TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/28 W171 2161659-1

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Veröffentlicht am 28.04.2020
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Entscheidungsdatum

28.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28 Abs2
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W171 2161659-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2017, Zahl: XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. mit § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte 2015 bereits in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Er reiste im Februar 2017 nach Österreich ein und stellte am 19.02.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.3. Am 02.03.2017 wurden mit Italien Konsultationen über eine Rücknahme des BF gestartet. Auf Grund des Nichteinlangens einer Erklärung (Verfristung) wurde in weiterer Folge Italien für die Durchführung des Asylverfahrens des BF zuständig.

1.4. Am 04.05.2017 wurde gegen den BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung erlassen und ihm diese persönlich am 05.05.2017 zugestellt. Das dagegen ergriffene Rechtsmittel der Beschwerde an das BVwG langte dort am 18.05.2017 ein. Es erfolgte keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, sodass in weiterer Folge die Anordnung zur Außerlandesbringung gegen den BF mit 26.05.2017 auch durchsetzbar wurde. Mit Erkenntnis des BVwG vom 08.06.2017 wurde die Beschwerde gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

1.5. Der BF wurde auf Grund einer längeren Abwesenheit von der Meldeadresse am 23.05.2017 abgemeldet und gleichzeitig dessen Untertauchen und die damit einhergehende Aussetzung der Dublin Überstellungsfrist dem Übernehmerstaat Italien umgehend mitgeteilt.

1.6. Im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle wurde der BF am 02.06.2017 aufgrund des Verdachts der Begehung eines Suchmitteldeliktes aufgegriffen und in Polizeigewahrsam genommen.

1.7. Am 03.06.2017 erfolgte eine Einvernahme des BF in welcher dieser im Wesentlichen ausführte sich wohlzufühlen. Er sei seinerzeit nach Österreich gekommen, da er in Italien niemanden gekannt und auch niemanden zum Reden gehabt habe. Er sei im Februar 2017 nach Wien gekommen, da er in Italien aus dem Lager geschmissen worden sei. Er wohne derzeit gelegentlich bei einem Freund, oder schlafe im Freien. Er sei im Zentralen Melderegister nicht aufrecht gemeldet und sei aus seiner Betreuungsstelle untergetaucht, da er sich nicht wohl gefühlt habe. Er wolle in Österreich arbeiten und habe in Italien keinen Schlafplatz erhalten. Er verfüge aktuell über Euro 5,--, bekomme Essen im Lager und habe ihm am Tag vor der Einvernahme eine Freundin geholfen, indem sie ihm Marihuana zum Weiterverkauf gegeben habe. Dies sei das erste Mal gewesen und er habe solchen Hunger gehabt. Er sei ledig und kinderlos und habe keine Verwandten in Österreich. Er wolle nicht abgeschoben werden.

1.8. Daraufhin verhängte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch BFA) mit Mandatsbescheid vom 03.06.2017 über den BF die gegenständliche Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung. Auf Grund einer durchsetzbaren Anordnung zur Außerlandesbringung innerhalb der Überstellungsfrist nach Italien bis zum 17.09.2018 ging das BFA in weiterer Folge vom Vorliegen erheblichen Sicherungsbedarfs aus. Gegen den BF bestehe eine durchführbare Anordnung zur Außerlandesbringung und habe dieser bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Er sei illegal nach Österreich eingereist und habe die Absicht kundgetan, im österreichischen Bundesgebiet rechtswidrig zu verbleiben. Er verfüge über kein gültiges Reisedokument, habe keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und auch keine sozialen bzw. familiären Anknüpfungspunkte im Inland. Er sei nahezu mittellos und nach eigenen Angaben bisher keiner Arbeit nachgegangen. Er habe daher die Tatbestandsmerkmale des § 76 Absatz 3 Ziffer 3, 6a und 9 FPG erfüllt und sohin bestehe Sicherungsbedarf. Einem geordneten Fremdenwesen komme im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein höherer Stellenwert zu, als den Interessen des BF sich auf freiem Fuß zu befinden, zumal dieser über keine nennenswerten sozialen Kontakte im Inland verfüge. Die Verhängung der Schubhaft sei daher verhältnismäßig. Der BF sei auch in der Vergangenheit bereits untergetaucht und sei nicht sichergestellt gewesen, dass die Behörde auch jederzeit seiner Person habhaft hätte werden können. Es werde als legitim angesehen, die Verhängung eines gelinderen Mittels nicht in Erwägung zu ziehen. Die Verhängung der gegenständlichen Schubhaft sei daher rechtskonform und notwendig gewesen.

1.9. Der BF wurde am 15.06.2017 per Flugzeug nach Italien überstellt (abgeschoben).

1.10. Daraufhin erhob die Rechtsvertretung des BF mit Schriftsatz vom 16.06.2017 Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 03.06.2017 sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft seit 03.06.2017. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, die vorliegende Schubhaft sei weder erforderlich, noch verhältnismäßig gewesen. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall keine erhebliche Fluchtgefahr gegeben gewesen. Die Verhängung von Schubhaft im Anwendungsbereich der Dublin-VO dürfe keine Standardmaßnahme darstellen und das Fehlen beruflicher und sozialer Verankerung seien bei noch nicht lange im Bundesgebiet aufhältigen Fremden keine besonderen Umstände, die ausreichenden Sicherungsbedarf begründen könnten. Das Vorliegen einer Ausnahmesituation müsse konkret und schlüssig begründet sein. Eine fehlende soziale Verankerung von Personen, die noch nicht lange im Inland seien, sei in einem Dublinfall geradezu typisch und für sich genommen nicht ausreichend um Sicherungsbedarf begründen zu können. Eine allgemeine textbausteinartige Formulierung in Bezug auf die Nichtverhängung eines gelinderen Mittels sei nach der Judikatur des BVwG nicht ausreichend und die Voraussetzungen für eine Verhängung eines gelinderen Mittels seien im vorliegenden Fall gegeben. Der BF sei bereit mit den Behörden zu kooperieren und sei daher die angeordnete Wohnsitznahme und eine periodische Meldeverpflichtung durchaus geeignet, dem Sicherungsbedarf zu entsprechen.

Schließlich beantragte die Rechtsvertretung des BF die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie den gesetzmäßigen Ersatz der Aufwendungen und den Ersatz der Eingabengebühr.

1.11. Am 19.06.2017 erfolgte die Aktenvorlage seitens des BFA. In der angeschlossenen Stellungnahme vom gleichen Tage wurde auf die Ausführungen des Bescheides verwiesen und der Ersatz der Verfahrenskosten zu Gunsten der Behörde beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Zur Person:

1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein, ist Staatsangehöriger von Nigeria und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Er ist Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

1.2. Der BF befand sich vom 02.06.2017 bis zum 03.06.2017 in Verwaltungsverwahrungshaft und sodann vom 03.06.2017 bis zum 15.06.2017 in Schubhaft. Hinweise auf wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen liegen nicht vor.

1.3. Der BF verfügte nicht über ein gültiges Reisedokument.

Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Der BF stellte am 06.11.2015 in Italien und am 19.02.2017 in Österreich je einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.2. Mit Bescheid des BFA vom 04.05.2017 wurde über den BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung verhängt und die Abschiebung seiner Person nach Italien für zulässig erklärt. Der Bescheid wurde dem BF am 05.05.2017 persönlich ausgehändigt. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt, sodass die Anordnung zur Außerlandesbringung gegen den BF mit 26.05.2017 auch durchsetzbar wurde.

2.3. Am 02.06.2017 wurde der BF aufgrund des Verdachts der Begehung eines Suchtmitteldelikts von der Polizei aufgegriffen und verhaftet.

2.4. Mit Erkenntnis vom 08.06.2017 wies das BVwG die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des BFA vom 04.05.2017 gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet ab.

2.5. Am 02.03.2017 leitete das BFA ein Konsultationsverfahren mit Italien ein. Es langte keine Erklärung Italiens zur Rückübernahme des BF ein, sodass Italien aufgrund dieser Verfristung mit 17.03.2017 für das Asylverfahren des BF zuständig wurde.

2.6. Der BF tauchte unter und wurde am 23.05.2017 aufgrund unbekannten Aufenthalts aus der Grundversorgung entlassen.

2.7. Die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO war aufgrund der rechtzeitigen Bekanntgabe der Aussetzung der Frist an Italien noch nicht abgelaufen. Italien war zur Rückübernahme verpflichtet.

2.8. Der BF war haftfähig.

2.9. Der BF wurde am 15.06.2017 nach Italien abgeschoben.

Zum Sicherungsbedarf (erhebliche Fluchtgefahr):

3.1. Der BF stellte in der Vergangenheit bereits in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz, wartete jedoch den Ausgang des dortigen Verfahrens nicht ab und reiste weiter. Er hat sich daher dem dort laufenden Asylantragsverfahren entzogen.

3.2. Für die Durchführung eines Asylverfahrens ist Italien zuständig.

3.3. Aufgrund des gegebenen Vorverhaltens des BF ist dieser als nicht vertrauenswürdig oder aber als kooperativ anzusehen.

3.4. Der BF war im Hinblick auf eine Rücküberstellung nach Italien nicht ausreisewillig.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Der BF hatte keine Familienangehörigen in Österreich.

4.2. Er ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.

4.3. Der BF verfügte über keine nennenswerten sozialen Kontakte im Inland.

4.4. Er verfügte nicht über ausreichende eigene Mittel zur Existenzsicherung.

4.5. Der BF verfügte über keinen gesicherten Wohnsitz.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang:

Der Verfahrensgang und die dazu getroffenen Feststellungen sowie die Feststellungen zur Person des BF (1.1. - 1.3.) ergeben sich aus den unstrittigen Angaben des vorgelegten Verwaltungsaktes der Behörde sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Nach den Informationen im Akt verfügte der BF über keine identitätsbezogenen Dokumente (1.3.).

Weder in der Beschwerdeschrift, noch im Verwaltungsakt finden sich Hinweise auf seinerzeit bestehende gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF. Weiters gab der BF an, gesund zu sein. Er habe zwar Tabletten erhalten, fühlte sich aber wohl. In der Beschwerdeschrift wurde keine fehlende Gesundheit des BF moniert. Nach Einblick in die Anhaltedatei, in welcher allfällige gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Arztbesuche vermerkt werden, konnte festgestellt werden, dass diesbezüglich von Haftfähigkeit des BF ausgegangen werden konnte (1.2.).

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.4.):

Die Feststellungen zu 2.1., 2.2. und 2.4. beziehen sich im Wesentlichen auf die bezughabenden Aktenteile im Verwaltungsakt. Daraus geht hervor, dass der Bescheid vom 04.05.2017 hinsichtlich der Außerlandesbringung und der Zulässigkeitserklärung der Abschiebung dem BF am 05.05.2017 persönlich ausgefolgt wurde. Punkt 2.3. geht aus der im Akt befindlichen Anzeige der Landespolizeidirektion (LPD) Wien hervor. Die Einleitung des Konsultationsverfahrens und der Fristenablauf (2.5.) ergibt sich sowohl aus dem Schubhaftbescheid vom 03.06.2017 als auch aus dem im Akt erliegenden Erkenntnis des BVwG vom 08.06.2017 sowie der Stellungnahme des BFA vom 19.06.2017.

Dass der Beschwerdeführer untertauchte und aus der Grundversorgung entlassen wurde (2.6.) ergibt sich einerseits aus den eigenen Angaben des BF, der in der Einvernahme vom 03.06.2017 ausführte, am 23.05.2017 mit dem Zug von Tirol nach Wien gefahren zu sein, wie auch aus dem unbestrittenen Angaben des BFA im Mandatsbescheid.

Die in den Feststellungen unter 2.7. enthaltenen Angaben sind unstrittig, da sie sowohl in dem Mandatsbescheid des BFA, sowie in der Stellungnahme vom 19.06.2017 als auch in der Beschwerdeschrift enthalten sind.

Hinsichtlich der festgestellten Haftfähigkeit (2.8.) darf auf die Ausführungen zum vorigen Punkt 1.2. verwiesen werden.

Aus der mit dem Verwaltungsakt übersandten Stellungnahme des BFA vom 19.06.2017 lässt sich informativ entnehmen, dass der BF am 15.06.2017 mittels Flugzeug nach Italien überstellt wurde (2.9.).

2.3. Zum Sicherungsbedarf:

Aus dem im Akt erliegenden Auszug des IZR ergibt sich, dass der BF einen Asylantrag in Italien gestellt hat. Die Feststellung zu 3.1. hinsichtlich dessen, dass sich der BF dem Verfahren in Italien entzogen hat, ergibt sich im Wesentlichen daraus, dass der BF in seiner Einvernahme vor dem BFA selbst angibt nicht zu wissen wie das Verfahren in Italien ausgegangen sei. Er sei ausgereist, da er keinen Schlafplatz gehabt habe. Die Zuständigkeit Italiens (3.2.) ergibt sich aus den Angaben der Behörde hinsichtlich des Übernahmeersuchens und des damit verbundenen Fristenablaufs.

In der niederschriftlich festgehaltenen Einvernahme vom 24.10.2017 gab der BF explizit an, dass er nicht abgeschoben werden wolle. Er habe in Italien keinen Schlafplatz gehabt und kenne dort niemanden. Hierin manifestierte sich seine mangelnde Bereitschaft zur Ausreise nach Italien (3.4.).

Der BF ist auch nicht als vertrauenswürdig anzusehen (3.3.), da er sich sowohl dem italienischen Asylverfahren, als auch dem österreichischen Verfahren zur Außerlandesbringung bereits entzogen hat und auch nicht davor zurückschreckte zur Aufbesserung seines Lebensunterhalts Drogen zu verkaufen. Zudem gab er - wie bereits erwähnt - an, nicht nach Italien abgeschoben werden zu wollen, was die Annahme nahelegt, dass er sich dem Verfahren - wenn möglich - erneut entzogen hätte. Nach eigenen Angaben verließ er die Unterkunft in Tirol, weil er sich nicht wohlgefühlt habe und die Leute ihn dort entmutigt hätten. Auch seine Angaben, er habe im Lager kein Essen erhalten und habe daher Marihuana verkaufen müssen um sich versorgen zu können, sind als nicht glaubhaft anzusehen. Es ist aus dem Verfahren und auch aus dem Vorbringen im Rahmen der Beschwerdeschrift nicht erkennbar, aus welchem Grunde der BF sein Verhalten ändern und nun bereit sein sollte mit den Behörden zu kooperieren. Den Ausführungen seiner Rechtsvertretung hinsichtlich einer nunmehr behaupteten Kooperationsbereitschaft des BF konnte im Lichte des im Lichte des bisherigen Verhaltens des BF (mehrmaliges Untertauchen während der Asylverfahren im In- u. Ausland) kein Glaube geschenkt werden, zumal auch in der Beschwerde hiezu keine konkrete Begründung dafür angegeben wurde.

2.4. Familiäre/soziale Komponente:

Die Feststellungen beruhen auf den eigenen Angaben des BF in der Einvernahme vom 03.06.2017. Zu der Feststellung in 4.1. und 4.3. ist festzuhalten, dass der BF angab in Österreich keine Familienangehörigen zu haben, da seine gesamte Familie in Nigeria lebe. Zwar erwähnte er einen Freund, bei dem er gelegentlich übernachte, konnte aber weder Anschrift noch den richtigen Namen dieses Freundes angeben. Auch seine Ausführungen über eine Freundin die ihm Marihuana gegeben habe, damit er sich aus den Erlösen Essen kaufen könne, führte er nicht weiter aus. Schließlich wurde der Behörde in Bezug auf das behauptete fehlende soziale Netz des BF nur insofern entgegengetreten als angeführt wurde, dass dieser Umstand aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer des BF nicht absonderlich sei.

Zu der Feststellung 4.2. kann auf obige Ausführungen zu dem versuchten Verkauf von Marihuana und die Angaben des BF in der Einvernahme verwiesen werden, wonach er arbeiten wolle, wenn er eine Arbeit finden könne.

Laut eigenen Angaben verfügte der BF lediglich über eine ganz geringe Geldsumme (EUR 5.--). Aus dem im Akt liegenden Auszug der Anhaltedatei ergibt sich, dass der BF über keine Geldmittel verfügte (4.4.).

Die Angaben zur Wohnsitzsituation des BF (4.5.) ergeben sich aus dem Auszug aus dem zentralen Melderegister, welcher im Akt aufliegt sowie aus den Angaben des BF in seiner Einvernahme.

2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

Der hier anwendbare, mit "Schubhaft" betitelte, § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), StF BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Die Dublin III-VO trat mit am 19. Juli 2013 in Kraft, ist gemäß Art. 49 leg.cit. auf alle Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 1. Jänner 2014 gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Im - gegenüber der Dublin II-VO neuen - Art. 28 Dublin III-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung im Dublin-Verfahren geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Dublin III-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen angewendet wird, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 leg.cit. verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 223).

Gemäß Art. 28 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.

"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.

Zwar dürfen die Mitgliedstaaten die zum Vollzug von EU-Verordnungen erforderlichen innerstaatlichen Organisations- und Verfahrensvorschriften bereitstellen. Um der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts willen ist jedoch der Rückgriff auf innerstaatliche Rechtsvorschriften nur in dem zum Vollzug der Verordnung notwendigen Umfang zulässig. Den Mitgliedstaaten ist es in Bezug auf Verordnungen des Unionsrechts verwehrt, Maßnahmen zu ergreifen, die eine Änderung ihrer Tragweite oder eine Ergänzung ihrer Vorschriften zum Inhalt haben. Es besteht ein prinzipielles unionsrechtliches Verbot der Präzisierung von EU-Verordnungen durch verbindliches innerstaatliches Recht. Eine Ausnahme von diesem Verbot besteht nur dort, wo von der Verordnung eine nähere Konkretisierung selbst verlangt wird (Öhlinger/Potatcs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht³, 2006,138 f.).

Eine derartige Ausnahme liegt vor, wenn Art. 2 lit. n Dublin III-VO dem Gesetzgeber aufträgt, Kriterien für Vorliegen von Fluchtgefahr zu regeln (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 94 [in Druck]). § 76 Abs. 3 FPG sieht solche Kriterien vor. Vor dem Hintergrund der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 28 Dublin III-VO hatte die belangte Behörde die Schubhaft jedoch jedenfalls auch nach dieser Bestimmung zu verhängen. Die über das Vorliegen der Fluchtgefahr, Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit (vgl. Erwägungsgrund 20 Dublin III-VO) hinausgehenden Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft nach Art. 28 Abs. 3 Dublin III-VO hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall auch geprüft.

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG idgF hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes, selbst wenn daraus keine Haftunfähigkeit resultiert, kann im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Ergebnis führen, dass unter Berücksichtigung des gesundheitlichen Zustandes des Fremden und der bisherigen Dauer der Schubhaft die Anwendung gelinderer Mittel ausreichend gewesen wäre (im Zusammenhang mit behaupteter Haftunfähigkeit wegen psychischer Beschwerden vgl. VwGH 05.07.2012, Zl. 2012/21/0034; VwGH 19.04.2012, Zl. 2011/21/0123; VwGH 29.02.2012, Zl. 2011/21/0066). Der Krankheit eines gemeinsam geflüchteten Familienmitglieds kann insofern Bedeutung zukommen, als eine sich aus der Erkrankung ergebende Betreuungsbedürftigkeit auch die Mobilität der übrigen Familienmitglieder einschränken und damit die Gefahr eines Untertauchens in die Illegalität vermindern könnte (vgl. VwGH vom 28.02.2008; Zl. 2007/21/0391).

In seiner Judikatur zu § 77 FPG 2005 ging der Verwaltungsgerichtshof bisher davon aus, dass der UVS als Beschwerdeinstanz im Schubhaftbeschwerdeverfahren nach der Bejahung eines Sicherungsbedarfs bei seiner Entscheidung zwar die Möglichkeit der Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005 an Stelle der Schubhaft im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen hat, diesem allerdings keine Zuständigkeit zur Entscheidung darüber, welches der im § 77 Abs. 3 FPG 2005 demonstrativ aufgezählten gelinderen Mittel anzuwenden wäre, zukommt. Deren Auswahl blieb vielmehr der Fremdenpolizeibehörde vorbehalten (vgl. VwGH 20.10.2011, Zl. 2010/21/0140; VwGH 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die einer Übertragung dieser Judikatur hinsichtlich des mit Ausnahme der neuen Absätze 8 und 9 weitgehend unveränderten § 77 FPG auf das seit 01.01.2014 anstelle des UVS zuständige Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich entgegenstehen würden.

Zum Erfordernis der "erheblichen" Fluchtgefahr iSd Art 28 Abs. 2 Dublin III-VO äußerte sich der VwGH dahingehend, dass hierunter allgemein eine solche Fluchtgefahr zu verstehen sei, die in ihrer Intensität über das hinausgehe, was unter Art. 2 lit. n leg cit als solche definiert werde. Auch wenn (abstrakte) Fluchtgefahr aufgrund entsprechenden "Vorverhaltens" (hier: verlassen des Grundversorgungsquartiers um unterzutauchen) iSd § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt sei heiße, dass noch nicht, dass auch erhebliche Fluchtgefahr vorliege. Ein über einfache Fluchtgefahr hinausgehendes Ausmaß müsse stets im Einzelfall, beruhend auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage, in vertretbarer Weise vorgenommen werden. (VwGH 29.06.2017, Zl. 2017/21/0011).

3.1.3. In folgendem Fall geht das Gericht von erheblicher Fluchtgefahr im Sinne des Art. 28 Dublin III-VO aus. Der BF reiste illegal nach Österreich ein und hat sich sowohl in Italien, als auch in Österreich bereits dem jeweiligen Verfahren entzogen. Er hat das Verfahren in Italien nicht abgewartet und ist vor dessen Abschluss nach Österreich eingereist, wo er sodann auch Tirol in Richtung Wien verlassen hat, da er sich in der Unterkunft nicht wohl fühlte. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes war es daher weiter wahrscheinlich, dass der BF auf freiem Fuße nicht am Verfahren mitwirken würde und sich diesem wiederum entzogen hätte, zumal er dezidiert anführte, nicht nach Italien abgeschoben werden zu wollen. Er war jedenfalls als nicht vertrauenswürdig anzusehen und das gerichtliche Verfahren hat ergeben, dass der BF, folgt man seinen eigenen dargelegten Angaben in der Einvernahme, nicht als ausreisewillig, bezogen auf Italien zu bezeichnen war. Den Ausführungen seiner Rechtsvertretung hinsichtlich einer nunmehr behaupteten Kooperationsbereitschaft des BF konnte im Lichte des bisherigen Verhaltens des BF (mehrmaliges Untertauchen während der Asylverfahren im In- u. Ausland) kein Glaube geschenkt werden, zumal auch in der Beschwerde hiezu keine konkrete Begründung dafür angegeben wurde. In der Beschwerdeschrift finden sich keine Ausführungen dazu, aus welchem Grunde der BF nunmehr eine Rückführung nach Italien in die "Obdachlosigkeit" plötzlich doch akzeptieren und kooperieren würde. Ganz im Gegenteil dazu war sein diesbezügliches Vorbringen klar so zu verstehen, dass er in Österreich bleiben wollte. Es war daher für das Gericht kein vernünftiger Grund erkennbar, aus welchem Grunde sich der BF weiter für eine Überstellung nach Italien hätte bereithalten sollen, wo dies doch ganz und gar nicht seiner Intention entsprechen würde. Das Gericht geht nach eingehender Prüfung der Sachlage in weiterer Folge davon aus, dass der BF hinsichtlich Italien aufgrund seiner eigenen klar dargelegten Ausführungen und Handlungen nicht ausreisewillig war. Es stellt sich daher für das erkennende Gericht sehr klar dar, dass der BF im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zur Einhaltung der in der Europäischen Union bestehenden Rechtsnormen verhalten werden musste.

Darüber hinaus verfügte der BF zusammengefasst über gar keine soziale Verankerung in Österreich im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 9 FPG. Dieser Punkt war auch im gesamten Verfahren nicht strittig. Das Gericht geht daher in Übereinstimmung mit der behördlichen Beurteilung vom Vorliegen erheblichen Sicherheitsbedarfs im Sinne der Erfüllung der Tatbestände des § 76 Abs. 3 Zi. 3, 6a u. 9 aus.

Zum Kriterium der Ziffer 9 wird in der Beschwerdeschrift relativiert, dass eine fehlende soziale Integration bei noch nicht lange in Österreich aufhältigen Asylwerbern (Dublinkonstellation) kein tragfähiges Argument für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darstellen würde. Im vorliegenden Fall ist jedoch anzumerken, dass die Behörde im gegenständlichen Mandatsbescheid den Sicherungsbedarf nicht alleine auf die Ziffer 9, sondern auch auf die Ziffern 3 und 6a stützt. Diese Tatbestandselemente sind nach Ansicht des Gerichts im gegenständlichen Fall ausreichend, um den für die Schubhaft notwendigen erheblichen Sicherungsbedarf zu begründen. Da es sich bei den Erwägungen zum Sicherungsbedarf (hier "erhebliche Fluchtgefahr") immer um eine Gesamtbetrachtung handelt, kann die in der Beschwerdeschrift zur Ziffer 9 angeführte Argumentation hier zu keinem anderen Ergebnis der Beurteilung führen. Die Behörde hat daher zu Recht das Bestehen einer erheblichen Fluchtgefahr unterstellt.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Inschubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären und sozialen Verhältnisse so zeigt sich, dass hier bisher keine konkret schützenswerten Anknüpfungspunkte entstanden sind. Durch die kurze Anwesenheit in Österreich ist in einer Gesamtschau nicht davon auszugehen, dass er diesbezüglich nennenswerte Kontakte im Inland knüpfen konnte, die hier wesentlich ins Gewicht fallen. Das Verfahren hat auch, ausgehend von seinen eigenen Angaben, nicht ergeben, dass er in Österreich wesentliche Anknüpfungspunkte hat. Der BF hat die ihn treffenden rechtlichen Bestimmungen im Rahmen des Asylverfahrens missachtet und hat Italien verlassen, ohne die dortige Asylentscheidung abzuwarten. Er reiste weiter nach Österreich und gab an, hier verbleiben und arbeiten zu wollen. Er hat dadurch unzweifelhaft gezeigt, dass er es mit den ihn betreffenden gesetzlichen Bestimmungen nicht so genau nimmt und sind keine Anhaltspunkte dafür im Rahmen des Verfahrens hervorgekommen aus welchen sich entnehmen ließe, dass sich das in Hinkunft wesentlich ändern würde. Zudem hat er bereits strafrechtlich relevantes Verhalten an den Tag gelegt, indem er versuchte Marihuana zu verkaufen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung geht das erkennende Gericht davon aus, dass, wie oben bereits angeführt, den persönlichen Interessen des BF aufgrund seiner aktuellen Wohn- und Familiensituation und des bisherigen Verhaltens kein vergleichbar hoher Stellenwert wie dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, öffentlicher Ordnung sowie dem wirtschaftlichen Wohl des Staates zukommt.

Wie bereits angeführt stellte die Haftfähigkeit des BF im Verfahren kein Problem dar. Es sind keine Beschwerden aktenkundig, auf welche im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedacht zu nehmen gewesen wäre.

Die gegenständliche Entscheidung des BFA ist daher nach Ansicht des Gerichtes auch im Hinblick auf die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit nicht zu bemängeln.

3.1.5. Die Verhängung eines gelinderen Mittels wurde zu Recht ausgeschlossen. Der BF verfügte nicht über wesentliche Vermögensmittel, weshalb eine Sicherheitsleistung nicht in Frage kam. Im Rahmen des Schubhaftverfahrens sind keine Tatsachen ans Tageslicht gekommen, die glaubhaft eine Erfüllung des Sicherungszwecks durch die Verhängung eines gelinderen Mittels ergeben hätten. Die Verhängung eines gelinderen Mittels im Sinne einer konkreten Zuweisung einer Unterkunft und/oder einer Meldeverpflichtung hätte nach Ansicht des Gerichtes nicht zu einer Sicherung der Abschiebung geführt, sondern wäre evident diesfalls die Gefahr verbunden gewesen, dass der Beschwerdeführer in alte, bestehende Verhaltensmuster zurückgefallen und durch neuerliches Untertauchen den Sicherungszweck vereiteln hätte können, zumal klar war, dass er in naher Zukunft abgeschoben würde. Darüber hinaus hat das Beweisverfahren ergeben, dass der BF aufgrund seines Vorverhaltens in der Vergangenheit auch als nicht vertrauenswürdig anzusehen war. Die Anwendung eines gelinderen Mittels ist daher zu Recht unterblieben.

Dem auf Seite 5 zitierten Judikat der erkennenden Gerichtsabteilung ( XXXX ) liegt ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. Entgegen den dortigen behördlichen Ausführungen hat das BFA im vorliegenden Fall auf BS 12 u. 13 eingehend begründet, weshalb die Verhängung eines gelinderen Mittels zur Sicherung der Abschiebung im konkreten Fall aufgrund des Vorverhaltens des BF (gänzliches Fehlen einer behördlichen Meldung, Untertauchen während des Asylverfahrens in Österreich und in Italien) als nicht ausreichend angesehen wurde. Die Behörde hat sich daher eingehend mit der Möglichkeit eines gelinderen Mittels befasst, dieses jedoch im vorliegenden Fall aus nachvollziehbaren Gründen nicht in Erwägung gezogen.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio". Auf Grund des vorher Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben ist und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben, da die vorliegende Fallprüfung ergeben hat, dass keine andere Möglichkeit besteht, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

3.2. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten abschließend ermittelt und beurteilt werden und wurde in der Beschwerdeschrift in keiner Weise ausgeführt, weshalb die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung im konkreten Fall für zwingend notwendig erachtet werde. Die allgemein gehaltenen Ausführungen blieben bis zuletzt unsubstanziiert.

Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist. Die in der Beschwerdeschrift zitierte Judikatur des VwGH vermag dieses Ergebnis nicht zu ändern da der für die Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde in der Tat vollständig in einem geordneten Ermittlungsverfahren erhoben wurde. Allein die Tatsache, dass die Entscheidung in Form eines Mandatsbescheides erging begründet noch nicht die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung. Auch wurde die Beweiswürdigung in ausreichender Form offengelegt, da die Behörde auf dem Verfahrensakt verweist, der die getroffenen Tatsachenfeststellungen untermauert. Die Behörde führte eine Einvernahme mit dem BF durch, konnte sich so einen persönlichen Eindruck verschaffen und hat die getroffenen Feststellungen in nachvollziehbarer Weise belegt und begründet. Somit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im vorliegenden Fall Abstand genommen werden.

Zu Spruchpunkt II. und III. - Kostenbegehren:

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zum Ersatz der Eingabengebühr:

Aufgrund des vollständigen Obsiegens der Behörde kommt der Ersatz der Eingabegebühr von EUR 30.-- nicht in Frage. Im Übrigen darf auf die Spruchpraxis des BVwG verwiesen werden, wonach für den Ersatz der Eingabengebühr bisher keine Rechtsgrundlage gegeben ist.

Zu Spruchpunkt B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Es sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher Spruchpunkte nicht zuzulassen.

Schlagworte

Außerlandesbringung Ausreisewilligkeit Fluchtgefahr Kooperation Mittellosigkeit Schubhaft Sicherungsbedarf Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W171.2161659.1.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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