TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/14 W154 2163976-1

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Veröffentlicht am 14.04.2020
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Entscheidungsdatum

14.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W154 2163976-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8.7.2017, Zahl: 1075275009 - 170800837, und die Anhaltung in Schubhaft vom 8.7.2017 bis 15.7.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 und 4 VwG-Aufwandersatzverordnung dem Bund, vertreten durch den Bundesminister für Inneres, Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 25.6.2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde gem. § 3 AsylG und § 8 AsylG negativ entschieden und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Mangels Erhebung eines Rechtsmittels erwuchs diese am 24.11.2016 in Rechtskraft.

2. In weiterer Folge kam der Beschwerdeführer der ihm eingeräumten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht nach.

3. Für den 29.3.2017 und 31.5.2017 geplante Abschiebungen nach Afghanistan konnten nicht durchgeführt werden, weil der Beschwerdeführer jeweils an seiner gemeldeten Wohnsitzadresse in Graz nicht angetroffen wurde.

4. Am 18.6.2017 wurde der Beschwerdeführer in Wiener Neustadt aufgegriffen, gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festgenommen und nach einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) über ihn mit Mandatsbescheid vom 19.6.2017, Zahl 1075275009 + 170712768, (erstmals) die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

5. Am 24.6.2017 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag. Mit mündlich verkündetem Mandatsbescheid vom 3.7.2017 hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz auf.

6. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 5.7.2017, GZ W117 2162945-1/9Z, gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen den Mandatsbescheid vom 19.6.2017 erhobenen Schubhaftbeschwerde statt, erklärte den Schubhaftbescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 19.6.2017 für rechtswidrig (Spruchpunkt I.) und stellte fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorlägen (Spruchpunkt II.).

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, es sei aktenwidrig, dass der Beschwerdeführer gegen Meldevorschriften verstoßen habe. Er wäre zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung ordentlich gemeldet gewesen und aus seinen Schilderungen zu seinem täglichen Lebenslauf könne nicht der Schluss gezogen werden, dass er sich nicht zumindest regelmäßig an der polizeilichen Meldeadresse aufgehalten hätte. Die Bescheidausführungen, wonach der Beschwerdeführer sich zweimal einer drohenden Abschiebung entzogen hätte, seien insofern nicht schlüssig, als ihm dies nicht nachgewiesen werden könne. Die Information über die bevorstehende Abschiebung vom März sei ihm z.B. offensichtlich nicht zugestellt worden. Ein völliges Untertauchen in die Illegalität sei abgesehen von der Meldesituation auch aufgrund der von der Zeugin im Rahmen der mündlichen Verhandlung beschriebenen Unterkunftsmöglichkeit nicht anzunehmen.

Der Beschwerdeführer sei jedoch gehalten, entweder die Unterkunft in Graz neu aufzusuchen oder an der Alternativadresse der Zeugin Unterkunft zu nehmen und sich in diesem Falle polizeilich umzumelden.

7. Am 5.7.2017 wurde der Beschwerdeführer von seiner Wohnsitzadresse in Graz abgemeldet, eine neuerliche Meldung an einer anderen Wohnsitzadresse erfolgte nicht.

8. Am 7.7.2017 wurde der Beschwerdeführer um 20:50 Uhr von der Polizei in Wr. Neustadt einer Personenkontrolle unterzogen, festgenommen und am 8.7.2017 zur möglichen Schubhaftverhängung bzw. Verhängung eines Gelinderen Mittels einvernommen.

Dabei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zunächst an, er habe in der Schubhaft schon erklärt, dass er nicht mehr zurückkehren könne und in Afghanistan mit dem Tod bedroht werde. Nach der Entlassung aus der (ersten) Schubhaft habe er bei einem Freund in Wien übernachtet, bis Montag hätte er bei Freunden in Wr. Neustadt bleiben wollen. Warum er nach Entlassung aus der Schubhaft nicht an seine Wohnsitzadresse in Graz zurückgekehrt sei, erklärte er zunächst damit, es hätte sich wegen seiner Termine bei er Diakonie nicht ausgezahlt, zurückzufahren.

Der Beschwerdeführer habe nur einen alten Meldezettel von vor 8 oder 9 Monaten mit. Sonstige Dokumente besitze er nicht.

Dass er sich nach Entlassung aus der Schubhaft nicht behördlich gemeldet habe, begründete er damit, eine österreichische Freundin habe bei der Behörde angegeben, dass sie ihn aufnehmen werde. Ihre Adresse sei der Behörde bekannt. Um sich anzumelden, müsste er jedoch dort wohnen und dies sei nicht der Fall gewesen.

Nochmals gefragt, warum er dort weder Unterkunft bezogen noch sich behördlich gemeldet hätte, antwortete der Beschwerdeführer wörtlich: "Ich habe dieser Freundin seit 5 Monaten keine Miete bezahlt, darum wohne ich nicht dort. Ich habe keinerlei Unterstützung bekommen und irre von A nach B, um Rechtsberatung zu bekommen. Aber zu den Terminen bei der Diakonie bin ich gegangen. Ich bin geflüchtet aus Afghanistan."

Derzeit verfüge er über 120 oder 130 ?. Er habe selbst gar kein Geld, aber ein afghanischer Freund, der schon Dokumente habe, und ein anderer, der auch wie er keine besitze, hätten ihm Geld gegeben. Bankomat- oder Kreditkarten besitze er nicht.

Es gehe ihm nicht gut, weil er Angst habe, nach Afghanistan zurückkehren zu müssen. Er habe überlegt, was er tun könne, um das zu verhindern und würde sich eher das Leben nehmen.

Nach Graz sei er deshalb nicht zurückgekehrt, weil er in Wien Unterstützung von Personen aus seinem Stamm erhalte: "Die sah so aus, dass dieser eine Freund die Diakonie aufgesucht hat und die haben mich im Gefängnis aufgesucht. In Graz war ich bei einem Freund untergebracht und habe ihm Miete nicht bezahlt, ich schäme mich deshalb. Ich muss abwarten, ich müsste das Geld dort bezahlen. Aber ich könnte jetzt dorthin zurückkehren, wenn Sie das wollen."

In Graz habe er wegen seiner Termine in letzter Zeit bei einem Freund gewohnt, der Dokumente hätte. Gemeldet sei er eigentlich bei einem Afghanen gewesen. Daraufhin korrigierte sich der Beschwerdeführer dahingehend:

"Nein, ich habe gemeint ich war immer in der Pension in Graz. Ich habe in Graz aber an zwei Adressen gewohnt, bei einem Afghanen und in der Pension. In Wien habe ich eine Freundin, bei der könnte ich wohnen, ich habe aber immer in Graz gelebt."

Vorgehalten, die Behörde müsse im Hinblick auf die soeben erfolgte Einvernahme und der unterschiedlich gemachten Angaben davon ausgehen, dass er auch zukünftig nicht greifbar sein werde, er zudem in keiner Weise integriert sei, ein rechtskräftig negativ abgeschlossenes Asylverfahren habe und keine besonderen Umstände der Schubhaft entgegen stünden, nahm der Beschwerdeführer folgendermaßen Stellung:

"Warum wurde ich dann freigelassen, wenn ich mein Asylverfahren nicht weiterbetreiben kann? Der Richter hat mich freigelassen, damit ich es betrieben kann. Ich bin so weit, dass ich mir etwas antue, ehe ich nach Afghanistan zurückkehre. Es geht mir psychisch und physisch schlecht, ich will eher sterben, bevor ich zurückkehren muss. Ich möchte, dass Sie meinen psychischen Zustand genauso notieren, ich habe ein Recht darauf."

Und weiters:

"In Afghanistan stirbt man grausam, aber schnell. Hier wurde ich zuerst psychisch krank dadurch und jetzt schicken Sie mich in den Tod. Ich bin gesund gewesen und jetzt psychisch krank. Ich füge mir Verletzungen zu an Händen und am Körper zu und bin verzweifelt und weiß nicht weiter."

Medikamente benötige er keine, aber er trinke Alkohol, um den Schmerz zu betäuben:

"All das, was ich hier durchgemacht habe, hat mich krank gemacht. In Afghanistan werde ich umgebracht, ich werde keinesfalls dorthin zurückkehren. Wozu hat mich der Richter freigelassen? Keiner hat mir gesagt, dass ich mich melden muss. Ich kann ja auch nicht jeden Tag nach Graz fahren, das Geld hätte keiner. Ich wollte lieber in Wien als in Graz sein, um zur Diakonie zu gehen. Der Richter hat mir nur gesagt, dass ich zur Diakonie gehen soll, mehr hat er mir nicht gesagt. Ich habe aber auch gar keinen Kopf mir das alles anzutun, was Sie hier alle von mir verlangen. Ich will nur nicht nach Afghanistan zurückkehren. Was Sie mich fragen, bin ich auch schon alles gefragt worden und ich habe immer gesagt, dass ich nicht zurückkehren kann."

9. Mit dem gegenständlichen, im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft [zur Sicherung der Abschiebung] angeordnet.

Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes fest:

"Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie sind Staatsangehöriger Afghanistans.

Sie haben keine Familienangehörigen in Österreich.

Sie sind gesund und benötigen keine Medikamente und keinen Arzt.

Sie sind ledig und haben keine Kinder.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Ihre Asylverfahren wurden negativ entschieden.

Sie halten sich illegal in Österreich auf.

Sie besitzen über keine Identitätsdokumente und Reisedokumente.

Aufgrund der fehlenden Reisedokumente ist es Ihnen nicht Möglich Österreich auf legalem Wege zu verlassen.

Eine Rückkehrentscheidung gegen Ihre Person ist durchsetzbar und rechtskräftig. Ihnen wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt, welcher Sie bis heute nicht nachgegangen

sind. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.

Ihre Abschiebung war zuletzt für den 15.07.2017 geplant und wird nach wie vor für den 15.07.2017 in Aussicht genommen, ein Laissez passer ist vorhanden.

Betreffend den von Ihnen am 24.06.2017 neuerlich eingebrachten Asylantrag wurde der faktische Abschiebeschutz gem. §12a Abs 1 AsylG 2005 bereits aberkannt.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

Sie sind illegal nach Österreich eingereist.

Obwohl bezüglich Ihrer Person eine Rückkehrentscheidung besteht, hielten Sie sich weiterhin in Österreich auf.

Sie haben sich keine Identitätsdokumente ausstellen lassen.

Sie verfügen über keine ausreichenden Barmittel, um Ihren Unterhalt zu finanzieren.

Sie beziehen keine Grundversorgung und sind nicht für den österreichischen Arbeitsmarkt zugelassen. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.

Sie haben derzeit keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und waren auch an Ihrem bisherigen Wohnsitz nicht für die Behörde greifbar, da Sie sich nicht regelmäßig dort aufgehalten haben.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Es steht fest, dass in Österreich keiner Ihrer Familienangehörigen lebt. Sie sind in Österreich zudem weder beruflich noch sozial verankert. Eine Integration oder soziale Bindung zu Österreich in besonderem Maß konnte nicht festgestellt werden."

Weiters führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seitens des Bundesverwaltungsgerichtes explizit dazu angehalten worden, umgehend an seiner Wohnsitzadresse in Graz oder aber an der im Zuge seiner (damaligen) Schubhafteschwerde und -einvernahme genannten Wohnmöglichkeit in Wien Unterkunft zu nehmen und sich entsprechend polizeilich zu melden. Dieser Aufforderung sei er jedoch nicht nachgekommen, sondern stattdessen am 7.7.2017 um 20:50 Uhr von der Polizei in Wr. Neustadt einer Personenkontrolle unterzogen worden. In der Einvernahme habe er angegeben, er hätte sich über das Wochenende bei Freunden aufhalten wollen. Warum er der Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht, an einer der Behörde bekannten Adresse Unterkunft zu nehmen und sich behördlich zu melden, nicht nachgekommen sei, obwohl Ihm zu diesem Zeitpunkt die Dringlichkeit Ihrer Meldung bewusst gewesen sein musste, habe er in der niederschriftlichen Einvernahme nicht erklärt, sondern im Gegenzug dazu sogar Angaben gemacht, die seinen bisherigen Aussagen betreffend seine Wohnsituation widersprächen. Das gelte auch für seine Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dass es ihm möglich gewesen sei, (nach seiner Freilassung) in Wr. Neustadt "mit Freunden Alkohol zu trinken" und dort das Wochenende zu verbringen, nicht aber die zuständige Meldebehörde aufzusuchen, sei nicht nachvollziehbar, trotz der relativ kurzen Zweitspanne zwischen der Schubhaftentlassung und neuerlichen Festnahme. Es habe daher festgestellt werden müssen, dass der Beschwerdeführer versucht habe, sich der durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch die Behörde zu entziehen. Am Ende der Einvernahme vom 8.7.2017 habe der Beschwerdeführer sogar mit Selbstmord gedroht, um der Abschiebung entgehen zu können, die für den 15.7.2017 in Aussicht genommen werde. Nach Abschluss der Einvernahme vor dem Bundesamt habe er versucht, sich in Anwesenheit des Behördenvertreters, der Polizei und Dolmetscherin, selbst zu verletzten, indem er sich Brandwunden am rechten Arm aufgerissen habe, um den Maßnahmen zu entgehen.

10. Am 8.7.2017 wurde der Beschwerdeführer um 14:25 Uhr in Schubhaft genommen.

11. Gegen den gegenständlichen Mandatsbescheid des Bundesamtes sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wurde am 11.7.2017 rechtzeitig Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG erhoben.

Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bis dato durchgehend an seiner grazer Adresse gemeldet wäre. Anlässlich seiner mündlichen Verhandlung am 5.7.2017 sei der (damaligen) Beschwerde stattgegeben und die Fortsetzung der Schubhaft für unzulässig erklärt worden. Am 7.7.2017 habe die Polizei den Beschwerdeführer erneut in Wiener Neustadt aufgegriffen und die belangte Behörde die Schubhaft verhängt, mit der identen Begründung, er sei nicht polizeilich gemeldet. Abgesehen von seiner ununterbrochenen Meldung in Graz habe er laut eigenen Angaben vor, bei einer Bekannten in Wien Unterkunft zu beziehen und sich dort amtlich zu melden, sei jedoch zuvor festgenommen worden. Zum Beweise werde eine Kopie der Wohnrechtsbestätigung vorgelegt.

Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge

* eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;

* den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt sei;

* im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorlägen;

* der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß VwG-Aufwandsersatzverordnung, sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, auferlegen.

12. Im Rahmen ihrer Beschwerdevorlage vom 12.7.2017 nahm die belangte Behörde zum Beschwerdevorbringen im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass der Beschwerdeführer zuletzt am 5.7.2017 aus der Schubhaft entlassen worden sei, nachdem im Zuge der eingebrachten Schubhaftbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht mangelnde Fluchtindikatoren festgestellt und die Anhaltung folglich für rechtswidrig erklärt worden sei. Der Mangel an Fluchtindikatoren, trotz geplanter Abschiebung am 15.7.2017, habe sich primär damit begründet, dass der Beschwerdeführer laut eigenen Angaben über eine aufrechte Wohnadresse in Graz verfügt hätte und zudem aus der Anwesenheit einer Zeugin bei der mündlichen Verhandlung, die eine Wohnrechtsbestätigung, beginnend mit 28.6.2017, für eine Wohnung in Wien vorlgeegt habe. Die Angabe des Bundesamtes, wonach die Abmeldung vom Wohnsitz in Graz bereits vor 6 Wochen in die Wege geleitet worden sei, nachdem an die dortige Adresse bereits der - nach Hinterlegung rechtskräftige - Asylbescheid nicht persönlich zugestellt werden habe können sowie nach dem erfolglosen Verlauf zweier Festnahmeversuche im März und Mai 2017, sei noch nicht aus dem ZMR ersichtlich gewesen.

Die Abmeldung sei mit 5.7.2017 erfolgt und der Beschwerdeführer verfüge seitdem nicht mehr, wie in der Beschwerde behauptet, über eine amtliche Meldeadresse. Er sei im Lauf seines Asylverfahrens wiederholt zu seiner Meldeverpflichtung belehrt und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht dazu angehalten worden, an der von ihm genannten Adresse in Graz oder in der Wohnung der Zeugin Unterkunft zu nehmen bzw. sich entsprechend seinem Aufenthaltsort behördlich zu melden.

Dass der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der Schubhaft am 5.7.2017 nach Graz zurückgekehrt wäre oder aber an der in der Wohnrechtsbestätigung genannten Adresse Unterkunft genommen hätte, könne anlässlich der Festnahmeumstände am 7.7.2017 und seiner Angaben in der Einvernahme zur Prüfung allfälliger Sicherungsmaßnamen am 8.7.2017 ausgeschlossen werden. Er sei am späten Abend in Wr. Neustadt einer Personenkontrolle unterzogen worden, als er mit anderen Personen in Bahnhofsnähe Alkohol konsumiert habe, und habe selbst angegeben, er hätte nach der Schubhaftentlassung bei einem Freund in Wien übernachtet und wolle nun einige Tage in Wr. Neustadt - die Angabe habe von einer Nacht über das ganze Wochenende gereicht - verbringen. In der Zeit seit seiner Entlassung habe er einen Termin bei der Diakonie zur Rechtsberatung wahrgenommen, da er mangels finanzieller Möglichkeiten aktuell nicht über eine rechtliche Vertretung verfügen würde. Sonst habe er überlegt, was er tun könne, um seine Rückkehr nach Afghanistan zu verhindern. (vgl. EV- Protokoll vom 8.7.2017, S. 3-4) Danach gefragt, weshalb er sich nach seiner Entlassung nicht behördlich gemeldet habe habe er geantwortet, dass seine Bekannte schon bei den Behörden angegeben hätte, dass sie ihn aufnehmen würde. Auf wiederholte Nachfrage erklärte er dann, dort gar nicht zu wohnen und darum nicht dort gemeldet zu sein. (vgl. EV- Protokoll vom 08.07.2017, S. 3) Die Behauptung im Zuge der Schubhaftbeschwerde, wonach er laut eigenen Angaben bei seiner Bekannten (der Zeugin) Unterkunft beziehen und sich dort polizeilichen melden wolle, könne demnach nicht nachvollzogen werden, sondern es sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich dabei um eine Scheinbehauptung handle. Weder ergebe sich aus seinen Aussagen, noch aus seinem Verhalten, dass er im Verfahren mitzuwirken gedächte - trotz der kurzen Zeitspanne zwischen seiner Schubhaftentlassung und neuerlichen Festnahme. Obwohl ihm zum genannten Zeitpunkt die Dringlichkeit seiner Meldung bewusst gewesen sein musste - sei er doch sogar im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hierzu belehrt worden - sei er weder seiner Meldeverpflichtung nachgekommen, noch habe er auf andere Art und Weise dazu beigetragen, für die Behörde greifbar zu sein. Dabei sei er spätestens seit seiner mündlichen Verhandlung, das Erkenntnis habe er im Zuge seiner Festnahme am 7.5.2017 bei sich getragen, über den für den 15.7.2017 anberaumten Abschiebetermin informiert gewesen.

Im Gegenzug dazu habe er jedoch bei seiner Einvernahme am 8.7.2017 wie folgt behauptet:

"In Afghanistan werde ich umgebracht, ich werde keinesfalls dorthin zurückkehren. Wozu hat mich der Richter freigelassen? Keiner hat mir gesagt, dass ich mich melden muss. Ich kann ja auch nicht jeden Tag nach Graz fahren, das Geld hätte keiner. Ich wollte lieber in Wien als in Graz sein, um zur Diakonie zu gehen. Der Richter hat mir nur gesagt, dass ich zur Diakonie gehen soll, mehr hat er mir nicht gesagt. Ich habe aber auch gar keinen Kopf mir das alles anzutun, was Sie hier alle von mir verlangen. Ich will nur nicht nach Afghanistan zurückkehren. Was Sie mich fragen, bin ich auch schon alles gefragt worden und ich habe immer gesagt, dass ich nicht zurückkehren kann." (vgl. EV-Protokoll vom 08.07.2017, S. 6)

Betreffend seinen ehemaligen Wohnsitz in Graz habe er im Übrigen, ebenfalls im Gegensatz zu seinen Angaben im Zuge seiner mündlichen Verhandlung, angegeben, dort zuletzt gar nicht gelebt zu haben.

In Gesamtbetrachtung der offensichtlichen Falschangaben im Zuge seines Verwaltungsverfahrens, der in diesem Zusammenhang in anderem Licht erscheinenden erfolglosen Festnahmeversuche sowie des Versuchs, sich der Sicherungsmaßnahme zu entziehen, sei die Schubhaft erneut zu verhängen gewesen. Davon, dass das Gelindere Mittel als ausreichende Maßnahme herangezogen werden könnte, sei ob der jüngsten Entwicklungen und des neuen Sachverhalts nicht mehr auszugehen gewesen. Zudem werde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer am Ende seiner Einvernahme vom 8.7.2017 für den Fall seiner Abschiebung sogar mit Selbstmord gedroht habe.

Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. die Beschwerde als unbegründet abweisen

2. gemäß §22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und weiter vorliegen

3. den Beschwerdeführer zum Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde verpflichten.

13. Mit Beschluss vom 12.7.2017, GZ W127 2163764-1/4E, erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend den Beschwerdeführer gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG iVm § 22a BFA-VG für rechtmäßig.

14. Am 15.7.2017 wurde der Beschwerdeführer erfolgreich nach Afghanistan abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger. besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft bestand gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Dieser Ausreiseverpflichtung nach Afghanistan kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Die Abschiebung war für den 15.7.2017 geplant und organisiert, ein Heimreisezertifikat war vorhanden.

Der Beschwerdeführer betonte im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 8.7.2017 mehrfach ausdrücklich, keinesfalls nach Afghanistan zu wollen. Er habe überlegt, wie er dies abwenden könne, werde sein Asylverfahren weiter betreiben, drohte im Falle seiner Abschiebung mit Selbstmord und versuchte, sich selbst zu verletzen (woran er jedoch durch die anwesenden Polizeibeamten gehindert wurde).

Im Stande der (ersten) Schubhaft hatte der Beschwerdeführer am 24.6.2017 einen Folgeantrag gestellt und die belangte Behörde am 3.7.2017 den faktischen Abschiebeschutz aufgehoben. Diese Aufhebung wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 12.7.2017 für rechtmäßig erklärt.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides nicht mehr aufrecht gemeldet und somit für die Behörde nicht greifbar. Der Anordnung im Rahmen des mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5.7.2017, GZ W117 2162945-1/9Z, entweder seine (noch am selben Tag abgemeldete) Unterkunft wieder aufzusuchen oder an der Alternativadresse der Zeugin Unterkunft zu nehmen und sich entsprechend allenfalls umzumelden, kam er nicht nach und gestand im Rahmen seiner Einvernahme am 8.7.2017 zudem, an seiner früheren Meldeadresse nicht (regelmäßig) gelebt zu haben und auch nicht - wie alternativ angeordnet - bei seiner Bekannten in Wien zu wohnen. Nach eigenen Angaben vor der belangten Behörde am 8.7.2017 hatte er in Graz statt an seiner (vormaligen) Meldeadresse bei einem Freund bzw. in einer Pension gelebt.

Der Beschwerdeführer, der nunmehr seit der ersten Schubhaft von der drohenden Abschiebung in Kenntnis war, nahm nach Entlassung aus dieser am 5.7.2017 auch nicht bei der Bekannten (der Zeugin) in Wien Unterkunft, sondern nächtigte bei einem der Behörde unbekannten Freund, reiste anschließend nach Wiener Neustadt weiter und erklärte vor dem Bundesamt am 8.7.2017 ausdrücklich, sich bei der Bekannten deshalb nicht gemeldet zu haben, weil er nicht dort wohne.

Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er verfügt über kein legales Einkommen, hatte nur ? 140 verfügbare Barmittel und keine Bankomat- oder Kreditkarte.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch Familienangehörige.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Verhängung und Vollziehung der Schubhaft haftfähig. Wegen seiner Selbstmorddrohung wurden die Sicherheitsmaßnahme und die Verlegung in eine Sicherheitszelle verfügt.

Am 15.7.2017 wurde der Beschwerdeführer erfolgreich nach Afghanistan abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes, der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einsichtnahme in die Anhaltedatei- Vollzugsverwaltung und das Zentrale Melderegister sowie insbesondere aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 8.7.2017.

Hinsichtlich der Hafttauglichkeit stützt sich die Feststellung auf die Tatsache, dass bis zum Entscheidungszeitpunkt keine gegenteiligen Informationen an das Gericht ergangen sind und es im Rahmen des Verfahrens auch keine Anhaltspunkte für die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beschwerden des Beschwerdeführers gab. Der Beschwerdeführer drohte vor der belangten Behörde am 8.7.2017 zwar mit Selbstmord im Falle einer Abschiebung und versuchte, sich selbst zu verletzen, es wurde aber diesbezüglich, wie aus einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 8.7.2017 und aus der Haftauskunft zu entnehmen ist, nach der Selbstmorddrohung und der versuchten Selbstverletzung des Beschwerdeführers die Sicherheitsmaßnahme und Verlegung in eine Sicherheitszelle verfügt.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid):

3.2.1. §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

[...]"

§22a BFA-VG bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

3.2.2. Materielle Rechtsgrundlage:

Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft) sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg cit. darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1) oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2). Gemäß Abs. 3 leg cit. liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist unter anderem insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1); ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3); ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4); der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).

Die Schubhaft ist gemäß Abs. 4 schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die gemäß Abs. 5 zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

3.2.3. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfestellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessne Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Dem Gesichtspunkt einer "sozialen Verankerung in Österreich" kommt im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Dabei kommt es u.a. entscheidend auf das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit oder auf die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes an (VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0107). Je länger somit der Fremde bereits in Österreich ist und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine vorliegende Fluchtgefahr sein. Dabei ist zu beachten, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs sind (VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233).

3.2.4. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und Anordnung der Schubhaft bestand gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.

Dieser Ausreiseverpflichtung nach Afghanistan kann der Beschwerdeführer nicht nach.

Der Beschwerdeführer betonte im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 8.7.2017 mehrfach ausdrücklich, keinesfalls nach Afghanistan zu wollen. Er habe überlegt, wie er dies abwenden könne, werde sein Asylverfahren weiter betreiben, drohte im Falle seiner Abschiebung mit Selbstmord und versuchte, sich selbst zu verletzen (woran er jedoch durch die anwesenden Polizeibeamten gehindert wurde).

Im Stande der (ersten) Schubhaft hatte der Beschwerdeführer am 24.6.2017 einen Folgeantrag gestellt und die belangte Behörde am 3.7.2017 den faktischen Abschiebeschutz aufgehoben. Diese Aufhebung wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 12.7.2017 für rechtmäßig erklärt.

Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides nicht mehr aufrecht gemeldet und somit für die Behörde nicht greifbar. Der Anordnung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Unterkunftnahme kam er - wie oben ausgeführt - nicht nach und gestand im Rahmen seiner Einvernahme am 8.7.2017 zudem, an seiner früheren Meldeadresse nicht (regelmäßig) gelebt zu haben und auch nicht - wie alternativ angeordnet - bei seiner Bekannten in Wien zu wohnen. Dem Beschwerdevorbringen, er hätte noch vorgehabt, sich zu bei seiner Bekannten melden, die Festnahme wäre ihm jedoch zuvor gekommen, ist entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer, der nunmehr seit der ersten Schubhaft von der drohenden Abschiebung in Kenntnis war, nach Entlassung aus dieser nicht bei dieser Bekannten in Wien Unterkunft genommen hatte, sondern bei einem der Behörde unbekannten Freund nächtigte, anschließend nach Wiener Neustadt weiterreiste und vor dem Bundesamt am 8.7.2017 ausdrücklich erklärte, sich bei der Bekannten deshalb nicht gemeldet zu haben, weil er nicht dort wohne.

Der Beschwerdeführer war in Österreich niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er hat kein legales Einkommen.

Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet weder Verwandte noch Familienangehörige.

Im vorliegenden Fall scheidet, abgesehen vom Bestehen erheblicher Fluchtgefahr, mangels finanzieller Mittel auch die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 des § 77 FPG aus.

Insbesondere aber durch sein bisheriges oben erörtertes Verhalten, vor allem, dass er in der Einvernahme am 8.7.2017 mehrfach ausdrücklich erklärte, nicht nach Afghanistan zurück zu wollen, sich zu überlegen, wie er das verhindern könne, sogar mit Selbstmord drohte, über keine aufrechte Meldung mehr verfügte, mittlerweile eingestanden hatte, an seiner früheren Meldeadresse nicht regelmäßig aufhältig gewesen zu sein, trotz Anordnung des Bundesverwaltungsgerichtes weder an seine frühere Meldeadresse zurückkehrte noch bei seiner Bekannten in Wien Unterkunft nahm - sich dort nicht meldete und zudem erklärte, dort nicht zu wohnen - musste sich für die Behörde auch nicht der Schluss aufdrängen, dass der Beschwerdeführer "sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion" gemeldet hätte; dies gilt/galt auch für "die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen" .

Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr kam daher zu keinem Zeitpunkt die Anwendung gelinderter Mittel in Frage.

Insgesamt war die Schubhaft somit rechtmäßig.

Wie oben ausgeführt, begegnet auch die Dauer der Schubhaft keinen Bedenken und ist verhältnismäßig. Der Beschwerdeführer wurde am 8.7.2017 in Schubhaft genommen. Zu diesem Zeitpunkt lag auch ein Heimreisezertifikat vor, war die Abschiebung bereits für den 15.7.2017 vorgesehen und wurde zu diesem Datum auch durchgeführt.

Ergänzend ist anzumerken, dass, wie aus einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 8.7.2017 und aus der Haftauskunft zu entnehmen ist, nach der Selbstmorddrohung und der versuchten Selbstverletzung des Beschwerdeführers die Sicherheitsmaßnahme und Verlegung in eine Sicherheitszelle verfügt wurde.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

Sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde hatten einen Antrag auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG gestellt. Als obsiegender Partei steht dem Bundesamt der beantragte Aufwandsersatz zu, der Antrag des Beschwerdeführers war dementsprechend abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreisewilligkeit Fluchtgefahr Mittellosigkeit öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2163976.1.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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