TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/20 W117 2231022-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2020
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Entscheidungsdatum

20.05.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z1
FPG §76 Abs3 Z9
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1

Spruch

W117 2231022-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom 29.04.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 602754002/200365150, sowie die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1 und 9 FPG abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1 und 9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF und § 1 Z 3, Z 4 VwG-AufwErsV idgF hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von ? 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.

V. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz/Befreiung (von) Gebühren wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit im Spruch angeführtem Bescheid der Verwaltungsbehörde wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet:

Die Verwaltungsbehörde ging in ihrem Schubhaftbescheid hauptsächlich vom Umstand der massiven Straffälligkeit wegen §28 SMG, dem Fehlen einer geregelten Beschäftigung und eines den Unterhalt deckenden Einkommens aus und zog die rechtliche Schlussfolgerung, dass aufgrund neuerlich zu erwartender Straffälligkeit und der Gefahr des Untertauchens Fluchtgefahr besteht.

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und die darauf aufbauende Anhaltung in Schubhaft erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde.

Begründend führte er in Bezug auf die nach der in der Schubhaftverhandlung am 04.10.2019 übrig gebliebene entscheidungsrelevante Frage der Fortsetzung der Schubhaft - in Bezug auf Spruchpunkt I. hatte der Vertreter der Verwaltungsbehörde einen Rechtsmittelverzicht abgegeben - aus:

"(...)

Sachverhalt (Kurzdarstellung)

Der Beschwerdeführer reiste erstmals am 25.11.2012 in das österreichische Bundesgebiet ein und war seit dem 25.11.2012 - abgesehen von Urlauben - durchgehend rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf haltig.

Er war seit dem 30.11.2012 mit dem Aufenthaltstitel Studierender und seit dem 30.11.2016 mit dem bis zum 30.11.2020 gültigen Aufenthaltstitel Familienangehöriger im österreichischen Bundesgebiet niedergelassen.

Der BF ist seit dem Jahr 2012 ordentlicher Student an der Kepler Universität Linz und spricht fließend Deutsch.

Der bis dahin unbescholtene Beschwerdeführer wurde am 9.8.2018 vom Landesgericht für Strafsachen Wien unter der Zahl 062 HV 76/2018a nach §§ 28 (1) 1.2.3. Fall, 28 (2) SMG, § 12 3. Fall StGB §§ 28a (1) 2.3. Fall, 28a (4) Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer war zu seiner Tat umfassend geständig und bereut diese sehr. Ihm ist bewusst, welche schwerwiegenden Folgen die Begehung der Tat für sein Leben und seine Zukunft nach sich zieht.

Am 04.10.2019 erließ das BFA mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 52 Absatz 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist.

Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 6 Jahr/en befristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.

Gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt.

Das BVwG bestätigte diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 04.12.2019 zur GZ I422 2225870-1.

Der BF befand sich vom 5.3.2018 bis zum 5.5.2020 in Strafhaft, er wies eine tadellose Führung im Strafvollzug auf und absolvierte zahlreiche Freigänge und Ausgänge ohne Vorfälle. Das LG Linz bewilligte im Hinblick auf die tadellose Führung des BF im Strafvollzug mit Beschluss vom 21.4.2020 die frühzeitige Entlassung des BF aus der Strafhaft mit 5.5.2020 bereits nach zwei Jahren und zwei Monaten.

Aus diesem Beschluss geht hervor " Verlesen wird der Bericht des Sozialen Dienstes der JA Linz vom 14.4.2020. Demnach verhält sich der Strafgefangene regelkonform und zeigt ein sehr positives, prosoziales Verhalten gegenüber den Insassen als auch den Bediensteten. Die bedingte Entlassung wird vom sozialen Dienst befürwortet, die Anordnung einer Bewährungshilfe jedoch empfohlen." Der BF wurde am 5.5.2020 direkt von der Strafhaft in die Schubhaft überstellt.

Vor Verbüßung der Freiheitsstrafe war der BF seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2012 stets im österreichischen Bundesgebiet gemeldet.

Der BF verfügt aufgrund seines langjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich über ein familiäres und soziales Netzwerk.

Der BF hat eine österreichische Lebensgefährtin, Frau (...) und auch zu deren Tochter im Kleinkindalter eine sehr enge Beziehung und verfügt über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis. Er spricht fließend Deutsch und ist nach wie vor ordentlicher Student an der Kepler Universität Linz.

Der Beschwerdeführer ist nach wie vor Hauptmieter in seiner Wohnung in der Benzstraße 14/30, 8 Stock, 4030 Linz.

Der BF könnte im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft entweder in seiner eigenen Mietwohnung (für die er nach wie vor einen Schlüssel besitzt und in welcher sich sowohl seine Effekten, als auch sein Reisepass befindet) oder bei seiner Lebensgefährtin, (...) bzw. bei seinem Freund, (...), unentgeltlich Unterkunft nehmen.

Der BF verfügt über einen gültigen nigerianischen Reisepass und ausreichend Barmittel, um seinen Unterhalt bis zum Tag seiner Abschiebung bzw. Ausreise nach Nigeria zu finanzieren, nämlich über einen Betrag von EUR 1750,00 auf seinem Haftkonto sowie über einen Betrag von etwa EUR 2.500 auf seinem BAWAG-Konto.

(...)

Zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Anordnung der Schubhaft und der Anhaltung des Beschwerdeführers Verletzung von Verfahrensvorschriften

Das von der Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren war grob mangelhaft, da diese ihrer nach §§ 37, 39 Abs 2 AVG bestehenden und in § 18 Abs 1 AsylG konkretisierten Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen ist. Gerade die Verhängung der Schubhaft als Einschränkung der persönlichen Freiheit verlangt eine Einzelfallabwägung der konkreten Situation eines Beschwerdeführers. Dazu gehört auch, dass die Behörde die Umstände, die für die Entscheidung, ob die Behörde Schubhaft über eine Person verhängt von immenser Bedeutung sind, selbständig ermittelt.

Die Behörde hat in diesem Fall insbesondere überhaupt nicht dahingehend ermittelt, ob der Beschwerdeführer sich kooperativ zeigt und bereit ist, freiwillig nach Nigeria auszureisen.

Zudem hat die Behörde auch nicht dahingehend ermittelt, ob im Falle des BF der Sicherungszweck der Schubhaft im Lichte der CoViD 19-Pandemie überhaupt erreichbar ist. Schließlich ist der Flugverkehr von und nach Österreich sowie von und nach Nigeria derzeit nahezu komplett zum Erliegen gekommen Auch hätte die Behörde, hätte sie ordentlich ermittelt, festgestellt, dass der Beschwerdeführer, der die letzten beiden Jahre in Strafhaft war, eine tadellose Führung im Strafvollzug aufwies und zahlreiche Freigänge und Ausgänge ohne Vorfälle absolvierte. Bei seinen Freigängen besuchte der BF Lehrveranstaltungen an der Johannes Kepler Universität Linz und besuchte seine Lebensgefährtin und ihre Tochter in Steyr. Die Behörde hat auch den Beschluss des LG Linz vom 21.4.2020, das im Hinblick auf die tadellose Führung des die frühzeitige Entlassung des BF mit 5.5.2020 bereits nach zwei Jahren und zwei Monaten bewilligte, weder gewürdigt noch entsprechende Feststellungen getroffen.

Die Behörde trifft auch ausschließlich unrichtige Feststellungen zur beruflichen und sozialen Verankerung des BF in Österreich. Der BF spricht fließend Deutsch. Er verfügt (wie oben dargelegt) in Österreich über ein breites soziales Netzwerk und hat eine österreichische Lebensgefährtin. Er war in Österreich zudem bereits berufstätig und studiert seit dem Jahr 2012 an der Johannes Kepler Universität Linz. All dies ist auch dem Erkenntnis des BVwG vom 04.12.2019 zur GZ I422 2225870-1 zu entnehmen. Dieses führt aus:

?Am 25.11.2012 reiste der Beschwerdeführer legal in das Bundesgebiet ein und hält sich seitdem durchgehend und rechtmäßig in Österreich auf. Zunächst war der Beschwerdeführer vom 30.11.2012 bis zum 30.11.2017 mit einem Aufenthaltstitel für "Studierende" und anschließend seit 30.11.2017 mit dem Aufenthaltstitel für "Familienangehörige" in Österreich niedergelassen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist mit 30.11.2020 befristet. Der Beschwerdeführer war mit der österreichischen Staatsangehörigen Jasmin L[...] verheiratet. Die Ehe wurde geschieden. Seit Jänner 2019 führt der Beschwerdeführer eine Beziehung zur österreichischen Staatsangehörigen. Jennifer M[...]. Der Beschwerdeführer ist nicht der Vater deren zweieinhalbjährigen Tochter. Ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Lebensgefährtin wurde bislang noch nicht begründet.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten. Ein Bruder und eine Schwester des Beschwerdeführers leben bzw. arbeiten und studieren in Deutschland. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch. Er ist an einer österreichischen Universität inskribiert und studiert "Wirtschaftswissenschaften" und "Business und Economics", nebenbei absolvierte der Beschwerdeführer am WIFI eine Berufsausbildung als WIG-Schweißer. Er weist private Beziehungen in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer ist bemüht sich in Österreich beruflich, sprachlich und sozial zu integrieren. Von 30.11.2012 bis 31.12.2017 war der Beschwerdeführer zum Teil mit Unterbrechungen selbstversichert oder in einem Beschäftigungsverhältnis. Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, er ist aber auch nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung im Schengenraum.

[...]

Aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 06.06.2019 leitet sich ab, dass sich keine Verwandten von ihm in Österreich aufhalten, in Vorlage brachte der Beschwerdeführer auch identitätsbezeugende Dokumente seiner in Deutschland lebenden Geschwister, deren Aufenthaltstitel für Deutschland, eine Arbeitsbestätigung und die Dienstbezüge des Bruder sowie eine Einstellungszusage des Bruders. Zudem legten sowohl sein Bruder, als auch seine Schwester jeweils eine Verpflichtungserklärung hinsichtlich des Beschwerdeführers vor. Dass der Beschwerdeführer Deutsch spricht, ergibt sich einerseits aus seinen glaubhaften Angaben, wonach er vor seiner Einreise in das Bundesgebiet einen Deutschkurs A2 und auch unmittelbar nach seiner Einreise mehrere Deutschkurse in Linz und in Perg besucht habe. Andererseits ist er auch an einer österreichischen Universität inskribiert, woraus sich ebenfalls das Bestehen eines höheren Grades an Deutschkenntnissen ableiten lässt bzw. ist es für den erkennenden Richter auch glaubhaft ist, dass er seine schriftliche Stellungnahme vom 06.06.2019 selbst verfasst hat. Die Studien des Beschwerdeführers sind durch die Vorlage entsprechender Bestätigungen wie zum Beispiel das Studienblatt und die Studienzeitbestätigung sowie die Bestätigung des Studienerfolges jeweils datierend vom 29.05.2019 sowie einem Schreiben des Präsens für den Fachbereich Kunststofftechnik einer österreichischen Universität vom 24.10.2019 sowie die Unterstützungsschreiben einer Lektorin und einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin einer österreichischen Universität. Glaubhaft sind die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme, wonach er während seines Studiums auch noch eine Berufsausbildung zum WiG-Schweißer absolviert hat. Dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über private Beziehungen verfügt, ergibt sich bereits aufgrund seines seit 2012 andauernden Aufenthaltes in Österreich. Die Bemühungen des Beschwerdeführers ob seiner beruflichen, sprachlichen und sozialen Integration ergeben sich aus den vom ihm in seiner Stellungnahme und dem Beschwerdeschriftsatz vorgelegten diesbezüglichen Unterlagen, insbesondere den privaten Unterstützungserklärungen von Alexander A[...], Jennifer Nina M[...], Christine [...]. Dahingehend führte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 06.06.2019 des Weiteren aus, dass er über einen großen Freundeskreis verfüge, er sich in der katholischen Kirche engagiere und Mitglied eines Gebetskreises sei. An der Universität sei er zudem Mitglied im Verein der "Kunststofftechniker und Kunststofftechnikerinnen". Ebenso sei er Mitglied im Verein "Enugu State indigenes Oberösterreich", der um eine Zusammenführung und der Absolvierung gemeinsamer Aktivitäten von aus Enugu State stammenden Personen bemüht ist. Der Beschwerdeführer verweist in seiner Stellungnahme zudem auch auf Bemühungen sich beim Roten Kreuz engagieren zu wollen und sein Engagement in seiner damaligen Wohngemeinde im Bezirk Perg. Des Weiteren bekundete er in seiner Stellungnahme sein Interesse für die österreichische Geschichte, Politik und gesellschaftliche Ereignisse und verweis ergänzend darauf, dass er - im Falle des Studienabschlusses -bereits zwei mündliche Einstellungszusagen der Maschinenbaufirma En[...] und vom Unternehmen Er[...] bekommen habe. Die Selbstversicherung die berufliche Tätigkeit ist aus einem vom Beschwerdeführer vorgelegten Auszug des Versicherungsdatenträgers belegt. Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus der Einsichtnahme in das GVS.'

(...)

Anordnung der Schubhaft unmittelbar im Anschluss an die Strafhaft - Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers darauf, dass die Schubhaft gemäß § 80 Abs 1 FPG so kurz wie möglich dauert

Die Schubhaft ist auch aus einem weiteren Aspekt rechtswidrig. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist das Bundesamt verpflichtet, auf eine möglichst kurze Schubhaftdauer hinzuwirken. Nach Möglichkeit hat das Bundesamt darauf hinzuwirken, dass eine Schubhaft überhaupt unterbleiben kann.

In Fällen, in denen ein Fremder vor der geplanten Verhängung der Schubhaft in Gerichtshaft angehalten wird, bedeutet dies, dass das Bundesamt die Schritte zur Vorbereitung der Abschiebung bereits während der Gerichtshaft zu setzen hat (vgl VwGH 15.10.2015, 2015/21/0026).

Im vorliegenden Fall war der Behörde stets bekannt, dass der BF über einen gültigen nigerianischen Reisepass verfügt. Da der BF zuletzt durchgehend zwei Jahre in Gerichtshaft war und auch das Ende der Strafhaft der Behörde bekannt war, hätte es die Behörde in der Hand gehabt, den Beschwerdeführer direkt nach Ende der Strafhaft abzuschieben und die jetzige, beinahe einen Monat dauernde Anschlussschubhaft hätte unterbleiben können. Dieses Versäumnis führt ebenfalls zur Unverhältnismäßigkeit der gegenständlichen Schubhaft.

(...)

Rechtswidrigkeit der Schubhaft aufgrund der Nichterreichung des Sicherungszwecks Voraussetzung der Schubhaft ist, dass der Sicherungszweck der Schubhaft - die Abschiebung - innerhalb der Schubhafthöchstdauer durchgeführt werden kann. Davon ist aktuell aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht auszugehen: Aufgrund der CoViD 19-Pandemie ist der Flugverkehr von und nach Österreich sowie von und nach Nigeria derzeit nahezu komplett zum Erliegen gekommen Es ist somit aufgrund der derzeitigen Corona-Pandemie nicht gesichert, dass eine Abschiebung des BF mit dem Charterflug nach Nigeria am 24.5.2020 durchgeführt werden kann. Auch den aktuellen Nachrichten ist zu entnehmen, dass der nigerianische Luftraum ab dem 6.5.2020 jedenfalls für vier weitere Wochen (somit bis zum 3.6.2020) geschlossen bleibt. Eine weitere Verlängerung der Luftraumsperre auf unbestimmte Zeit nach dem 3.6.2020 ist aufgrund der Situation in Nigeria wahrscheinlich.

Nichtvorliegen von Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG, Unverhältnismäßigkeit der Haft Gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG ist die Verhängung der Schubhaft nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig. Im gegenständlichen Fall liegen weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit vor.

Die Behörde legt zwar nicht dar, auf welche Ziffern des § 76 Abs 3 sie ihre Entscheidung stützt. Allerdings ist aus der Argumentation der Behörde erkennbar, dass sie wohl meint, im Falle des Beschwerdeführers wäre das Kriterium des § 76 Abs 3 Ziffern 9 FPG erfüllt. Dies ist unrichtig, wie bereits oben dargelegt. Der Beschwerdeführer ist in Österreich sozial verankert, er verfügt über ausreichend Existenzmittel, einen gesicherten Wohnsitz (bzw. sogar drei Wohnmöglichkeiten), hat eine Lebensgefährtin in Österreich und damit eine familiäre Beziehung sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis.

(Die Behörde hat jedoch in diesem Zusammenhang überhaupt nicht ermittelt und auch das vorliegende Erkenntnis des BVwG aus dem Jahr 2019, das entsprechende Feststellungen beinhaltet, nicht gewürdigt).

Jedenfalls reichen die von der belangten Behörde dargelegten Umstände nicht aus, um im Fall des Beschwerdeführers eine Fluchtgefahr zu begründen.

Davon abgesehen argumentiert die Behörde im gegenständlichen Fall ausschließlich mit der Straffälligkeit des BF. Die Behörde kann jedoch nicht alleine gestützt auf das Kriterium der Straffälligkeit das Vorliegen einer Fluchtgefahr des Beschwerdeführers bejahen und die Schubhaft über ihn verhängen - eine solche Praxis würde gegen die Grundsätze des § 76 FPG verstoßen, denn dann müsste das BFA ohne Prüfung der Fluchtgefahr die Schubhaft über alle straffällig gewordenen Personen verhängen und es würde jede Einzelfallprüfung entfallen. Die Heranziehung der Straffälligkeit als Kriterium für das Bestehen einer Fluchtgefahr verbietet sich auch dadurch, weil in keinem der Tatbestände des § 76 Abs 3 FPG Straffälligkeit Erwähnung findet.

Gemäß § 76 Abs 2a ist ein allfälliges strafrechtliches Fehlverhalten bloß im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Die Schubhaft dient jedoch weder der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten noch ihrer Sanktionierung, sondern lediglich der Erfüllung eines administrativen Sicherungszweckes (vgl VwGH 22.12.2009, 2009/21/0185). Schließlich kann die Schubhaft keinesfalls dazu dienen, den Beschwerdeführer von der Begehung von Tatbeständen des StGB in Österreich abzuhalten (vgl. das Erkenntnis vom 28. März 2006, ZI.2004/21/0039) (VwGH 07.02.2008, 2007/21/0446).

Wie aufgezeigt, ist daher im Falle des BF keine der Ziffern des § 76 Abs 3 erfüllt, im Falle des BF liegt somit keine Fluchtgefahr vor.

Zur Nicht-Anwendung eines gelinderen Mittels Selbst bei Vorliegen einer Fluchtgefahr - welche der Beschwerdeführer ausdrücklich in Abrede stellt - ist die Schubhaft nur bei Vorliegen von Verhäitnismäßigkeit zulässig und nur, wenn gelindere Mittel nicht zur Zweckerreichung geeignet wären (§ 77 Abs 1 FPG).

Es gilt der Vorrang des gelinderen Mittels (VfGH 03.10.2012, G140/11 ua - G86/12 ua). Es wäre am BFA gelegen, darzulegen, warum ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft nicht in Frage kommt, stattdessen finden sich im Schubhaftbescheid dazu nur wenige allgemein gehaltene Sätze. Entsprechende Ausführungen oder Begründungen sind im Bescheid nicht zu finden, dies betrifft insbesondere die gelinderen Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung gem § 77 Abs 3 Z 2 FPG sowie das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten gem §77 Abs3 Z1 FPG.

Im Falle des Beschwerdeführers kommen jedenfalls gelindere Mittel in Betracht: So wäre im Falle des Beschwerdeführers etwa das gelindere Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung naheliegend.

Alternativ wäre neben einer periodischen Meldeverpflichtung auch das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in von der Behörde bestimmten Räumlichkeiten in Betracht gekommen, zumal die Landespolizeidirektionen gem § 77 Abs 9 FPG Vorsorge betreffend derartiger Räumlichkeiten getroffen haben. So stehen für diesen Zweck entsprechende Räumlichkeiten etwa an der Adresse Zinnergasse 29a, 1110 Wien, oder an der Adresse Hauptstraße 38, 2540 Bad Vöslau, zur Verfügung.

Im Falle des Beschwerdeführers kommt insbesondere das gelindere Mittel der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit in Betracht.

Gem § 13 Abs 1 FPG-DV ist die gemäß § 77 Abs 3 Z 3 FPG festgesetzte finanzielle Sicherheit verhältnismäßig, beträgt aber höchstens 200% des in § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG festgesetzten Richtsatzes. Der aktuelle Richtsatz beträgt EUR 882,78, das Doppelte somit EUR 1.765,56. Angesichts der verfügbaren Barmittel von EUR 4.250 wäre es daher möglich gewesen, dass der Beschwerdeführer eine finanzielle Sicherheitsleistung hinterlegt.

Die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheitsleistung wäre jedenfalls ausreichend gewesen, um den Sicherungszweck, die Abschiebung des BF nach Nigeria, sicherzustellen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der BF den Verfall der Sicherheitsleistung riskieren würde.

Der Beschwerdeführer würde der Anordnung eines gelinderen Mittels unmittelbar Folge leisten.

Der Vollständigkeit halber weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Befehls - und Zwangsgewalt nicht entgegen steht und Betroffenen aufgetragen werden kann, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten (§ 77 Abs 5 FPG).

Der Beschwerdeführer ist bereit, mit Behörden zu kooperieren und würde insbesondere einer periodischen Meldeverpflichtunq sowie einer anfälligen angeordneten Unterkunftnahme Folge leisten.

Die genannten gelinderen Mittel wären zur Erfüllung des angenommenen Sicherungszweckes jedenfalls ausreichend gewesen. Durch die mangelnde Prüfung der gelinderen Mittel erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig und der angefochtene Bescheid als rechtswidrig.

(...)

Aus den genannten Gründen beantragt der Beschwerdeführer, das BVwG möge eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen; den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger weise erfolgte; im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen; der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gern VwG-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, auferlegen."

Der Beschwerdeführer ergänzte seine Beschwerde mit Schriftsatz vom 18.05.2020 wie folgt (Hervorhebungen laut Original:

In Ergänzung der Beschwerde vom 15.5.2020 legt der BF hiermit folgende Beweismittel zum Beweis für sein nach wie vor aufrechtes Studium an der JKU, für den Besuch von Lehrveranstaltungen an der JKU in den vergangenen Monaten, für seine aktuellen Studienerfolge sowie für seine soziale Integration vor:

> Studienerfolgsnachweis vom 18.5.2020 für das Masterstudium Management in Polymer Technologies an der JKU (aus dem hervorgeht, dass der BF im Rahmen seiner Haftausgänge in den vergangenen Monaten Universitätsveranstaltungen besucht und absolviert hat)

> Unterstützungsschreiben von Dr. (...) vom 17.5.2020

> Unterstützungsschreiben von o.Univ.-Prof. (...) sowie von a.Univ.-Prof.in Dr.in (...) vom 17.5.2020

> Unterstützungsschreiben von Dr. (...) vom 17.5.2020 Unterstützungsschreiben von Mitstudenten des BF vom 17.5.2020.

Die Verwaltungsbehörde legte den Akt vor, verteidigte den Schubhaftbescheid und beantragte Aufwandersatz für Vorlage und Schriftsatz.

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerde wie folgt erwogen:

Feststellungen:

Sämtliche in der Beschwerde unter der Rubrik "Sachverhalt (Kurzdarstellung)" angeführten Sachverhaltsparameter werden zum Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer erhob gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04. 12.2019, I422 2225870-1/5E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot außerordentliche Revision und führe auf der Sachverhaltsebene unter anderem wie folgt aus:

"Ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Lebensgefährtin wurde bislang noch nicht begründet, da sich der Revisionswerber derzeit noch als Freigänger in Strafhaft befindet, nach Haftentlassung ist jedoch die Gründung eines gemeinsamen Haushaltes jedenfalls geplant.

Der Beschwerdeführer ist bemüht sich in Österreich beruflich, sprachlich und sozial zu integrieren. Von 30.11.2012 bis 31.12.2017 war der Beschwerdeführer zum Teil mit Unterbrechungen selbstversichert oder in einem Beschäftigungsverhältnis. Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, er ist aber auch nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung im Schengenraum".

Dieser zitierte Teil wird zum Sachverhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.03.2020, Ra 2020/21/0035-7, wurde diese außerordentliche Revision zurückgewiesen - begründend führte der VwGH aus:

(...)

"Unter diesem Gesichtspunkt bemängelt der Revisionswerber der Sache nach die vom BVwG gemäß § 53 Abs. 3 FPG getroffene Gefährdungsprognose (Vorliegen einer "schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") und die nach § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung und rügt diesbezüglich die Unterlassung der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Dieser Einwand führt allerdings nicht zur Zulässigkeit der Revision, weil es unter Bedachtnahme auf die vom Revisionswerber begangenen Straftaten auch unter Einbeziehung der für ihn sprechenden Umstände vertretbar war, dass das BVwG in der vorliegenden Konstellation im Ergebnis von einem "eindeutigen Fall", und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die Interessenabwägung, ausging. Demzufolge durfte das BVwG im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 7 BFA-VG (vgl. dazu etwa die Nachweise in VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0275, Rn. 13) ausnahmsweise von der in der Beschwerde ausdrücklich beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen.

In der Revision wird zwar besonders betont, dass sich der Revisionswerber seit Jänner 2019 im gelockerten Vollzug befinde und ihm sodann als "Freigänger" von Juli bis Oktober 2019 außerhalb der Justizanstalt eine Berufstätigkeit und danach die Fortsetzung seines Studiums ermöglicht worden sei.

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt klargestellt, dass sich aus dem Status eines Strafhäftlings als "Freigänger" keine maßgebliche Minderung der sich aus dem strafbaren Verhalten ergebenden Gefährdung ableiten lässt. Es ist nämlich ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (siehe zum Ganzen etwa VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0118, Rn. 12, mwN).

Von einer solchen nachdrücklichen Manifestierung der Gefährlichkeit durfte das BVwG der Sache nach angesichts der hier gegebenen qualifizierenden Umstände bei den vom Revisionswerber begangenen Suchtgiftdelikten im vorliegenden Fall ausgehen, sodass es jedenfalls nicht deren bereits eingetretenen Wegfall annehmen musste, zumal sich der Revisionswerber im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung auch noch in Strafhaft befand. Demzufolge kommt den ins Treffen geführten Umständen - entgegen der Meinung in der Revision - auch bei der Interessenabwägung keine maßgebliche Bedeutung zu.

In Bezug auf diese Abwägung wird in der Revision dann noch geltend gemacht, der Revisionswerber führe seit Jänner 2019 (im Rahmen der Freigänge) eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die er bereits seit 2015 kenne. Auch zu deren Tochter im Alter von zweieinhalb Jahren bestehe bereits ein Naheverhältnis. Dazu verwies das BVwG aber zu Recht relativierend darauf, dass die Genannten - mag dies auch auf die Haft zurückzuführen sein - bisher noch nie in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt hätten und die Beziehung auch erst im Jänner 2019 eingegangen worden sei. Im Übrigen steht dem daraus ableitbaren Interesse an einem Verbleib in Österreich das im vorliegenden Fall besonders große öffentliche Interesse an der Unterbindung von (grenzüberschreitendem) Suchtgiftschmuggel und Suchtgifthandel entgegen (vgl. VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0081, Rn. 11; siehe auch VwGH 19.3.2013, 2011/21/0152, Punkt 2.2. der Entscheidungsgründe, mwN), sodass auch die in der Revision überdies noch relevierten bisherigen Studienerfolge und die durch mehrere "Empfehlungsschreiben" belegten sozialen Kontakte nicht zu einem anderen Ergebnis führen können. Im Übrigen ist aber auch die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes nicht zu beanstanden."

Festgestellt wird, dass sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04. 12.2019, I422 2225870-1/5E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot und dem dieses Erkenntnis bestätigenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.03.2020, Ra 2020/21/0035-7 auf der Ebene des Sachverhaltes keine derartige Änderung ergeben hat bzw. nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet wurde, welche zu einer anderen Einschätzung der vom Beschwerdeführer ausgehenden "nachdrücklichen Manifestierung der Gefährlichkeit" des Beschwerdeführers führt.

Es bestand und besteht weiterhin erhebliche Fluchtgefahr.

Der Beschwerdeführer hat bis heute seinen Reisepass nicht vorgelegt bzw. vorlegen lassen. Die Abschiebung des Beschwerdeführers ist grundsätzlich möglich - Ausnahmen vom Einreiseverbot gelten für nigerianische Staatsangehörige, Personen mit einer Daueraufenthaltsgenehmigung in Nigeria und Diplomaten. Dieser Personenkreis muss sich nach Einreise in eine 14-tägige, überwachte Selbstisolierung begeben. Grundsätzlich besteht ein generelles Einreiseverbot nach Nigeria. Seit dem 23. März 2020 sind sämtliche internationale Flughäfen in Nigeria für reguläre Flüge geschlossen; auch der Inlandsflugverkehr ist eingestellt. Die Schließung gilt vorerst bis 4. Juni 2020. Streng reglementierte Ausnahmen gelten für Fracht-, Notfall-, Repatriierungs- und Spezialflüge. (https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788)

Aufgrund der Nichtvorlage des Reisepasses kann die Abschiebung (per Charter) nicht wie geplant am 28.05.2020 erfolgen und muss die Verwaltungsbehörde ein HRZ einholen.

Entscheidungsgrundlagen:

* gegenständliche Aktenlage;

* Erkenntnis des BVwG v. vom 04. 12.2019, I422 2225870-1/5E.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Beschwerdeschriftsatz und der Beschwerdeergänzung im gegenständlichen Verfahren, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom 04. 12.2019, I422 2225870-1/5E, der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision sowie dem zurückweisenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes 04.03.2020, Ra 2020/21/0035-7.

Sämtliche Vorbringensteile des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren wurden übernommen, soweit sie nicht im Gegensatz zur vom Verwaltungsgerichtshof bestätigten Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichtshofes stehen - vergleiche in diesem Zusammenhang insbesondere die Betonung der "nachdrücklichen Manifestierung der Gefährlichkeit" durch den Verwaltungsgerichtshof.

In diesem Sinne war daher von der Durchführung einer Verhandlung wegen des geklärten Sachverhaltes abzusehen.

Hervorzuheben ist also, dass der Beschwerdeführer die von ihm vorgebrachten Integrationsschritte bereits im Rückkehrentscheidungsverfahren vorbrachte, der Verwaltungsgerichtshof aber dennoch das Vorliegen einer großen vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr bejahte.

Ausgehend davon ist daher wiederum der Verwaltungsbehörde kein Vorwurf zu machen, wenn sie den Fokus ihrer Entscheidung auf gerade diesen Sachverhaltsparameter legte; im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keiner nachhaltigen Erwerbstätigkeit zur Bestreitung seines Unterhaltes nachgehen kann, ist daher die Schlussfolgerung der Verwaltungsbehörde der Begehung neuerlicher Straftaten und der Gefahr des Untertauchens im Hinblick auf die bevorstehende Abschiebung schlüssig. Daran ändert auch mittel- und kurzfristig der Umstand, dass der Beschwerdeführer "EUR 1750,00 auf seinem Haftkonto sowie über einen Betrag von etwa EUR 2.500 auf seinem BAWAG-Konto" besitzt.

Der Beschwerdeführer mag zwar, wie in der Beschwerde vorgebracht und als Sachverhalt festgestellt, bei den angeführten Personen Unterkunftsmöglichkeiten vorfinden - diesbezüglich bedurfte es daher keiner Befragung derselben in einer Verhandlung - der Beschwerdeführer hat es aber unterlassen, in der Beschwerde auch nur ansatzweise vorzubringen, wer für seinen Lebensunterhalt aufkommt.

Dem Beschwerdeführer geht es nach seinem übereinstimmenden Vorbringen in der Beschwerde und dem Revisionsschriftsatz trotz Bestehens einer Rückkehrentscheidung im Zusammenhalt mit einem erlassenen Einreiseverbot um die "Bemühung sich in Österreich beruflich, sprachlich und sozial zu integrieren", was offensichtlich aber gerade die Negierung der Rückkehrentscheidung bedeutet. Damit im Zusammenhang steht wiederum die mangelnde Vorlage des Reisepasses. In diesem Sinne ist daher nicht von einer schlichten, sondern qualifizierten Ausreiseunwilligkeit auszugehen.

Die Rechtsvertretung geht in ihrem Beschwerdeschriftsatz unzulässigerweise davon aus, dass die Verwaltungsbehörde offensichtlich durch das Bekanntsein des Vorliegens eines Reisepasses Zugriff auf denselben hätte, wodurch die Abschiebung schneller durchgeführt werden hätte können. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Verwaltungsbehörde nach den einschlägigen Bestimmungen des BFA-VG und des FPG keine "Hausdurchsuchung" vornehmen kann - vielmehr ist hie dem Beschwerdeführer der Vorwurf zu machen, den Reisepass nicht selbst vorgelegt zu haben, um die Schubhaft sogar zu vermeiden.

Hält man also fest, dass

* vom Beschwerdeführer (auch nach dem VwGH) eine massive Gefährlichkeit ausgeht;

* zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes aus eigenem nicht in der Lage ist und deswegen die Begehung weiterer strafbarer Handlungen und damit verbunden ein Untertauchen wahrscheinlich ist;

* der Beschwerdeführer qualifiziert ausreiseunwillig ist, weil

- die Rückkehrentscheidung/das Einreiseverbot weiter negiert, indem ser sich um weitere Integration bemüht;

- seinen Reisepass nicht vorlegt,

muss zwingend der Schluss gezogen werden, dass er sich nicht freiwillig einer Abschiebung stellen wird. Es war und ist erhebliche Fluchtgefahr anzunehmen.

In Bezug auf das Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit den Reisebeschränkungen wegen der aktuellen COVID-19 Krise ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der gravierenden Verbesserung der Lage demnächst mit einer entsprechenden Entspannung der Lage zu rechnen ist; dass der Beschwerdeführer einer Risikogruppe angehöre, wurde nicht einmal vorgebracht. im Übrigen, wie auch vom Auswärtigen Amt festgehalten, gilt die Reisebeschränkung (nach Nigeria) nicht für nigerianische Staatsangehörige und beispielsweise Repatriierungsflüge.

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchpunkt I.:(Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung)

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) in der geltenden Fassung wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

§ 77 FPG:

(1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Bereits die Verwaltungsbehörde hatte, wie bereits festgehalten, Fluchtgefahr aus nachvollziehbaren Gründen angenommen, indem sie zu Recht vor dem Hintergrund des im Rückkehrentscheidungsverfahren vom Verwaltungsgerichtshof bestätigten "nachdrücklichen Manifestierung der Gefährlichkeit" (§76 Abs. 3 Z 9) - siehe auch bereits Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung - letztlich auf ein Untertauchen des Beschwerdeführers (§76 Abs. 3 Z 1 FPG) schloss..

Aufgrund des Bestehens von Fluchtgefahr hatte die Verwaltungsbehörde daher zu Recht von der Anwendung eines gelinderen Mittels abgesehen.

Zu Spruchpunkt A) II. (Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft):

Im gegenständlichen Fall bildet 22a Abs. 3 BFA-VG die formelle Grundlage für den Ausspruch über die Fortsetzung der Schubhaft - dieser lautet:

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Nochmals ist im Zusammenhang der Frage der Fortsetzung der Schubhaft auf obige Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung hinzuweisen:

"Hält man also fest, dass

* vom Beschwerdeführer (auch nach dem VwGH) eine massive Gefährlichkeit ausgeht;

* zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes aus eigenem nicht in der Lage ist und deswegen die Begehung weiterer strafbarer Handlungen und damit verbunden ein Untertauchen wahrscheinlich ist;

* der Beschwerdeführer qualifiziert ausreiseunwillig ist, weil

- die Rückkehrentscheidung/das Einreiseverbot weiter negiert, indem ser sich um weitere Integration bemüht;

- seinen Reisepass nicht vorlegt,

muss zwingend der Schluss gezogen werden, dass er sich nicht freiwillig einer Abschiebung stellen wird. Es war und ist erhebliche Fluchtgefahr anzunehmen."

Es besteht daher die große Wahrscheinlichkeit dass sich der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund seiner "Gefährlichkeit" (§76 Abs. 3 Z 9 FPG) der alsbald drohenden Abschiebung zu entziehen trachten wird (§76 Abs. 3 Z 1 FPG).

Gerade im Hinblick auf die Verbesserung der COVID-19-Lage ist mit einer alsbaldigen Rückführung des Beschwerdeführers nach Nigeria zu rechnen, wodurch sich die Fluchtgafhr weiter erhöht, sodass auch hinsichtlich der Fortsetzung der Schubhaft kein gelinderes Mittel zur Anwendung kommen kann.

Der beschwerdeführer befindet sich erst seit Anfang Mai in Schubhaft. Grade unter dem Aspekt seiner Straffälligkeit (§76 Abs. 2a FPG), der bis dato nicht lange währenden Schubhaft und der alsbald erfolgenden Abschiebung - sofern der Beschwerdeführer seinen Reisepass in Vorlage bringt - erweist sich auch die weitere Anhaltung als verhältnismäßig. Jedenfalls ist dem Interesse des Staates, einen massiv straffällig gewordenen Fremden möglichst zeitnahe abzuschieben und ihn deshalb weiter in Gewahrsam zu halten der Vorrang gegenüber dem Interesse, sein Studium in Freiheit zu beenden, einzuräumen.

In diesem Sinne war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchpunkt A) III. und IV. (Kostenbegehren):

In der Frage des Kostenanspruches - beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen - sind gemäß § 56 (3) leg. cit. die §§22 (1a) leg. cit. und § 35 VwGVG die maßgeblichen Normen - diese lauten:

§22 (1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Be schwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

§ 35 VwGVG

(1) Dem Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 b B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.

Hinsichtlich der konkreten Höhe des "Ersatzes ihrer Aufwendungen" sind § 35 Abs. 4 und 5 iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) maßgeblich.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

§ 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 lautet:

(...)

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

(...)

In diesem Sinne war der Verwaltungsbehörde Kostenersatz im Umfang des § 1 Z 3 und Z 4 VwG-Aufwandersatzverordnung, also in der Höhe von ? 426,20 zuzusprechen (Spruchpunkt III.).

In logischer Konsequenz zu Spruchpunkt III. war daher das Kostenbegehren des Beschwerdeführers als unterlegener Partei (im Sinne des § 35 Abs. 3 VwGVG) gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG zu verwerfen (Spruchpunkt IV.).

Zu Spruchpunkt A) V. (Eingabengebühr):

Der Beschwerdeführer begehrte mit dem Kostenbegehren in einem den Ersatz der "Kommissionsgebühren und Barauslagen".

Da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH v. 12.09.2017, Ra 2017/16/0122) die Berücksichtigung eines solchen Begehrens nur im Rahmen des durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 24/2017 eingeführten § 8a VwGVG findet, ein Verfahrenshilfeantrag durch den vertretenen Beschwerdeführer aber nicht gestellt wurde, war dieser Antrag mangels gesetzlicher Grundlage zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber sei aber angeführt, dass ein solcher im Rahmen eines Verfahrenshilfeantrages gestellter Antrag abzuweisen gewesen wäre, da der Beschwerdeführer schon nach seinem eigenen Vorbringen zu viel an Vermögen, nämlich "EUR 1750,00 auf seinem Haftkonto sowie über einen Betrag von etwa EUR 2.500 auf seinem BAWAG-Konto" verfügt.

Zu Spruchpunkt B. (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu obigen Spruchpunkten zu entnehmen ist, warf die ausschließliche Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreisewilligkeit Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Gefährlichkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2231022.1.00

Im RIS seit

07.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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