XXXX , auch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, 1100509203-152076057/BMI-BFA_STM_RD (W123 2195681-1) und

5. der mj. XXXX , geb. XXXX , auch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, 1100509007-152076022/BMI-BFA_STM_RD (W123 2195684-1),

alle StA. Afghanistan, auf Berichtigung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.03.2019, W123 2195581-1/9E, W123 2195679-1/10E, W123 2195681-1/9E, W123 2195684-1/8E, W123 2195688-1/9E, beschlossen:

A)

Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.03.2019, W123 2195581-1/9E, W123 2195679-1/10E, W123 2195681-1/9E, W123 2195684-1/8E, W123 2195688-1/9E, wurden den Beschwerden insoweit stattgegeben, als den Beschwerdeführern eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum 21.03.2020 erteilt wurde.

Das Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen.

2. Mit Schriftsatz vom 28.02.2020 beantragten die Antragsteller die Berichtigung von Geburtsdaten, in concreto der Kinder XXXX , von XXXX auf XXXX und XXXX , von XXXX auf XXXX .

Zur Begründung wurde vorgebracht, dass im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.03.2019 von den Antragstellern erst jetzt bemerkt worden sei, dass seinerzeit das Geburtsdatum des minderjährigen XXXX irrtümlich mit XXXX angegeben worden sei. XXXX sei jedoch am XXXX geboren. XXXX sei richtigerweise am XXXX geboren. Die Antragsteller legten dem Antrag die Umrechnungsblätter, nach denen die Geburtsdaten ermittelt worden seien, bei und brachten abschließend vor, dass es sich um einen "offensichtlichen Irrtum des Bundesverwaltungsgerichtes zum damaligen Zeitpunkt" gehandelt habe.

II. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 62 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG iVm § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG kann das Bundesverwaltungsgericht jederzeit von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in seinen Entscheidungen berichtigen.

Eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG hat durch Bescheid (hier: Beschluss) zu erfolgen und bewirkt feststellend, dass das berichtigte Erkenntnis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erlassung geändert wird. Die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG ist dem § 419 ZPO nachgebildet und soll der Prozessökonomie dadurch dienen, dass besonders offenkundige Fehler auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens korrigiert werden können. Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können (VwGH 19.11.2002, Zl. 2002/12/0140).

Einem Berichtigungsbescheid (hier: Berichtigungsbeschluss) kommt nur feststellende, nicht jedoch rechtsgestaltende Wirkung zu. Seine Funktion erschöpft sich ausschließlich in der Feststellung des tatsächlichen Inhaltes des berichtigten Bescheides (Erkenntnisses) schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung. Einem solchen Verständnis vom Wesen des Berichtigungsbescheides entspricht die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes des Inhaltes, dass ein Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid (Erkenntnis) eine Einheit bildet, sodass der berichtigte Bescheid (Erkenntnis) iSd Berichtigungsbescheides in dem Zeitpunkt als geändert angesehen werden muss, in dem er in Rechtskraft erwachsen ist (VwGH 14.10.2003, Zl. 2001/05/0632).

Eine Berichtigung setzt voraus, dass eine Entscheidung fehlerhaft ist und dass diese Unrichtigkeit auf einem Versehen beruht und offenkundig ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Bd. 1, 2. Aufl. [1998], E 180 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung und zuletzt VwGH 17.11.2004, Zl. 2004/09/0019). Dafür reicht es aus, wenn die Personen, für welche die Entscheidung bestimmt ist, ihre Unrichtigkeit hätten erkennen können und wenn sie das Bundesverwaltungsgericht - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei ihrer Erlassung hätte vermeiden können (vgl. die a.a.O., E 182 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung und zuletzt VwGH 24.01.2006, Zl. 2005/08/0221; vgl. jedoch VwGH 05.11.1997, Zl. 95/21/0348). Ein Versehen ist dann klar erkennbar, wenn dazu kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig sind; dabei ist vom Maßstab eines mit der Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen (VwGH 14.12.2005, Zl. 2002/12/0183).

2. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller unterlief dem Bundesverwaltungsgericht jedoch im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses am 31.03.2019 kein "offenkundiger Irrtum" hinsichtlich der Geburtsdaten der Kinder XXXX und XXXX (etwa dahingehend, dass aus "Versehen" ein unrichtiges Geburtsdatum eingefügt wurde). Es fand sich vielmehr zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens (bzw. des Asylverfahrens vor der belangten Behörde) ein Hinweis dafür, dass die Geburtsdaten der beiden minderjährigen Beschwerdeführer falsch geführt gewesen wären. Die Geburtsdaten sämtlicher Beschwerdeführer wurden während des gesamten Beschwerdeverfahrens (sowohl vom Bundesverwaltungsgericht, als auch von den nunmehrigen Antragstellern selbst) gleich bezeichnet (vgl. die jeweiligen OZ's in den Verfahrensakten). Abgesehen davon war für die Antragsteller offenkundig selbst ein "längeres Nachdenken" zum nunmehrigen Vorbringen erforderlich, da das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom März 2019 stammt, der gegenständliche Antrag jedoch erst im Februar 2020 gestellt wurde.

Im Übrigen vermochten die Antragsteller auch nicht näher zu begründen, worin der "offensichtliche Irrtum" des Bundesverwaltungsgerichtes bestanden haben soll. Allein die Übermittlung der Umrechnungsblätter ist nicht geeignet, einen (formalen) Nachweis dafür zu liefern, dass die nunmehr angeführten Geburtsdaten hinsichtlich XXXX und XXXX tatsächlich richtig waren und sind.

3. Der Antragsteller hat auf die "von Amts wegen" vorzunehmende begehrte Berichtigung keinen Rechtsanspruch (vgl. VwSlg 4472 A/1957; VwGH 11. 3. 1983, 82/04/0126).

Grundsätzlich bleibt es einer Verfahrenspartei, wie dem Antragsteller, allerdings unbenommen, eine amtswegige Berichtigung anzuregen. Wird dieser Anregung von der Behörde jedoch keine Folge gegeben, so ist die Partei hiedurch in keinem Recht verletzt (VwGH 12. 11. 1957, 846/57; 10. 12. 1991, 91/04/0289; 19. 12. 1995, 93/05/0179). Ein Antrag auf Berichtigung ist durch verfahrensrechtlichen Bescheid als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH 30. 5. 1969, 1564/68; 10. 12. 1991, 91/04/0289).

Somit war gegenständlicher Antrag mit Beschluss zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Berichtigung Rechtsanspruch unzulässiger Antrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2195684.1.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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